Hallo,
diese Auffassung ist mir durchaus bekannt. Allerdings habe ich damit ein ganz massives Problem: Warum sollte ich es vermeiden wollen, dass meine Kinder Geschmack an einem Genussmittel entwickeln, welches vernünftig genossen unproblematisch ist?
Das sind so diese klassischen Überreaktionen, mit denen ich nichts anzufangen weiß. Denn damit kommt man geradewegs in die Schiene der totalen Verbote, die dann den Reiz des Verbotenen ausmachen.
Um es mal an eigener Biographie festzumachen: Bei uns gab es nie Alkohol im Haus, sondern nur Wein, Bier, Cognac, … Ich kenne es gar nicht anders, als dass mein Vater mit meiner Mutter zum Feierabend einen Cognac und zum Abendessen Wein, seltener auch mal ein Bier getrunken haben. Zu diversen Anlässen gab es eine Flasche Sekt, wenn man ins Restaurant ging, wurde Wein getrunken, … Also eine ganz böse Säuferfamilie, in der es nur etwas nie gab: Übermäßigen Alkoholkonsum mit den entsprechenden Folgen.
Über den Wein in der Sauce zum Sonntagsbraten, die Schwarzwälder Kirschtorte, … wurde nie ernsthaft gesprochen, und wir durften frühzeitig auch mal hier und da nippen, später dann auch mit Freunden das ein oder andere Bier daheim trinken, … Das Ergebnis: Drei Kinder die später dann regelmäßig auf eigene Kosten den sehr ordentlichen Wein für den gemütlichen Sonntagnachmittag mit der Familie vor dem Kamin finanzierten, recht viel über Wein und Spirituosen wissen, und bis heute gerne alkoholischen Genussmitteln in vernünftigem Maße zusprechen, aber nicht mal auf durchschnittliche Jugendsünden im Umgang mit Alkohol verweisen können. Und so war auch der gesamte Freundeskreis gestrickt. Anständig betrunken war da höchst selten mal jemand, von Komasaufexzessen ganz zu schweigen. Trinkerkarrieren Fehlanzeige.
Die hingegen kamen genau bei den Leuten im Umfeld vor, die sich irgendwann heimlich im Wald die erste Flasche eines billigen Fusels an die Kehle setzten und hastig in sich hineinschütteten, was daheim natürlich niemand wissen durfte.
In diesem Sinne koche und backe auch ich gerne mit Wein, … Lasse meinen Kinder an den Gerichten ganz normal ihren Anteil, und trinke auch vor ihnen zusammen mit meiner Frau ein Bier (übrigens im Rahmen der WHO-Empfehlung) oder ein Glas Wein, … Die vorgelebte Normalität eines vernünftigen und nicht ständig kommentierten oder verbotenen Umgangs mit einem Genussmittel scheint mir der bessere Garant dafür zu sein, dass sich auch meine Kinder so entwickeln, wie ich selbst mich entwickelt habe, und eben nicht irgendwann volltrunken von Feigling und Co hinter der Turnhalle gefunden werden.
Gruß vom Wiz