Hallo Jürgen,
Wobei das witzige ist: Mich persönlich nervt Konkurrenz im
Spiel maßlos, denn ich muss und will absolut nicht besser
sein, als mein Freund oder meine Freundin.
dann steht es Dir aber vollkommen frei (abgesehen von den enttäsuchten Gesichtern Deiner Freunde), ein solches Spiel gar nicht erst zu spielen, oder halt ein anderes Spiel, in dem es nicht um Sieg/Niederlage geht zu spielen.
Dagegen liebe ich den Wettbewerb um die besten Ideen, um
Verbesserung der Prozesse, um Produktivität sehr.
Wobei das witzige ist: Mich persönlich nervt Konkurrenz im Wettbewerb maßlos, denn ich will es absolut nicht
(leichte Abänderung Deiner eigenen Worte!)
Dass es solche Menschen gibt, dürfte klar sein.
Dass solche Menschen nicht einfach vollkommene Idioten sind, sondern aus Gründen der Angst, Ekel, Moral,Religion, Ästhetik, etc. „nicht wollen“, dürfte auch klar sein.
Dass Du aber frei aus dem Spiel aussteigen kannst, diese Leute aber nur unfrei aus dem Wirtschaftssystem aussteigen können (exc hat ja geschrieben: Geh in den Wald! und die Hippies und die Penner machen es ja in etwa so), dürfte auch klar sein, wenn man ehrlich ist.
Mit „unfrei“ ist gemeint: es hat Konsequenzen, es wird sanktioniert (z.B. mit dem Verzicht auf viele materielle Dinge; mit einer Stellung auf der untersten Stufe der sozialen Leiter, etc.);
anders als beim Spiel-Verzicht muss also beim Konkurrenz-Verzicht die Konsequenz bei der Entscheidung mitbedacht werden.
Wenn schon, dann hat er also „Angst“ vor der erzwungenen
Konkurrenz, der Konkurrenz, die regellos ist, bis aufs Blut,
bis in den Tod hinein geht, die man nicht selbst gewählt und
gewollt hat, nicht aber vor der Konkurrenz, die in einem frei
ausgehandelten Rahmen stattfindet, im Spiel.
Ah ja, wo lebst Du? In Brasilien, wo Du an jeder Ecke gekillt
bist, wenn Du mehr Geld hast als der andere? Also ich lebe in
Deutschland:wink:
Du hast absolut nicht verstanden, was dieser Satz sagen sollte;
also deutlicher:
Man hat sich nicht ausgesucht, welches Wirtschafts-/Gesellschaftssystem man will, sondern wurde hineingeboren.
Wir haben gerade gesehen, dass man nicht frei aussteigen kann.
Die Konkurrenz geht „aufs Blut“ bzw. „bis zum Tod“ (klar, ist das sehr blumig ausgedrückt), weil die Konkurrenz es ist, welche die Teilhabe der Subjekte an den materiellen Errungenschaften regelt. Wer die Konkurrenz ablehnt (z.B. Penner) der verliert (bei uns durch den Sozialstaat teilweise abgefedert), dem geht es tatsächlich ganz tief an die Lebensqualität und statistisch betrachtet auch eindeutig an die Lebensquanität (Lebenserwartung).
Diesen Aspekt kann man auch nicht einfach zurückweisen, dergestalt dass man sagt, dass ja bei uns auch die „Loser“ nicht gleich zu Grunde gehen. Das ist sicher richtig, aber der Unterschied zur Konkurrenz-im-Spiel dürfte klar sein, und genau darum ging es ja.
Zum anderen muss Tychi ja auch nicht unbedingt Angst
vor (regelloser!) Konkurrenz haben, er könnte ihr ja auch müde
ein, sie ekelhaft, unansehlich finden, menschenverachtend
vielleicht sogar.
Wie gesagt: Ich entdecke hier absolut keine regellose
Konkurrenz.
Wie ich die „Regellosigkeit“ gemeint habe, habe ich inzwischen Christian geschrieben (ich hätte es gleich präzisieren sollen).
Die Konkurrenz-im-Spiel ist regelhaft, die „natürliche“ Konkurrenz ist regellos, weil sie zwar Regeln hat, wie sie abläuft, aber nicht Regeln, wie sie begonnen, verändert und beendet wird (das alles kann nur von Spielern frei ausgehandelt werden).
Mein Ziel ist nicht, mehr zu
haben als andere. Mein Ziel ist, genug für mich zu haben, dass
ich ein sorgenfreies, selbstbestimmtes Leben kann. Das ist
doch ein gewaltiger Unterschied, oder?
allerdings, ist er das!
Aber Tychi hat ja das gleiche geltend gemacht;
er möchte genug haben, damit er einigermaßen gut überleben kann, aber darüber hinaus möchte er in erster Linie seine Ruhe haben („Muße“ hat er es genannt)
Es wäre aber falsch zu glauben, dass ihr beide das nun halten könnt wie ihr wollt; man kann doch an unserem Wirtschaftssystem nur ganz oder gar nicht teilnehmen;
„ein bißchen und dann seine Ruhe haben“, das geht einfach nicht.
Im Witzebrett ist gerade die passende Geschichte von Böll dazu verlinkt:
http://www.pheid.claranet.de/anekdote.htm
diese Geschichte nennt sich wissenschaftlich „urspüngliche Akkumulation“; der „Tourist“ stellt den Kapitalismus dar, der „Fischer“ die traditionale Gesellschaft (die es heute nirgendwo mehr gibt, weil vom Kapitalismus ausgemerzt).
Jedes Zögern nimmt mir zumindest meine Basis für Sicherheit.
Und wir haben hier in D genug gepuschelt, denn wenn wir unsere
Hausaufgaben die letzten 20 Jahre gemacht hätten, könnten wir
a) wirtschaftlich erfolgreicher mit mehr Arbeitsplätzen, b)
ökologischer und c) durchaus sozial ausgewogener agieren.
Das meine ich ernst: Du hast damit vollkommen Recht!
Aber: es ist ein Unterschied, ob man aus strategischen Gründen (denn die BRD steht ja auch in Konkurrenz zu anderen Volkswirtschaften) dem Puscheln eine Absage erteilt, oder ob man allgemein gegen das Puscheln ist, oder nicht?
Anders gesagt: Auch wenn wir innerhalb des Weltmarktes gegen andere Volkswirtschaften konkurrieren müssen , müssen wir doch nicht deshalb aus den politischen Augen verlieren, dass wir uns vielleicht mit unseren Konkurrenten politisch einigen könnten, dieses Konkurrieren-Müssen gemeinsam aufzugeben.
Nochmal anders: Wenn wir unseren Sozialstaat in Zeiten der Globalisierung opfern/schrumpfen müssen um konkurrenzfähig zu bleiben, dann können wir doch weiterhin politisch danach streben die Bedingungen des Weltmarktes so zu ändern, dass unser Sozialstaat erhalten bleiben kann bzw. wieder errichtet werden kann.
Stör Dich nicht am einzelnen jetzt, ich wollte damit nur verdeutlichen, dass Unterschede bestehen zwischen dem was man innerhalb einer bestimmten Situation tun muss, und dem was man_unabhängig von dieser Situation_ tun kann und will.
Oder nicht?
Aber
nein, wir haben ineffektive Besitzstandwahrung (Puscheln)
betrieben ohne Rückschluss auf notwendige Veränderungen, weil
wir meinten, es würde ewig so weitergehen. Geht es aber ewig
so weiter? Nein, und jetzt heulen die Deutschen, weil die
späte Anpassung weher tut als eine rechtzeitige …
Das ist richtig; auf der anderen Seite muss man schon sagen, das z.B. die Engländer oder Amerikaner mit Thatcher und Reagan zwanzig Jahre vor uns mit „Puscheln“ aufgehört haben, besser dastehen tun sie heute aber auch nicht.
Welche Form des Zusammenlebens lässt sich eher vom Mittel um
Selbstzweck erheben: die Konkurrenz oder das „Puscheln“?
Puscheln kann ich dann, wenn ich es mir leisten kann.
Richtig, so meine ich es auch;
aber man kann auch dann, wenn man sich das „Puscheln“ nicht leisten kann, das Ziel nicht aus den Augen verlieren und dafür politisch kämpfen, dass die Situation geschaffen wird, dass man es sich leisten kann.
Sorry, aber dieses Argument, das so oft in diesem Forum kommt,
halte ich für die GAF, die größtmöglich anzunehmende Frechheit

Warum? Ich lese hier permanent Postings von Weltverbesserern,
die meist aus einer Position des wirtschaftlich begrenzt
erfolgreichen argumentieren, wie die wirtschaftlich
erfolgreichen zu handeln hätten. Das ist billig und nach
meiner Definition eine GAF.
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Nein, Tychi ist kein geistig beschränkter Weltverbesserer, sondern Physiker und ich bin kein Weltverbesserer sondern Soziologe und Philosoph (akademisch, nicht hobbymäßig!).
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Möchte ich nicht den „wirtschaftlich Erfolgreichen“ vorschreiben was diese zu tun hätten (das wäre mir eigentlich eher furchtbar egal), sondern ich kämpfe darum, dass diese Leute mir nicht vorschreiben, wie ich zu leben habe, und ich kämpfe dagegen, dass sie mir sagen: „Wir sind Wirtschaftler, du nur Philosoph, darum haben wir Recht“, weil die Schlussfolgerung „darum haben wir Recht“ eine logisch falsche Schlussfolgerung ist.
(abgesehen davon habe ich bisher in meinen Artikeln, so glaube ich zumindest, nicht unbedingt den Eindruck erweckt, ich hätte von den Grundzügen der Volkswirtschaftslehre keine Ahnung.)
Außerdem muss einfach gesagt sein, dass ja die Marxistische Theorie nicht eine Anti-Wirtschaftstheorie ist, sondern sie ist eine andere Wirtschaftstheorie, mit anderen Begriffen, mit anderen Voraussetzungen, mit einer anderen Konzeption der Stellung der Ökonomie zur Politik, mit anderem philosophischen Unterbau, mit anderen Dogmen, mit anderen blinden Flecken als die bei uns vorherrschende Volkswirtschaftslehre, die -aus philosophischer Sicht- eine Art Post-Utilitarimus ist.
Warum kann man nicht akzeptieren, dass es verschiedene Volkswirtschaftslehren gibt?
Warum muss man die Vertreter der anderen Lehre gleich zu „Weltverbesserern“ und „Frustrierten“ machen, und ihnen -anstatt sich zu fragen, ob diese andere Sicht nicht vielleicht auch interessant ist- damit von vorneherein keinerlei Erkenntniswert zuschreiben?
(Dass es viele „Weltverbesserer“ gibt, die schwafeln und keine Ahnung haben, habe ich nicht bestritten, die gibts aber auf beiden Seiten gleichermaßen).
Viele Grüße
franz