Schiefe Querbalken bei Fachwerkhäusern

Hallo.

Manchmal, wenn ich große alte Fachwerkhäuser sehe, fällt mir eine Sache auf, die ich mir bisher nicht erklären konnte, wenn im unteren Bereich (unterste Etage) Mauerwerk zu sehen ist, und die folgenden Etagen durch Holzbalken konstruiert sind.
Die großen waagerechten Balken der unteren Holz-Etagen sind häufig schief, ja manchmal sogar sehr, sehr schief.
Hier mal ein Beispiel-Bild.


Was ich verstehe, dass wenn ein solches altes Haus ein wenig schiefe Elemente hat …
… weil man damals nicht exakt gebaut hat
… weil man damals nicht so exakte gerade Teile zur Verfügung hatte,
… weil sich im Laufe der Zeit das Holz ein wenig verbiegt.
Aber dass diese großen waagerechten Balken (sowohl die untersten, als auch die nach oben folgenden) sooo extrem schief liegen — manchmal über einen halben Meter — wundert mich.
Denn wenn man so ein Haus baut, fängt man logischerweise unten an. Also baut man die Steinmauern. Warum werden dann diese (anscheinend!) schon so schief gebaut, sodass der erste Querbalken auch bereits schief draufliegt? Die Mauer ist ja so gebaut, dass sie an dem einen Ende schon einen halben Meter höher ist als an dem anderen.
Das Gleiche gilt für die nächsthöhere Querbalken: warum wird der Bereich dazwischen nicht so konstruiert, dass dieser (wenigstens) einigermaßen gerade liegt? Und so weiter …
Oder wurde das absichtlich so gemacht? (wenn ja: was steckt dahinter?)

Wer kann das Rätsel lösen?

Gruß M.

Ich weiß nicht, ob die horizontalen und vertikalen Balken von Anfang an gekrümmt waren oder gar schief eingebaut wurden.

Die Krümmung könnte ich noch verstehen, man nahm Stämme, wie sie gewachsen sind. Heute würde man alles absägen, was krumm ist. Aber weniger Material = weniger Tragfähigkeit + mehr Arbeit.

Du kennst vielleicht die Holzbögen über Eingangstoren niedersächsischer Bauernhäuser. Da wurde bewusst ein krummer Stamm gesucht, in der Mitte durchgeschnitten und spiegelverkehrt eingebaut:

bauernhaus

Frage: Waren die „waagerechten“ ursprünglich gerade, haben sich gebogen und die „senkrechten“ mitgezogen?

Miss mal die senkrechten nach, sie haben deutliche Längenunterschiede. Ein Balken mag sich verbiegen, aber nicht die Länge so deutlich ändern.

Vielleicht ist der Baumeister ein Vorfahr von Hundertwasser? Der fand rechte Winkel auch langweilig

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Hallo!

Hier ist es wirklich optisch stark auffallend und nicht typisch „Fachwerkhaus“.
Das war zum Errichtungszeitpunkt nicht so,. Das Haus hat sich im Laufe der Jahrhunderte links gesenkt und verschoben. Fachwerk kann das „vertragen“ und ausgleichen. Das Mauerwerk oder die Füllung der Gefache (Weidengeflecht mit Lehmschlag etwa) reißt dann halt und wird immer mal wieder nachgebessert. Das Holzbalkenwerk trägt das Haus, nicht die Ausmauerung.

Wo schon zum Zeitpunkt der Errichtung manchmal krumme Balken eingebaut werden sind die Diagonalen der Verstrebung. Insgesamt war man sehr wohl bemüht gerade Balken waagerecht/senkrecht zu verwenden, weil nur die sich auch zimmermannsmäßig gut verbinden lassen (Zapfen, Holznagel)

MfG
duck313

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Dann wären aber die Fenster schief und auch die senkrechten Balken wären stärker geneigt. Gerade am Übergang zwischen Erdgeschoß und erster Etage erkennt man, daß das Problem nicht darin bestehen kann, daß das gesamte Haus abgesackt ist. Das Erdgeschoß ist links ja flacher und auch der Abstand zwischen erstem waagerechtem Holzbalken und der Oberkante der Fenster wird von links nach rechts größer. Insofern ist denen das sicherlich auch in der Bauphase schon aufgefallen.

Gruß
C.

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Die wurden neu gesetzt nach einer starken einseitigen Absenkung. Auch die Böden der oberen Etagen wurden an die Schräglage angepasst, so dass sie wieder waagerecht waren, dafür aber von Raum zu Raum in der Höhe versetzt. Wer mal nach Ulm kommt, kann im Schiefen Haus übernachten und sich das von innen anschauen.

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Dein Bild Hafenmarkt Nördlingen ist seitenverkehrt und verzerrt dargestellt. Unterkante der großen Fester liegen nicht auf einer Linie:

Hier eine Darstellung von Google Street View, da stimmt die Linie:

In allen Städten mit hohem Fachwerkanteil, z.B. Quedlinburg, Celle, Rotenburg o.T., findet man Gebäude, die schief gewachsen zu sein scheinen.

Dass das hier aus Nördlingen stammt, wusste ich nicht.

Deutlich ist unter deiner oberen Linie eine Verkrümmung zu sehen.

Möglicherweise ist diese darauf zurückzuführen, dass man irgendann aufstocken musste. Bauholz war auch damals teuer, man nahm, was von Güte war, und/oder man musste nach einem partiellen Brand nachbessern, und es war unter Umständen Eile geboten. Im Stockwerk über deinem oberen roten Strich ist der Bau wieder halbwegs in Waage.

Weshalb der Ursprungsposter ein so verzerrtes Bild hier einlieferte, wird er, interessenhalber, beantworten müssen.

Ah, das Szenario hatte ich nicht in Erwägung gezogen.

hi,

super, wie das stimmt…


deine Linie verläuft schräg zu den Fenstern.

Da kannst du die Bilder genau ansehen und nochmal erläutern, wo was verzerrt sein soll.
https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Paradiesgasse_4a,_4b,4c(N%C3%B6rdlingen)

grüße
lipi

Hier nochmal das Haus, seitenrichtig. Das Haus steht an einem leichten Anstieg, zu dem der erste Querbalken parallel liegt. Nur die Fenstereihe parterre (mit den grünen Fensterläden) ist horizontal. Die Fenster der oberen Etagen sind alle gegeneinander versetzt.

Hier das Haus von der Seite

Gruß
Metapher

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Edith sagt der Link is Müll.
Daher den Link nochmal in richtig: Paradiesgasse_4

Und nochmal:

Das gepostete Bild ist nicht verzerrt, das von Google Street View bekanntermaßen schon.
Mit deiner Logik könntest du genauso gut die oberen Ecke einer Treppe durch eine Linie verbinden, die Unterecken einer Treppe durch eine zweite Linie verbinden, und daraus folgern, dass die Treppe gar keine ist (also waagerecht liegt), weil die Linien parallel sind.

Du meinst, alles war ursprunglich gerade und unten ist gar keine Mauerwerksetage?
Das Haus hat sich gesenkt (einseitig so stark?), danach ist das Mauerwerk aufgetragen und die Fenster wieder waagerecht neu eingebaut worden?

Fachwerkhäuser wurden zunächst komplett aus den Balken zusammengezimmert.
Danach kam die Ausfachung hinein. Da Holz bekanntlich arbeitet musste diese Ausfachung ebenfalls etwas flexibel sein. Man konnte also schlecht stabiles Mauerwerk nehmen wie das heute oft fälschlicherweise gemacht wird.
Es gibt zwar auch Häuser mit einem stabilen (Feldstein)Sockel, oft wurde der aber auch nachträglich untergebaut weil die meisten Balken zu sehr geschädigt waren. Nun kann man aber unter eine krumme obere Etage kein gerades Erdgeschoss drunter bauen.
Fenster waren früher auch viel kleiner so dass man annehmen kann, dass die auch später neu eingesetzt wurden.

ja und zwar je nach Region wurde dies auch ziemlich oft gemacht. Dieser Bautyp nennt sich

Hallo,
Du nimmst an, das Haus wurde so etwa gebaut wie es heute da steht. Kann auch anders sein, dass dort ein kleines Haus stand, und vieles dran und drueber gebaut wurde. Im Bild sieht man die Steine abgesenkt, vielleicht hat das Fundament sich gesenkt (oder wurde mal wie an der Ahr) unterspuelt. Wenn es ein frueheres kleineren Haus gab, dann links im Bild, mit schwachem Fundament.
Der unterste Balken auf Stein war auch regelmaessig weggefault, sprich es wurde repariert mit Neubalken. Dabei kann man schwer ein Haus anheben, einfacher gehts, Steine stueckweise abtragen und Balkenstuecke einsetzen.
Unten im Stein sind die Fenster waagerecht, weil es kein Problem ist, mal Steine stueckweise zu ersetzen und anmutig neue Fenster zu arrangieren. Oben im Fachwerk haben die Fenster unterschiedliche Hoehen, dort ist es schwieriger, Balken rauszunehmen , gerade in einem schon schraegen Haus. Vermutlich sind die Boeden der einzelnen Zimmer auch unterschiedlich hoch, also von Raum zu Raum nach rechts Stufe hoch.
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Gruss Helmut

Es wäre sicherlich sehr interessant zu sehen, wie die Räume (vor allem die Böden) von innen ausschauen. Und wie die Möbel dort stehen …

Bei so alten Häusern ist dass mitunter der Fall, dass der Boden ein Gefälle hatte, weil ja damals die Fenster bei weitem nicht so dicht waren, wie heute.und es bei Schlagregen durchaus hineingeregnet hat.

oh war da mal in ein schiefen Raum, eines alten Fachwerkhauses. Da war vorgegeben wo das Sofa und wo der Schrank stehen musste. Denn sonst gingen die Schranktüren immer von selber zu wenn man was raus hohlen wollte. auf den Sofa kippte man immer nach vorne. also Plätze Tauschen, Türen gingen dann von selbst auf und auf den Sofa war man dann nach hinten zur Lehne hin gekippt.

ja der Schrank musste abschließbar sein.