Guten morgen,
ich kann mich ja irren, aber die Zuzahlungen entlasten die
Krankenkassen und damit über niedrigere oder zumindest
konstante Beiträge beide Seiten (AG und AN).
Stimmt! Die Entlastung wirkt sich auf AG und AN aus, die
Belastung nur auf den AN. Genau das ist der angestrebte
Effekt.
ich fange an zu verstehen. Die Kosten sollen also von beiden getragen werden, obwohl nur einer die Kosten in der Hand hat. Das Verursachungsprinzip lehnst Du also ab. Ein Standpunkt von mehreren Möglichkeiten. Aus meiner Sicht ist jeder Anreiz, Kosten zu vermeiden, ein guter Ansatz. Wer mal bei einem praktischen Arzt die fröhliche Pensionärsrunde gesehen hat, kommt leicht mal auf den Gedanken, daß da nicht nur von Krankheit gepeinigte Menschen auf eine dringende Behandlung warten. Das ganze hat eher was von Kaffeeklatsch.
Das zu finanzieren ist m.E. wirklich nicht die Aufgabe der Arbeitgeber.
dem Umfang der Absicherung bzw. der Kontrolle (Stichwort
Karenztage) und vor allem nach der Lage auf dem Arbeitsmarkt.
Auch ist immer wieder interessant, wieviele Mitarbeiter
zufällig gerade nach sechs Wochen wieder arbeits"fähig" sind.
Ja, das fällt mir auch auf. Viele Mitarbeiter verwenden ihren
Erholungsurlaub um die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht
abgeben zu müssen, aus Angst um den Job. Nur, wenn der EU
aufgebraucht ist, werden die Krankenscheine eingereicht. Unter
EU hatte ich mal etrwas anderes verstanden.
Eigentlich wollte ich auf etwas anderes hinaus, aber mit Deinem Kommentar hast Du mir frühzeitig klargemacht, daß wir in die Richtung nicht weiter vertiefen brauchen.
Werfen wir einen Blick auf die betriebliche
Unfallversicherung: Heißa, was wird da getrickst, damit der
Stolperer nicht im Warenhaus sondern vor der Tür passiert.
Unfall auf dem Weg zur Arbeit? Nein, nein, für das Brötchen in
der rechten Hand hat der Angestellte natürlich keinen Umweg
gemacht.
Ehrlich: Als Arbeitgeber hätte ich hier schon lange die Nase
voll.
Oder beim Arbeiten einen Finger verloren. Da macht der AN dann
schon mal nach drei tagen Urlaub, damit der Unfall nicht an
die BG gemeldet werden muß. Andernfalls wird der MA dann
längere Zeit nicht für anfallende Überstunden in Betracht
gezogen.
Tja, wie es im verarbeitenden Gewerbe läuft, weiß ich nicht. Bei uns ist die Personaltante bei gewissen Beratungsdienstleistungen sehr aktiv, insbesondere was die Auswahl des Unfallortes angeht.
Ich bin von frühester Jugend zur Selbständigkeit erzogen
worden. Ich erwarte gar nicht, daß die Gesellschaft für mich
sorgt. Klar, im Augenblick bin ich in der komfortablen
Situation, daß ich darauf verzichten kann. Aber auch in der
Vergangenheit, als ich es mal nicht „so dicke“ hatte, habe ich
nicht jede milde Gabe der Gesellschaft angenommen, die mir
zugestanden hätte oder die ich mir hätte ertricksen können.
Von ‚Gesellschaft‘ und milden Gaben ist hier bisher nicht die
Rede gewesen. Wie hast Du diese Kurve wieder bekommen? Bis
hierher ging es um ein Sozialsystem, das seit 100 Jahren die
AN schützen soll, das nun abgebaut wird.
Weil es das gleiche Prinzip ist: Es soll einer für mich sorgen. Krankheit, Rente, Arbeitslosigkeit. Alles nicht mein Ding, sondern da soll schön ein anderer mitbezahlen. Arbeitgeber oder Gesellschaft, völlig egal.
Natürlich ist es wünschenswert, daß es für den Notfall eine Absicherung gibt und natürlich ist es wünschenswert, daß sich AG und AN die Kosten teilen. Den status quo aber auf ewig fortschreiben zu wollen, ist aberwitzig. Wenn am Ende des Geldes bei Dir noch reichlich MOnat übrig ist, fängst Du auch an zu sparen.
Den Satz fand ich besonders schön: „Die Realität ist manchmal ganz schön hart.“ http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…
Vielleicht muß man sich auf solche Aussagen beschränken. Lange Diskussionen wie diese lenken vom Kern der Problematik ab: Es geht nicht anders. Das Geld ist nicht da, die Menschen werden immer älter und die Beitragszahler werden weniger. Egal welchen Bereich des Sozialsystemes man angeht: So ist es.
Mehr Lasten für die AG bedeutet weniger Arbeitsplätze aufgrund der höheren Kosten. Ist das gewollt? Fein, dann lassen wir alles so, wie es ist und die Welt wird uns den Wandel abnehmen.
Es gibt im Augenblick keinen vernünftigen Grund, warum wir 100 Jahre alte Traditionen fortsetzen wollten. Wie sagte neulich jemand über die Boom-Zeiten am Neuen Markt: „Das war einfach eine saugeile Party.“
Der Sozialstaat war für einige eine saugeile Party und nun ist sie vorbei. Die Unternehmen in Deutschland sind in zunehmendem Maße nicht mehr konkurrenzfähig, der Staatshaushalt in Deutschland steht kurz vor dem Zusammenbruch und da verweigern einige die Konsequenzen.
Was soll man dazu noch sagen?
Stattdessen weise ich nur noch einmal auf eines hin: Demnächst
werden rd. 2 Mio. Menschen eine Wohnung bezahlt bekommen zzgl.
345 Euro (zzgl. Zuschläge) Taschengeld fürs glatte
Nichsttun. Ich habe knapp fünf Jahre von 1000 DM gelebt
und zwar inkl. 630 Mark Miete (26 qm) zzgl. mal 100 oder 200
Mark, die ich mir dazu verdient habe. Also: 345 Euro fürs
Nichstun vs. max. 600 Mark fürs Studium.
Wie Du das mit der paritätischen Finanzierung der
Sozialsysteme in Verbindung bringst, interessiert mich nun
wirklich. Ich rede von Einkommensverschlechterungen für die
AN, Du von Steuerfinanzierter Sozialhilfe. Wieso?
Weil das das gleiche Prinzip ist. Die Menschen verkennen, was ihnen in diesem Land ohne Gegenleistung geboten wird. Wohnung + 345 Euro sind nicht genug, 50% AG-Anteil sind OK, eigene Zuzahlungen nicht, die Berufsgenossenschaft lebe hoch aber bleib mir weg mit privater Unfallversicherung usw. usf.
Zeugnis ablegten. Achja: Wenn jemand jetzt mit Inflation
anfängt, muß ich würgen. Lebensmittel sind heute tendenziell
billiger als damals.
Wer hat von hungern gesprochen? Von Inflation war auch nicht
die Rede. Nur davon, daß die Regierung sich
Arbeitnehmerfeindlich verhält, was sie ja auch zugibt, wenn
sie von Entlastungen für die AG spricht.
Ja, und die sind notwendig. Die jährlichen Tariferhöhungen entsprechen bei vielen Unternehmen dem Jahresgewinn. Der muß aber sein, damit sich die ganze Veranstaltung für den Unternehmer rechnet. Wo soll also gespart werden? Bei den Lieferanten? Guter Witz, die haben die gleichen Probleme. Bei der Miete? Bei den Zinsen?
Nein, der einzige variable Kostenblock ist das Personal. Man kann die Augen verschließen oder sich darüber im Klaren sein, daß das Weitermauscheln auf derzeitigem Niveau zu einer weiteren Verschärfung am Arbeitsmarkt führen wird.
Vor diesem Hintergrund bin ich schlichtweg fassungslos, was
und wie derzeit in Deutschland diskutiert wird. Mit „ein Ruck
muß durch Deutschland gehen“ hat Herzog ganz sicher nicht
das gemeint.
Ganz sicher nicht. Er hat sicher auch nicht gemeint, daß die
AG ihre soziale Verantwortung, die sie noch vor wenigen Jahren
einhellig bejat haben nun komplett ablehnen.
Entschuldige, aber das ist jetzt doch ein bißchen albern. Von „komplett“ kann nun wahrlich nicht die Rede sein. Du tust ja gerade so, als ob die Arbeitgeber nun jede Leistung völlig ablehnen würden.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch
soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
Das steht da immer noch. Wenn ich Dich höre, frage ich mich,
wann Absatz zwei gestrichen wird.
Ich bin mir relativ sicher, daß die Väter des Grundgesetzes damit nicht gemeint haben, daß Unternehmen bis zur Existenzgefährdung aus reiner Nettigkeit Unsummen in die Sozialsysteme einzahlen müssen und zwar ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten, sondern vielmehr im Gegenzug noch in nicht unerheblichem Maße ausgenutzt und beschissen zu werden.
Nochmal: Ich bin nicht dafür, das ganze Sozialzeug sofort einzustampfen. Ich aber sehr dafür, daß mal einen Bestansaufnahme gemacht wird und daß sich die Leute darüber im Klaren sind, was ihnen einfach so geschenkt wird. Ob nun 50% oder 45% vom AG kommen: Das ist immer noch eine Menge Last, die von den Schultern des Einzelnen genommen wird.
Gruß,
Christian