Sich etwas trauen

Hallo,

in einem Interview habe ich gelesen: „ich habe mich Sachen getraut, die sich andere nicht getraut hätten“.

Als Nicht-Muttersprachler dachte ich, richtig sei „ich habe mir Sachen getraut“.

Heisst das also, dass das Verb „sicht trauen“ zwei Akkusativ-Objekte haben kann, hier : „mich“ + „Sachen“.

Danke für eure Meinung.

lg

Benoît

1 „Gefällt mir“

So sieht das aus

Klingt grausam

Hi,
wenn du nicht Muttersprachler bist und solche Fragen stellst ziehe ich meinen Hut vor dir. Ich wäre froh in einer gelernten Sprache solch eine Frage formulieren zu können. Alle Achtung!
MfG

Hallo Benoît,

puh, die Antwort wird komplizierter als ich zuerst dachte.

  1. „sich trauen“: „sich“ bzw. in Deinem Satz „mich“ ist in erster Linie ein Reflexivpronomen - ich weiß gar nicht, ob man das als zweites Akkusativ-Objekt zählen kann.
    „Ich traue mir“ gibt der Duden als seltene (lokale) Variante an. Ich empfinde es als falsch.

  2. Normalerweise wird es mit erweitertem Infinitiv gebildet:
    Ich traue mich zu springen.

  3. Der Akkusativ Ich traue mich das geht meiner Meinung nach nur mit so allgemeinen, nicht näher definierten Dingen wie „das“, „Sachen“ u.ä.

  4. Gemeinerweise gibt es noch „jemandem (Dativ) etwas zutrauen“, und das kann auch heißen: „sich (Dativ) etwas zutrauen“.
    Ich habe mir den Sprung zugetraut.
    Wenn man ein Akkusativobjekt hat, verwendet man meist „zutrauen“.

  5. Es gibt noch sich getrauen. Ich bin mir noch uneins, ob das eher mit Akkusativobjekt geht als „sich trauen“.
    Ich traue mich den Sprung. -> klingt falsch
    Ich getraue mich den Sprung. -> könnte gehen (?)

Viele Grüße,

Jule

Es ist ein reflexives Verb, deshalb ‚sich‘

Hallo Valdez,

Danke. Ich habe Deutsch studiert. Deshalb interessiere ich mich für alle grammatischen Besonderheiten der dt. Sprache.

lg

Benoît

OK, aber man sagt „ich wasche MIR die Hände“( Dativ + Akkusativ) und nicht 2mal Akkusativ, anders als bei „Ich traue mich Sachen“.

lg

Benoît

Hallo Jule,

dieser doppelte Akkusativ erinnert mich an: Das kostet mich einen Euro.

Du sagst, die Struktur sei in Ordnung mit einem Komplement wie „Sachen“, „das“ usw.

Könnte man auch sagen
"ich traue mich diese Geste "
"ich traue mich solche Worte nicht

Oder klingt das komisch?

lg

Benoît

Ein interessantes Thema. Ich habe auch schon verschiedene Aussagen gehört,dass hat mich unsicher gemacht,deshalb umgehe ich diese Sprachwahl und drücke mich diesbezüglich anders aus.Ein Satz der noch in diese Kategorie fällt,ist : Ich habe es hinter mich / mir gelassen.Dies habe ich auch schon in verschiedenen Ausführungen gehört. (Man müsste doch fragen wo,deshalb m. E. mir…)

Salut Benoît,

unter den vielen richtigen Informationen ist noch nicht (oder ich habe es überlesen) der Unterschied zwischen dem (in der Tat überraschenden) Akkusativ „ich traue mich“ und dem (comme il faut) Dativ „ich traue mir zu“, Mir kommt es vor, als sei die erste Form aus der Umgangssprache, die den Akkusativ lieber benutzt, in die Schriftsprache aufgestiegen und hätte die zweite Form teilweise verdrängt.

Schöne Grüße

MM

Hallo,

ich habe jetzt zu viel über „sich trauen“ nachgedacht, so dass ich nicht ganz unbefangen auf mein Sprachgefühl hören kann. Ich glaube, es geht - obwohl ich das oben ja anders behauptet habe. Frag mich nicht, wieso!

Übrigens fällt mir da noch eine Parallele mit doppeltem Akkusativ ein:

Ich frage mich, ob das stimmt.
Ich frage mich das schon lange.

Es ist hier kein ganz echtes reflexives Verb, aber es ist doch nahe dran.

Viele Grüße,

Jule

Aber genau darum geht es doch:

Kannst Du außer diesem irgendein einziges anderes reflexives deutsches Verb benennen, das mit Akkusativ konstruiert wird? Es ist ein grundsätzliches Merkmal reflexiver Verben (nicht nur im Deutschen), dass sie eben nicht transitiv sind.

Das beliebige Assoziieren mit irgendwelchen Wiki-Artikeln bringt für die vorgelegte Frage genau Nix.

Schöne Grüße

MM

Hallo Jule,

sehr gutes Beispiel („ich frage mich das“). Dagegen kann ich nichts einwenden ! :blush:

lg

Benoît

Hallo Christoph,

ich glaube, mit dem Dativ liegst du richtig: ich habe es hinter mir gelassen.
Lassen ist kein direktives Verb (Frage: Wohin), sondern ein lokatives Verb (Frage: Wo).
Hinter + Akkusativ bei direktiven Verben
Hinter + Dativ bei lokativen Verben.

Deutsch ist nicht meine Muttersprache, aber diese Regel habe ich in der Schule gelernt.

lg

Benoît

Hallo Aprilfisch,

genau! Dies ist der Grund für meine Verwirrung (ich traue mich etwas/ich traue mir etwas zu), aber diese Diskussion hat meine Zweifel zerstreut!

Vielen Dank

lg

Benoît

Wenn du meinst… Ich persönlich glaube, dass der Frager nicht weiss, was ein reflexives verb ist, sonst würde er diese Frage nicht stellen, sondern einfach fragen ‚wen oder was traut er sich erwas‘ ‚wem wäscht er die Hände‘ etc

Einem Germanisten mit abgeschlossenem Studium und ständiger Praxis im Lehrbetrieb zu unterstellen, er wüßte nicht, was ein reflexives Verb ist, ist schon nicht mehr naiv, sondern etwas, was man hier nicht schreiben darf.

Außerdem hat Benoît bereits in der Ausgangsfrage ganz klar formuliert, dass es ihm um

geht, die in der Tat extrem selten sind. Kennst Du ein einziges anderes deutsches Verb, das so konstruiert werden kann?

Schöne Grüße

MM

Es gibt Verben mit zwei Akkusativobjekten, die allerdings nicht unbedingt reflexiv sind. nennen, schimpfen, kosten, lehren.
Aber das weiss der Germanist selber, da halte ich mich jetzt lieber raus

Reflexive Verben mit Akkusativ?

Hallo,

jetzt bin ich verwirrt: Du würdest also auskennen, betrinken, erkälten, sehnen, verlieben etc. nicht zu den reflexiven Verben zählen?

Hier z. B. werden sie als „echte reflexive Verben“ bezeichnet.

Gruß
Kreszenz

1 „Gefällt mir“