Hallo
Es ist sehr zu würdigen, dass du hier einiges klar gestellt hast.
Ich hatte diese Diskussion mit Wolfgang vor kurzem ja auch schon.
Ich möchte nur ein paar Dinge zu deinen Ausführungen sagen.
Der Psychiater ist nicht der richtige Ansprechpartner für eine
Psychotherapie, weil er keine Psychotherapie durchführen darf.
Das ist aber nicht ganz korrekt, denn (abgesehen davon, dass die heutige Facharztausbildung die zum „FA für Psychiatrie und Psychotherapie“ ist; das ist parallel erfolgt zur Einführung des ‚Psychotherapeuten‘ als eigenständigem Berufsbild Anfang der 90er Jahre), konnte der Psychiater immer schon psychotherapeutisch behandeln, also nicht nur pharmakotherapeutisch.
Zumindest kann man bei ihm ziemlich sicher sein, dass ein Hilfesuchender sofort an eine geeignete Stelle weiterverwiesen wird, wenn er selbst nicht die richtige Stelle ist.
Das Problem, das ich beim Rat „Geh zum Psychiater“ sehe, ist eher das der unnötigen Hemmschwelle. Psychiater klingt nun mal für die meisten Menschen ziemlich abschreckend. Für andere dagegen klingt er wiederum kompetenter als der Psychotherapeut … Naja.
Ich erkläre es noch einmal ganz genau:
Der richtige Ansprechpartner für eine Psychotherapie ist der
Psychotherapeut, zu dem man direkt hingehen kann ohne Umweg
über Hausarzt oder Psychiater! Jeder Psychotherapeut kann und
darf eine Diagnose stellen!
Das sollte man hier im Brett irgendwo dick einrahmen!
Psychotherapeut ist die zuverlässige, sichere Bezeichnung,
nicht Psychotherapie!
Doch, rein rechtlich ist der Begriff „Psychotherapie“ genauso geschützt wie „Psychotherapeut“.
Selbst „psychologischer Therapeut“ oder alles andere, was dem „Empfängerkontext“ nach fälschlich andeutet, eine Person wäre Psychotherapeut, ist unzulässig.
Der „Psychotherapeut, HP“ bewegt sich auf sehr dünnem Eis.
Deshalb führt es auch in die Irre, die Leute zum Psychiater zu
schicken, weil der nicht sicher Psychotherapeut ist! Das baut
eine unnötige Hemmschwelle auf, weil sie sich zwei Mal
anvertrauen müssen und völlig überflüssig Zeit verlieren.
Das ist richtig, daraus lässt sich aber keine allgemeine Regel machen, denn bei manchen Fragestellern (z.B. bei schwer Depressiven, aber auch bei anderen) ist es genau umgekehrt so, dass sie dann u.U. vom Psychotherapeuten zum Psychiater weitergeschickt würden …
Einzig für Medikamente braucht man den einen Arzt, den
Psychiater, das kann aber auch ein Neurologe oder der Hausarzt
sein.
Und für körpermedizinische Ausschlussdiagnosen natürlich, die z.B. bei depressiven Ersterkrankungen zu selten erfolgen, aber absolut wichtig wären.
Weder der psychologische Psychotherapeut noch der rein
als ärztliche Psychotherapeut arbeitende Arzt dürfen
Medikamente verschreiben.
Der ärztliche Psychotherapeut darf selbstverständlich Medikamente verschreiben.
In der Praxis machen es einige/viele nicht, weil sie die therapeutische und die ärztliche Funktion nicht vermischen wollen, aber manche tun das sehr wohl.
Ein wahrlich komplexes Gebiet 
Gruß
Tyll