Hallo Tychi,
Die moderne Martwirtschaft, wie z.B. hier in Dtld.
praktiziert, hat
Konkurrenz zum Prinzip.
Nein, Konkurrenz ist selbstverständlich in einer Planwirtschaft auch gegeben: z.B. gibt es die Konkurrenz um den Titel „Held der Arbeit“ (so wie bei uns bei WalMart
, es gibt politische Konkurrenz, es gibt die Konkurrenz der Technokraten in puncto Planerfüllung, etc.
Dass es in der Planwirtschaft keine Konkurrenz gäbe, ist einmal dem falschen ideologischen Selbstverständnis des real exitierenden Sozialismus geschuldet, zum anderen auch der „kapitalistischen“ Gegen-Ideologie.
Es geht also nicht um „Konkurrenz/Nicht-Konkurrenz“, wenn man zwischen Markt- und Planwirtschaft unterscheiden möchte, sondern darum, an welchen strukturellen Positionen die Konkurrenz gegeben ist.
In der Marktwirtschaft ist sie auf der Ebene der Produktionskoordination (Betriebe) gegeben, was zur Folge hat, dass in der Marktwirtschaft zwei Dinge miteinander untrennbar verbunden sind:
Mangelsignal (also die Information welche Produkte in der Volkswirtschaft fehlen) und Anreiz zur Produktion dieser Dinge (Hoffen auf Profit).
Dies ist in der Planwirtschaft nicht der Fall; welche Produkte gebraucht werden, muss irgendwie anders ermitteln werden, z.B. durch Befragungen, etc.;
dann kommt der Plan, der diese Information umsetzt, dann die Produktion (und dann möglicherweise die Einsicht, dass die produzierten Produkte schon gar nicht mehr gekauft werden, weil der Weg von der Befragung zur Produktion zu lange gedauert hat, oder weil die konkrete Nachfrage in der Marktwirtschaft viel verläßlicher Information darüber abgibt, welche Produkte gebraucht werden als etwa eine Befragung).
Diese Differenz halte ich für die entscheidene (Prof. Spree, der genau darüber letzten Freitag eine Vorlesung gehalten hat, übrigens auch).
D.h. Unternehmen versuchen staerker zu
sein
als andere, woraus folgt, dass Wachstum als gut angesehen
wird.
diese Folgerung erschließt sich mir überhaupt nicht;
Den Unternehmen geht es nicht um die anderen (außer halt aus speziellen Gründen), sondern in erster Linie geht es in der Marktwirtschaft um die optimale Reproduktion des Kapitals, anders gesprochen: um dessen höchstmögliche „Verzinsung“.
(dass die Konkurrenz zwischen Unternehmen der Motor des Geschehens wäre, würde ich eher als planwirtschaftliches Konkurrenzmoment denken; welcher Betrieb, welche Abteilung erfüllt den Plan am besten?)
In der Öffentlichkeit gilt Wachstum aus ganz anderen und sehr vielfältigen Gründen als „gut“.
Tatsaechlich ist das Wirtschaftswachstum ein wesentlicher
Indikator
fuer die wirtschaftliche Staerke eines Unternehmens, bzw. fuer
die
eines Staates.
das Wirtschaftswachstum selbst sagt eigentlich nicht viel über die Stärke eines Staates aus; stell Dir vor, der Sudan hätte ein 100%iges WW. Wäre er deshalb ein wirtschaftlich starker Staat?
Bei der wirtschaftlichen Stärke eines Staates geht es nicht um Wachstumszahlen, sondern um Bestandsgrößen: Außenhandelsbilanz, BIP, Anteil am Weltmarkt, etc.
Aus dem Prinzip der Konkurrenz folgt auch, dass ein
Unternehmen sich
nichts erlauben darf, was zu seiner relativen Schwaechung
gegenueber
den Konkurrenten fuehren wuerde.
Ein Unternehmen/Kapitalbesitzer darf sich nichts erlauben, was die optimale Reproduktion (Verzinsung) seines Kapitals gefährdet, also nichts suboptimales;
Deshalb sind Zahlen wichtiger
als
Menschen
ja; in der Volkswirtschaft geht es nicht um den Menschen
(Prof. Sinn, der vom Ifo-Institut, hat mal in der Vorlesung gesagt: „Wenn Sie den Menschen wollen, dann gehen Sie in Philosophie- oder Theologievorlesungen“; und das hat er weder kritisch noch sonderlich bissig gemeint, sondern rein sachlich)
(also Arbeitsplaetze muessen im Kampf geopfert und
Arbeiter
muessen moeglichst effizient eingesetzt werden)
selbstverständlich
Ein Unternehmen in einer Wirtschaft auf Grundlage des Prinzips
Konkurrenz orientiert sich an anderen Unternehmen und nicht am
Bedarf
der Menschen.
es orientiert sich am Profit, der optimalen Reproduktion des Kapitals (ich wiederhole es schon zu oft: um Konkurrenz zu anderen Unternehmen geht es nicht in erster Linie, sondern höchstens, wenn diese Konkurrenz im Namen der optimalen Kapitalreproduktion gewonnen bzw. ausgeschaltet werden soll; das Streben nach Oligo- oder Monopolstellungen ist ein Grundzug marktwirtschaflicher Unternehmen).
Der Konsument ist ein notwendiges und schlecht
zu
kalkulierendes Uebel, dessen Kauflust ueber seinen
natuerlichen,
bescheidenen Bedarf hinaus angetrieben werden muss.
sicherlich richtig!
Eine solche Wirtschaft, die also die Konkurrenz als Prinzip
hat,
fuehrt zu:
- Teilung der Gesellschaft in Gewinner und Verlierer
- Gegnerschaft zwischen den Menschen und soziale Kaelte
nicht notwendig! (ich glaube, dass man in einer Marktwitschaft, wie etwa die BRD sie bis in die 70er hinein hatte, kaum Verlierer sieht und auch wenig soziale Kälte; das war ja der ursprüngliche Sinn der „sozialen Marktwirtschaft“, welche aber -rein vom Wirtschaftssystem her betrachtet- eindeutige eine Marktwirtschaft war)
Die Frage ist aber: schüttelt eine Marktwirtschaft nicht immer im Laufe der Zeit ihre „sozialen“ Fesseln ab? Ich würde darauf ein klares Ja antworten.
- Entfremdung des Menschen von seinen natuerlichen
Beduerfnissen
das philosophische Problem ist: welche Bedürfnisse sind „natürlich“ (dazu gibt es immense Literatur)
was aber auf jeden Fall stimmt:
In der Marktwirtschaft sind die menschlichen Bedürfnisse den Regeln der Kapitalreproduktion nachgeordnet (das bestreitet niemand, weder Gegner noch Befürworter der Marktwirtschaft)
durch das Erwecken kuenstlicher Beduerfnisse mittels Werbung
richtig, aber die Unterscheidung zwischen „natürlichen“ und „künstlichen“ Bedürfnissen ist unglaublich schwierig (schon mal dem Menschen in seinem Naturzustand begegnet?; thematisiere es doch mal im Philosophie-Board, wenn Dich das interessiert)
Das Scheitern der Planwirtschaften im Ostblock ist kein
prinzipielles
Gegenargument, es richtet sich nur gegen die schlechte
Durchfuehrung
und ist teilweise auch der Konkurrenz mit dem Westen
geschuldet, d.h.
die DDR hat sich an der BRD mit den Massstaeben letzterer
messen
wollen, obwohl sie sie abgelehnt hat.
Ja, das stimmt; der Westen hatte auch im Osten eine klare Deutungshoheit.
Fukuyama (ein philosophierender Neocon, also gewiss kein „Linker“) hat in „The End of History“ sinngemäß geschrieben: Auch im Osten wurde Freiheit immer im Sinne der westlichen Ideologie verstanden, niemals im Sinne des Leninismus. Nur darum aber konnten sich die Bürger dort für unfrei halten.
Es geht aber nicht nur um das Messen mit der Westen, sondern darum, dass die Ostblockstaaten genauso nach den Regeln des Kapitals spielen mussten, wie marktwirtschaftliche Systeme auch, weil sie genauso an der Weltwirtschaft teilnehmen mussten; und die Wetwirtschaft spielt seit 500 Jahren nach den Regeln des Kapitals.
Die neue Wirtschaftsordnung waere nur moeglich, wenn sie
gleichzeitig
global eingefuehrt wird.
Richtig; das war übrigens auch immer schon die Grundthese des Marxismus. (von Stalin mit seiner These des „Sozialismus in einem Land“ über Bord geworfen, von Trotzki und anderen deshalb aufs Schärfste kritisiert; aber auch Stalin meinte mit „einem Land“ die gesamte „kommunistische Welt“, nicht eine Nationalökonomie!).
Gegenwaertig ist aber jedes Land so
im Netz
der Globalisierung verstrickt, das es mit den Woelfen heulen
muss,
dem gemeinsamen Untergang entgegen.
Nein, das ist eine zu einfache Sicht der Dinge: die Globalisierung verspricht einigen Staaten gute Chance zum Bessergestelltsein, z.B. Südostasien (China, Indien, etc.), weil dort infolge der Globalisierung sehr viel Kapital hinströmt.
Was aber Globalisierung verhindert, ist die „stalinistische“ Lösung des Systemwechels bzw. sogar der Systemsteuerung „in einem Land“.
Damit wird im Grund die Ebene der Politik mehr und mehr ausgeschaltet, weil diese so organisiert ist, dass sie an Landesgrenzen gebunden ist.
Deshalb verstehe ich die Globalisierung in erster Linie als sehr umfangreiche Ent-Demokratisierung dieser Welt.
Was faellt euch zu diesen Gedanken ein?
Als erstes fiel mir ein: Hätte Tychi die Frage in Sozialwissenschaftsboard gestellt, dann wären die Antworten wohl etwas weniger ideologisch gefärbt gewesen 
Viele Grüße
franz