Pulpaeröffnung - wäre sie vermeidbar gewesen?

Hallo,

mal ne Frage zum Verständnis:

Am 7er im Oberkiefer hatte ich Karies unter einer alten Füllung. Diese Karies ging ziemlich tief.

Beim Bohren selber ging noch alles glatt, aber beim Ausfräsen hinterher mit diesem kugeligen Bohrer (afaik Rosenbohrer?) hat der ZA an einer winzigen Stelle die Pulpa eröffnet. Er hat den Zahn dann mit Ozon noch desinfiziert und mit Kalziumhydroxid eine direkte Überkappung gemacht.
Der ZA meinte, da ich noch jung sei und die Eröffnung wirklich sehr klein sei, sei die Prognose doch recht gut. Ich bin auch recht guter Dinge, die Behandlung war Dienstag morgen und ich habe bislang auch keine Schmerzen an dem Zahn gehabt.

Meine Frage ist, ob man mittels der schrittweisen Kariesentfernung (also belassen der pulpanahen Kariesbereiche, indirekte Überkappung, Abwarten, daß sich Sekundärdentin bildet und dann den Rest der Karies entfernen) die Eröffnung der Pulpa hätte vermeiden können.

Dabei frage ich mich - woher weiß der ZA eigentlich, wie dicht er an der Pulpa ist?

Gruß,
Martin

Hallo Martin,

tja, bei tiefer Karies wird es leicht kritisch.

Beim Bohren selber ging noch alles glatt, aber beim Ausfräsen
hinterher mit diesem kugeligen Bohrer (afaik Rosenbohrer?) hat
der ZA an einer winzigen Stelle die Pulpa eröffnet.

Ja, einen runden Bohrer nennt man auch „Rosenbohrer“.

Er hat den Zahn dann mit Ozon noch desinfiziert
und mit Kalziumhydroxid eine direkte Überkappung gemacht.

Da hat er nach meinem Gefühl das Menschenmögliche getan.

Der ZA meinte, da ich noch jung sei und die Eröffnung wirklich
sehr klein sei, sei die Prognose doch recht gut.

Wesentlich für die Prognose ist eigentlich, ob die Pulpa schon selbst Entzündungszeichen hatte. Das kann der Zahnarzt z. B. aus stärkerer Blutung aus einer eröffneten Stelle erkennen. Wenn das nicht der Fall war, sind die Aussichten wohl wirklich recht gut.

Ich bin auch recht guter Dinge, die Behandlung war Dienstag morgen
und ich habe bislang auch keine Schmerzen an dem Zahn gehabt.

Da würde ich allerdings dem Zahn noch etwas länger als einige Tage Zeit geben, zu reagieren - aber wir wollen ja optimistisch sein.

Meine Frage ist, ob man mittels der schrittweisen
Kariesentfernung (also belassen der pulpanahen Kariesbereiche,
indirekte Überkappung, Abwarten, daß sich Sekundärdentin
bildet und dann den Rest der Karies entfernen) die Eröffnung
der Pulpa hätte vermeiden können.

Man merkt, Du hast Dich kundig gemacht.
Die von Dir beschriebene Methode wird immer wieder mal diskutiert, ist aber in ihrer Wirksamkeit umstritten. Es kommt halt immer darauf an, inwieweit die Karies noch in den Zahnhartsubstanzen (Dentin & Schmelz) sitzt oder schon die Pulpa infiziert hat. Durch die Dentinkanälchen kann dies schon geschehen, ohne dass bereits der große Durchbruch erfolgt ist.

Dabei frage ich mich - woher weiß der ZA eigentlich, wie dicht
er an der Pulpa ist?

Gute Frage. Wenn der Zahnarzt sich der Pulpa nähert, fängt diese irgendwann an, rosa durchzuschimmern. Aber das Erkennen ist praktisch wirklich schwierig. Das ganze Geschehen spielt sich ja auch nur auf wenigen Quadratmillimetern ab, und zudem noch oft in einem schlecht einsehbaren Bereich. Und jugendliche Pulpen sind besonders groß. Da ist es fast unvermeidlich, dass es bei tiefer Karies schon mal eine „artifizielle“ Pulpaeröffnung gibt.

Lieben Gruß
Dantis

Meine Frage ist, ob man mittels der schrittweisen
Kariesentfernung (also belassen der pulpanahen Kariesbereiche,
indirekte Überkappung, Abwarten, daß sich Sekundärdentin
bildet und dann den Rest der Karies entfernen) die Eröffnung
der Pulpa hätte vermeiden können.

Dabei frage ich mich - woher weiß der ZA eigentlich, wie dicht
er an der Pulpa ist?

Gruß,
Martin

Servus Martin,
wann hast Du Dein Zahnmedizin-Examen gemacht:wink:

Du hast schon recht, hätte man möglicherweise vermeiden können. Wenn aber jetzt, durch das gründliche Vorgehen beim Exkavieren, die pulpennahe Bakterienmenge entscheidend verringert sein sollte, wenn das Kalziumhydroxid ein übriges gegen die Bakterien-, und vieles für die Sekundärdentinbildung tut, UND wenn über dem ganzen eine dentinadhäsive-, mehrfach geschichtete Composite-Füllung liegt, ist es wahrscheinlich sogar besser, als die gute alte ‚Caries-Profunda-Therapie‘. Es ist wie bei jeder Infektion: Bakterien rausholen, den Rest kaputtmachen, keine neuen ranlassen, dem Körper seine Chance geben.

Kai

Nachtrag
Hab’ vergessen, die Frage zu beantworten, woher der Zahnarzt weiß, wo er mit seinem Bohrer ist.

Gut ist, wenn er eine Bißflügelaufnahme hat - die sind millimetergenau. Der Rest ist: Hinschauen (wird das dunkle Dentin heller?), hinfühlen (fühlt es sich jetzt beim Bohren (ist ja eigentlich Fräsen) härter an? Im Zweifel nimmt man das Handinstrument (kleiner Löffel aus Stahl, beschichtet mit Wolframkarbid). Was das mitnimmt MUSS raus.

Das reicht jetzt auch schon für den zweiten Schein in der Zahnerhaltungskunde :wink:

Kai

Servus Dantis,
jetzt tät’s mich dann schon doch langsam interessieren, bei welchem Hersteller noch Leute mit diesen profunden Kenntnissen arbeiten. Zumal ich etliche Jahre lang bei einem Hersteller als Beratungszahnarzt unter Vertrag war, der von einer amerikanischen Kompetenzvernichtungsmaschine gekauft worden ist.

Gerne auch per PM weiter

Kai

Servus Martin,
wann hast Du Dein Zahnmedizin-Examen gemacht:wink:

Das ist so eine „Krankheit“ bei mir - ich informiere mich immer sehr sehr gründlich und lese Stunden und manchmal Tage - egal ob es um mich, irgendwelche Anschaffungen oder die Sanierung meines alten Bauernhauses geht :wink:

Der ZA war auch schon erstaunt über mein Wissen, wo ich das denn her hätte. Das ich mir das alles aus dem Internet zusammenlese, hat ihn sehr erstaunt - denn er selber benutzt das Internet eigentlich gar nicht (daß es sowas noch gibt…) - dabei ist er noch nicht so alt.

Naja, wie auch immer, da der ZA mitbekommen hat, daß ich verstehe, was er macht, spricht er auch mehr mit mir, was er gerade anstellt. Das finde ich schon sehr angenehm.

tut, UND wenn über dem ganzen eine dentinadhäsive-, mehrfach
geschichtete Composite-Füllung liegt,

Er hat auf jeden Fall eine Kunststoff-Füllung rein gemacht, sagte aber, daß diese nicht ewig hält, da sie aus einem anderen Material ist und somit „halb provisorisch“ sei.

Aber das normale, dauerhaftere Material würde sich nicht mit dem Material von der Überkappung vertragen, deshalb müßte die Füllung später nochmal durch eine mit dem normalen Material ersetzt werden.

Frag mich aber jetzt nicht, welches Material jetzt drin ist.

Bislang bin ich mit dem ZA sehr zufrieden, aber ob er wirklich kompetent ist, oder nur einen guten Eindruck macht ist natürlich für den Laien schwer zu sagen.

Gruß,
Martin

OT: Ultradent Products
Hallo Kai,

danke für Deine Anerkennung. Ich arbeite für die Fa. Ultradent Products. Das ist eine amerikanische :smile: Firma in Salt Lake City, wurde von über 25 Jahren von einem Zahnarzt (Dr. Dan Fischer) gegründet, der sie auch heute noch leitet; inzwischen ist das ein Laden mit über 700 Mitarbeitern.

Einige Produkte kennst Du sicher auch, z. B. Ultrapak-Retraktionsfäden, Ultra-Etch Ätzgel und - last not least - die Opalescence-Zahnaufhellungsprodukte.

Früher wurden die Produkte von UP (so die gängige Abkürzung des Hauses) durch die Depots der Dental-Liga vertrieben; seit gut drei Jahren gibts eine eigene Niederlassung in Deutschland, und der Vertrieb erfolgt über fast alle Dental-Depots.

Ich habe eine relativ lange Dental-Historie, früher im Dental-Handel, dann bei der Dental-Liga, jetzt bei UP. Ich tue das, was mich interessiert: Mich mit den Produkten und ihren Anwendungsgebieten befassen und dazu möglichst viele Infos zusammenzutragen. Und dann bin ich zuständig für Fachtexte, Pressearbeit, Schulung und Hotline für unsere Außendienstler.

So, das reicht fürs Forum - wenn weitere Fragen, gerne per PM.

Lieben Gruß
Dantis

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