Politiker bei Lügen klagen?

Guten Morgen,

aktuell haben wir ja in GB den Fall, bei dem ein Politiker sich wohl vor Gericht für Lügen verantworten muss, die er im Laufe eines Wahlkampfs von sich gegeben hat:
Boris Johnson droht Prozess wegen Lügen während der Brexit-Kampagne

Johnson habe 2016 fälschlicherweise behauptet, Großbritannien zahle der EU wöchentlich 350 Millionen Pfund (400 Millionen Euro), sagte der Anwalt des Klägers am Donnerstag bei einer Anhörung vor einem Londoner Gericht. Obwohl Johnson gewusst habe, dass dies nicht stimme, habe er die Summe „wiederholt falsch dargestellt“, sagte der Anwalt. Sein Verhalten sei sowohl verantwortungslos und unehrlich als auch kriminell gewesen.

Sollten Politiker für nachweisliche Lügen, die nur den Zweck hatten, der eigenen Seite zu nützen bzw. der anderen zu schaden, für Politiker strafrechtliche Folgen haben? (Damit meine ich ausdrücklich nicht irgendwelche Wahlversprechen, was man bei einem Sieg nicht alles machen würde.)

Hi Penegrin!

Um eine Lüge justitiabel zu machen, müsste man sie zunächst sauber definieren und dann nachweisen können. Erscheint mir letztlich sehr schwierig…

Gruß, Diva

Servus,

Natürlich müsste man zuerst ein juristisches Grundgerüst schaffen, aber es geht mir hier auch eher um einen theoretischen Gedankenaustausch.

Im Fall von Johnson wurde die Lüge schon mehrfach nachgewiesen und ich bin sehr gespannt, was vor der Gericht raus kommt.

LG

Ich auch! Die Verurteilung eines Politikers wegen Lügen - das wäre ja vielleicht mal ein Schritt in die richtige Richtung.

Aus meiner Sicht nein, weil voraussehbar ist, wie die Politik darauf reagieren würde, nämlich mit noch mehr blumigen Sprechblasen, die dann un(an)greifbar wären.
Das ist ja eh schon die -ungute- Richtung, die die Politik einschlägt.

Beispiel:

ska

Das ist entweder inhaltsloses Blablaba oder, wenn man den Sager ernst nimmt im Sinne einer verallgemeinerbaren sozialpsychologischen Aussage, nicht weniger so etwas wie eine plumpe Lüge.
Stimmt einfach nicht. Nachweisbar. Mut und Hass können wunderbar Hand in Hand gehen im politischen Bereich.

Ich halte es für keinen Gewinn, wenn man durch solche Klagemöglichkeit der Politik auch noch das letzte Stück Konkretheit austreiben will.

Gruß
F.

P.S.: Ich sehe auch nicht unbedingt, dass Johnsons 350 Millionen Pfund eine klare Lüge ist. Wie auch dein Link zeigt, ist das in etwa die Brutto-Zahl ohne Berücksichtigung des GB-Rabatts.
Also selbst bei konkreten Zahlenangaben ist die Angelegenheit schwierig.

Servus,

Aber wäre das nicht schon ein Fortschritt zu jetzt, wo selbst offene Lügen keinerlei Konsequenzen haben? In Österreich sind wir ja eh schon einen Schritt weiter, wenn ich mir die ganzen Verfahren zwischen ORF und FPÖ anschaue, wo es zumeist um Verleumdung (also eh auch Lügen) geht und wo die FPÖ immer den Kürzeren zieht.

Das ist Ansichtssache und gilt für den Großteil des politischen Geschwätz. Es ist alles eine Frage der Definition und dann der Auslegung von einem möglichen Gesetz. Schließlich gibt es ja jetzt schon einiges in die Richtung Verleumdung, Betrug, Üble Nachrede usw.

Johnson behauptet, dass GB pro Woche 350 Millionen an die EU zahlt und bei einem Austritt dieses Geld für andere Dinge zur Verfügung steht („once we have settled our accounts, we will take back control of roughly £350m per week).
Tatsächlich sind es aber nach offiziellen Angaben maximal 327 Millionen (die kleine Differenz ist wurscht), nach Abzug des Rabatts aber eben nur mehr 252 Millionen, also ca. 100 Millionen weniger als Johnson behauptet.

Was wäre denn, wenn dir dein Arbeitgeber verspricht, dass du pro Monat 3000€ auf dein Konto bekommst und du dann merkst, dass das die Bruttozahlen sind und bei dir nur 2000€ landen?

Da widerspreche ich dir. Johnson hat nachweislich gelogen um seine politische Agenda zu unterstützen. Die Frage ist ja imho auch gar nicht, ob er gelogen hat, sondern ob er deswegen verklagt werden kann.

1 Like

Nein, noch blumiger-unkonkreter-sprechblasenhafter finde ich keinen Fortschritt.
Auch dieses schwarz-weiße Wahrheit/Lüge bzw. News/Fake-News finde ich völlig falsch in Bezug auf Politisches.
Natürlich gibts einige Aussagen, die einfach nur glasklare Lügen sind, aber sofern das Verleumdungen oder Verhetzungen sind, sind die ja eh justiziabel.

Anders als „Kommt der Mut, geht der Hass“ sind Johnsons „350 Millionen“ wenigstens klar diskutierbar und falsifizierbar.

Das ist, ich zitiere dich, Ansichtssache :wink:

Ich will Johnson nicht verteidigen müssen, aber das ist ein Wahlkampfslogan gewesen. Der vereinfacht naturgemäß die Dinge und spitzt sie zu wie alle Wahlkampfslogans das tun müssen.

Er kann halt nicht als Slogan bringen „Es sind 252 Mio. wegen des Rabatts, aber der Rabatt ist nicht in Stein gemeißelt, und natürlich bekommen wir auch Zahlungen, aber darüber können wir nicht frei verfügen, und natürlich kann sich die Summe erhöhen oder verringern, und ich runde 350 weil 327 nicht so griffig ist, und selbstverständlich müsste man die ganzen Kosten und Nutzen für die britische Wirtschaft im Brexit-Fall irgendwie einrechnen, aber das ist eh nicht sehr gut bezifferbar, also sagen wir mal über den Daumen 350 Millionen, weil das meine Position besser stärkt als all die anderen möglichen Zahlen“.

Natürlich tut er so, dass das Geld dann für den Gesundheitsservice zur Verfügung stünde, aber das ist doch gängige Wahlkampfpraxis, dass man solche Rechnungen aufmacht und sei es auch nur zu Veranschaulichung.

Das ist doch kein passender Vergleich, oder?
Wir Wählenden sind doch mündige Bürger.
Man muss von uns verlangen können, dass wir uns über solche Zahlen einigermaßen informieren bevor wir was ankreuzen.
Wie gesagt, über solche Zahlen kann man sich wenigstens leicht informieren.

Aber auf welcher Basis soll er denn dann verklagt werden, wenn nicht wegen Lügens?

Gruß
F,

1 Like

Und was bringt mir das, wenn daraus keinerlei Konsequenzen entstehen? Mit Sprüchen wie „Kommt der Mut, geht der Hass“ sprichst du nur deine Kernwählerschaft an, denn für alle anderen ist das klar als Politschwachsinn zu erkennen. Johnsons Zahlenspiele hingegen wirken seriös und wir alle wissen, dass eine Richtigstellung (sollte sie denn überhaupt erfolgen) niemals die gleiche Reichweite haben wird. Das ist kalkuliert und spielt halt Populisten überdurchschnittlich stark in die Hände. Ich erinnere an Lügen der FPÖ, die hunderttausende Male geteilt wurden, während die Richtigstellung am Samstag um 03:00 Uhr veröffentlicht wird und dann 4 Likes bekommt :stuck_out_tongue_closed_eyes:

Das war kein (bzw nicht nur) ein Slogan, sondern etwas, das Johnson wiederholt in Interviews von sich gab.

Was spricht dagegen, dass er einfach von 250 und nicht 350 Millionen spricht? Ist die Summe zu klein?

Wieso nicht? Als Arbeitnehmer bist du auch mündiger Bürger, aber das nutzt dir wenig, wenn dir ins Gesicht gelogen wird. Wenn meine Oma dem nigerianischen Prinz 1000€ schickt, kann ich ihr auch sagen, dass sie halt besser aufpassen muss. Das mindert die Schuld des Betrügers aber kein bisschen, oder?

Und warum sollten wir dann nicht verlangen dürfen, dass Politiker solche Zahlen gar nicht erst von sich geben bzw. dafür belangt werden können? Außerdem weißt du genau, dass in der heutigen Zeit in manchen Kreisen alles, was nicht dem eigenen Weltbild entspricht, einfach Fakenews sind.

Ich glaube du hast mich missverstanden. Ich meinte, dass fest steht, dass er gelogen hat, aber dass eben niemand weiß, ob er dafür auch strafrechtlich belangt werden kann. Er wird ja auch nicht wegen ‚lügen‘ verklagt, sondern für ‚misconduct in public office‘ (Fehlverhalten im öffentlichen Amt). Das ist so schwammig, da kann alles rauskommen…

Das sehe ich eben genau anders rum.
Durch solche Dauerberieselung mit solchen Sprüche werden Begriffe und Begriffspaare definiert und festgeschrieben.
Dagegen kann man sich als mündiger Bürger kaum wehren.
Gegen die Johnsonschen Zahlen dagegen schon, die kann man nachlesen und sich informieren.

Aber ich drifte ab in Richung Grundsatzdiskussion.

Ja, aber da gehts doch in erster Linie um Medienmacht, und nicht darum, WAS da verbreitet wird.

Ob eine halbwegs greifbare Zahlen-Lüge oder ein Meme mit Juncker als zwielichtigem Strippenzieher (als „Lüge“ völlig ungreifbar) spielt da doch gar keine Rolle.

Weiß ich nicht.
Eigentlich sollte 250 Millionen für Johnsons Zwecke ausreichend gewesen sein, möchte man meinen.
Aber auch das bliebe eine totale Milchmädchenrechnung, selbst wenn es dann keine „Lüge“ wäre.

Und wie willst du (vorab) festlegen, welche Zahl Johnson nun nennen hätte dürfen?
Ich will es nicht komplett ad absurdum führen, aber irgendwie liegt die logische Konsequenz ja schon darin, dass Politiker dann ganz auf konkrete Aussagen verzichten oder dass sie nur dem wissenschaftlichen oder sonst einem Konsens nachreden würden, um ja nicht belangen werden zu können.
Fände ich überhaupt nicht wünschenswert für den politischen Diskurs.

Gruß
F.

@Zerschmetterling: Kommentarloses Downvoten = null Erkenntnisgewinn

Ja, aber deine Ausführungen waren diesmal so unsinnig, dass ich einfach keine Lebenszeit investieren wollte um das zu diskutieren.

Das du dich bei einem Slogan auf nem Plakat, darüber auslässt, dass das ja sozialpsychologisch nicht stimmen würde und dass das ja eine Lüge wäre - und das im Kontext einer Diskussion über die Strafbarkeit von Lügen. Sorry, das ist mir einfach zu blöd.

1 Like

Na, dann lass halt stecken.
Ist ja nicht zum ersten Mal in den letzten Wochen, dass du so daherkommst.

Gruß
F.

Na komm, du tust jetzt gerade so, als ob wir bisher noch gar keine Gesetze hätten, die sich damit auseinander setzten, ob jemand die Unwahrheit gesagt hat. Letztendlich müsste diese Frage ein Richter entscheiden, aber schon alleine die Möglichkeit, für eine Lüge zur Verantwortung gezogen werden zu können, dürfte den meisten Politikern zu denken geben.

Das klingt für mich ein wenig so wie die Behauptung, dass Gesetze nichts bringen, weil sich Kriminelle eh nicht daran halten würden…

Jedem Klopapierproduzenten drohen für irreführende Werbung in Deutschland bis zu 2 Jahre Knast. Warum sollten wir für Politiker geringere Maßstäbe ansetzen als für Häusl-Servietten? :stuck_out_tongue_closed_eyes:

Aber bitte, da unterstellst du mir etwas Unpassendes.
Ich zitiere mich: Natürlich gibts einige Aussagen, die einfach nur glasklare Lügen sind, aber sofern das Verleumdungen oder Verhetzungen sind, sind die ja eh justiziabel.

Das ist richtig und gut so, und gilt selbstverständlich auch für Wahlkampf-Aussagen.

Da sind wir ja vollkommen einer Meinung.
Ich halte das aber für eher ungut, und habe ansatzweise auch begründet warum ich das so sehe.
Entsprechend sollte meiner Meinung nach nicht die Möglichkeit bestehen, dass Politiker für „Lügen“ (sofern nicht Verleumdung, Verhetzung usw.) belangt werden können.
Warum ich das so sehe, habe ich ansatzweise begründet.

Das ist die zweite unpassende Unterstellung, denn das Gesetze pauschal nichts bringen würde, habe ich nicht ansatzweise behauptet.
Gesetze sollen aber Folgen für die Verhaltensweise haben, auf die sie sich beziehen.
Und hier sehe ich eben vornehmlich negative Folgen.

Kann ich leicht, klar und smileyfrei beantworten: Weil Politik, Wahlkampf und politische Auseinandersetzung etwas ganz anderes ist (oder zumindest aus meiner Sicht unbedingt sein sollte) als das Produzieren irgendwelcher Konsumgüter, und entsprechend politische Wahlwerbung etwas anderes ist als Produktwerbung.

Gruß
F.

Es ging aber um Lügen, die eben noch nicht strafbar sind und da hast du impliziert, dass man solche gar nicht festlegen könnte.

Das ist mit dem Spruch auch nicht gemeint. Wer es nur genug will, wird immer einen Weg finden, bestehende Gesetze zu umgehen. Siehe illegale Wahlkampffinanzierung, die in Österreich von allen großen Parteien betrieben wird. Das Gesetz dazu ist zwar zahnlos und nicht sehr effektiv, aber schon der Umstand, dass sie illegal ist, führt halt auch in der Bevölkerung zu einer gewissen Denkweise.

Der Punkt ist aber nicht, dass die beiden Dinge verschieden sind, sondern wieso bei dem einen (Klopapier) höhere Maßstäbe angelegt werden, als bei dem anderen (Politiker).

Da sind wir voll beieinander.

Doch.
Aus meiner Sicht geht es um die Grundverschiedenheit von Produktwerbung und politischem Diskurs. Nur wenn man die nicht akzeptiert, ergibt der in „höhere Maßstäbe“ implizierte Vergleich Sinn.

Wenn du in der Klopapierwerbung das „Lügen“ verbietest, dann ändert das nichts am Produkt Klopapier, nur an der Art seiner Anpreisung.
Wenn du dagegen das „Lügen“ im Wahlkampf verbieten willst, dann willst du doch gerade etwas am politischen Diskurs verändern.

Zudem gibts in Bezug auf Produktwerbung die „neutrale Instanz“ des regelsetzenden Staates.
Im politischen Diskurs dagegen ist der regelsetzende Staat nicht als „neutrale Instanz“ zu haben, sondern er ist ja gerade der Gegenstand des politischen Diskurses.

Gruß
F.

Falls Lügen tatsächlich mittlerweile zum anerkannten politischen Diskurs gehören sollten, wäre das ja vielleicht gar keine schlechte Umkehr. Ich persönliche sehe zwar, dass Lügen von manchen politischen Strömungen immer öfter gezielt eingesetzt werden. Wenn manche Parteien dann plötzlich eingeschränkt wären, weil sie nicht mehr hemmungslos lügen dürften, fände ich das eher begrüßenswert.

Warum sollte eine Gericht hier nicht als neutrale Instanz gelten? Alternativ könnte man ja eine entsprechende Kommission o.ä. ins Leben rufen. Ich glaube wirklich nicht, dass es an diesem Problem scheitern würde.

Ich sehe halt ganz wenige glasklare Lügen, sondern v.a. ungeheuer viele krasse Vereinfachungen, grobe Verzerrungen und Andeutungen von Sachverhalten, die so schlicht und einfach nicht gegeben sind.
Da tun sich die Rechtspopulisten vielleicht besonders hervor, aber das zieht sich doch durch den ganzen politischen Diskurs.

21% weniger Lohn für gleiche Arbeit“ und Konsorten. Das ist doch nicht prinzipiell anders als Johnsons 350 Millionen. In beiden Fällen wird die größtmögliche Zahl genommen und in einen Zusammenhang gebracht, der so nicht Realität ist, aber es spricht eben die Klientel optimal an.
Das halte ich beides nicht für eine simple „Lüge“.
Was anderes sind glasklare Lügen wie „Wir haben keine Parteispende von XY erhalten“. So etwas soll natürlich strafrechtlich relevant sein, wenn es sich als Falschbehauptung herausstellt.

Genau sollen natürlich die krassen Sager der Rechtspopulisten strafrechtlich relevant sein. Aber das sind doch in aller Regel keine simplen „Lügen“, sondern meistens solche Anspielungen wie das bekannte „Heimatliebe statt Marokkaner-Diebe“ von der FPÖ damals. Das ist ja zu Recht vor Gericht gelandet, wenn auch m.W. dann im Freispruch geendet.

Es geht doch schlicht darum, dass solche Urteile stets, und auch mit einer gewissen Berechtigung, dann von Teilen den Bevölkerung als „politisch motiviert“ begriffen werden. Das ist schon bei der „Verhetzung“ so, bei einem Straftatbestand „Lügen im Wahlkampf“ wäre das noch viel mehr der Fall.
Ist das wünschenswert? Aus meiner Sicht Nein.

(Der Kontext hier war die Abgrenzung zum Klopapier: kein Mensch würde es in der Regel als „politisch motiviert“ empfinden, wenn ein Klopapier-Spot untersagt wird, weil darin falsche Tatsachen behauptet werden; darin besteht einfach ein grundsätzlicher Unterschied, und keine Gradualität der Maßstäbe)

Gruß
F.

Nein, das kann man nicht von x Millionen Wählern eines Landes verlangen. Erstens, weil viele Leute gar nicht die Zeit dazu haben (oder die Möglichkeiten, es gibt auch Analphabeten usw.). Viele Leute kommen müde von der Arbeit nach Hause, haben Kinder, bauen ein Haus oder haben ein krankes Familienmitglied zu versorgen oder sind selber krank. Die gehen nicht noch ins Internet abends und suchen EU-Statistiken raus.

Zweitens weil es letztlich doch nicht so einfach ist (s.u.), meistens nicht.

Und drittens, weil die Erfahrung einfach lehrt, dass die meisten Leute es nicht tun. So funktioniert Demokratie nicht, auch wenn es wünschenswert wäre. Also sollten wir die Demokratie so bauen (und darüber diskutieren wir ja hier: wie es sein sollte), dass sie funktioniert. Und da fände ich eine Art Faktencheck oder gar Klagemöglichkeit bedenkenswert, um die ganz krassen Lügen (wie auch Trump sie immer wieder bringt) zu unterbinden.

Wer im Netz recherchiert, wird dann genau die Angaben finden, die du als zu lang, um sie in einen Slogan zu packen, bezeichnet hast. Also einerseits andererseits. Nach 10 Minuten Lesen raucht dem durchschnittlichen müden Feierabend-Rechercheur der Kopf und es bleibt hängen: „Es ist nicht so einfach zu beantworten.“

Ich hab hier auf der Seite mal kurz in einen Streit reingelesen, wo es um die Frage ging, ob wegen/nach der Flüchtlingswelle die Kriminalität anstieg. Es wurden verschiedene Statistiken und verschiedene Interpretationen selbiger vorgelegt. Nach kurzer Zeit hab ich’s aufgegeben und entschieden, dass ich die Frage für mich nicht klären kann.

Müssen sie ja nicht.
Die Lektüre eines einzige seriösen Zeitungs- oder Internetartikel hätte vollkommen gereicht, um diese Zahl, mit der Johnson monatelang hausieren ging, als Halbwahrheit einschätzen zu können.

Wenigstens als Ideal ist das m.E. den Bürgern in einer Demokratie abzuverlangen.

Real sehe ich es aber ähnlich wie du, u.a. darum kann ich mit direkter Demokratie ganz wenig anfangen.

Gibts doch,
Johnson wurde verklagt, aber die Klage wurde in zweiter Instanz abgeschmettert.

Die allermeisten Hetz- und Verblödungsaussagen sind doch eh nicht solche, die mit Zahlen hantieren oder die man überhaupt einem „Faktencheck“ unterziehen könnte, sondern es sind die ganzen diffusen Aussagen, die abstruse Zusammenhänge in den Raum stellen, die aber ungreifbar genug sind, dass man sie keinem „Faktencheck“ unterziehen könnte, und gegen die man erst nicht klage könnte.

Durch eine Ausweitung von Klagemöglichkeiten erreichst du doch nur die Ausmerzung einigermaßen konkreter Lügen und Halbwahrheiten zu Gunsten diffuser Lügen und Halbwahrheiten.
Damit ist nichts gewonnen.

Das ist ja schon die perfekte Einsicht!
Mir reichts an Informiertheit vollkommen, wenn die Menschen wenigstens ihre simplen Gewissheiten in Frage stellen und erkennen, dass alles nicht so einfach ist.

Gruß
F,