Marcuse war ein - theoretischer - Gegner Reichs
Würde ich so nicht sagen…
(polymorph-pervers vs. genital). Reich kannte Marcuse (dessen
Schriften) wahrscheinlich gar nicht.
…eben weil beide ja zeitlich sich doch wenig berühren. Reich hat seine wesentlichen Schriften ja doch schon VOR dem 3.Reich verfaßt
(„Massenpsychologie und FaSCHISMUS“ usw.). Beide sind zwar -wenn man sie so nennen will - Freudomarxisten (ein Wort, was zu meiner Jugendzeit üblich war, heute wenig im Gebrauch), argumentieren also zunächst aus gleicher Quelle und in gleiche Richtung, aber schon recht verschieden, jeder in seiner Struuktur (womit ich nicht nur die Struktur der Schriften und des politischen Verständnisses meine, sondern auch die Persönlichkeits- oder Charakter-STRUKTUR). Als Gegener würde ich die beiden trotzdem nicht bezeichnen. Ich mag beide, schätze beide, sehe aber bei beiden an unterschiedlichen Stellen eine Art (ich traue es mich kaum auszusprechen, aber dennoch:smile: NAIVITÄT. Dabei ist es viel leichter REICH Naivität zu unterstellen (insbesondere dem späten Reich, es gibt da eine Art geistiger Involution, wie ich finde) als MARCUSE. Ich meine aber auch bei MARCUSE eine Art kindlicher Heilvorstellung zu sehen, was ja auch nicht nur negativ zu werten ist. Beide Männer wirkten auch manchmal kindlich in gewissem Sinne. Reich in seiner Offenheit und zunehmenden Kitsch-Empfänglichkeit, Marcuse in seinem zunehmend idealistischer werdenden Materialismus (bitte nicht wortwörtlich nehmen, sondern als Tendenz verstehen).
So sehr ich den frühen Reich bewundere, so leid tut er mir in seinen späten Jahren, die (trotz vehementer Leugnung seiner Jünger) von Paranoia u.a.m. gekennzeichnet waren. Marcuse ist hingegen noch durchaus in seinen Spätschriften mit Gewinn lesbar. Auch die Interviews mit beiden Männern im Alter unterscheiden sich sehr. Marcuse „blickt immer mehr durch“, Reich offenbar immer weniger.
Ich könnte jetzt noch weiter „schwadronieren“, aber genug is.
Gruß, Branden