Schulweg 1954
Salve!
Ich ging 1954-1966 in die Schule. Die 1.-8. Klasse konnte ich in meinem Dorf besuchen, denn wir hatten eine vollausgebaute, einzügige Grundschule (~150 Schüler). Die Grundschule war keine 200 Meter entfernt und toll auf Schleichwegen zu erreichen, ohne in die Nähe einer Dorfstraße oder Landstraße zu kommen.
1959 vollzog sich in der Schule die Reform in eine einzügige POS (~250 Schüler), so daß 1960 die erste 9. Klasse und 1961 die erste 10. Klasse gebildet werden konnte. Ich hatte demzufolge die Möglichkeit, für die 9. und 10. Klasse zu bleiben. Aber ich wechselte nach der 8. Klasse von der POS auf die höhere Lehranstalt EOS. Die EOS befand sich in der nahegelegenen Kreisstadt, Entfernung 7 Kilometer, war zweizügig und umfaßte die 9.-12. Klasse (~190 Schüler). Der Betrieb, in dem ich die gleichzeitig stattfindende Berufsausbildung absolvierte, lag ebenfalls gut zu erreichen zum Stadtrand hin in meine Richtung.
Meistens nahm ich das Fahrrad und erreichte die Schule nach gemütlichen 25 Minuten durch Landschaft und ruhige Stadtviertel. Da man in der DDR mit 15 Mopedfahren durfte (auch schon mit 14, wenn die Eltern es erlaubten), bin ich, wenn mich die Faulheit ereilte, des öfteren mit meiner KR50 in die Schule geheizt. Im Sommer hatte das Moped einen großen Vorteil, da man als EOS-Schüler der 9. Klasse spät nachmittags die hübschen Mädchen aus den Zehnklassenschulen mit zum See nehmen konnte.
Auf dem Fahrrad ist das immer ein Gemähre gewesen und wehe der Volkspolizist erwischte einen. Mitnehmen auf dem Gepäckträger oder auf dem Schoß wurde nicht gerne gesehen. 
Im Winter nahm ich üblicherweise den Bus (es fuhr ein Ikarus 55), und der brauchte etwa 15 bis 20 Minuten bei geräumten Straßen.
1966: Reifezeugnis + Facharbeiterbrief, anschließend 9 Monate NVA. Dort konnte ich leider nicht mehr mit dem Fahrrad hin. 
Mein gegenwärtiger Schulweg in die Uni dauert 10 Minuten auf meiner Schwalbe. 
Nebenbei:
Der Kindergarten damals lag hochzus im Dorf, reichlich 1 Kilometer entfernt. In der kleinen Gruppe (3jährige Kinder) wurde ich vom Vati oder von der Mutti spätestens um 7 gebracht und zwischen dreiviertel 5 und viertel 6 wieder geholt. In der mittleren Gruppe (4jährige Kinder) gingen wir am Ende des Tages selbständig nach Hause. In der großen Gruppe (5jährige) gingen wir mehrmals die Woche (2 oder 3 Tage von 5) früh unbegleitet in den Kindergarten.
Heutzutage dagegen ist das völlig meschugge. Die Eltern sind rundrum bescheuert und die Kinder sehr unbeholfen erzogen. Die Eltern bringen und holen ihre Kinder mit dem Auto, sogar bei strahlendem Sonnenschein oder wenn der Schulweg wenige hundert Meter ausmacht. Busfahrzeiten werden nicht eingehalten. Die Erzieher stehen mit den Buskindern an der Haltestelle und kurz vor dem Eintreffen des Busses tauchen trotzdem Eltern auf, um ihr Kind doch zu holen. Ohne Mitteilung, völlig willkürlich, Hauptsache Unruhe verbreiten, Aufriß machen. Die Kinder können überhaupt keinen ruhigen, festen Tagesablauf lernen, denn die Alten machen das Treiben verrückt.
Den Weg in den Kindergarten und zur Schule in zunehmendem Alter ohne Hilfe und krankhafter, mütterlicher Vollumsorgung zu bestreiten, ist wichtig für die frühzeitige Entwicklung der Kinder zur Selbständigkeit.
Grüße
reinerlein