Satre: 'Das Sein und das Nichts'

Lese gerade „Das Sein und das Nichts“ und habe so meine Probleme damit. Ein Problem postete ich im „Geisteswissenschaften allgemein“-Forum, aber da ich mehrere Unklarheiten habe, poste ich hier noch Mal was anderes.

Und zwar beschäftigt mich gerade der Satz von Seite 95:
„Da ich jedoch schon das bin, was ich sein werde (sonst wäre ich nicht interessiert, dieser oder jener zu sein), bin ich derjenige, der ich sein werde, nach dem Modus es nicht zu sein.“

Heißt das, ich bin noch nicht der, der ich werden könnte?

Und dann noch der von Seite 96:
„Das Bewusstsein, seine eigene Zukunft nach dem Modus des Nicht-seins zu sein, ist genau das, was wir Angst nennen“.

Habe ich Angst davor, zu sein, was ich nicht sein werde, also meine Erwartungen zu verfehlen oder mich falsch zu entscheiden?

Hallo,

ich habe gerade gesehen, dass ich missverständlich geantwortet habe, daher hier ein zweiter Versuch:

> „Da ich jedoch schon das bin, was ich sein werde (sonst wäre
> ich nicht interessiert, dieser oder jener zu sein), bin ich
> derjenige, der ich sein werde, nach dem Modus es nicht zu
> sein.“
> Heißt das, ich bin noch nicht der, der ich werden könnte?

nicht ganz, es heißt, das ich noch nicht der bin, der ich werden werde. Und das heißt, dass ich zwar schon derjenige bin, aber eben nur implizit, also von der Anlage her, nicht aber explizit, denn ich bin ja noch anders. An deiner „Übersetzung“ ist das Wort „könnte“ missverständlich, denn „könnte“ würde bedeuten, dass es nur möglich wäre, aber nicht sicher. Sartre aber meint, dass es sicher ist - vorausgesetzt natürlich, die äußeren Bedingungen bleiben so, dass es möglich ist, dass ich also nicht vorher etwa durch einen Unfall oder Ähnliches ums Leben komme. Der Seinsmodus betrifft bei Sartre natürlich nur die inneren Bedingungen, die im „Entwurf“ unabänderlich sind.

> „Das Bewusstsein, seine eigene Zukunft nach dem Modus des
> Nicht-seins zu sein, ist genau das, was wir Angst nennen“.
> Habe ich Angst davor, zu sein, was ich nicht sein werde, also
> meine Erwartungen zu verfehlen oder mich falsch zu entscheiden?

Ich denke, das meint Sartre, aber das ist einer der Punkte, wo Sartre - meiner Ansicht nach fälschlich - psychologisiert. Denn der „Modus“, etwas nicht zu sein, ist mitnichten dasselbe, wie der „Modus“ des Nicht-Seins. Die ganze Modusgeschichte finde ich bei Sartre ziemlich suspekt, denn er denkt an solchen Stellen sich selbst als „Subjekt“ und „Objekt“ zugleich, und das ist methodisch nicht haltbar.
(Diesen Absatz habe ich so stehengelassen, wie er in der ersten Fassung lautete. Aber vielleicht ist mein obiger Kommentar jetzt klarer.)

Herzliche Grüße

Thomas Miller

hi thomas
zuerst ´n recht harte nuß für einen wie mich! aber ich konnte deine erklärungen dann doch auseinander schnipseln, so glaube ich.
wie im samen der baum, so mag in mir schon der hutmacher stecken (der ich aber noch nicht bin).
„subjekt“ wäre dann (wenn ich mich mal weiter meiner sprache bediene) der samen der ich jetzt bin und „objekt“ der baum der ich sein werde („objekt“ deshalb weil ich es ja noch nicht bin!)
zugleich kann ich mich nicht erfahren, da ich mich eben nur im sein, im jetzt bin, erfahren kann- im samen.
der baum mag bereits im traume in mir liegen, doch ist es nicht dasselbe, baume schon zu sein.
sollte ich das so richtig verstanden haben, hätte ich dazu keine fragen mehr…d.h. doch!
„werde“ gilt dann natürlich auch für „war“, denn der samen war ja zuvor baum

wenn ich diese idee sartre und deinen „kleinen“ einwendungen auch noch weiter verfolge,
dann müßte es doch logisch sein, dass dies nicht nur bei dir&mir so ist, sondern auch in „allem“!? im kleinsten, wie im größten!? im teile, wie im ganzen!?
oder???..

liebe grüße
nadir

Samen und Baum
Hallo,

so ist es, wobei ich betonen möchte, dass die Ausdrücke „Subjekt“ und „Objekt“ bei Sartre in diesem Zusammenhang nicht recht passen, weshalb ich sie in Anführungszeichen gesetzt habe.

„werde“ gilt dann natürlich auch für „war“, denn der samen war
ja zuvor baum

An welcher Stelle möchtest du „war“ geschrieben wissen?

wenn ich diese idee sartre und deinen „kleinen“ einwendungen
auch noch weiter verfolge,
dann müßte es doch logisch sein, dass dies nicht nur bei
dir&mir so ist, sondern auch in „allem“!? im kleinsten, wie im
größten!? im teile, wie im ganzen!?
oder???..

Nein, denn dieser Sprung zur Analogie wäre eine weitere Hypothese, die nicht so ohne weiteres aus Sartre herausgelesen werden kann. Gleichwohl hat die Denkweise Sartres in der Tat etwas Quasi-Analogisches an sich, was ihm auch gelegentlich vorgeworfen wurde. Aber ob man so weit gehen darf, Sartre diese Analogien zu unterstellen, wage ich zu bezweifeln. Man müsste einmal genauer analysieren, wie weit Sartre „Ursache“ und „Wirkung“ spannt. Das ist aber nicht so einfach, dass ich das jetzt sofort machen könnte. Vielleicht fällt mir ja noch etwas dazu ein. Mal sehen.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

liebe grüße
nadir

Angst bei Sartre
@Thomas Miller: hier ist der Text über den Abgrund und das Gefühl der Angst. Ist etwas länger, danke, dass du dir die Mühe machst, das durchzulesen:

"Nehmen wir das Beispiel des Schwindels. Schwindel kündigt sich durch Furcht an: ich bin auf einem schmalen Pfad ohne Geländer, der an einem Abgrund entlang führt. Der Abgrund bietet sich mir als etwas zu Vermeidendes dar, er ist eine Lebensgefahr. Zugleich erfasse ich eine gewisse Anzahl an Ursachen, die sich aus dem allgemeinen Determinismus ergeben und diese Lebensgefahr Realität verwandeln könnten: ich kann auf einem Stein ausgleiten und in den Abgrund stürzen, die Erde kann unter meinen Schritten nachgeben. Über diese verschiedenen Befürchtungen bin ich mir selber als ein Ding gegeben, bin ich in bezug auf dies Möglichkeiten passiv, sie kommen von draußen zu mir, insofern ich auch ein Gegenstand dieser Welt bin, der der allgemeinen Anziehungskraft unterworfen ist, sind es nicht meine Möglichkeiten. In diesem Augenblick erscheint dir Furcht, durch die ich mich von der Situation her selbst erfasse als zerstörbares transzendentes mitten unter Transzendenten, als Gegenstand, der den Ursprung seines künftigen Verschwindens nicht an sich hat.
Die Reaktion wird reflexiver Art sein: ich werde auf die Steine des Weges achten, ich werde mich möglichst vom Rand des Pfades entfernt halten. Ich realisiere mich als mit allen seinen Kräften die bedrohliche Situation abwehrend, ich entwerfe vor mir eine gewisse Anzahl künftiger Verhaltensweisen, die die Gefahren der Welt von mir fernhalten sollen. Diese Verhaltensweisen sind meine Möglichkeiten. Ich entgehe der Furcht, gerade weil ich mich auf eine Ebene stelle, wo meine eigenen Möglichkeiten sich an die Stelle transzendenter Wahrscheinlichkeiten setzen, wo die menschliche Aktivität keinen Platz hatte.
Aber diese Verhaltensweisen erscheinen mir, eben weil sie meine Möglichkeiten sind, nicht als durch fremde Ursachen bestimmt. Nicht nur ist es nicht völlig gewiss, dass sie wirksam sein werden, sondern es ist vor allem nicht völlig gewiss, dass sie angenommen werden, denn sie haben durch nicht genügend Existenz.
Ihr Sein ist ein Angenommen-werden und ihre Seinsmöglichkeit ist nur ein Angenommen-werden-müssen. Deshalb ist ihre Möglichkeit notwendig durch die Möglichkeit kontradiktorischer Verhaltensweisen (auf die Steine im Weg nicht achten, rennen, an etwas anderes denken) und die Möglichkeit konträrer Verhaltensweisen bedingt (mich in den Abgrund stürzen). Das Mögliche, das ich zu meinem konkretem Möglichen mache, kann als mein Mögliches nur erscheinen, indem es sich vom Hintergrund der Gesamtheit der logischen Möglichkeiten, die die Situation enthält, abhebt. Aber auch diese abgewiesenen Möglichkeiten haben ihrerseits kein anderes Sein als ihr Angenommen-werden, ich selbst erhalte sie im Sein, und umgekehrt ist ihr gegenwärtiges Nicht-sein ein Nicht-Angenommen-werden-müssen. Keine äußere Ursache wird sie beseitigen. Ich selbst bin die permanente Quelle ihres Nicht-seins, ich engagiere mich in sie; um mein Mögliches erscheinen zu lassen, setze ich die anderen Möglichkeiten, um sie zu nichten. Das würde keine Angst hervorbringen, wenn ich mich selbst in meinen Bezügen zu diesen Möglichkeiten als eine ihre Wirkungen hervorbringende Ursache erfassen könnte. In diesem Fall wäre die als mein Mögliches definierte Wirkung genau bestimmt. Aber sie hörte dann auf, möglich zu sein, sie würde einfach zukünftig.

Wenn ich also Angst und Schwindel vermeiden wollte, müsste ich nur die Motive (Selbsterhaltungstrieb, vorherige Furcht usw.), die mich die betreffende Situation zurückweisen lassen, als etwas betrachten können, was für mein vorheriges Verhalten in derselben Weise bestimmend ist, wie die Anwesenheit einer gegebenen Masse an einem bestimmten Punkt für die durch andere Massen beschriebenen Bahnen bestimmend ist: ich müsste also in mir einen strengen psychologischen Determinismus erfassen. Aber ich ängstige mich gerade deshalb, weil meine Verhaltensweisen nur mögliche sind, und das bedeutet genau, dass ich während ich eine Gesamtheit von Motiven zur Abwehr dieser Situation konstituiere, im gleichen Augenblick diese Motive als nicht wirksam genug erfasse. Im selben Augenblick, wo ich mich selbst als Schaudern vor dem Abgrund erfasse, habe ich Bewusstsein von diesen Schaudern als für mein mögliches Verhalten nicht bestimmend. Einerseits ruft dieses Schaudern ein Vorsichtsverhalten hervor, es ist an ihm selbst Entwurf dieses Verhaltens, und andererseits setzt es die späteren Entwicklungen dieses Verhaltens nur als mögliche, eben weil ich es nicht als Ursache dieser späteren Entwicklungen erfasse, sondern als Forderung, Ruf usw. usw.

Wir haben gesehen, dass das Seinsbewusstsein das Sein des Bewusstseins ist. Es handelt sich hier also nicht um eine Betrachtung, die ich nach einem schon konstituierten Schaudern anstellen könnte: eben das Sein des Schauderns ist es, sich selbst zu erscheinen, als etwas, was nicht die Ursache des Verhaltens ist, das es hervorruft. Kurz, um die Furcht zu vermeiden, die mir eine transzendente, genau bestimmte Zukunft darbietet, flüchte ich mich in die Reflexion, aber diese hat mir nur eine unbestimmte Zukunft zu bieten. Das besagt, dass ich, indem ich ein bestimmtes Verhalten als möglich konstituiere, und gerade weil es mein Mögliches ist, mir darüber klar werde, dass nichts mich zwingen kann, dieses Verhalten anzunehmen. Trotzdem bin ich durchaus dort hinten in der Zukunft, ist es durchaus sie, zu der ich gleich an der Biegung des Pfads mit allen meinen Kräften hinstrebe, und in diesem Sinn besteht ein Bezug zwischen meinen künftigen und meinen gegenwärtigen Sein. Aber in diesem Bezug ist ein nichts hineingeglitten: ich bin nicht der, der ich sein werde. Zunächst bin ich es nicht, weil Zeit mich davon trennt. Ferner weil das, was ich bin, nicht der Grund dessen ist, was ich sein werde. Schließlich, weil überhaupt kein aktuell Existierendes genau das bestimmen kann, was ich sein werde. Da ich jedoch schon das bin, was ich sein werde (sonst wäre ich nicht interessiert, dieser oder jener zu sein), bin ich derjenige, der ich sein werde, nach dem Modus es nicht zu sein.
Über mein Schaudern werde ich auf die Zukunft hin getragen, und es nichtet sich, insofern es die Zukunft als möglich konstituiert. Das Bewusstsein, seine eigene Zukunft nach dem Modus des Nicht-sein zu sein, ist genau das, was wir Angst nennen. Und gerade die Nichtung des Schauderns als Motiv, die eine Verstärkung des Schauderns als Zustand zur Folge hat, hat als positives Gegenstück die Erscheinung der anderen Verhaltensweisen (besonders derjenigen, die darin besteht, sich in den Abgrund zu stürzen) als meine möglichen Möglichkeiten. Wenn nichts mich zwingt, mein Leben zu retten, hindert mich nichts, mich in den Abgrund zu stürzen. Das entscheidende Verhalten wird aus einem ich hervorgehen, dass ich noch nicht bin. So hängt das Ich, das ich bin, an ihm selbst von dem Ich ab, das ich noch nicht bin und zwar genau in dem Maß, wie das Ich, das ich noch nicht bin, nicht von dem ich abhängt, das ich bin. Und der Schwindel erscheint als das Erfassen dieser Abhängigkeit. Ich nähere mich dem Abgrund, und ich bin es, den meine Blicke in seiner Tiefe suchen. Von diesem Augenblick an spiele ich mit meinen Möglichkeiten. Indem meine Augen den Abgrund von oben nach unten durchlaufen, mimen sie meinen möglichen Sturz und realisieren ihn symbolisch; zugleich lässt das Selbstmörderverhalten, weil es mein mögliches Mögliches wird, seinerseits mögliche Motive erscheinen, es anzunehmen (der Selbstmord würde die Angst beenden). Glücklicherweise bieten sich die Motive ihrerseits, lediglich weil sie Motive eines Möglichen sind, als unwirksam, als nicht-bestimmend dar: sie können ebenso wenig den Selbstmord hervorbringen, wie mein Schaudern vor dem Sturz mich bestimmen kann, ihn zu vermeiden. Diese Gegen-Angst beendet im allgemeinen die Angst, indem sie sie in Unentschlossenheit verwandelt. Die Unentschlossenheit ruft ihrerseits die Entschlossenheit hervor: man entfernt sich plötzlich vom Rand des Abgrundes und setzt seinen Weg fort."

Ich verstehe jetzt nicht ganz, was Sartre damit meint. Anscheinend soll es bedeuten, dass es an mir liegt, auf ein bestimmtes Motiv auch eine bestimmte Handlung folgen zu lassen -ich mich also gegen die Angst entscheiden kann?
Ich hätte somit die Wahl mich in den Abgrund zu stürzen, aber warum soll das meine Angst erklären? Das hebt doch die Tatsache ein den physikalischen Kräften unterlegenes Objekt zu sein, nicht auf. Der Boden könnte immer noch unter mir nachgeben und ich hätte keinen anderen Einfluss darauf, als auf meine Gefühle der Situation gegenüber.
Warum habe ich also in dieser Situation Angst bzw. dann nicht mehr?

Danke für die Antwort!

Gut, dass du das mit dem „Entwurf“ erwähnst, weil das ist ein weiterer Punkt, der mir bei Sartre unklar ist, da ich nicht ganz verstehe, wie ich einerseits durch meine Möglichkeiten bestimmt sein soll, andererseits aber einen „Urentwurf“ von mir treffen kann. Liegt dadurch der Idee, die Exisetnz würde der Essenz vorausgehen, nicht ein kleiner Widerspruch? Weil meine Möglichkeiten sind doch schon gegeben?

Hallo,

ich würde deinen Einwand unterschreiben, weil ich ihn für treffend halte. Man könnte evt. noch eine Unterscheidung zwischen „Urentwurf“ und „Entwurf“ entwickeln, aber da gibt es dann wieder andere Unverständlichkeiten.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo,

danke für den Text. Aus meiner Sicht ist das ein schönes Beispiel für eine völlig abwegige Argumentation.

Sartre rationalisiert hier ein Gefühl, das man sich in der Realität eben nicht er-denkt, indem man Furcht hat, sondern im Gegenteil: Zuerst wird man schwindelig, und danach bekommt man Furcht. Das kann - denke ich - jeder bestätigen, der wie ich alles andere als schwindelfrei ist. Alle Ängste erscheinen erst nachdem man den Schwindel schon gespürt hat.

Dass Sartre die Vorsicht, die aus dem Schwindel resultiert, als Entgehen aus der Furcht bezeichnet, ist auch unsinnig. Denn natürlich habe ich immer noch das Gefühl, abstürzen zu können, wenn ich diese Vorsicht walten lasse. Ich entgehe also nur der Gefahr, wenn ich mich vorsichtig verhalte, nicht aber der Furcht.

Ihr Sein ist ein Angenommen-werden und ihre Seinsmöglichkeit
ist nur ein Angenommen-werden-müssen. Deshalb ist ihre
Möglichkeit notwendig durch die Möglichkeit kontradiktorischer
Verhaltensweisen (auf die Steine im Weg nicht achten, rennen,
an etwas anderes denken) und die Möglichkeit konträrer
Verhaltensweisen bedingt (mich in den Abgrund stürzen).

Dass ich nichts machen kann, was ich nicht machen kann (kontradiktorisch), ist (fast) selbstverständlich, und die genannte konträre Möglichkeit ist zwar logisch konträr, aber kommt als reales Verhalten auch nicht in Betracht, denn ich könnte mich natürlich jederzeit in den Tod stürzen, dazu brauche ich die Furcht nicht.

… diese abgewiesenen Möglichkeiten haben ihrerseits kein anderes
Sein als ihr Angenommen-werden, ich selbst erhalte sie im Sein,

Das ist absurd, denn ich muss nicht jede Möglichkeit in Betracht ziehen. So muss ich, wenn ich über die Straße gehe, zwar in Betracht ziehen von Autos überfahren zu werden, aber ich muss mich nicht vergewissern, ob nicht gerade im Moment dort wo ich mich aufhalte ein Flugzeug abstürzt. Wer das täte, wäre zu Recht als pathologisch einzustufen.

Aber ich ängstige mich gerade deshalb, weil meine
Verhaltensweisen nur mögliche sind, und das bedeutet genau,
dass ich während ich eine Gesamtheit von Motiven zur Abwehr
dieser Situation konstituiere, im gleichen Augenblick diese
Motive als nicht wirksam genug erfasse.

Genau, die Motive müssen real sein, was sie bei einem freiwilligen Absturz aus Angst nicht sind. Mit anderen Worten: Es gibt Verhaltensweisen, die in gewissen Situationskontexten zwar grundsätzlich logisch möglich sind, die aber in diesen Kontexten unbedeutend sind.

Im selben Augenblick,
wo ich mich selbst als Schaudern vor dem Abgrund erfasse, habe
ich Bewusstsein von diesen Schaudern als für mein mögliches
Verhalten nicht bestimmend. Einerseits ruft dieses Schaudern
ein Vorsichtsverhalten hervor,

Das Schaudern ist ein Reflex und kein Verhalten - und damit ist es kein Entwurf im existenzialistischen Sinn.

ich bin nicht der, der ich sein werde.
Zunächst bin ich es nicht, weil Zeit mich davon trennt.

Das stimmt.

Ferner weil das, was ich bin, nicht der Grund dessen ist, was ich
sein werde.

Das hängt davon ab, was man als Grund anerkennt. Eine Intention wird von einigen modernen Philosophen als Grund akzeptiert. Aber selbst wenn man das annehmen würde, wäre noch nicht gesagt, dass dieser „Grund“ auch eine „Ursache“ sein muss. Auch das ist umstritten.

Schließlich, weil überhaupt kein aktuell
Existierendes genau das bestimmen kann, was ich sein werde. Da
ich jedoch schon das bin, was ich sein werde (sonst wäre ich
nicht interessiert, dieser oder jener zu sein), bin ich
derjenige, der ich sein werde, nach dem Modus es nicht zu
sein.

Ich könnte kahlköpfig sein, bin es aber nicht, nach Sartre aber vielmehr wäre ich kahlköpfig, gerade weil ich Haare hätte, nur eben im Modus des Nichtseins der Kahlköpfigkeit. (Wer’s braucht …) :smile:

Über mein Schaudern werde ich auf die Zukunft hin getragen,
und es nichtet sich, insofern es die Zukunft als möglich
konstituiert. Das Bewusstsein, seine eigene Zukunft nach dem
Modus des Nicht-sein zu sein, ist genau das, was wir Angst
nennen.

Natürlich :wink: - ich kann nur Angst vor der Kahlköpfigkeit haben, weil ich Haare auf dem Kopf habe. Hätte ich keine Haare auf dem Kopf wäre ich ja schon kahl, brauchte also keine Angst davor zu haben … (an was man alles denken muss …)

Wenn nichts mich zwingt, mein Leben zu retten,
hindert mich nichts, mich in den Abgrund zu stürzen. Das
entscheidende Verhalten wird aus einem ich hervorgehen, dass
ich noch nicht bin.

Vielleicht sollte ich mir mein Kopfhaar abrasieren, damit ich keine Angst mehr vor Kahlköpfigkeit habe … (Mannomann, Jean-Paul, quo vadis …)

Von diesem Augenblick an spiele ich mit meinen Möglichkeiten.

Das klang vorher noch so, als wenn dieser Augenblick schon früher eintreten müsse, nämlich schon zu dem Zeitpunkt, wenn die Angst den Schwindel „erzeugt“ …

Glücklicherweise bieten sich die Motive ihrerseits,
lediglich weil sie Motive eines Möglichen sind, als unwirksam,
als nicht-bestimmend dar: sie können ebenso wenig den
Selbstmord hervorbringen, wie mein Schaudern vor dem Sturz
mich bestimmen kann, ihn zu vermeiden.

Puh … da habe ich ja nochmal Glück gehabt, dass ich nicht sofort die Schere gezückt habe :smile: … Allerdings denke ich schon, dass mein Schaudern vor der Glatze mir hilft, die Rasur zu vermeiden, oder?

Diese Gegen-Angst
beendet im allgemeinen die Angst, indem sie sie in
Unentschlossenheit verwandelt.

Bin ich jetzt also, wo ich mich entschlossen habe, mich nicht zu verstümmeln, unentschlossen, ob ich mich verstümmeln soll ???

Die Unentschlossenheit ruft
ihrerseits die Entschlossenheit hervor: man entfernt sich
plötzlich vom Rand des Abgrundes und setzt seinen Weg fort."

Achso … nur weil ich unentschlossen bin, entschlossen zu sein, bin ich entschlossen (und also eigentlich nicht unentschlossen) … Langsam wird die Sache komisch …

Ich verstehe jetzt nicht ganz, was Sartre damit meint.

Ich auch nicht.

Ich hätte somit die Wahl mich in den Abgrund zu stürzen, aber
warum soll das meine Angst erklären?

Eben, das geht nur logisch, aber nicht real. Ich denke, deine Abneigung gegen den Text ist berechtigt.

Der Boden könnte immer noch unter mir nachgeben

Eben, es könnte auch ein Flugzeug abstürzen. Oder (frei nach Asterix) mir „der Himmel auf den Kopf fallen“.

Warum habe ich also in dieser Situation Angst bzw. dann nicht
mehr?

Vielleicht hast du - nach Sartre - ja Angst davor, seinen Text zu verstehen? :smile: Es wäre dann nur die Frage, ob du dich entschließen kannst, die Angst zu überwinden (und Sartre in die Ecke zu werfen), oder unentschlossen bleiben musst.

Summa: Ich finde den Text so absurd wie du.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

An welcher Stelle möchtest du „war“ geschrieben wissen?

na zb auf dein „subjekt“ und „objekt“!
wenn "subjekt"der samen ist (im sinne von „ist“, bzw. „jetzt“ bin) und „objekt“ der baum (im sinne des „werden“, bzw. des „noch nicht ist“), dann bin ich im moment des zarten plänzchen „subjekt“ und der baum wäre immer noch „objekt“ und „war“ wäre dann der samen, der ich ja dann nicht mehr bin.
samen müßte dann auch „objekt“ sein, auch wenn „jetzt bin“ letztlich ja auf „war“ gründet.

was sartre nun gemeint hat, da will ich dir gerne vertrauen, da du unbestreitbar über einen weitaus größeren wissenschatz (was die philosophie betrifft) verfügst, als ich.
doch selbst wenn sartre dies so nicht gemeint hat, ist es ja legitim, wenn ich 2seine" ideen weiter „spinne“!
so hatte ich in der späten kindheit die „idee“: da ein einzelner sandkorn teil des ganzen universum ist, müßte das ganze universum auch im sandkorn zu finden sein…heute wird ich vielleich sagen, müßte nur in einem einzelnen sandkorn schon, die information des ganzen universum gespeichert sein.
oder einen früheren vers ändernd:
wenn im teile nicht das ganze
wieso fügt sichs dann im tanze

ich sehe durchaus ähnlichkeiten mit satre`s ideen!?!
doch sollte ich hier allzusehr störend vom eigentlich themageber cashew abweichen, dann bitte ich mir dies zu sagen.

mit lieben grüßen
nadir

Summa: Ich finde den Text so absurd wie du.

…ich auf die schnelle gar nicht!
und leider beginnt bei mir eher der zweifel, über die „fähigkeit“ deiner auslegung zu diesem text, lieber thomas! denn ich finde jetzt eher deine „erklärungen“ und daraus resultierenden folgerungen abwegig…oder in deinem munde „absurd“.
erlaube mir später ausführlicher darauf einzugehen, weil ich in kürze besuch erwarte.

mit herzlichen grüßen
nadir

Summa: Ich finde den Text so absurd wie du.

…ich auf die schnelle gar nicht!

Beim Ersten Mal lesen fand ich das Ganze in sich auch schlüssig, aber als ich dann drüber nachdachte, nur noch unsinnig…was übrigens nicht nur auf die Textpassage, sondern auf Sartres Philosophie ganz allgmein zu beziehen ist.
In den Ansätzen mag sich Sartre gut anhören, aber ich habe das Gefühl, dass er sich genau betrachtet entweder widerspricht oder Schlüsse zieht, die keinen realen Bezug haben -was ich insofern seltsam finde, da der Existentialismus doch weg von abstrakter Philosophie wollte.

Fände es aber interessant, wenn du deine Sicht noch schreibst, da ich mir momentan einfach nicht vorstellen kann, wie man diesen Text deuten könnte, ohne zu den Schluss zu kommen, dass er im Grunde völlig unsinnig ist -zumindest in der Realistät nicht haltbar.
Über andere Sichtweisen würde ich mich daher freuen und das gilt natürlich für jeden, der dazu noch etwas beizutragen hätte!

Danke für die Antwort! War amüsant zu lesen, auch wenn mir der Text noch immer genauso unsinnig erscheint, wie zuvor…aber vielleicht liegt das nicht nur an meinem Verständnis, sondern auch an dem Text an sich…?

Hallo,

Summa: Ich finde den Text so absurd wie du.

…ich auf die schnelle gar nicht!
und leider beginnt bei mir eher der zweifel, über die
„fähigkeit“ deiner auslegung zu diesem text, lieber thomas!

das macht nichts, wir können ja darüber diskutieren. Ich lerne gern dazu.

erlaube mir später ausführlicher darauf einzugehen, weil ich
in kürze besuch erwarte.

Ich freue mich darauf.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

so ward der abend zum morgen, bei wein und einer unglaublich guten neuen „peter gabriel“ ( wirklich sehr zu empfehlen!..).

will so vorerst nur auf dein

Sartre rationalisiert hier ein Gefühl, das man sich in der Realität eben nicht er-denkt, indem man Furcht hat, sondern im Gegenteil: Zuerst wird man schwindelig, und danach bekommt man Furcht. Das kann - denke ich - jeder bestätigen, der wie ich alles andere als schwindelfrei ist. Alle Ängste erscheinen erst nachdem man den Schwindel schon gespürt hat.

eingehen lieber thomas.
du glaubst also, der „schwindel“ (schönes wort eigentlich auch dafür!..erinnert irgendwie auch an lug…trug…„be-trug“…) geht der furcht voraus!?..das der „schwindel“ ja der grund der furcht ist!?
nun glaub ich, dass eigentlich furcht/angst immer nur eine „kopfsache“ ist und sich in der regel immer zuerst durch ein gefühl wie anspannung, mulmig, zittern, schwindel, usw. bis zur ohnmacht bemerkbar macht.
aber sie alle resultieren eben aus der furcht/angst und nicht umgekehrt!
wenn du meinst nicht trug-…ähh „schwindelfrei“ zu sein ohne vorher furcht zu haben, dann ist die frage was dich dann „schwindeln“ lässt!? wenn es eine rein " körperliche", zb gleichgewichtsstörung wäre, dann müßte sie sich ja auch unabhängig von einem „abgrund“ das „schwindeln“ äußern.
ich habe fälle erlebt, die bei dem bloßen anblick eines anderen auf einer hohen leiter schon den „schwindel“ bekamen.
ich selbst bin „fast“ schwindelfrei, doch kenne das gefühl durchaus wenn ich zb auf einem hohen dach zu tun habe. nämlich wenn ich an einem abgrund in großer höhe stehe und beginne mir „auszumalen“ wie es mich zerschmettern würde wenn ich denn nun falle, wenn ich springen würde…oder wenn das lüftchen unvorbereitet zur böe wird…ich das gleichgewicht verliere.
und bei all diesem 2ausschmücken" des „was wäre wenn“, bekomm auch ich meinen „schwindel“.
ich glaube eher, dass die von „natur“ aus nicht „schwindelfreien“, sich ihr bildchen des „waswärewenn“ schon der maßen verinnlicht haben, dass es eines „ausschmückens“ gar nicht mehr bedarf, um sich in den zustand des „schwindel“ zu versetzen, bis hin zur „kapitulation“ (der annahme vollkommender „passivität“) die zur „ohnmacht“ führt.

auf die einzelnen thesen von sartre und dir geh ich jetzt noch nicht detailierter ein…muß ich noch gebührend auseinander „friemeln“, zumal sartre sich für mich mächtig kompliziert ausdrückt.
aber ich ahne was er ungefähr sagen könnte: furcht/angst die ihr sein zwar einzig durch das individuum selbst haben, durch das „mögliche“ welches nicht in unserer „macht“ zu stehen scheint („passiv“ und dazu „kontradiktorisch“ weil wir dieses „sein“ ja selbst erschaffen was wieder „aktiv“ wäre…) und was uns furcht macht, weil es uns vom „sein“ im sinne des „seinwerden“ ab zu bringen droht (was wiederum konträ wäre…).
doch will er scheinbar auf die formel hinaus (die auch nicht wenige heutige psychologen vertreten- das angst auch etwas „lebensnotwendiges“ ist, weil ja gerade sie es ist, die uns daran hindert in den abgrund zu fallen, bzw, zu stürzen…was ich selbst bis heute für quatsch halte):
ich erschaffe aktiv etwas, was mich in den zustand des „passiven“ führt, der aber seine berechtigung hat, weil dieser zustand der „passivität“ ( der die furcht erst ermöglicht), mich wieder in den zustand der „aktivität“ bringt und mich entscheiden lässt, was zu tun ist, um dem zu entgehen was mich vom „seinwerden“ trennen könnte…!..???..???..naja, so oder so ungefähr könnte er es gemeint haben…(aber er spielt ganz schön mit den widersprüchen)

mit nachdenklichen grüßen
nadir

Hallo,

so ward der abend zum morgen, bei wein und einer unglaublich
guten neuen „peter gabriel“ ( wirklich sehr zu empfehlen!..).

das unterschreibe ich gern, obwohl PG nicht zu meinen Favoriten zählt … :smile:

nun glaub ich, dass eigentlich furcht/angst immer nur eine
„kopfsache“ ist und sich in der regel immer zuerst durch ein
gefühl wie anspannung, mulmig, zittern, schwindel, usw. bis
zur ohnmacht bemerkbar macht.
aber sie alle resultieren eben aus der furcht/angst und nicht
umgekehrt!

du sagst, du „glaubst“ es - was mir die Sache etwas schwierig macht. Aber ich will zunächst terminologisch Furcht und Angst auseinanderhalten, wie man diese Begriffe in der Regel im existenzphilosophischen Kontext, zu dem auch Sartre gehört, benutzt. Furcht ist immer Furcht vor einem bestimmten etwas, Angst ist unbestimmt. Wenn das so ist, dann resultiert die Furcht aus etwas Empirischen, die Angst nicht. Dieses Empirische geht also der Furcht voraus (und folgt nicht aus ihr).

wenn es eine rein " körperliche", zb
gleichgewichtsstörung wäre, dann müßte sie sich ja auch
unabhängig von einem „abgrund“ das „schwindeln“ äußern.

Bei mir - in meinem speziellen Fall - ist das so, dass es sich um eine Gleichgewichtsstörung handelt. Trotzdem ist diese Erfahrung behebbar, zumindest jedenfalls linderbar, nämlich durch Gewöhnung.

ich habe fälle erlebt, die bei dem bloßen anblick eines
anderen auf einer hohen leiter schon den „schwindel“ bekamen.

Genau, aber dieser Schwindel resultiert nicht aus reiner Vorstellung, sondern aus der Erinnerung an einen empirisch erlebten Schwindel. Er ist also mittelbar Folge einer empirischen Begebenheit, so wie du sie mit der Böe beschreibst.

Was du danach zu Sartre sagst, muss ich mir nochmal genauer durchlesen, weil es mir genauso merkwürdig erscheint wie Sartre selbst (das ist jetzt kein Vorwurf!). Ich erwarte also das Ergebnis deines „Friemelns“ gespannt. :smile:

mit nachdenklichen grüßen

Das höre ich immer gern.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

erster teil des „knoten“ gelöst

ich verzichte mal darauf auf thomas interpretationen näher einzugehen, da sie wirklich an den haaren herbei gezogen sind (nichtsdestotrotz für mich sehr wertvoll waren!) und nehme direkt sartre´s beispiel auf.
das beispiel des „schwindel“ und des abgrundes dürfte klar sein (wenn wir mal von thomas seiner gegenthese absehen, die dieser aber selbst nicht beweisen kann. mindestens solange er keinen logischen grund für seinen „schwindel“ erklären kann, außer eben der „furcht“!..ok er hat sie gerade erklärt! trifft aber in seinem fall aber trotzdem nicht auf sarte ideen zu)

Die Reaktion wird reflexiver Art sein: ich werde auf die Steine des Weges achten, ich werde mich möglichst vom Rand des Pfades entfernt halten. Ich realisiere mich als mit allen seinen Kräften die bedrohliche Situation abwehrend, ich entwerfe vor mir eine gewisse Anzahl künftiger Verhaltensweisen, die die Gefahren der Welt von mir fernhalten sollen. Diese Verhaltensweisen sind meine Möglichkeiten. Ich entgehe der Furcht, gerade weil ich mich auf eine Ebene stelle, wo meine eigenen Möglichkeiten sich an die Stelle transzendenter Wahrscheinlichkeiten setzen, wo die menschliche Aktivität keinen Platz hatte.

dürfte immer noch logisch sein

Aber diese Verhaltensweisen erscheinen mir, eben weil sie meine Möglichkeiten sind, nicht als durch fremde Ursachen bestimmt. Nicht nur ist es nicht völlig gewiss, dass sie wirksam sein werden, sondern es ist vor allem nicht völlig gewiss, dass sie angenommen werden, denn sie haben durch nicht genügend Existenz.
Ihr Sein ist ein Angenommen-werden und ihre Seinsmöglichkeit ist nur ein Angenommen-werden-müssen. Deshalb ist ihre Möglichkeit notwendig durch die Möglichkeit kontradiktorischer Verhaltensweisen (auf die Steine im Weg nicht achten, rennen, an etwas anderes denken) und die Möglichkeit konträrer Verhaltensweisen bedingt (mich in den Abgrund stürzen). Das Mögliche, das ich zu meinem konkretem Möglichen mache, kann als mein Mögliches nur erscheinen, indem es sich vom Hintergrund der Gesamtheit der logischen Möglichkeiten, die die Situation enthält, abhebt.

irre aber logisch! ich erlaube mir erstmal bis hier hin in meiner sprache kürzend zusammen zu fassen:
abgrund und stein sind gegeben. ein stein über den ich stolpern könnte! ich „spiele“ die möglichkeiten durch über diesn stein zu stolpern und in den abgrund zu stürzen (angst zu schwindel) aber es gibt nichts was mich zwingt über ihn zu stolpern. da es aber nichts gibt, was mich zwingt über ihn zu stolpern, brauch auch nicht angenommen werden über ihn zu stolpern (die möglichkeiten mache nur ich zum sein).
jedoch ist ihr „mögliches notwendig durch die möglichkeit widersprüchlicher verhaltensweisen“. sprich, der stein exestiert ja und der abgrund auch! also nicht darauf zu achten, nicht daran zu denken, gar zu rennen, bringt mich dem „möglichen“ nur viel näher!

Aber auch diese abgewiesenen Möglichkeiten haben ihrerseits kein anderes Sein als ihr Angenommen-werden, ich selbst erhalte sie im Sein, und umgekehrt ist ihr gegenwärtiges Nicht-sein ein Nicht-Angenommen-werden-müssen. Keine äußere Ursache wird sie beseitigen. Ich selbst bin die permanente Quelle ihres Nicht-seins, ich engagiere mich in sie; um mein Mögliches erscheinen zu lassen, setze ich die anderen Möglichkeiten, um sie zu nichten. Das würde keine Angst hervorbringen, wenn ich mich selbst in meinen Bezügen zu diesen Möglichkeiten als eine ihre Wirkungen hervorbringende Ursache erfassen könnte. In diesem Fall wäre die als mein Mögliches definierte Wirkung genau bestimmt. Aber sie hörte dann auf, möglich zu sein, sie würde einfach zukünftig.

(für einen wie mich ganz schön intellektuelles gequarke aber cool, weil in sich eigentlich logisch!)
aber eben auch die vorstellung, ich brauch ja nur über den stein zu hüpfen, bis hin erst gar nicht den stein zu beachten und so die möglichkeiten des stolpern und in den abgrund zu stürzen, zu negieren, haben eben auch nur kein anderes sein als durch mich! keine äußere ursache wird den stein beseitigen! ich selbst bin die quelle der möglichkeiten ihres seins wie ihres nicht-sein!
dies alles würde keine angst hervorbringen, wenn ich klar erfasse, das alle möglichkeiten in den abgrund zu stürzen oder eben nicht über den stein zu stolpern nur wirkungen meines eigenen tun sind. ich gehe zb mit abstand am stein vorbei so das ich gar nicht darüber stolpern kann, alles andere wäre dann nur noch „zukünftig“… wenn mich thomas seine rakete zb treffen würde…und dies für möglich zu halten, entzieht sich tatsächlich allem (wie es ja auch thomas selbst sieht…)…

ok, dass war erstmal der für mich noch verständlichste teil von sartre (der mir allerdings auch nur durch thomas zugänglich wurd)

bis später

du sagst, du „glaubst“ es - was mir die Sache etwas schwierig macht…

na dann sag ich eben ich weiß es!..?..!..??..und „glaubst“ du es mir jetzt!?!
nein im ernst, ich sage „glaube“ bis ich eines „besseren“ belehrt werde…bis ich denn wieder eines „besseren“ belehrt werde!..

zu deinem unterschied von furcht und angst denk ich ein andern mal drüber nach. bis dahin verwende ich sie mal als gleiches, ohne anspruch auf „absolutum“ (siehste das wäre auch mal ein „vorteil“ der weniger belesenen! die anmaßung des freien umgangs mit worten, begrifflichkeiten und den dingen überhaupt…)

na bis dann
nadir

Sartresche Begrifflichkeiten
Hallo,

(siehste das wäre auch mal ein
„vorteil“ der weniger belesenen! die anmaßung des freien
umgangs mit worten, begrifflichkeiten und den dingen
überhaupt…)

das mag ein Vorteil sein, wenn man für sich selbst einen Nutzen aus einem Text ziehen möchte, aber ob man einen Sartretext angemessen versteht bzw. interpretiert, wenn man sich über Sartresche Begrifflichkeiten hinwegsetzt, bezweifle ich. Das Problem ist ja vielleicht auch die Übersetzung, aber für eine eingehende Heranziehung des französischen Textes habe ich im Moment keine Zeit.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

puhh, anstrengenden tag gehabt…will es trotzdem versuchen:

Wenn ich also Angst und Schwindel vermeiden wollte, müsste ich nur die Motive (Selbsterhaltungstrieb, vorherige Furcht usw.), die mich die betreffende Situation zurückweisen lassen, als etwas betrachten können, was für mein vorheriges Verhalten in derselben Weise bestimmend ist, wie die Anwesenheit einer gegebenen Masse an einem bestimmten Punkt für die durch andere Massen beschriebenen Bahnen bestimmend ist: ich müsste also in mir einen strengen psychologischen Determinismus erfassen.

jenes „sein-werden“, welches ich durch die betreffende situation bedroht meine, jenes „sein-werden“ hat mich aber auch diesen pfad mit seinen abgrund gehen lassen…genauso wie jener stein in seinem „sein-werden“, bestimmend ist für die bahn anderer massen…und ich müßte mir nur vergegenwärtigen/verinnerlichen, dass alles vorbestimmt ist!?..(wie sonne, planeten, monde alle aufeinander einwirken…und doch ihre bahnen ihr „sein-werden“ vorbestimmt sind…mir kommt pool-billiard vor augen, der eröffnungsstoß! im augenblick des vollbrachten stoßes sind die bahnen aller 16 kugeln unabänderbar vorgegeben! die zahl der kugeln spielt dabei keine rolle. ob es 16 sind, ob milliarden oder ob ihre zahl unendlich ist!)…naja, letztlich erschließt sich mir noch nicht der weitere part von sartre…find mich selbst schwammig…ich begreife einige zeilen ganz klar und mit den nächsten zeilen versteh ich wieder gar nichts (was aber an mir liegt und nicht an sartre)…ich meine ihn im ganzen intuitiv zu erfassen, kann es aber noch nicht sprachlich beweisen!
muß doch direkt auf thomas seine „haarsträubenden“ interpretationen ein gehen, denn da kann ich konkretisieren was sartre eher nicht gemeint hat.

sartre
Im selben Augenblick,
wo ich mich selbst als Schaudern vor dem Abgrund erfasse, habe
ich Bewusstsein von diesen Schaudern als für mein mögliches
Verhalten nicht bestimmend. Einerseits ruft dieses Schaudern
ein Vorsichtsverhalten hervor, …eben das Sein des Schauderns ist es, sich selbst :zu erscheinen, als etwas, was nicht die Ursache des Verhaltens ist, das es hervorruft.

thomas:
Das Schaudern ist ein Reflex und kein Verhalten - und damit ist es kein Entwurf im :existenzialistischen Sinn.

ich glaube das sieht sartre durchaus auch wie thomas! das „schaudern“ ruft erst noch ein verhalten hervor

s:
Schließlich, weil überhaupt kein aktuell
Existierendes genau das bestimmen kann, was ich sein werde. Da
ich jedoch schon das bin, was ich sein werde (sonst wäre ich
nicht interessiert, dieser oder jener zu sein), bin ich
derjenige, der ich sein werde, nach dem Modus es nicht zu
sein.
t:
Ich könnte kahlköpfig sein, bin es aber nicht, nach Sartre aber vielmehr wäre ich :kahlköpfig, gerade weil ich Haare hätte, nur eben im Modus des Nichtseins der :Kahlköpfigkeit. (Wer’s braucht …) :smile:

aber sartre geht doch von der „kahlköpfigkeit“ im „jetzt-ich-bin“ zustand aus, lieber thomas (um dein haariges beispiel zu nehmen)! dh die haare sind der „sein-werde“ zustand (den er als den „wahren“ oder „wirklichen“ betrachtet, dessen nur die zeit von dich trennt). doch du bist/befindest dich im modus der „kahlköpfigkeit“ (hier ist dir wirklich eine entscheidende fehlinterpretation unterlaufen, denn alles weitere von dir baut sich auf diesen fehler auf…das kommt davon wenn man sartre zu schnell schließt!)

s:
Über mein Schaudern werde ich auf die Zukunft hin getragen,
und es nichtet sich, insofern es die Zukunft als möglich
konstituiert. Das Bewusstsein, seine eigene Zukunft nach dem
Modus des Nicht-sein zu sein, ist genau das, was wir Angst
nennen.
t:
Natürlich :wink: - ich kann nur Angst vor der Kahlköpfigkeit haben, weil ich Haare auf :dem Kopf habe. Hätte ich keine Haare auf dem Kopf wäre ich ja schon kahl, brauchte :also keine Angst davor zu haben … (an was man alles denken muss …)

das „schaudern“ lässt dich erst die zukunft, das „sein-werde“ verinnerlichen, doch es nichtet sich, weil sie es eben nur! als möglich betrachtet! das bewußtsein nicht das „sein-werde“ zu sein, ist genau das was wir angst nennen! sprich, der glaube „kahlköpfig“ zu bleiben (was wir ja nicht sind im sinne von „sein-werden“), ist erst das was wir angst nennen…(je mehr ich darüber nachdenke, desto logischer erscheint es mir…)

s:
Wenn nichts mich zwingt, mein Leben zu retten,
hindert mich nichts, mich in den Abgrund zu stürzen. Das
entscheidende Verhalten wird aus einem ich hervorgehen, dass
ich noch nicht bin.
t:
Vielleicht sollte ich mir mein Kopfhaar abrasieren, damit ich keine Angst mehr vor :Kahlköpfigkeit habe … (Mannomann, Jean-Paul, quo vadis …)

es ist das streben eben nach dem „sein-werden“, die alle „motive“ erst erschaffen.
wenn jenes „sein-werden“ aber erreicht wäre (nach thomas also, du endlich deine haare hast), zwingt dich nichts mehr dein leben zu retten, hindert dich nichts in den abgrund zu stürzen, denn alles was für dich zu erreichen war, ist erreicht! und du kannst jederzeit loslassen!
dein entscheidendes verhalten wird aus einem ich hervorgehen, der du noch nicht bist!
(finde den faden wieder…hurra…danke thomas!)

s:
Glücklicherweise bieten sich die Motive ihrerseits,
lediglich weil sie Motive eines Möglichen sind, als unwirksam,
als nicht-bestimmend dar: sie können ebenso wenig den
Selbstmord hervorbringen, wie mein Schaudern vor dem Sturz
mich bestimmen kann, ihn zu vermeiden.
t:
Puh … da habe ich ja nochmal Glück gehabt, dass ich nicht sofort die Schere gezückt :habe :smile: … Allerdings denke ich schon, dass mein Schaudern vor der Glatze mir hilft, :die Rasur zu vermeiden, oder?

erst das „nicht-sein-werde“ bringt die motive. doch sie siind eben nur motive eines möglichen, damit nicht bestimmend (was das „sein-werde“ betrifft) und unwirksam.
sie lassen mich weder selbst töten, wie auch mein „schaudern“ mich letztlich bestimmen lässt, in den abgrund zu stürzen ( ich mag dadurch vielleicht den stein ausweichen können, doch eine erderschütterung kann ich bei allem „schauder“ dann doch nicht vermeiden!..erinnernd an obigen „determinismus“)

so jetzt lass ich thomas wieder weg und lasse sartre selbst zusammen fassen:

Ich nähere mich dem Abgrund, und ich bin es, den meine Blicke in seiner Tiefe suchen. Von diesem Augenblick an spiele ich mit meinen Möglichkeiten. Indem meine Augen den Abgrund von oben nach unten durchlaufen, mimen sie meinen möglichen Sturz und realisieren ihn symbolisch; zugleich lässt das Selbstmörderverhalten, weil es mein mögliches Mögliches wird, seinerseits mögliche Motive erscheinen, es anzunehmen (der Selbstmord würde die Angst beenden). Glücklicherweise bieten sich die Motive ihrerseits, lediglich weil sie Motive eines Möglichen sind, als unwirksam, als nicht-bestimmend dar: sie können ebenso wenig den Selbstmord hervorbringen, wie mein Schaudern vor dem Sturz mich bestimmen kann, ihn zu vermeiden. Diese Gegen-Angst beendet im allgemeinen die Angst, indem sie sie in Unentschlossenheit verwandelt. Die Unentschlossenheit ruft ihrerseits die Entschlossenheit hervor: man entfernt sich plötzlich vom Rand des Abgrundes und setzt seinen Weg fort."

tja, was soll ich dazu noch sagen!? zum obigen kontext erscheinen mir diese zeilen schlüssig und logisch!..?..!..oder gibt es jetzt noch trunken unken die lallend aus dem walde schallen und zweifel anmelden wollen!?..mmhhh

na prima! dann haben wir ja den sartrischen knoten doch noch gelöst.
hät ich heut nachmittag noch nicht gedacht, aber da hat ich auch thomas seinen text nicht mit. ja wirklich thomas! ohne deine haarigen beispiele, hät ich sartre zwar nicht in die ecke geschmissen, ihn aber nach wenigen zeilen im regal verstauben lassen (schönes buch im regal, wo ich doch eh sowenig hab…und so`n sartre buch gibt mir doch das gewisse „etwas“ für jede frau die ich zu mir einlade…).
aber das hätte er definitv nicht verdient, weil das verdammt gut ist was er sagt (auch wenn ich ihn ohne hilfe wohl nie in allem begreifen würde). was er „wiisentschaftlich“
zu erklären bringt, bringe ich lieber im vers. aber seine „herangehensweise“ ist letztlich eben „logisch“ und damit verständlicher ( wenn man erst einen zugriff auf seine sprache hat).
nun denn, ich denke wir dürfen uns drei danken ( sicher mag hier und da an den interpretationen noch herum gefeilt, geschliffen und poliert werden, aber im kern sollt es stimmen), den text entschlüsselt zu haben (er war es wahrlich wert)
und uns eine gute nacht wünschen
mit schönen träumen
nadir

ps.
allerdings glaube ich nach wie vor nicht, dass „schaudern“ oder „angst“ von nöten sind, um mich erst im „sein“ und „sein-werden“ zu erfassen und mich das „richtige“ tun lassen! denn wenn ich es erst einmal erfasst habe, ist nur noch „vertrauen“ von nöten!!!

du hast nicht nur bei sartre recht (was konkret „angst“ und „furcht“ angeht) sondern auch wohl im weiteren!
letztlich muß ich wohl immer wissen wie jemand seine „begrifflichkeiten“ besetzt um ihn zu verstehen.
im fall von sartre, war für mich erstmal noch nichts geklärt, deshalb erlaubte ich mir diese freiheit! doch wie gesagt, letztlich hast du recht!

mit besten grüßen
nadir