'relativistische Schere'

Hi Lego et al,

angeregt durch das Einstein-Rosen-Paradoxon ist mir wieder folgendes in den Sinn gekommen:
Es müsste sich prinzipiell eine Schere konstruieren lassen, bei der beim Zuklappen der Berührpunkt der Schneiden sich mit beliebiger Geschwindigkeit fortbewegt.
Rein von den heutigen Fertigungsmöglichkeiten und Materialeigenschaften sollte dies meiner Überschlagsrechnung zufolge möglich sein.
Jetzt kommt Einstein: Wo liegt denn da der Haken?
Einfach nur lautstark v

Man braucht unendlich viel Zeit um die Schere auf relat. Geschw. zu beschleunigen.

Es müsste sich prinzipiell eine Schere konstruieren lassen,
bei der beim Zuklappen der Berührpunkt der Schneiden sich mit
beliebiger Geschwindigkeit fortbewegt.

Natürlich.

Jetzt kommt Einstein: Wo liegt denn da der Haken?

Da ist kein Haken. Die überlichtschnelle Bewegung des Berührungspunktes verstößt nicht gegen die RT.

Außer man schmiedet sie aus Tachyonen.

Ulrich

Hallo MrStupid,

Da ist kein Haken. Die überlichtschnelle Bewegung des
Berührungspunktes verstößt nicht gegen die RT.

ich hab da noch ein Problem mit. Ich habe versucht, das auszurechnen, aber ich komme mit den Ableitungen nicht klar. Daher will ich versuchen, das Problem in Worte zu fassen:

Die Kanten der Scherblätter haben einen Abstand D vom gemeinsamen Drehpunkt. a sei der Winkelzwischen einem Scherblatt und der Schnitt"linie" (die auch durch den Drehpunkt geht) und x sei der Abstand des Berührungspunktes von dem Drehpunkt. Bei a = 0° ist die Schere ganz geöffnet, die Scherkanten liegen in einer Linie im Abstand D vom Drehpunkt (der Berührungspunkt ist also praktisch eine Berührungslinie. Bei a = 90° ist die Schere voll geschlossen und der Berührungspunkt liegt unendlich weit weg vom Drehpunkt.

Wenn man nun a ändert (von 0° -> 90°), bewegt sich der Berührungspunkt vom Drehpunkt weg, und zwar mit einer Geschwindigkeit von D*sin(a)/(cos(a)²) - soweit konnte ich das noch ausrechnen. Wenn ich aber a ändere, muß die Kraft (das Drehmoment?) ja durch das Scherblatt übertragen werden. Das kann nur mit maximal c erfolgen. Damit müßte die Geschwindigkeit des Berührungspunktes doch auch begrenzt sein, und zwar in Abh. von a (bzw von x) (wollte ich ausrechnen, hab’s aber nicht geschafft).

Denke ich falsch?

Wäre toll, wenn du mir da raus helfen könntest.

Gruß,Jochen

Hi Lego et al,

angeregt durch das Einstein-Rosen-Paradoxon ist mir wieder
folgendes in den Sinn gekommen:
Es müsste sich prinzipiell eine Schere konstruieren lassen,
bei der beim Zuklappen der Berührpunkt der Schneiden sich mit
beliebiger Geschwindigkeit fortbewegt.

Der Berührungspunkt ist keine sich mit v>c bewegende Masse sondern nur ein geometrisch definierter Punkt im Raum und Du könntest auch keine Informationen darüber übertragen. Insofern gibt es da keine relativistischen Probleme, aber auch keinerlei Nutzen.
Das ist so als würdest Du eine Lauflichtkette von der Erde zum Mond spannen und die Frequenz so hoch einstellen, dass die Lampe auf dem Mond nur 1/2 s nach der Lampe auf der Erde aufleuchtet. Die nicht vernachlässigbaren Laufzeiten in den Zuleitungen kann man ja elektronisch kompensieren. Ein Beobachter würde dann erstaunt feststellen, dass das „Lichtsignal“ mit doppelter Lichtgeschwindigkeit von der Erde zum Mond gelangt ist. Bei einem Lauflicht ist aber anschaulich klar, dass sich da weder Masse noch Information wirklich mit v>c bewegt, oder ?

Jörg

Hallo Jörg,

ich habe unten bei MrStupid schon mal mein Problem damit beschrieben. Hier hab ich nämlich auch ein Problem (das gehört zusammen):

Der Berührungspunkt bewegt sich, wenn ich den Winkel der Scherblätter ändere. Die Berührung kann ich lokal(!) messen (wenn ich irgendwo direkt neben der Schere an der Schnittlinie stehe).

Wenn ich bei mir keine Berührung feststelle und ein anderer an einer Stelle dieser Schnittlinie, wo sich derzeit gerade der Berührungspunkt befindet, den Winkel ändert und gleichzeitig eine Lampe anschaltet und sich der Berührungspunkt überlichtschnell auf mich zubewegt, kann ich eine Berührung der Blätter messen, bevor ich das Licht der Lampe sehe. Damit ist die Information vom anderen zu mir über die Änderung des Winkels auch überlichtschnell übertragen worden. Das kann nicht sein. Ich denke, der Knackpunkt liegt da, daß sich die Kraft, die die Blätter bewegt, auch nur mit max. c weitergeleitet werden kann. Ein Beobachter weit weg von der Schnittlinie würde sehen, wie der andere lokal den Winkel ändert, worauf sich die Blätter verbiegen. Die Biegung und damit auch der Berührungspunkt bewegen sich mit fast c von ihm zu mir.

Sag mir bitte, ob und wo ich falsch liege.

Gruß
Jochen

Hallo Jochen,

Der Berührungspunkt bewegt sich, wenn ich den Winkel der
Scherblätter ändere. Die Berührung kann ich lokal(!) messen
(wenn ich irgendwo direkt neben der Schere an der Schnittlinie
stehe).

bis hier bin ich einverstanden.

Wenn ich bei mir keine Berührung feststelle und ein anderer an
einer Stelle dieser Schnittlinie, wo sich derzeit gerade der
Berührungspunkt befindet, den Winkel ändert

moment, Du meinst, ein Beobachter greift in das Geschehen ein, indem er den Winkel ändert ?
Wenn er die bisher gleichmässige Bewegung der Schere plötzlich ändert, muß er eine Kraft ausüben. Die Kraft führt zu einer lokalen Änderung des Scherenwinkels, die sich aber maximal mit Schallgeschwindigkeit entlang der Scherenblätter auf die ganze Schere ausbreitet.

und gleichzeitig
eine Lampe anschaltet und sich der Berührungspunkt
überlichtschnell auf mich zubewegt, kann ich eine Berührung
der Blätter messen, bevor ich das Licht der Lampe sehe. Damit
ist die Information vom anderen zu mir über die Änderung des
Winkels auch überlichtschnell übertragen worden. Das kann
nicht sein.

richtig, das ist auch nicht so. Da sich die Änderung des Winkels mit Schallgeschwindigkeit, schlimmstenfalls mit c ausbreitet, würdest Du garnicht bemerken, dass sich der Winkel schon geändert hat, wenn sich die Scherenblätter bei Dir berühren. Anders gesagt: Der Zeitpunkt zu dem sich die Blätter berühren, ist völlig unabhängig davon, was an irgeneiner anderen Stelle der Schere passiert, wo die Berührung bereits stattgefunden hat.
Die Information über die Änderung kommt frühestens mit dem Licht der Lampe bei Dir an.

Ich denke, der Knackpunkt liegt da, daß sich die
Kraft, die die Blätter bewegt, auch nur mit max. c
weitergeleitet werden kann. Ein Beobachter weit weg von der
Schnittlinie würde sehen, wie der andere lokal den Winkel
ändert, worauf sich die Blätter verbiegen. Die Biegung und
damit auch der Berührungspunkt bewegen sich mit fast c von ihm
zu mir.

Der Berührungspunkt kann sich durchaus mit v>c bewegen. Nur Störungen dieses Vorganges, die letzlich auch eine Information darstellen, bewegen sich mit Schallgeschwindigkeit bzw. ma. mit c.

Sag mir bitte, ob und wo ich falsch liege.

Im Prinzip hast Du es bereits selbst geschrieben. Wenn Du eine Kraft auf einen Körper ausübst, kann sich deren Wirkung, egal welcher Art, max. mit v=c ausbreiten.
Dein Fehler liegt wohl darin, dass Du die Ausbreitungsgeschwindigkeit von echten Informationen mit der Änderungsgeschw. von Raumpunkten durcheinanderbringst, an denen bestimmte Ereignisse stattfinden, die aber nicht direkt kausal zusammenhängen.

Jörg

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Hi…

Es müsste sich prinzipiell eine Schere konstruieren lassen,

bei der beim Zuklappen der Berührpunkt der Schneiden sich mit
beliebiger Geschwindigkeit fortbewegt.

Hab gerade ein bisschen rumgerechnet und festgestellt:

Die maximale Geschwindigkeit des Berührpunkts entspricht der Länge der Schneiden multipliziert mit der Winkelgeschwindigkeit, mit der die Schere geschlossen wird. Das ist aber natürlich gleichzeitig die Bahngeschwindigkeit der bewegten Schneidenspitze. Folgerung: Der Berührpunkt bewegt sich mit v

Hi Jochen

Wenn ich aber a ändere, muß die Kraft (das
Drehmoment?) ja durch das Scherblatt übertragen werden. Das
kann nur mit maximal c erfolgen. Damit müßte die
Geschwindigkeit des Berührungspunktes doch auch begrenzt sein,
und zwar in Abh. von a (bzw von x) (wollte ich ausrechnen,
hab’s aber nicht geschafft).

Das Drehmoment ist nur wichtig für die Frage, wie schnell die Schere geschlossen werden kann. Gib ihr einen Anfangsimpuls (ok, der wird mit max c übertragen) und dann schließt sie sich weiter von allein wg. Drehimpulserhaltung.

Aber ganz egal, welche Winkelgeschwindigkeit sie hat: die Geschwindigkeit des „Schnitt“-Punktes geht irgendwann → ∞

Die geometrische Beziehung ist: (ich def. alpha = 0 bei geschlossener Schere, also alpha = 90 -a)

X = D*cot(alpha/2)

Gruß

Metapher

Denke ich falsch?

Wäre toll, wenn du mir da raus helfen könntest.

Gruß,Jochen

Die maximale Geschwindigkeit des Berührpunkts entspricht der
Länge der Schneiden multipliziert mit der
Winkelgeschwindigkeit, mit der die Schere geschlossen wird.
Das ist aber natürlich gleichzeitig die Bahngeschwindigkeit
der bewegten Schneidenspitze. Folgerung: Der Berührpunkt
bewegt sich mit v

Hallo Jörg,

Der Berührungspunkt kann sich durchaus mit v>c bewegen. Nur
Störungen dieses Vorganges, die letzlich auch eine Information
darstellen, bewegen sich mit Schallgeschwindigkeit bzw. ma.
mit c.

Hmmm… ist die Ausbreitung des Berührungspunktes nicht schon selbst eine Informationsübertragung?

Gruß
Oliver

Hallo Jörg,

Der Berührungspunkt kann sich durchaus mit v>c bewegen. Nur
Störungen dieses Vorganges, die letzlich auch eine Information
darstellen, bewegen sich mit Schallgeschwindigkeit bzw. ma.
mit c.

Jetzt hab ich’s! Danke!

Grüße,
Jochen

Hallo Oliver,

bin zwar nicht Jörg, glaube es aber gerade verstanden zu haben, darum will ich dir antworten:

Hmmm… ist die Ausbreitung des Berührungspunktes nicht schon
selbst eine Informationsübertragung?

Die einzige „Information“, die übertragen wird, ist die: „Die Blätter rotieren gegeneinander“ bzw. „Die Schere schließt sich“. Diese Information wird aber nicht vom Berührungspunkt entlang der Blätter weitergeleitet, sondern sie ist ja schon da, denn die Kanten bewegen sich ja aufeinander zu (diesen Effekt kann man lokal überall messen).

Eine echte Information kann man nur in das System einbringen, indem man die Winkelgeschwindigkeit ändert. Die Information über diese Änderung läuft aber nur mit Schallgeschwindigkeit (im Material der Schere) entlang der Blätter (v

Danke
Hallo,

jetzt hab ich es auch verstanden.

Ich glaube, das ist der Knackpunkt der ganzen Sache:

Diese Information wird aber nicht vom Berührungspunkt
entlang der Blätter weitergeleitet, sondern sie ist ja schon
da.

Soweit ich weiß, löst diese Tatsache auch das Experiment, der überlichtschnellen Übertragung durch einen Hohlwellenleiter.
Der eingespeiste Gaußpuls ist nämlich unendlich ausgedehnt und damit schon da.

Das verwirrende an der Sache ist wohl, dass es bei gewöhnlichen Haushaltscheren so aussieht, als würde eine Änderung des Winkels sich instantan ausbreiten. Bei langen „relativistischen“ Scheren, würde man aber eine Welle durch das Metall laufen sehen, die sich nur mit Schallgeschwindigkeit ausbreitet… das Ding würde beim Schließen wohl eher an einen Reißverschluss erinnern als an eine Schere.

Gruß
Oliver

Die maximale Geschwindigkeit des Berührpunkts entspricht der
Länge der Schneiden multipliziert mit der
Winkelgeschwindigkeit, mit der die Schere geschlossen wird.

Einfaches Gegenbeispiel:

[…]

Du hast natürlich recht, und ich hab mich verrechnet. Sollte mal wieder differenzieren üben…

genumi

Schallgeschwindigkeit nicht Lichtgeschwindigkeit
Hi,

Du hast übersehen, dass sich das Zuklappen der Schere im Festkörper nur mit Schallgeschwindigkeit ausbreiten kann (Eine transversale Welle läuft dabei durch das Material).
D.h. der Berührungspunkt sollte maximal mit Schallgeschwindigkeit propagieren. Damit ist v[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Nein
Hi,
ihr Theoretiker :wink: habt ganz die Praxis übersehen:

Aber ganz egal, welche Winkelgeschwindigkeit sie hat: die
Geschwindigkeit des „Schnitt“-Punktes geht irgendwann →

Nein. Die Geschwindigkeit ist limitiert durch die Geschwindigkeit, mit der eine Welle im Material der Schere propagiert.

Ciao Rossi

Material
Hi,

Rein von den heutigen Fertigungsmöglichkeiten und
Materialeigenschaften sollte dies meiner Überschlagsrechnung
zufolge möglich sein.

Nein. Denn die Schallgeschwindigkeit in allen irdischen Materialien ist v

Hi RoS,

das löst aber das eigentliche Problem nicht, denn du kannst ja trotzdem eine Schere konstruieren, deren Berührpunkt sich mit jeder beliebigen Geschwindigkeit ausbreitet. Dazu betrachte einfach eine ruhende lange Schneide auf die sich von oben eine zweite, leicht verkippte Schneide mit konstanter Geschwidigkeit zubewegt.

Zahlenbeispiel:
Länge der unteren Schneide = 1Mio km.
Winkel so, dass bei Berühren der vorderen Enden, die hinteren Enden noch einen Meter von einander entfernt sind.
Geschwindigkeit der oberen Schneide = 1m/s.

Dann wandert der Berührpunkt mit einer Geschwindigkeit von 1 Mio km/s nach vorne.

Aber der Witz an der Sache ist eben, dass damit keine Information übertragen werden kann. Dazu müsste man die Geschwindigkeit der oberen Schneide änderen und diese Änderung der Geschwindigkeit kann eben maximal nur mit c erfolgen.

Gruß
Oliver