Hallo Heiner,
Ich habe sicher C.G.Jung äußerst ungenau in der wortwahl
wiedergegeben, aber inhaltlich identisch.
Eben das bezweifle ich. Muss ich mich nun unbesehen auf Dein Wort verlassen? Also darauf, dass Jung behauptet haben soll
a) dass es ein Archetypus sei bzw. dass alle Menschen instinktiv davon ausgehen, dass alles von einem „Wesen außerhalb unseres Seins“ abhängt
und
b) dass dies beweise, dass es ein solches Wesen bzw. einen „numinosen Ursprung allen Seins“ geben müsse.
Nebenbei, selbst wenn es so wäre - das nennst Du eine „einleuchtende Argumentation“?
Jung bezeichnete mit seinem Begriff ‚Archetypen‘ unbewusste, kulturunabhängige Strukturen der menschlichen Psyche, die das menschliche Bewusstsein präfigurieren. Sicher gibt es unter den Archetypen auch etwas, das man eine ‚religiöse Komponente‘ nennen könnte. Daraus jedoch flugs den Archetypus von einem „Wesen außerhalb unseres Seins“ als prima causa zu machen, überspringt ja wohl doch etliche Stufen. Letzeres ist eben nicht kulturunabhängig - darauf hatte ich ja auch schon hingewiesen. Vielmehr geht es hier um eine (von vier) Hauptkategorien der Archetypen, nämlich um die Anima:
„Mit dem Archetypus der Anima betreten wir das Reich der Götter beziehungsweise das Gebiet, welches sich die Metaphysik reserviert hat. Alles, was die Anima berührt, wird numinos, das heißt unbedingt, gefährlich, tabuiert, magisch. Sie ist die Schlange im Paradies des harmlosen Menschen voll guter Vorsätze und Absichten. Indem die Anima das Leben will, will sie Gutes und Böses. Im elfischen Lebensbereich gibt es diese Kategorien nicht. Das körperliche sowohl wie das psychische Leben haben die Indiskretion, ohne die konventionelle Moral oft viel besser auszukommen und gesünder zu bleiben.“
Mit diesem Zitat wird auch deutlich, was Jung unter ‚numinos‘ versteht - das weicht etwas vom landläufigen Verständnis ab; insbesondere widerspricht es einen „numinosen Ursprung“ (Dinge werden /erscheinen numinos durch den ‚Kontakt‘ mit der Anima). Einen Gottesbeweis gemäß Punkt b) hatte Jung mit seinem Archetypus der Anima wohl kaum im Sinn, das ist einzig und allein Deine persönliche Rationalisierung Deines Glaubens, wobei Du Jung so verstehst, wie Du ihn verstehen willst. Damit wird er nicht automatisch zu einem Kronzeugen Deiner Ansichten.
Bei den Archetypen geht es um vorrationale, mythische Interpretationen empirischer Erfahrungen. Um Jung nochmals zu zitieren:
„Der Archetypus ist eine Art Bereitschaft, immer wieder dieselben oder ähnliche mythische Vorstellungen zu reproduzieren. […] Die Archetypen sind, wie es scheint, nicht nur Einprägungen wiederholter typischer Erfahrungen, sondern zugleich auch verhalten sie sich empirisch wie Kräfte oder Tendenzen zur Wiederholung derselben Erfahrungen. Immer nämlich, wenn ein Archetypus im Traum, in der Phantasie oder im Leben erscheint, bringt er einen besonderen ‚Einfluß‘ oder eine Kraft mit sich, vermöge welcher er numinos, respektive faszinierend oder zum Handeln antreibend wirkt.“
Diese „Bereitschaft“, also die psychische Disposition, mythische Vorstellungen zu reproduzieren, finden wir am augenfälligsten in der ‚Traumzeit‘ - Kultur der australischen Aborigines. Nicht zufällig, weil dies eben auch eine sehr archaische kulturelle Stufe ist. Obwohl der Archetypus der Anima hier solch eine prominente Rolle spielt, finden wir in dieser Kultur nichts von einem „Wesen außerhalb unseres Seins“, von dem alles abhängt.
Also, lieber Ralf, wenn du exakte Zitate brauchst
Da liegt wohl ein Missverständnis vor. Ich habe exakte Zitate zur Hand, die dem, was Du schreibst, widersprechen. Die Frage war eigentlich, ob Du Deine Aussagen über C.G. Jungs Theorien zur Religion allgemein und speziell zum Buddhismus, an die Du ja Deine Frage geknüpft hattest, mit Zitaten belegen kannst.
ich habe wirklich keine Zeit in all meinen Büchern die entsprechenden
Stelle zu suchen
Ich habe auch viele Bücher … Wenn Du Deine Thesen nicht belegen willst, dann wären Sie vielleicht im Plauderbrett besser aufgehoben als im Brett Religionswissenschaften. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass hier mit einer gewissen Seriosität diskutiert werden sollte (was leider allzu häufig nicht der Fall ist). Dazu gehört nun einmal auch, dass man sich die Zeit nimmt, seine Argumente - wenn man sich damit auf eine Autorität beruft - zumindest auf Anfrage auch zu belegen.
Nix für ungut,
Ralf