Hallo!
Die Rentenversicherung ist kein Sparstrumpf, in dem sich
Kapital in nennenswerter Höhe ansammelt. Das System lebt von
der Hand in den Mund. Die Umlage von den Beitragszahlern
zuzüglich eines Zuschusses aus dem Bundeshaushalt wird
sogleich an die Rentner verteilt. Für Zweckentfremdungen
bietet das Umlagesystem keine Chance.
Die Rente ist/war eben kein Umlageverfahren.
Jedenfalls solange nicht bis unser aller geliebter Conny
Wahlgeschenke machen wollte.
Mit ihrer Einführung unter Bismarck war die Rentenversicherung als eine Art Sparstrumpf angelegt. Aus Beiträgen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern wurde Kapital angespart. In der gesamten Zeit bis zur Umstellung auf das Umlagesystem (1957, Regierungszeit Adenauers) gab es keinen einzigen Rentner, der in den Genuß seiner vollen Altersrente kam. In den Anfangsjahren war die Rente ohnehin nicht als Vollversorgung tauglich, von der jemand leben konnte. Die Beiträge waren dafür viel zu niedrig. Zudem war die durchschnittliche Zeit des Rentenbezugs aufgrund niedriger Lebenserwartung nur kurz. In den 20er Jahren verlor die Rentenversicherung im Zuge von Wirtschaftskrise und Inflation ihr gesamtes Vermögen. Damit brach auch die ohnehin niedrige Altersversorgung vollends zusammen mit den Folgen von Not und Hunger unter den Alten. Bis Mitte der 30er Jahre hatte sich die Wirtschaftslage erholt und es folgten unter dem Gröfaz hinsichtlich Beschäftigung und Einkommensentwicklung einige Boomjahre. Dummerweise handelte es sich nur um Strohfeuer. Mit Rüstung kann man zwar Beschäftigung schaffen, aber gleichzeitig ist das eine sehr sichere Methode zum Ruinieren einer Volkswirtschaft, denn mit der Produktion selbst genutzter Rüstungsgüter bindet man viel Geld und Material, das aber dem Wirtschaftskreislauf entzogen wird. Panzer, Haubitzen und Schlachtschiffe sind volkswirtschaftlich wie ein riesiges schwarzes Loch, in dem Arbeit, Geld und Rohstoffe auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Das gilt auch für die Besoldung der Soldaten. Das Militär muß bezahlt werden, leistet aber keinen Beitrag für die Volkswirtschaft, ist nur Kostgänger. Das kann sich keine Volkswirtschaft lange leisten und so war das Deutsche Reich Ende der 30er Jahre gigantisch überschuldet und pleite. Jede nur greifbare Kasse, auch die Rentenkasse, wurde geplündert. Der dann folgende Krieg wurde zwar mit allerlei ideologischem Firlefanz verbrämt, war aber nichts weiter als ein gewöhnlicher Raubzug und er war wirtschaftlich unverzichtbar, um das System durch planmäßig herbeigeführten Ruin der Volkswirtschaften der besetzten Länder am Leben zu halten. Es ist sattsam bekannt, wie gründlich die Rechnung in die Hose ging. Natürlich war auch die Kasse der Rentenversicherung leer. Sie war schon längst geplündert und selbst ohne Plündern der Rentenkasse wäre von ihr nichts übrig geblieben, weil unsere Altvorderen die Währung gründlich ruinierten. Als der Spuk zu Ende war, folgten ein paar Jahre übler Not, man konnte mit Zigaretten bezahlen, aber für Geld gab es nichts. Das änderte sich mit der Währungsreform und Gründung der Bundesrepublik. Die Rentenkasse hatte natürlich immer noch kein Geld und so herrschte drückende Altersarmut. Dieser Zustand hätte viele Jahrzehnte angedauert, eben so lange, bis ein junger Beschäftigter genug in die Kasse eingezahlt hat, um daraus eine Rente zu beziehen. Die ersten Rentner mit voller Altesrente hätte es erst nach etwa 40 Jahren, also um 1990 geben können. Solche Denkweise war zu Kaisers Zeiten üblich, aber nicht mehr in den ersten Jahren der Bundesrepublik.
Mit der 1957 erfolgten Umstellung vom Kapitalstock auf das Umlagesystem mußte man keine 40 Jahre Wartezeit und Armut in Kauf nehmen, sondern hatte augenblicklich eine funktionierende Altersversorgung. Das war also ein sehr kluger Schritt. Nur im Bewußtsein vieler Menschen ist die Umstellung nie angekommen. In vielen Köpfen geistert bis heute, also nach einem halben Jahrhundert, die Vorstellung von eingezahlten Beiträgen herum, die angespart werden.
Es gab aber auch von Anfang an etliche Fehlentwicklungen, die in breiten Kreisen das Denken verhinderten und dazu führten, daß Mahner überhört oder sogar lächerlich gemacht wurden. Zu einer dieser Fehlentwicklungen gehörte der Spruch vom deutschen Wirtschaftswunder. Hohe Zuwachsraten aus bescheidenen Anfängen sind alles andere als ein Wunder und noch viel weniger verwunderlich ist es, wenn Zuwachsraten der Wirtschaftsleistung in absoluten Zahlen durchaus ahnsehnlich sind, aber prozentual asymptotisch gegen Null streben. Daß es mit alljährlich zweistelligen Zuwachsraten nicht auf ewig weitergehen würde, konnte jeder schon in den 60er, spätestens in den 70er Jahren wissen, wer es überhaupt wissen wollte. Aber es wollte kaum jemand wissen. Ausnahmslos jede Bundesregierung beteuerte alljährlich, daß man keine weiteren Schulden machen könne, um aber genau das dann doch zu tun. Das gleiche Bild bei den jährlichen Rentenerhöhungen. Es handelt sich immerhin um viele Millionen Wähler und denen tut niemand gerne weh. Die Gefahr, daß irgendein zukünftiger Rentner oder irgendein Rentner selbst nachdenkt, war stets sehr gering und ist es bis heute.
Schon als ich mich Anfang der 80er selbständig machte, erzählte ich meinen Angestellten, sie mögen vorsorgen, ein kleineres Auto, ein Urlaub weniger und dafür z. B. Wohneigentum schaffen. Ich bot vom Unternehmen bezahlte Fortbildungen an, um dauerhafte Wettbewerbsfähigkeit jedes Einzelnen zu sichern. Die Resonanz auf alle Vorschläge läßt sich in Zahlen exakt beziffern: Null. Egal wie deutlich sich eine Entwicklung abzeichnet, wollen die meisten Menschen nichts wahrnehmen, solange nicht der Sachzwang wie eine Keule daher kommt.
Aktuell veranstalten Gewerkschafter Arbeitsniederlegungen und Kundgebungen gegen die Anhebung des Renteneintrittsalters. Markige Sprüche und Gegröhle, aber nicht ein einziger Vorschlag, wie man das System auf andere Weise tragfähig erhält. Keiner der Demonstranten und keiner ihrer Vorturner hat begriffen, wie das Rentensystem funktioniert. Sie hängen immer noch an der alten Ansparrente, die es seit genau 50 Jahren nicht mehr gibt und die im halben Jahrhundert zuvor eindrucksvoll zeigte, wie anfällig und untauglich sie als alleinige Versorgung ist und zu wie viel Elend und Altersarmut sie führte.
Gruß
Wolfgang