Schulsprache in der deutschspr. Schweiz

Hallo.

Bei Tv-Sendungen aus der Schweiz (3sat) ist mir öfter mal aufgefallen, dass da fast alle Leute, auch „Offizielle“ Schweizer Deutsch sprechen.

Was lernen die eigentlich in der Schule?
Wenn es Hochdeutsch ist, wie ich annehme, warum sprechen sie es dann nicht bei offiziellen Anlässen?

Können sie es nicht?

Ich meine Bayern und Friesen können das doch auch und tun es für gewöhnlich.

Gruß, Nemo.

Ah, nun,
im amerikanischen Fernsehen sprechen sie amerikanisches Englisch, im britischen Fernsehen britisches Englisch, im irischen Fernsehen irisches Englisch (soll ich weitermachen?)…

…im deutschen Fernsehen: Deutsch

…im schweizerischen Fernsehen: Schweizerisch.

Hochdeutsch mag vielleicht in Deutschland das Maß aller Dinge sein, sicherlich aber nicht in der Schweiz oder in Österreich.

(Und auf den regionalen Sendern wirst Du übrigens auch in Deutschland etwas anderes als Hochdeutsch hören.)

gruss, isabel

Hochdeutsch mag vielleicht in Deutschland das Maß aller Dinge
sein, sicherlich aber nicht in der Schweiz oder in Österreich.

Hallo Isabel,

ich wollt’s ja nur wissen. Von mir aus können die Schweizer reden, wie sie wollen.

Übrigens sprechen Österreicher, zumindest im Fernsehen, sehr wohl deutsch, die Sendungen müssen nicht untertitelt werden.

(Und auf den regionalen Sendern wirst Du übrigens auch in
Deutschland etwas anderes als Hochdeutsch hören.)

Das stimmt so pauschal nicht. (Leider!)

Gruß, Nemo.

Hallo Nemo,
die offizielle Sprache ist Deutsch – klar, mit eingefärbtem Dialekt, Parkieren statt Parken und grillieren statt Grillen. Selbst in Schulen findet der Unterricht in D statt.
Im Moment gibt es einen Krieg innerhalb der Kantone und das fängt schon beim Kindergarten an:
http://www.blick.ch/news/politik/faellt-am-sonntag-m…
Hier einen kleine Auszug aus dem Artikel:
Nach dem miserablen Abschneiden der Schweizer Schüler in der Disziplin Lesen bei der Pisa-Studie vor elf Jahren wurde vielerorts Hochdeutsch als Standardsprache im Kindergarten eingeführt.
Um zu verfolgen wie das enden wird, empfehle ich dir die Lektüre von:
http://bazonline.ch/
Schönen Gruß
Claude
*der in der Schweiz zur Schule ging*

Moin,

Übrigens sprechen Österreicher, zumindest im Fernsehen, sehr
wohl deutsch, die Sendungen müssen nicht untertitelt werden.

naja, es werden doch schon einige recht spezielle Worte und Floskeln verwendet, die ösispezifisch sind.
Fiehl mir letztens wieder auf, als wir (meine Jungs und ich) auf 3sat die österreichichen Nachrichten schauten. Da gabs den Kukurutz und den Paradeiser, die Matura und vieles mehr, was meinen Jungs gar völlig unverständlich war. Da wären Untertitel doch schon hilfreich gewesen :wink:

Gandalf

Hallo Nemo

Bei Tv-Sendungen aus der Schweiz (3sat) ist mir öfter mal
aufgefallen, dass da fast alle Leute, auch „Offizielle“
Schweizer Deutsch sprechen.

Schweizer Sendung = für Schweizer Publikum = Schweizer Deutsch, es sei denn es ginge um Nachrichten oder andere Info- und Dokusendungen. Selbst dann wirst Du, auch wenn Hochdeutsch gesprochen wird, womöglich einen Unterschied zu Deiner eigenen Aussprache feststellen können.

Was lernen die eigentlich in der Schule?

Nichts. Wir Schweizer sind und bleiben, wie man ja weiss, strohdumm.

Wenn es Hochdeutsch ist, wie ich annehme, warum sprechen sie
es dann nicht bei offiziellen Anlässen?

Können sie es nicht?

Wie oben erwähnt, gibt es durchaus Anlässe, bei denen Hochdeutsch gesprochen wird, doch wir sind Schweizer und sprechen unsere Dialekte - da klänge es in unseren Ohren sehr gekünstelt, wenn plötzlich Hochdeutsch gesprochen wurde.

Eine der wenigen Identitätskriterien für Deutschschweizer ist ihr Dialekt, der, im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, niemals die soziale, sondern ausschliesslich die geografische Herkunft anzeigt. Dialekt ist in der Schweiz kein Zeichen von tiefem sozialen Status, sondern Ausdruck der eigenen Identität und Individualität.

Natürlich könnten die meisten Schweizer die hochdeutsche Aussprache bestens imitieren, doch sie tun es ganz bewusst nicht und in Kindergärten und Primarschulen werden Kinder auch nicht ermutigt, sich diese Sprechweise anzueignen.

Dieses Verhalten ist tief verwurzelt und lässt sich so begründen, dass wir kein National-, sondern ein Vielvölkerstaat, also eine reine Willensnation sind. Wir sind nicht in erster Linie alle Schweizer, sondern eben vor allem keine Deutsche oder Österreicher (Deutschschweizer), keine Italiener (Tessiner und Bündner) und keine Franzosen (Welsche / Romands). Wenn zum Teil auch unbewusst, ist es des Schweizers grösste Angst, als Teil dieser anderen Kultur, der wir uns eben nicht zugehörig fühlen, wahrgenommen zu werden.

Aus diesem Grund grenzen sich Deutschschweizer von Kindesbeinen an durch ihre Sprache ab. Eine Frage, so wie Du sie hier stellst, wird als ungeheuer deutsch und arrogant verstanden - als ob unsere eigene Variante die deutschen Sprache zu nutzen nicht die gleiche Daseinsberechtigung hätte wie die eure. Im Einheitsbrei zu enden ist unsere grösste Angst, weshalb die Schweizer sich nach wie vor mit Händen und Füssen gegen einen Beitritt zur EU wehren.

Ich meine Bayern und Friesen können das doch auch und tun es
für gewöhnlich.

Das sind beides Beispiele aus Deutschland und zeigt, dass Du die Schweizer offensichtlich als genau das betrachtest, wogegen sich diese so auflehnen: wir sind keine Deutsche und wollen auch nicht lediglich als etwas exzentrischer Abklatsch und südlicher Ableger derer wahrgenommen werden.

Gruss,

S.

Deutschschweiz - Diglossie oder Bilingualismus?
Die Sache mit den Schweizern wird es immer schlimmer werden. Sie lernen hochdeutsch in der Schule, sprechen aber Schweizerisch (eine vollkommen andere Sprache) außerhalb. Holländisch liegt näher an hochdeutsch als Schweizerisch.
http://de.wikipedia.org/wiki/Diglossie#Deutschschwei…

Hallo Nmo,

Ich meine Bayern und Friesen können das doch auch und tun es
für gewöhnlich.

das halte ich für ein Gerücht, besonders was die Erstgenannten angeht.

Gruß

=^…^=
*hatkeineproblememitschwyzerdütsch*

Hallo,

Bei Tv-Sendungen aus der Schweiz (3sat) ist mir öfter mal
aufgefallen, dass da fast alle Leute, auch „Offizielle“
Schweizer Deutsch sprechen.:

und nicht nur die Schweizer tun das.

Das Schweizer Fernsehen ist genaugenommen ein Regionalsender des deutschsprachigen Fernsehens.

Und so wie die Friesen in N3 platt reden, die Sachsen im MDR3 sächseln, die Bayern in BR3 boarisch redn, die Hessen im HR3 babbeln und die Schwaben im SWR3 schwäbisch schwätza, so reden die Schweizer in diesem Sender eben Schwyzerdütsch.

Nun gehört die Schweiz aber nicht zu Deutschland, sondern ist aus historischen Gründen ein selbständiger Staat und so ist dieser „Regionalsender“ eben ein Staatssender.

Können sie es nicht?:

ich fürchte fast, dass das wirklich so ist, aber…

Ich meine Bayern und Friesen können das doch auch und tun es
für gewöhnlich.:

…man hört es ihnen an, wenn sie den Versuch wagen, hochdeutsch zu reden.
Es gibt nichts Schlimmeres als einen Schwaben, der krampfhaft versucht, die hochdeutsche Sprache zu imitieren.

Wir können nämlich alles, außer hochdeutsch.

Übrigens gut, dass die Frage im Fremdsprachenbrett steht und nicht im Dialektbrett, denn Schwyzerdütsch ist von Hochdeutsch so weit entfernt wie Niederländisch.
Das eine hat es geschafft, als eigene Sprache anerkannt zu werden, während das Andere über den Status eines Dialekts nicht hinauskommt.

Gruß
Lawrence

Moin,

Ich meine Bayern und Friesen können das doch auch und tun es
für gewöhnlich.

wenn sie beide sich bemühen ‚Hochdeutsch‘ zu sprechen.
Ein Plattdeutsch sprechender Friese und ein Bayerisch sprechender Bayer werden sich ganz sicher nicht verstehen!
Das hab ich regelmäßig erlebt, wenn ein Nichtrheinländer bei uns Bahnhof verstand, wenn ich von Puute sprach (kleine Kinder) oder von Wiemele (Johannisbeeren) oder ich jemanden aufforderte ‚zau disch jet‘, was das bedeutet möchte ich Dich selber herausfinden lassen :wink:

Hochdeutsch ist nun mal eine Fremdsprache :wink:

Gandalf

Soviel Antworten!

Zunächst mal, es war mir schon bewusst, dass meine Frage, speziell für einen Schweizer, etwas arrogant und hochmütig klingen musste.

Ich war nur zu faul, sie umzuformulieren und ich war auch auf die Reaktionen gespannt.

Es ist bei den Schweizern also doch so etwas wie Nationalstolz.
Damit laufen sie aber, meiner Meinung nach, Gefahr, in Zukunft eine Sprache zu haben, die ähnlich dem Englischen, ganz anders geschrieben als gesprochen wird.

Noch ein paar kurze Bemerkungen:

Ich halte politisch gesehen, die (deutschsprachigen) Schweizer, wie auch die Österreicher nicht für „verkappte“ Deutsche.

Menschlich gesehen, halte ich sie für Leute, die mit mir die Sprache gemeinsam haben. Gemeinsame Sprache verbindet.
Angesichts der Geschichte im, bis vor kurzem, politisch zerrissenen Europa sollte man sich bemühen, keine Barrieren aufzubauen, wo keine sind. Aber das ist auch nur meine Meinung.

Wer das, was im bayerischen Fernsehen gesprochen wird, für bayerisch hält, beweist nur, dass er keine Ahnung hat. Der Norddeutsche versteht davon in der Regel kein Wort. (Möglich, dass ich da, auch bei anderen Regionalsendern, grad nicht auf dem Laufenden bin.)

Meine Ex wurde im Urlaub mal von einem Altbayern angebalzt, ich musste, wie ein richtiger Dolmetscher, tatsächlich jeden Satz übersetzen. Ihre hochdeutschen Antworten verstand der Hallodri allerdings ganz genau, zum Glück, denn sprechen kann ich’s nicht, nur verstehen.

Der (neuen) Hübschen ging es ähnlich, die mokiert sich heute noch darüber, dass sie von dem ganzen balzenden Redeschwall eines Skilehrers, nur ein einziges Wort verstanden hat, nämlich Hirrrsch.

Generell wäre es mir lieber, wenn im Fernsehen Fremdsprachen oder Dialekte nur untertitelt statt akustisch übersetzt würden, hat doch jede Sprache für mich einen eigenen und auch schönen Klang.

Also, ein herzliches Danke, an alle die sich die Mühe gemacht haben.

Gruß, Nemo.

Hallo Gandalf.

aufforderte ‚zau disch jet‘, was das bedeutet möchte ich Dich
selber herausfinden lassen :wink:

Ohne Zusammenhang ist das natürlich schwer. Ich vermute, dass es sinngemäß dem „mach voran“ des Ruhrgebiets entspricht.
Wo die Umgangssprache wahrscheinlich, wegen der vielen Zuwanderungen, dem Hochdeutschen noch am Nächsten kommt.

Hochdeutsch ist nun mal eine Fremdsprache :wink:

Zweifelsohne!

Gruß, Nemo.

Hallo, Silberrücken.

Vor vielen Jahren hatte ich einen Briefaustausch mit einem deutschschweizer Lehrer der Grundstufe.

Der sagte, die Kinder lernen da Schriftdeutsch wie eine Fremdsprache.

Als Hochsprache wird gemeinhin das bezeichnet, was der als Standard festgelegten Schriftsprache am nächsten kommt. Das ist im Deutschen das Sächsisch.

Was hier mit Sächsisch gemeint ist, ist nicht das, was in Sachsen gesprochen wird. In Sachsen spricht man thüringische und meißnische Mundart, des Weiteren Lausitzer , Erzgebirgs- und Vogtlandmundarten, wobei Letztere dem Fränkischen näher stehen als den mitteldeutschen Mundarten.

Jetzt bin ich wieder abgeschwiffen.

Schöne Grüße

To.i
Veteran der 2. Germanischen Lautverschiebung

Da gabs den
Kukurutz und den Paradeiser, die Matura

Diese Begriffe drauf zu haben, ist irgendwie aber auch Allgemeinbildung.

Bei den Österreichern haben eben auch die Czechen und Madyaren, sowie die Türken ihre Spuren hinterlassen.

Und so wie die Friesen in N3 platt reden, die Sachsen im MDR3
sächseln,

Moin,

in Sachsen gibt es, Mundarten betreffend eine mannigfache Vielfalt.

Und nicht eine davon ist echtes Sächsisch. :smile:

Hallo,

Und da achten manche auch sehr darauf, dass die Tomaten-Paradeiser - Grenzen dicht bleiben! Und unsere Erdäpfel sind östlich der Ennsgrenze Kulturgut.

Natürlich ist der Einfluß von Synchrontexten im Kino und TV stets da, und das in meiner Jugend exotische Tschüs mittlerweile alltäglich, Zweisprachigkeit:wink:nützt immer!

Es grüßt

Der Daimio

Hallo Lawrence,

Das Schweizer Fernsehen ist genaugenommen ein Regionalsender
des deutschsprachigen Fernsehens.

Lass das um Himmels Willen keinen Schweizer / keine Schweizerin lesen.

Gruss,

S.

Hallo Nemo,

Es ist bei den Schweizern also doch so etwas wie
Nationalstolz.
Damit laufen sie aber, meiner Meinung nach, Gefahr, in Zukunft
eine Sprache zu haben, die ähnlich dem Englischen, ganz anders
geschrieben als gesprochen wird.

Klar, wir haben ja sonst nicht, wodurch wir uns identifizieren bzw. abgrenzen könnten - so oder so ähnlich könnte der Urgedanke heissen. Interessant ist, dass in diesem Zusammenhang Forscher und Laien zugleich immer wieder den Untergang oder die Verselbstständigung der Schweizer Dialekte prophezeien - für beides gibt es allerdings bisher keinerlei Indizien, aus diversen Gründen.
Geschrieben wird übrigens fleissig seit 10 - 20 Jahren, was ein ganz neues Phänomen ist. Schweizerdeutsch galt als unschreibbar, doch die neuen Medien (Handy, Email, etc.) haben diese Einstellung verändert. Jugendliche schreiben ganz natürlich in ihrem eigenen Dialekt, das funktioniert wunderbar. Das Dialektschreiben gilt als modisch, jugendlich und „in“.

Gruss,

S.

Hallo Semiramis,

der Zündstoff in der Aussage ist mir durchaus bekannt.

Aber ich schrieb ja extra deutschsprachig und nicht deutsch.

Selbstverständlich sind die Schweizer ein voll souveränes Volk mit eigenen Fernsehanstalten und keiner hat ein Interesse daran, das zu ändern.

Gruß
Lawrence

Hi :wink:

Vieles wurde schon gesagt, ich finde es in Ordnung, wenn z.B. auf Stufe Kindergarten Schweizerdeutsch gesprochen wird, alles andere ist daneben. Auch in der Primar/Realschule, sagen wir mal bis zur 4. Klasse (also 11 Jahre) sollten die Kinder ebenfalls Schweizerdeutsch sprechen, je nach Fach natürlich :wink:

Ich war einige Jahre in einer Primarschulkommission (1. bis 6. Klasse), das ist so eine Laienkommission, welche die Funktion eines Aufsichtsgremium über die Schule inne hat. Was dort äusserst erschreckend und beunruhigend war, ist, dass rund 2/3 der Erstklässler praktisch kein Deutsch sprechen, egal ob Hochdeutsch oder Schweizerdeutsch, der Unterricht kann unter diesen Voraussetzungen eher schlecht als recht im normalen Rahmen geführt werden.

Wir Schweizer sprechen sowieso a priori ein „Bauernhochdeutsch“, mit gerolltem R und so, viel schlimmer finde ich bei den Jungen aber dieser furchtbare Balkanslang, grässlich anzuhören, einfach nur schlimm sowas.

Ach ja, sag niemals einem Basler und einem Zürcher sie sprechen beide Schweizerdeutsch, die bringen Dich wohl beide gemeinsam um (so hätten die beiden für einmal etwas gemeinsam) … :stuck_out_tongue:

bye

l.