Servus Kathleen,
die Schiene ist kein Gegenstand, den man kauft, und der als Gegenstand seinen Preis hat, sondern sie ist ein Hilfsmittel zur Erreichung eines therapeutischen Ziels. Wenn Du jedes Jahr 200-300 Euro ausgeben mußt, weil Du die Schiene durchgeknirscht hast, ist offensichtlich das Ziel - nicht mehr zu knirschen - nicht erreicht worden. Es gibt auch bei www einen thread, der sich mit Aufbisschienen befasst.
Du bist halt jetzt an einen Zahnarzt geraten, der einer bestimmten Schule (oder Glaubensrichtung) angehört. Diese Schule geht davon aus, daß nur mit höchst genauen (und damit aufwändigen) Messungen und Relationsbestimmungen eine Ausgangsbasis für die Therapie gefunden werden kann. Etliche unserer Fortbildungsgurus haben uns auch nichts anderes glauben lassen.
Andere stecken den PatientInnen ein wassergefülltes Kunststoffpolster zwischen die Zahnreihen (Aqualizer), ermitteln mit dessen Hilfe störende Punkte auf den Zähnen (oder dem Zahnersatz) und schleifen diese weg.
Dies sind nur zwei von vielen ‚Philosophien‘ im Bereich der Cranio-mandibulären-Dysfunktionen. Wenn es viele Wege nach Rom gibt, heißt das meistens - so auch hier - daß die alle Gegenargumente erschlagende Evidenz für einen bestimmten Weg nicht gefunden ist. Bis dahin haben alle Behandler (und ihre Therapien) mehr oder minder recht.
Was kannst Du tun?
Du kannst den Behandler B. fragen, warum er einen anderen, noch dazu teureren Weg als Behandler A. gehen will. Er wird Dir sagen, daß ER nur auf diesem Weg zm Ziel kommen kann. Das stimmt dann wahrscheinlich auch.
Du kannst eine Universitätsklinik aufsuchen. Dort erhältst Du kompetente Beratung und bleibst ohne den nagenden Verdacht, daß da jemand Gewinnoptimierung betreibt.
Du kannst Ursachentherapie betreiben. Das bedeutet, daß Du den psychischen Aspekt des Knirschens angehen müsstest. Die Fragen „Knirsche ich tatsächlich? Wenn ja, wann? Woran merke ich, daß ich knirsche? Fallen mir eigene Strategien zur Vermeidung des Knirschens ein? Habe ich noch andere Symptome von Distress?“ warten auf Antwort.
Wenn man ein Profil (ja, wie in ‚Profiler‘!) der/s typischen Knirscherschienenträgers/trägerin aufstellen soll, sieht das nach meiner Erfahrung so aus:
weiblich, zwischen 14 und 40, eher intravertiert, resigniert, wenn es um die Frage nach beruflichem/persönlichen Stress geht. Trägt die Schiene brav und gläubig. Wenig Sport, wenn Sport, dann nicht aus Bedürfnis, sondern aus Pflichtbewußtsein. Seit Jahren Verspannungen im Nacken/Schulterbereich - deswegen auch in physiotherapeutischer Betreuung. Wenn älter als 45 - schon mindestens einmal in Kur gewesen.
In solchen Fällen ‚behandelt‘ eine Knirscherschiene nur EIN Symptom. Das heißt nicht, daß die Schiene dann kontraindiziert wäre. Etliche PatientInnen sind mit all ihren Symptomen UND der Betreuungssituation, die die Schienentherapie mit sich bringt, im Gleichgewicht. Wenn das so ist, ist es IMO auch 1300 Euro wert.
Du merkst, daß die Schiene selbst nicht so wichtig ist? Die Umstände, die Dich knirschen lassen, können es aber sein.
Für die zahnmedizinisch/wissenschaftliche Seite kann ich Dir eine Website anbieten, die schwierig und fachlich anspruchsvoll ist. Du wirst den Text ziemlich sicher nicht zu Ende lesen, aber sie kann Dir zeigen, daß beide therapeutischen Ansätze, die Du kennengelernt hast möglich und legitim sind:
http://www.dental.uni-greifswald.de/ abteilung/kons/pdf/schienenskript.pdf
Danach bist Du jedenfalls auf Deinem Weg zur ‚Allround-Dilettantin‘ ein langes Stück weiter gegangen
Alles Gute dazu
Kai
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