Psychopathologie und das Leib/Seele-Problem

Hallo,

für ein Referat zur Geschichte der Psychiatrie suche ich nach Literatur- und Denkansätzen bzgl der Frage, inwiefern das Leib/Seele-Problem mit unserer Klassifizierung psychischer Krankheiten zusammenhängt.

Ein aus meiner Sicht zentraler Punkt ist, dass man mit einer Verortung der Psyche im Gehirn oder etwa gänzlich außerhalb des Körpers automatisch bestimmte Ursachen zugrunde legt. Mir fiel spontan das Griesinger-Zitat ein: „Psychische Erkrankungen sind Erkrankungen des Gehirns“ - eine Sichtweise, die ja heute im Zeitalter der bildgebenden Verfahren gehypter ist denn je.

Wie allerdings würde man Geisteskrankheiten betrachten, wenn man von einer strikten Trennung von Somatik und Psyche ausgeht? (Gerade in Betrachtung der Geschichte) würde eine Psychopathologie dann ja nur durch externe Mechanismen ausgelöst werden können, zu denen man früher „Gott“ oder „Satan“ gesagt hat. Wäre diese Perspektive aus heutiger Sicht noch möglich?

Ich bin für alle Ideen dankbar!

Hallo,

wieso „externe Mechanismen“ - und dazu noch die Beispiele Gott und Satan?

Es gibt ja Ansätze, die die Emotion (Psyche) nach dem physischen Erleben setzen. Man weint nicht weil man traurig ist, sondern man weint, weil man ist traurig, weil man weint. So gesehen wäre es nicht Gott oder Satan, der die Finger im Spiel hat, sondern einfach nur ein externer Reiz, der eine physische Reaktion hervorruft und dieser wiederum eine psychische Reaktion.
Bei Erkrankungen ist es vielleicht kein externer Reiz, sondern eine sich veränderte Biochemische Zusammensetzung (Hormone etc.)

Viele Grüße

Danke schonmal! Dein Beispiel (klingt behavioristisch?) ist natürlich sehr viel griffiger und besser als meins! So eine externe Quelle hatte ich zB gesucht.

Hallo,

behavioristisch habe ich das nicht wirklich gemeint. Vielleicht lag es am Begriff „Reaktion“, welches bei der Psyche ja eben auch mit Emotionen verbunden ist.

Es ist ein interessantes Thema, denn es ist nicht einfach und nicht wirklich erklärbar. Es ist sicher nicht optimal den Menschen auf das physisch-organische zu reduzieren, denn der Geist ist (auch wenn er schwammig formuliert und nicht greifbar ist) nun mal da.

Wer lächelt (ohne Grund und Gegenüber), fühlt sich wohler als wenn man finster dreinschaut. Umgekehrt löst ein irgendwo im Körper lokalisierter Schmerz Angst aus, man verkrampft, die Gedanken kreisen und man fühlt sich schlechter.

Ein gutes Beispiel hierfür sind Depressionen, wo Leib und Seele sich gegenseitig in einer Spirale nach unten ziehen.

Viele Grüße

Ein gutes Beispiel hierfür sind Depressionen, wo Leib und
Seele sich gegenseitig in einer Spirale nach unten ziehen.

Es ist ja - soweit ich das verstehe - Konsens in der modernen Medizin, dass Leib und Seele nicht wirklich dualistisch angelegt sind, sondern eher monistisch. Oder? Sonst könnten ja zB die von Dir angeführten Beispiele psychosomatischer Mechanismen nicht greifen. Warum aber wird dann so „aufgeteilt“ therapiert? Zumindest habe ich den Eindruck, dass die Somatiker und die Psychotherapeuten jeweils gerne unter sich bleiben.

Hallo,

Menschen mit psychosomatischen Beschwerden besuchen meist zwei Stellen: einen Arzt und einen Therapeuten. Nur selten ist beides in einer Person.
Der eine behandelt den Leib und der andere die Seele. Das muss auch nicht unbedingt ein Problem darstellen.

Viele Grüße

Wie allerdings würde man Geisteskrankheiten betrachten, wenn man von einer strikten Trennung von Somatik und Psyche ausgeht? (Gerade in Betrachtung der Geschichte) würde eine Psychopathologie dann ja nur durch externe Mechanismen ausgelöst werden können, zu denen man früher „Gott“ oder „Satan“ gesagt hat. Wäre diese Perspektive aus heutiger Sicht noch möglich? … mehr auf http://w-w-w.ms/a4bhwd

Ja, sicher, denn selbstverständlich macht es großen Sinn, Leib und Geist philosophisch zwar getrennt zu definieren (- so wie in der Physik ‚Teilchen‘ und ‚Welle‘) und auch entsprechende Experimente zu unternehmen, die diese Sicht veri- oder falsifizieren, je nach dem. Die Erfahrung zeigt freilich, dass beide Instanzen - im Organismus - nicht wirklich separat operieren, insofern ist es genauso sinnvoll, den Seelen-Begriff im Sinne einer angeborenen, universalen Harmonie von Leib und Geist zu definieren/ beide zu einer Relation verschmolzen). Damit stellt man sich automatisch in Kontradiktorische Position zu dem naturwissenschaftlich unhaltbaren Seelen-Verständnis der abendländischen Religionen samt ihrer tausendjährig unsinnigen Diskussion des „Leib-Seele-Problems“, nämlich die Dämonisierung des Leibes (seiner triebhaften, angeborenen Begierden) und des Aberglaubes, die Seele könne die Verwesung ihres sündhaften Leibes als ‚reiner Geist‘ überleben, um je nach dem in der Hölle (teuflicher Seelengrill) zu landen oder im Himmel auf dem Schoß des lieben Gottes…

Aus der Perspektive der naturphilsophischen Seelendefinition ergibt sich zwanglos, dass die seelischen Störungen ( Psychopathologie) nahezu ausschließlich von „Außen“ bewirkt sein müssen - und da Gott und der Teufel ‚tot‘ sind, bleiben als Verantwortliche nur die Menschen selbst zu konstatieren… eine Sache, die auch die akademische Psychologie alles andere als leicht verkraftet…