Hallo Bellawa,
wie ich schon in deinen anderen Antworten zu diesem Thema gelesen habe neigst du dazu, Sätze aus dem Sinnzusammenhang zu reißen, und machst sie damit wesentlich dramatischer, als sie im Kontext eingebettet gemeint sind.
Wie du sicher auch gelesen hast schrieb ich: „… kann bei streng gläubigen Familien dazu führen, …“. Crazy83 hat sich gar nicht dazu geäußert, wie gläubig die Familie ihres Liebsten ist. Er selbst sei gläubig, aber von fundamentalistisch habe ich nichts gelesen.
Dass in muslimischen Ländern eine andere KULTUR herrscht, als im christlich geprägten Europa ist hinlänglich bekannt. Algerien ist meines Wissens ein Land, in dem der Koran Grundlage der Gesetzsprechung ist (Übrigens ist unsere Gesetzsprechung, auch wenn Kirche und Staat getrennt sind, sehr stark vom Christentum beeinflusst, womit die christliche Nächstenliebe Basis von weiten Teilen unseres Grundgesetzes ist.)
Ich vermute, dass du im christlichen Kontext aufgewachsen bist und deshalb denkst, „unsere“ Kultur sei allen anderen überlegen. Aber das ist so nicht. Die muslimische Kultur ist anders, aber nicht schlechter. Manches ist ungewöhnlich und manches wünscht sich der Einzelne sicher verändert, aber das geht mir mit der christlichen Kultur genau so. Ich bin Katholikin, ich arbeite bei der katholischen Kirche. Da bin ich als Frau noch lange nicht gleichberechtigt, da gibt es auch noch jede Menge Handlungsbedarf.
Ihren Blick auf den Islam hat die katholische Kirche allerdings schon geweitet, und seit dem II. Vatikanischen Konzil den Islam als Weg zum Heil anerkannt. Das ist ein großer Schritt auf die Muslime zu, weg von Gewalt und Terror. Dieser Schritt wurde weder von der evangelischen Kirche, noch vom Islam bisher gemacht, leider.
Vor „Gottes Angesicht“, also in Kirche oder Moschee eine/n „Andersgläubige/n“ zu heiraten ist bisher fast noch nie geschehen. Das heißt aber noch lange nicht, dass es für alle Zukunft unmöglich sein wird. Muslime und Christen sind Gläubige auf dem Weg. Auf diesem Weg werden von allen Seiten Fehler, auch schlimme, gemacht, vielleicht sogar in der Meinung, bestens zu handeln. In den meisten Fällen sind wir durch unsere Erziehung und kulturelle Prägung davon überzeugt, dass unsere Sicht der Dinge die beste für alle ist. Leider sind aber auch die Menschen aus anderen Kulturen der selben Ansicht und meinen, alle zu ihrer Weltsicht bekehren zu müssen (Wie du ja leider auch.) Das erinnert ein wenig an die Menschen im frühen Mittelalter, die dachten, dass die Erde ein Scheibe sei und IHR Dorf genau im Zentrum.
Christen jeglicher Couleur und Muslime aus allen Gruppierungen sollten nicht vergessen, dass ihr Glaube aus den selben Wurzeln entspringt. Viele Glaubenspraktiken sind kulturell beeinflusst. Aber so lange diese Entwicklung noch auf dem Weg ist, brauchen wir Menschen aus allen Gruppen, die sich darüber auseinandersetzen, miteinander, nicht gegeneinander. Menschen die auf Augenhöhe achtungsvoll miteinander sprechen.
Last but not least seien wir froh, dass wir in einem Land leben dürfen, in dem religiöse Toleranz herrscht (s.o. Trennung von Kirche und Staat). So kann crazy83 jederzeit standesamtlich heiraten, egal welcher Religion ihr Zukünftiger angehört. Und hoffen wir, dass andere Länder, in denen diese Toleranz noch selten anzutreffen ist, sich darauf zu weiter entwickeln.
Mit irgendwelchen Beschuldigungen und Abfälligkeiten ohne die jeweils andere Seite wirklich zu kennen, ist jedenfalls keinem geholfen.
Übrigens finde ich sehr interessant und bezeichnend, welch umfangreiche Diskussion von crasy83 angestoßen wurde. Islam und Christentum, das ist ein Thema, das die Gemüter bewegt, wie man sieht.
Also Bellawa, wer immer du bist, und welcher Religion du immer angehörst, sei herzlich gegrüßt
Olivia