Du gehst also von einer Situation aus, in der das Leben der
Mutter durch die Fortsetzung der Schwangeschaft bedroht ist.
Ja, als hypothetischer Fall, der die Sache auf den Punkt bringen soll.
Das ist nun eine ziemlich seltene Konstellation.
Das ist egal, es geht ums Argument.
Würdest du die Mutter sterben lassen, wenn dadurch das
Embroy überlebt?
In der Regel nicht, aber ich könnte mir extreme Situationen
Vorstellen in denen das richtig sein könnte.
Dann stellst du dich gegen Menschenrechte Und Gesetz und fordest Tötung durch Unterlassung bzw. unterlassene Hilfeleistung. Es gibt ein Wort für Menschen, die andere Menschen für ihre Überzeugungen opfern: Fanatiker!
Schwangerschaftskonflikt ist eine Dilemmasituation aus der
sich allgemeine Regel nicht ableiten lassen, denn diese ist ja
gerade dadurch gekennzeichnet, dass es einen nicht lösbaren
Normenkonflikt gibt.
Der Konflikt ist aber gelöst, durch das StGB. Wir lassen keine Menschen sterben, wenn man es verhindern kann. Steht sowas denn nicht schon in den zehn Geboten? Du sollst nicht töten? Wann darf man denn etwa töten?
Wie kommst du denn auf die Idee? Also ganz allgemein stimmt
diese Aussage natürlich schon mal nicht, man denke nur an den
sogenannten Finalen Rettungsschuss oder das Abschneiden eines
abgestürzten Bergsteigers, um die anderen an ihn gebundenen zu
retten.
Aber auch in diesem Fall trifft sie nicht zu.
Warum nicht?
Bei einer Schwangerschaft liegt die Sondersituation vor, dass
die beiden Leben schicksalhaft aneinander gebunden sind und
dabei das des Embryos von der Mutter bis zu einem bestimmten
Zeitpunkt abhängig ist.
So ist es. Es ist ohne Mutter nicht lebensfähig. Wie meine Leber. Schön, daß du das endlich erkannt hast.
Damit gibt es anders als in fast allen
anderen Situationen keine Möglichkeit das Leben des Kindes
unabhängig von einer Beeinträchtigung der Mutter zu erhalten.
Du willst hier anscheinend immer auf eine schwarz-weiß Malerei
hinaus.
Ethische Konflikte lassen sich nur an Situationen erkennen, in denen es zum äußersten kommt: Der worst case zeigt uns, wie wir wirklich ticken.
Und das hast du ja wirklich schön gezeigt: Du würdest eine Frau schädigen, ja sogar töten, „in Ausnahmefällen“ natürlich, aber würdest es nicht ausschließen … Ich bin sprachlos.
Entweder ist etwas vollständig Mensch mit allen
Rechten oder es kann gar kein Mensch sein und musst den Status
eines toten Fleischklumpens annehmen.
So ist es. Wobei manche Nichtmenschen trotzdem höheren Schutz genießen als sgn. Sachen. Dazu gehören Ungeborene.
Das ist aber auch nach
der Geburt nicht so. Auch ein geborener Mensch hat nicht
sofort alle Fähigkeiten und Rechte, darum ist ein Kind aber
nicht weniger Mensch, als ein Erwachsener.
Oh doch. Tötet eine Mutter ihr Kind direkt nach der Geburt, nennt man das Mord. Stirbt es im Mutterleib, ist es eine Totgeburt. Irgendwo muß man eine Grenze setzen.
Ein Angehöriger einer Spezies, ob Bakterie, Baum oder Mensch
ist ein Organismus, dein Haar nicht.
Ein Embryo ist auch kein Organismus. Es ist ein Körperteil. Bis zu einem Alter, in dem es alleine leben kann. Dann heißt es aber auch anders, nämlich frühgeborener Säugling, Baby usw.
Das ist nicht gleichbedeutend. Anscheinend schließen sich
viele Menschen deiner polarisierten Sicht hier nicht an.
Interessanterweise alles Männer. 
In unserer Kultur gilt Abtreibung nicht als Mord.
Genau das willst du hier propagieren.
Trotzdem haben manche Frauen Schuldgefühle.
Nicht trotzdem, deswegen. Wegen Leuten wie dir, Männer, die aus religiösen Gründen die Deutungshoheit über weibliche Befindlichkeiten beanspruchen.
Und dass es diese in
irgendwelchen anderen Kulturen gar nicht gibt, behauptetst du.
Ja, so habe ich das erlebt. Du mußt mir das nicht glauben. Eher müßtest du mir schon beweisen, daß deine Behauptung, Frauen hätten Schuldgefühle bei einer Abtreibung, überall auf der Welt, unabhängig von der Umgebung stimmt.
Du maßt Dir doch auch ständig an, das Verhalten anderer zu
beurteilen ohne die zugrundeliegende Erfahrung gemacht zu
haben.
Das muß man nicht. Um etwas zu beurteilen, muß man es nicht erlebt haben. Aber man muß sich zumindest vorstellen können, wie es wäre, in dieser Situation zu sein. Und das trifft auf einen Mann nicht zu. Du kannst auch die Frage nicht beantworten, wie sich das anfühlt, von einem Wind erfaßt zu werden und mit den Flügeln heftiger zu schlagen, denn wir können nicht fliegen und werden es auch nie. Du wirst nie schwanger sein, also wie kannst du dir ein Urteil anmaßen?
Du wagst es dich über Räuber, Vergewaltiger und Mörder
zu äußern, obwohl du (wahrscheinlich) selbst nichts davon
bist.
Ich kann mir Situationne vorstellen, davon betroffen zu sein.
In ethischen Fragen gibt es keine Exklusivität, auch
wenn es für dich vielleicht bequem wäre, die Deutungshoheit
beanspruchen zu dürfen und damit deine Einstellung absolut
setzen zu können.
Das ist mir klar. Aber du wirst zustimmen, daß die Aussage einer Frau über Abtreibung einen anderen Gehalt hat als die eines Mannes. Und daß die Aussage einer Frau, die abgetrieben hat, ebenfalls anders zu werten ist als eine einer Frau, die das nicht hat.
Wir würden auch vor Gericht einem Menschen mehr Glauben schenken, der ein Zeuge war als einem, der das nicht war.
Grüße Bellawa.