Hallo Alice,
ich finde es toll, dass du das Verhalten deines Sohnes so toll beobachtest und reflektierst.
Als Kigapädagogin kann ich dich beruhigen und dir sagen, dass du dir keine Sorgen machen brauchst.
Viele Kinder sind in den ersten Wochen und Monaten zurückhaltend und beobachten erst mal.
Versetz dich einmal in seine Lage:
Denk zurück, wie es dir zb in deinem ersten Job gegangen ist. Es hat sicher auch einige Zeit gebraucht, bis du dich an Kollegen, den Job selbst, die Umgebung gewöhnt hast. Vermutlich hast du dich auch erst mal an Vorgesetzten orientiert.
Genau das macht dein Sohn auch. Er beobachtet, gewöhnt sich langsam an die anderen Kinder, den damit verbundenen Lärmpegel, den „Trubel“. Er hält sich an die Erwachsenen, wie auch zuhause, denn die geben Halt und Sicherheit.
Es zeugt von einem gesunden Sozialverhalten, denn wäre es nicht merkwürdig, wenn er sich gleich überall dazudrängen würde, als hätte er nie etwas anderes gemacht? Kindern, die das tun, fehlt es oft an Distanzgefühl, und dieses Gefühl ist wichtg. Es war in der Menschheitsgeschichte überlebensnotwendig, nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen. Und stell dir vor, was das heute bedeuten würde - wenn Kinder von Fremden auf Spielplätzen angesprochen werden, etc…
Generell dauert diese Phase der Eingewöhnung und Ablösung oft bis Weihnachten, erst danach würde ich langsam überlegen, wie du ihm helfen kannst. Ich hatte aber auch schon Kindergartenkinder, die das ganze erste Jahr Beobachter blieben, nach den Ferien aber plötzlich den Mut fanden und ihren Platz in der Gemeinschaft fanden.
Oft zeigt sich, dass die Kinder beobachten, wie Forscher. Auch wenn sie nicht mitsingen,… können sie die Lieder, Fingerspiele, Gedichte, Spielregeln,… wie uns Eltern berichten.
Wenn du Rat suchst, wende dich an die gruppenführende PädagogIn, als ausgebildete Fachkraft sollte sie dir ihre Ratschläge nicht nur geben, sondern, wenn du weiterhin unsicher bist auch begründen können.
Du darfst sie alles fragen - denn schließlich hast du ihr ja deinen größten Schatz anvertraut.
Ich bin seit 16 Jahren Kindergartenpädagogin, absolviere gerade ein Montessoridiplomausbildung und habe selbst 2 Kinder (7 und 10).
Auch meine Kinder haben Zeit gebraucht, auch ich war unsicher aber am Ende hatten sie eine wunderschöne zeit im Kindergarten und besuchen ihre Erzieherin und die Kleinen heute noch gerne.
Bezüglich dem Lob, der geforderten Aufmerksamkeit - auch das kenne ich von meiner Jüngsten.
Lob ist nicht verkehrt, solange es in Relation zu dem Geschafften steht. Einmal für eine Aktion zu loben ist genug.
Eine kleine Denkanregung:
Maria Montessori steht dem System Lob und Strafe (was ja das Gegenteil zu Lob darstellt) kritisch gegenüber.
Kinder, die aus eigenem Antrieb handeln, brauchen kein Lob, denn das Produkt der Arbeit (für Montessori ist das Spiel eine Arbeit) ist Lob genug.
Ich hoffe ich konnte dir helfen,
Raffaela