Hallo Branden,
Nichtjuden tun so als ob sie Juden wären.
Interessant. Ich wusste das nicht.
Was empfindest Du als Jüdin dabei, wie findest Du das?
Würde mich interessieren.
Das, was Du beschreibst, hat nichts mit Jewish Disneyland zu tun.
Man provoziert es nicht, aber andere tragen etwas an einen heran, was man nicht ist. Man findet es ganz interessant und schaut sich mal an, was passiert.
Bei den Erscheinungen des Jewish Disneyland ist gemeint, daß Menschen sich ganz gezielt so verhalten, daß bei Außenstehenden der Eindruck entsteht, sie seien jüdisch.
Ob das nun der Katholik ist, der im italienischen Pitigliano täglich in die Synagoge geht, sich einen Tallit (Gebetsschal) umlegt und den Körper hin und her wiegt - oder in der Klezmer-Szene (besonders beliebte „Bühne“).
Zwei Phänomene, die in diese Rubrik fallen, wirst auch Du kennen:
Stichwort: Leah Rosh, die immer wieder so tut als sei sie Jüdin und dann meint für das gesamte deutsche Judentum zu sprechen.
Wir haben hier im wer-weiss-was-Forum auch periodisch solche Kandidaten, die dann das große Wort im Mund führen im Stil von „wir Juden sehen das so und so“ und verbreiten dann ihre christlich geprägten Bilder des Jüdischen. Vielleicht erinnerst Du Dich an den Rolf mit den sechs Kindern.
Wie ich das finde? Ziemlich nervig, weil ich ziemlich schnell raus hbe, wenn es sich um Fakes handelt. Bei den Nichtjuden dauerte das im besagten Fall Monate.
Mein erstes Empfinden ist: Die sind „nervig“. Soweit ich das mitbekomme, empfinden das bei Leah Rosh aber auch viele Nichtjuden so.
Und es ist erstaunlich, wieviele Energien solche Leute binden.
Es scheint halt so zu sein, daß das Judentum eine große Anziehungskraft für einen bestimmten Schlag neurotischer Menschen hat - und das wäre ja als Psychoanalytiker Dein Feld 
Und da kann man dann weiterfragen: Wem nützt es - wem schadet es?
Was wäre also der (Krankheits-)Gewinn, den jemand hat, sich als Jude zu fühlen, denn bei einer Reihe von Leuten geht das so weit, daß sie zur tiefsten Überzeugung kommen, sie seien Juden. Ich denke an eine Frau aus meinem Bekanntenkreis. Sie ist heute Ende vierzig. Ihre Mutter - bei Kriegsende Jugendliche - hatte keine abgeschlossene Schulausbildung. Alleine aus diesem Fakt hat sie konstruiert, ihre Mutter müsse Jüdin sein. Nun keinne ich eine ganze Menge Nichtjuden, die auf Grund des Krieges und von Flucht und Vertreibung bei Kriegsende als Jugendliche nicht auf dem schulischen Stand waren, den sie ohne Krieg gehabt hätten. Aber deswegen ist man nicht gleich KZ-Überlebender. Diese Frau hat nie mit ihrer Mutter gesprochen. Sie war und ist zutiefst überzeugt, ihre Mutter spreche aufgrund von Traumatisierungen nicht über Jüdisches. Sie hat ihre vier Kinder jüdisch sozialisiert inclusive jüdische Schule. Sie wollte dann für ihre jüngste Tochter eine Bat Mizwa Feier. Sie hat jegliche Bemühungen, ihren jüdischen Status zu klären, boykottiert.
Man kann sich ungefähr vorstellen, was das für die Identität / Identitätsbildung der betroffenen Kinder bedeuten mag.
Aber das ist jetzt nur die individuelle Ebene.
In dem Artikel über das Jewish Disneyland ist es folgendermaßen auf den Punkt gebracht:
Die Mechanismen des Jewish Disneyland sind Romantisierung, Exotisierung, Folklorisierung und Historisierung des Jüdischen. Als Folge davon wird real Jüdisches unsichtbar (gemacht). Die Fiktionen des Jewish Disneyland werden zunehmend zum Maßstab auch für die Medien und dessen, was dort als „jüdische Kultur“ präsentiert wird. Da können reale Juden - soweit sie noch oder wieder vorhanden sind - oft nicht mithalten. Sie werden zur Enttäuschung.
http://www.hagalil.com/golem/diaspora/disneyland-d.htm
Erst langfristig wird man sagen können, welche Auswirkungen auf Selbst- und Fremdwahrnehmung diese Inszenierungen des Jüdischen haben werden und zwar auf die von Juden und Nichtjuden.
Viele Grüsse
Iris