Guten Tag!
Aber so funktioniert Massendemokratie nun mal - und zwar
grundsätzlich.
Das ist mir zu lapidar.
Ok, das ist lapidar, aber dann musst DU herausarbeiten, was so besonders bei diesem Fall Guttenberg sein soll.
Ich behaupte, bei diesem Fall funktionieren die Medien nicht WESENTLICH anders als sonst.
Egal ob
Guttenberg oder DSDS, man überhöht eigentlich banale Dinge
(Vorsingen oder in der Dissertation fehlerhaft zitieren) und
achtet nicht mehr darauf, dass hinter allem fühlende Menschen
stehen und die Sachlage gar nicht mehr zu dem Hype passt, der
darum gemacht wird.
Und das soll neu sein?
Vielleicht solltest du mal dieses Buch lesen, das die zahllosen Politiker-Rücktritte seit Gründung der BRD beleuchtet:
http://www.ruecktritte.de/inhaltsverzeichnis.htm
Da findest du viel unwichtigere und banalere Anlässe als die Vorwürfe gegen Guttenberg (bei denen es im übrigen nicht ums Falsch-Zitieren geht, sondern um nichts anderes als Betrug; Falsch-Zitieren ist nur Guttenbergs verharmlosende Ausrede, die nicht lang standhalten wird können)
Eigentlich ist im Falle Guttenberg alles klar: man hat
fehlerhafte Zitate gefunden, die Uni prüft, es gibt ein
Ergebnis mit Konsequenzen. Damit wäre es erledigt. Ein
Dreizeiler würde reichen um die Sache zu berichten.
Das ist halt deine Einschätzung.
Meine ist es nicht.
Ich finde es schon mehr als drei Zeilen Berichterstattung wert, wenn sich der Minister und prädestinierte Kanzlerkandidat Guttenberg zunehmend als das enthüllt, als das ihn seine Kritiker (übrigens zuerst die innerparteilichen) von Anfang an sahen: als aalglatte Mogelpackung.
Da muss man differenzieren. Politische Feinde (oder
meinetwegen auch Parteifreunde, deren Karriere er im Weg ist)
haben natürlich ein Interesse am Rausmobben eines unbequemen
Kollegen. Medien haben ein Interesse an der Schlagzeile.
Ich sehe da weniger den großen Schattenmann im Hintergrund
Hier sind wir offenbar völlig gleicher Meinung.
Ich wüsste aber auch nicht, was an den Umständen der
Aufdeckung so wichtig sein soll, da es doch prinzipiell jeder
hätte aufdecken können. Da ist ja nichts geheimnisvolles dran.
Man verkauft die Leute für blöd. Hätte ein Prof sich die
Dissertation während der Arbeitszeit aus beruflichem Interesse
vorgenommen oder meinetwegen auch im Auftrag von irgendwem,
der diese Arbeit mal gerne überprüft sähe, wäre das in
Ordnung.
War der Auftrag nicht der, für eine Zeitschrift eine Rezension über Guttenbergs Disseration zu schreiben?
Abgesehen davon hat ein Juraprofessor keine feste Arbeitszeit.
Es ist absolut nichts ungewöhnliches, dass er Samstag abends berufsrelevante Literatur liest und dazu ein Glas Rotwein trinkt.
Das einzige, was ich ihm nicht abnehme ist, dass er zufällig und per Google auf die Plagiatsstellen gestoßen ist. Er wird halt entsprechende Software dafür benutzt haben.
Aber was ändert das denn?
er veröffentlicht es nicht
in der Fachliteratur - nein, es wird sogleich der Presse
zugespielt…
Hätten wir doch alle so gemacht.
Das steigert seinen Bekanntheitsgrad, und es steigert die Verkaufszahlen der Zeitschrift.
Worin siehst du das Verwunderliche?
Der Jemand ist dann auch noch ein sehr junger
Professor, der seinen Namen mit dieser Nummer bekannt macht
und der eine auffällige Nähe zum politischen Gegner hat.
Mei, ich bin CSU-Mitglied.
Ich hätte es nicht anders gemacht als Fischer-Lescano.
Ich bin sicher, es gibt kaum eine Dissertation einer
prominenten politischen Person, die nicht auf Bedenkliches hin
untersucht worden wäre.
Untersucher oder Auftraggeber werden dabei regelmäßig
diejenigen gewesen, die nach Dreck am Stecken suchen.
Natürlich.
Es ist doch die Daseinsberechtigung von Opposition und kritischem Journalismus, nach „Dreck am Stecken“ zu suchen.
Solange dabei gewisse Grenzen des Privaten gewahrt bleiben, finde ich das nicht verwerflich.
Aber wozu dient diese mediale Inszenierung? Malermeister
Hanswurst ist, bei allem Respekt, kein Schiedsrichter, der
sich ein Urteil über eine wissenschaftliche Dissertation
erlauben kann. Und das Tool ist ja auch nicht für jede
Dissertation greifbar, sondern man stellt speziell Guttenbergs
Werk zur Disposition. Jeder ist eingeladen den Denunzianten zu
spielen. Ich hatte eigentlich gehofft, dass man in 70 Jahren
dazugelernt hätte. Aber es scheint wieder salonfähig zu werden
Leute an den Pranger zu stellen.
Ich finde das eine absurde Fehleinschätzung von deiner Seite.
In einem VERÖFFENTLICHTEM Buch nach Plagiatsstellen zu suchen und diese öffentlich zu nennen, das hat nichts, aber auch gar nichts mit dem Pranger zu tun.
Es geht hier doch nicht um Guttenbergs Privatleben, oder um Interna der Universität Bayreuth.
Na wie gesagt, ich habe da kein einfaches, eindimensionales
Weltbild von einem kleinen Zirkel an Verschwörern, sondern
sehe divere Interessenvertreter, die aus unterschiedlichen
Motivationen heraus agieren und ihre Kräfte jetzt bündeln.
Wahrscheinlich nicht mal bewusst und in gegenseitiger
Absprache, sondern im Rahmen einer unausgesprochenen Allianz,
von der jeder auf seine Weise profitiert.
Das entspricht auch meiner Sicht.
Ach so… Der Beschuss selber lag in Jungs Zeiten und du
meinst jetzt die Kritik am damaligen Informationsfluß seitens
Guttenberg.
Genau das ist ein sehr gutes Beispiel: da wird ein
relativ kleiner, harmloser Aspekt zu einem Skandal eskaliert
Ich empfinde Guttenbergs Umgang mit den Personen Schneiderhan und Wichert, allgemein: seine Strategie des Bauernopfers, alles andere als einen „harmlosen Aspekt“, sondern als einen Skandal, der von den Medien eher kleingeredet denn aufgebauscht wurde.
So unterscheiden sich halt die Sichtweisen.
Von den Medien und ihren Inszenierungen beeinflusst sind wir beide gleichermaßen.
Dass der Afghanistan-Krieg und seine Lügen selbst viel zu wenig diskutiert wird, da gebe ich dir uneingeschränkt recht.
E.T.