Sind die Leute verrückt worden?

http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/getArticleSZ.p…

Ich verfolge diese Diskussion jetzt schon seit längerem mit Interesse und wundere mich sehr, warum anscheinend viele Menschen diese Haltung des Vize-Polizeipräsidenten untersützen! Sind die Leute denn verückt geworden? Wie kann man allen ernstes die Folter als Verhörmethode legitimieren wollen? Wir leben doch nicht mehr im Mittelalter! Sind die Leute durch die Crime-Berichterstattung der Medien schon so verblödet, dass sie wirklich eine solche Errungenschaft (die Abschaffung der Folter) leichtfertig aufs Spiel setzen wollen? Was denkt ihr darüber?

Grüße

Bernd

Hallo Bernd,

hast du Kinder?

Ich verfolge diese Diskussion jetzt schon seit längerem mit
Interesse und wundere mich sehr, warum anscheinend viele
Menschen diese Haltung des Vize-Polizeipräsidenten
untersützen! Sind die Leute denn verückt geworden?

Nein, das sind wahrscheinlich Leute, die auch Kinder haben. Und wenn es mein Kind oder meine Frau gewesen wäre, dann wär mir wohl auch egal, ob das rechtens ist. Und wenns um Leben oder Tod geht, dann hab ich Respekt vor einem Polizisten, der nicht hundetfünfzigprozentig an Paragraphen klebt. Zumal er voll zu seiner Handlung steht.
Und das hat nichts mit Mittelalter zu tun. Es ging um das Leben des Jungen. Und das hat für mich höheren Stellenwert als das schmerzende Handgelenk eines Kidnappers und Mörders.

Gruß
Roland

Hallo Bernd,

die Situation, die zur Diskussion führte, kann man sich ausmalen. Genau das macht auch mancher Bürger. Ich bezweifle aber, daß sich die Befürworter des „Schmerzen Zufügens“ Gedanken machen, was damit bezweckt werden soll. Wie so mancher glaubt, die Todesstrafe würde abschreckend wirken, glauben andere (oder auch die gleichen Leute), durch Folter die Wahrheit finden zu können. Vermutlich wird auch nicht in Erwägung gezogen, daß die Polizei schlicht den Falschen gegriffen haben könnte. Im schlimmeren Fall ist’s den Menschen gleichgültig. Und schließlich ist vielen Leuten nicht bewußt oder gleichgültig, was es für unser ganzes Leben, für das Gemeinwesen, für das Verhältnis von Staat und Bürger, für die Rechtsstaatlichkeit heißt, wenn die Gewalt gegenüber dem Bürger freigegeben wird. In letzter Konsequenz können wir uns gleich die gesamte Justiz schenken, denn der Wachtmeister wirds im Hinterzimmer schon regeln. Das wäre der Untergang des Abendlandes, es wäre ein Staat, in dem ich nicht mehr leben wollte und dem ich auf der Stelle den Rücken kehrte.

Einigen Menschen ist nicht bewußt - und das ist das eigentlich Traurige - daß unsere Kultur eben nicht darauf beruht, ob Schumi Weltmeister wird, Slatko eine CD besingt und der Sprit billig ist. Die Bedeutung die Rechtsstaatlich als eine der Säulen unserer Kultur ist wohl manchen Leuten nicht bewußt. Die gedankliche Linie Kind - Verbrecher (tatsächlich aber nicht verurteilter Verdächtigter) ist für Emotionen aller Art gut. Es gibt etliche Leute, die glauben, mit Gewalt ein Problem lösen zu können. Solche Leute werden auch glauben, mit Gewaltanwendung die Wahrheit erzwingen zu können. Sie kämen nie auf die Idee, daß der Malträtierte bestenfalls das erzählt, was der Folterer hören will.

Tröstlich ist, daß wir mit einem gewissen Anteil unbelehrbarer Idioten immer leben mußten und leben können. Man darf sie nur nicht von der Leine lassen.

Gruß
Wolfgang

Hallo Bernd,

hast du Kinder?

Ich verfolge diese Diskussion jetzt schon seit längerem mit
Interesse und wundere mich sehr, warum anscheinend viele
Menschen diese Haltung des Vize-Polizeipräsidenten
untersützen! Sind die Leute denn verückt geworden?

Nein, das sind wahrscheinlich Leute, die auch Kinder haben.
Und wenn es mein Kind oder meine Frau gewesen wäre, dann wär
mir wohl auch egal, ob das rechtens ist. Und wenns um Leben
oder Tod geht, dann hab ich Respekt vor einem Polizisten, der
nicht hundetfünfzigprozentig an Paragraphen klebt. Zumal er
voll zu seiner Handlung steht.
Und das hat nichts mit Mittelalter zu tun. Es ging um das
Leben des Jungen. Und das hat für mich höheren Stellenwert als
das schmerzende Handgelenk eines Kidnappers und Mörders.

Hallo Roland,

doch, das hat sehr viel mit Mittelalter zu tun, und Deine Ausführungen dazu kommentiere ich jetzt lieber nicht…

Die Diskussion zu diesem Thema wurde bereits im Rechtsbrett hier geführt, Titel ist sowas wie „Folter erlaubt?“ o.ä.

Doc.

Hallo Bernd,

hier ists auch nicht anders wie mit den Befüwortern der Todesstrafe: Der Rachegedanke übersteigt den Verstand und die Menschlichkeit.

Gruß Ivo

Ich verfolge diese Diskussion jetzt schon seit längerem mit
Interesse und wundere mich sehr, warum anscheinend viele
Menschen diese Haltung des Vize-Polizeipräsidenten
untersützen! Sind die Leute denn verückt geworden?

Nein!!
Wenn mein Kind sich in akuter Lebensgefahr befinden würde, würde ich selbst auch nicht davor zurückschrecken, den Entführer so lange zu foltern, bis er mir das Versteck meines Kindes verrät damit ich es retten kann!
In so einem Fall würde ich mich einen Scheißdreck um die Befindlichkeit des Entführers kümmern.

Wie kann
man allen ernstes die Folter als Verhörmethode legitimieren
wollen?

Es ging hier um die Rettung des Lebens eines Kindes.
Außerdem wurde dem Mörder die Folter ja nur angedroht. Das ist doch gravierend etwas anderes als die Folter zu legitimieren und durchzuführen.

Wir leben doch nicht mehr im Mittelalter! Sind die
Leute durch die Crime-Berichterstattung der Medien schon so
verblödet, dass sie wirklich eine solche Errungenschaft (die
Abschaffung der Folter) leichtfertig aufs Spiel setzen
wollen? Was denkt ihr darüber?

Das denke ich darüber.

Hallo Doc,

doch, das hat sehr viel mit Mittelalter zu tun, und Deine
Ausführungen dazu kommentiere ich jetzt lieber nicht…

Schade.
Aber mir war nach meinem Posting natürlich klar, daß gleich wieder alles in einen Topf geworfen wird.
Ich bin absolut gegen die Todesstrafe, ich bin Pazifist, ich bin gegen jeglich körperliche Gewalt, gegen Abtreibung und ich bin gegen Folter.

Es ging bei der Frage hier aber um die Akzeptanz in der Bevökerung mit „unpopulären“ Mitteln das Leben eines Kindes zu retten. Um nichts anderes.
Und ich bin sicher, daß alle, die jetzt den Untergang des Abendlandes fürchten, ihre Meinung ganz schnell ändern würden, wenn das Liebste und Wichtigste in Gefahr wäre, das man hat.
Und mir ging es nicht um eine generelle Freigabe oder Befürwortung der Gewaltanwendung, sondern einzig und allein um diese spezielle Situation.

Gruß
Roland, der das Leben seiner Kinder und seiner Frau mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln verteidigen würde.

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Gruß
Roland, der das Leben seiner Kinder und seiner Frau mit allen
erlaubten und unerlaubten Mitteln verteidigen würde.

…und der das sicherlich auch moralisch vertretbar tun würde - würde er den wahren Täter 100%ig und unfehlbar kennen und vor sich haben. Denn sobald man einen *mutmaßlichen* Täter foltert, sind wir doch schon wieder im Mittelalter.

Gruss, Joachim

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Hallo Jochen,

Nein!!
Wenn mein Kind sich in akuter Lebensgefahr befinden würde,
würde ich selbst auch nicht davor zurückschrecken, den
Entführer so lange zu foltern, bis er mir das Versteck meines
Kindes verrät damit ich es retten kann!
In so einem Fall würde ich mich einen Scheißdreck um die
Befindlichkeit des Entführers kümmern.

Subjektive Rachegefühle können und dürfen aber nie die Intention von Strafverfolgung und Bestrafung sein! Der Rechtstaat muss in einem solchen Fall strikt objektiv sein, auch wenn dies für die beteiligten Polizisten u.ä. teilweise ein nicht zu schaffender Spagat ist. Aber nochmal, diese dürfen sich nicht durch subjektive Gefühle leiten lassen, sondern müssen sich strikt an die Gesetze halten. Und diese Gesetze sind nun einmal völlig eindeutig. Die Folter ist verboten, das Grundgesetz, die Europäischen Verträge und die Uno Menschenrechtskonvention sind hier eindeutig. Übrigens ist die Androhung der Folter ihrer tatsächlichen Durchführung in § 343 STGB gleichgestellt.

Es ging hier um die Rettung des Lebens eines Kindes.

Na und? Das ist keinerlei Legitimation für den Einsatz von Folter oder ähnlichem! Nochmals, dafür gibt es keine Legitimation.

Außerdem wurde dem Mörder die Folter ja nur angedroht. Das ist
doch gravierend etwas anderes als die Folter zu legitimieren
und durchzuführen.

Der psychische Druck der dadurch ausgeübt wird ist fast derselbe. Des weiteren ist wie schon oben gesagt strafrechtlich die Androhung der Anwendung gleichgesetzt.

Grüße

Bernd

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Hallo Roland,

hast du Kinder?

Nein, habe ich nicht. Dies ist für diese Diskussion auch völlig unerheblich!

Nein, das sind wahrscheinlich Leute, die auch Kinder haben.
Und wenn es mein Kind oder meine Frau gewesen wäre, dann wär
mir wohl auch egal, ob das rechtens ist. Und wenns um Leben
oder Tod geht, dann hab ich Respekt vor einem Polizisten, der
nicht hundetfünfzigprozentig an Paragraphen klebt. Zumal er
voll zu seiner Handlung steht.

Das ist ja gerade das schlimme, daß er voll zu seiner Handlung steht. Deshalb sollte er meiner Meinung auch bestraft werden und vom Dienst suspendiert werden, weil ein Polizist sich an die bestehenden Gesetze halten muss, und diese nicht einfach über Bord werfen kann nur weil sie ihm persönlich nicht in den Kram passen. Dir ist auch klar, daß Du hart bestraft werden würdest, wenn Du den Entführer Deines Kindes oder Deiner Frau unter Folter zu einer Aussage zwingen würdest? Dies könnte sogar dazu führen, dass am Ende nur Du in den Knast wanderst, weil einer erzwungen Aussage nicht justiziabel ist.

Und das hat nichts mit Mittelalter zu tun. Es ging um das
Leben des Jungen. Und das hat für mich höheren Stellenwert als
das schmerzende Handgelenk eines Kidnappers und Mörders.

Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist genauso ein Grundrecht wie das Recht auf Leben. Man kann nicht das eine Recht gegen das andere aufwiegen, und eine verletzung des einen legitimiert schon gar nicht eine Verletzung des anderen!.

Grüße

Bernd

Hallo Bernd!

Du hast recht aber auch nicht. Zumindest für mein Empfinden.

Gibt es einen Menschen auf dieser Welt den du über alles liebst? Ohne den du dir ein Leben nicht vorstellen kannst?

Dann stell dir vor, dieser jemand wurde entführt, der Entführer sitz vor dir und grinst dich an. Die Zeit spielt gegen dich, weil das Opfer früher oder später verdursten wird. Doch das kümmert den Entführer nicht. Er schweigt, weil er für sich nichts mehr zu verlieren hat. Oder weil er einfach zu dämlich ist um noch Gefühle zu haben.

Was machst du in dieser Situation?

GRüße Dusan

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Subjektive Rachegefühle können und dürfen aber nie die
Intention von Strafverfolgung und Bestrafung sein!

Ich glaube, Du hast mich nicht recht verstanden! Ich habe mich wohl deutlich genug ausgedrückt, daß ich solche Methoden nur anwenden würde um mein Kind zu retten!
Mit Rache hat das doch nun wirklich nichts zu tun.

Der
Rechtstaat muss in einem solchen Fall strikt objektiv sein,
auch wenn dies für die beteiligten Polizisten u.ä. teilweise
ein nicht zu schaffender Spagat ist. Aber nochmal, diese
dürfen sich nicht durch subjektive Gefühle leiten lassen,
sondern müssen sich strikt an die Gesetze halten. Und diese
Gesetze sind nun einmal völlig eindeutig.

Ich sagte es schon oben: Ich würde mein Kind nicht auf dem Altar der Rechsstaatlichkeit opfern!

Es ging hier um die Rettung des Lebens eines Kindes.

Na und?

!!Das ist aber wirklich kaltschnäuzig von Dir!!

Das ist keinerlei Legitimation für den Einsatz von
Folter oder ähnlichem! Nochmals, dafür gibt es keine
Legitimation.

Außerdem wurde dem Mörder die Folter ja nur angedroht. Das ist
doch gravierend etwas anderes als die Folter zu legitimieren
und durchzuführen.

Der psychische Druck der dadurch ausgeübt wird ist fast
derselbe. Des weiteren ist wie schon oben gesagt
strafrechtlich die Androhung der Anwendung gleichgesetzt.

Ich meine, hier herrschte ein übergesetzlicher Notstand. Es war schon bekannt, daß er das Kind entführt hat. Nur wußte man noch nicht, daß der kleine Jakob schon tot war. Der Entführer narrte die Polizei mit immer weiteren angeblichen Verstecken.
Es war also höchste Eile geboten, wenn man ihn noch retten wollte. Es sind schon genügend Entführungsopfer jämmerlich in Erdlöchern und sonstigen qualvollen Verliesen umgekommen, weil man ihr Versteck nicht rechtzeitig gefunden hat.

So nicht, Roland! :smile:

Hallo Doc,

doch, das hat sehr viel mit Mittelalter zu tun, und Deine
Ausführungen dazu kommentiere ich jetzt lieber nicht…

Schade.
Aber mir war nach meinem Posting natürlich klar, daß gleich
wieder alles in einen Topf geworfen wird.

Ich zitiere nochmal Dein Posting:

Und wenns um Leben oder Tod geht, dann hab ich Respekt vor einem
Polizisten, der nicht hundetfünfzigprozentig an Paragraphen
klebt. Zumal er voll zu seiner Handlung steht.
(…) Es ging um das Leben des Jungen. Und das hat für mich
höheren Stellenwert als das schmerzende Handgelenk eines
Kidnappers und Mörders.

Es ging bei der Frage hier aber um die Akzeptanz in der
Bevökerung mit „unpopulären“ Mitteln das Leben eines Kindes zu
retten. Um nichts anderes.
Und ich bin sicher, daß alle, die jetzt den Untergang des
Abendlandes fürchten, ihre Meinung ganz schnell ändern würden,
wenn das Liebste und Wichtigste in Gefahr wäre, das man hat.
Und mir ging es nicht um eine generelle Freigabe oder
Befürwortung der Gewaltanwendung, sondern einzig und allein um
diese spezielle Situation.

Gruß
Roland, der das Leben seiner Kinder und seiner Frau mit allen
erlaubten und unerlaubten Mitteln verteidigen würde.

Hallo Roland - was denn nun? Das war nicht das Leben des Kindes des betroffenen Polizisten. Natürlich werden die Angehörigen die Vorgehensweise begrüßen und okay finden. Würde ich als Betroffener auch. Und auch ich würde für Menschen, die ich liebe, im Zweifelsfall alles geben, wenn’s denn nötig ist. Du hast aber geschrieben, daß Du es allgemein okay findest - es ging hier nicht um Dein Kind, und es ging nicht um das Kind des Polizisten, und Du schreibst dennoch von Respekt, und von einem höheren Stellenwert. Das sind sehr allgemeine Äußerungen, und in meinen Augen kannst Du Dich bei solch klaren Aussagen nicht auf die Tour „wenn Dein Kind…“ herauswinden.

Doc.

Maßnahme kann rechtlich gerechtfertigt sein
Zum ersten:

Wer von übergesetzlichem Notstand spricht weiss nicht wovon er redet.

Zum zweiten:
Ich habe im Rechtsbrett bereits dargelegt, warum es durchaus möglich ist, je nach details des Sachverhalts, dass sich der Polizeibeamte nicht strafbar gemacht hat.

Hier mal meine Zusammenkopierten Ausführungen:

§ 32. Notwehr. (1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.
(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

Wenn also die Polizei davon ausgeht, das Leben eines Menschen, durch die Erpressung einer Aussage retten zu können, wäre der durchführende Beamte gerechtfertigt, also hätte sich nicht strafbar gemacht.

Fiktiver Sachverhalt:

A hat den B zur Erpressung dessen Angehöriger gefangen genommen und in ein Erdloch gesteckt, in dem er innerhalb von kurzer Zeit ersticken wird.
A wird festgenommen, erklärt der Polizei, wenn man ihn nicht freilässt, werde der B ersticken, er gibt das Versteck aber nicht Preis, da erhofft seine freilassung zu erpressen.
Polizist XY schlägt den A um die Informationen zur Lebensrettung des B zu erhalten.

Strafbarkeit des A in diversen Punkten wie Erpresserischer Menschenraub, Freiheitsberaubung, Nötigung etc. wohl unstrittig

Strafbarkeit des Polizisten XY

Aussagerpressung

  1. tatbestandsmäßigkeit

a)Objektiver Tabbestand, wohl unstrittig,
b)subjektiv wohl auch zu bejahen.

  1. Rechtswidrikeit
    Es könnten jedoch Rechtfertigungsgründe vorliegen:

Eingriffsermächtigungen aus StPO oder Polizeirecht liegen nicht vor.

Nothilfe
§ 32 StGB Notwehr.
(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.
(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

Liegt ein gegenwärtiger Rechtswidriger Angriff vor?

Ja, der B wird durch die rechtswidrige Tat des A sterben, es liegt ein Angriff gegen das Leben des A vor. A selbst hat keine Rechtfertigungsgründe.

Ist das Verhalten des XY als Verteidigungshandlung mit Verteidigungswillen zu sehen?

Ja xy schlägt A, nur um an Informationen zur Rettung des Lebens von B gelangen zu können.

Ist die Handlung des xy erforderlich um das angegriffene Rechtsgut zu verteidigen?

Ja, die Informationen können nur von A erlangt werden, eine Freilassung das A wäre keine Garantie für die Rettung des B.

Ist das Handeln des XY geboten? Die gebotenheit entfällt z.B. bei harmlosen Angriffen durch Kinder oder wehrlos Betrunkene, denen man ohne weiteres ausweichen könnte oder provzierten Notwehrfällen.
A ist weder Kind noch betrunken, provokation liegt nicht vor.
Die Handlung war geboten.

Das Handeln des xy ist somit gerechtfertigt und kein Verstoß.
Er hat sich nicht strafbar gemacht.

Die Rechtfertigungsgründe werden bei JEDEM Tatbestend geprüft, als auch bei Körperverletzung im Amt etc - d.h. der Ausgang wäre der Gleiche.

Ich will hier nicht sagen, dass sich nicht ein Gerict im Konkreten Fall eine neue Auslegung z.B. in der Gebotenheit einfallen lässt, die dann bis zum BGH durchgeprüft wird und man doch zum Ergebnis der Strafbarkeit kommt, aber bis jetzt sthe ich zu meinen Ausführungen.
Wer was gegenteiliges belegen kann oder einen rechtlich fundierten Argumentationsansatz abgeben kann - ich würde mich freuen - im Rechtsbrett konnte das keiner.

M.

Hallo Bernd!

Du hast recht aber auch nicht. Zumindest für mein Empfinden.

Gibt es einen Menschen auf dieser Welt den du über alles
liebst? Ohne den du dir ein Leben nicht vorstellen kannst?

Dann stell dir vor, dieser jemand wurde entführt, der
Entführer sitz vor dir und grinst dich an. Die Zeit spielt
gegen dich, weil das Opfer früher oder später verdursten wird.
Doch das kümmert den Entführer nicht. Er schweigt, weil er für
sich nichts mehr zu verlieren hat. Oder weil er einfach zu
dämlich ist um noch Gefühle zu haben.

Was machst du in dieser Situation?

Diese Situation ist sowas von unwahrscheinlich… Zum Glück!
Das Argument zieht nicht. Darum geht es hier überhaupt nicht.

Doc.

Da bist Du auf dem Holzweg, das ist falsch…

Das ist ja gerade das schlimme, daß er voll zu seiner Handlung

steht. Deshalb sollte er meiner Meinung auch bestraft werden
und vom Dienst suspendiert werden, weil ein Polizist sich an
die bestehenden Gesetze halten muss, und diese nicht einfach
über Bord werfen kann nur weil sie ihm persönlich nicht in den
Kram passen.

Auch ein Polizist kann außerhalb der Eingriffsermächtigungen aus StPO und Polizeirecht die Rechtfertigungsgründe aus dem StGB in Anspruch nehmen - obwohl dieser Punkt von Theoretiker angezweifelt wird ist die Rsp meines Wissens eindeutig.
In Berlin MUSS ein Polizist z.B. bei einem finalen Rettungsschuss IMMER die Nothilfe aus dem BGB in anspruchnehmen, da der Rettungsschuß im Polizeirecht einfach nicht vorkommt.

Dir ist auch klar, daß Du hart bestraft werden
würdest, wenn Du den Entführer Deines Kindes oder Deiner Frau
unter Folter zu einer Aussage zwingen würdest?

Beachte meine obigen Ausführungen.

Dies könnte
sogar dazu führen, dass am Ende nur Du in den Knast wanderst,
weil einer erzwungen Aussage nicht justiziabel ist.

Ob seine Aussagen GEGEN IHN verwertbar sind oder nicht steht auf einem anderen Blatt. Mit der Strafbarkeit des Schlägers hat das nichts zu tun.

Und das hat nichts mit Mittelalter zu tun. Es ging um das
Leben des Jungen. Und das hat für mich höheren Stellenwert als
das schmerzende Handgelenk eines Kidnappers und Mörders.

Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist genauso ein
Grundrecht wie das Recht auf Leben. Man kann nicht das eine
Recht gegen das andere aufwiegen, und eine verletzung des
einen legitimiert schon gar nicht eine Verletzung des
anderen!.

Und das ist schlicht und einfach falsch.
Juristisch wird klar die Wertigkeit von Oben nach unten vorgenommen:
Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, etc.

Das Recht auf Leben ist höher zu bewerten als das Recht auf körperliche Unversehrtheit.

Von der ganzen Diskussion unberührt bleiben natürlich disziplinare Belange.

M.

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Hallo Doc,

Hallo Roland - was denn nun? Das war nicht das Leben des
Kindes des betroffenen Polizisten.

Natürlich nicht. Doch kommt die Akzeptanz der Bevölkerung (und meine) daher, daß sich eben jeder vorstellen kann, daß der Polizist (hoffentlich) genauso gehandeln würde, wenn das eigene Kind betroffen wäre.

Natürlich werden die

Angehörigen die Vorgehensweise begrüßen und okay finden. Würde
ich als Betroffener auch.

Na siehste …

Und auch ich würde für Menschen, die

ich liebe, im Zweifelsfall alles geben, wenn’s denn nötig ist.
Du hast aber geschrieben, daß Du es allgemein okay findest -

Ups?!?
Ich zitiere mich:

Und mir ging es nicht um eine generelle Freigabe oder Befürwortung der Gewaltanwendung, sondern einzig und allein um diese spezielle Situation.

Und so habe ich das auch gemeint.

es ging hier nicht um Dein Kind, und es ging nicht um das Kind
des Polizisten, und Du schreibst dennoch von Respekt,

Ja, ich würde es sogar Zivilcourage nennen. Der Polizist wußte, daß es rechtlich nicht astrein ist und er erwartet sogar Konsequenzen.
Und doch hat er sich nicht hinter Paragraphen versteckt oder eine möglicherweise eigene Bestrafung vorgeschoben, sondern genau das getan, was ihm in dieser (speziellen) Situation als letzte Möglichkeit zur Verfügung stand, zum Schutz von Menschenleben.

Und um es noch klarer zu machen. Ich finde unsere Gesetz zu dem Thema ok. Allgemeine Gewaltanwendung, Folter usw. muß nach wievor verboten bleiben. Das ist für mich kein Thema.
In diesem Fall aber hat einfach ein Mensch gehandelt, in dieser speziellen Situation, um zu helfen. Und dafür bekommt er meinen Respekt. Nur darum ging es und nicht um irgendetwas Allgemeines oder der Wunsch nach neuen Gestzen oder härterer Bestrafung oder Rachegedanken oder was weiß ich.

Jetzt etwas klarer geworden?

Gruß
Roland

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Hallo,

Beabsichtigt war eine solche Auslegung des Nothilfeparagraphen sicher nicht. Insbesondere Deine folgende Auslegung, die nun wirklich sehr weitgehend ist:

Wenn also die Polizei davon ausgeht, das Leben eines Menschen,
durch die Erpressung einer Aussage retten zu können, wäre der
durchführende Beamte gerechtfertigt, also hätte sich nicht
strafbar gemacht.

Der Fall, dass die Polizei „davon ausgeht“, ein Leben durch eine Aussageerpressung retten zu können, kommt sicher sehr häufig vor und während der Schleyer-Entführung (nur als Beispiel) kommt es mir so vor, als hätten wir damit leicht mehrere 100 Gefolterte haben können. Das war aber bestimmt nie die Absicht des Nothilfeparagraphen.

Weiter scheint es mir, als hätte man im Nothilfeparagraphen an eine konkrete, absolut klare gewalttätige Situation gedacht, die sich unmittelbar vor Deinen Augen abspielt. Eine Situation, in der kein Irrtum möglich ist - und das ist bei Entführungen nicht der Fall, denn selbst derjenige, der das Lösegeld eingesteckt hat, kann im Prinzip durch Zufall in die Geschichte geraten sein. (Ich gebe zu, dass der Fall Jakob Metzler ungewöhnlich klar erscheint, aber die meisten Entführungsfälle dürften komplizierter liegen.)

Ein Schlüssel könnten die Worte „gegenwärtig“, „rechtswidriger Angriff“ und „Verteidigung“ sein. Heißt „gegenwärtig“ (juristisch gesehen) nur, dass etwas „jetzt“ passiert, oder heißt es vielleicht, dass es sich vor deinen Augen abspielt? Ist ein „Angriff“ vielleicht etwas, das der Täter gerade jetzt aktiv tun muß? Was ist „Verteidigung“? Das Gegenteil von Angriff oder (Deine Definition) alles, was im weitesten Sinne einem Opfer helfen könnte?

Mit vielen Grüßen, Stefanie

P.S. Dieser Fall ist so schwierig, weil er so klar erscheint.
Man muss sich aber klar machen, dass die Gesetze so formuliert sein müssen, dass sie auch in wesentlich unklareren Situationen auch noch greifen. Und dass jeder (im Prinzip) sowohl Opfer einer Entführung werden kann, dass aber auch jeder im prinzip unschuldig verhaftet werden kann.

Diese Situation ist sowas von unwahrscheinlich… Zum Glück!
Das Argument zieht nicht. Darum geht es hier überhaupt nicht.

Genau darum gehts. So war es hier.

Aber eine Zusatzfrage für die Radikalliberalen hätt ich auch noch:

Was haltet ihr davon, daß der Täter, wenn gefasst, eine Therapie udergl. erhält, daß Opfer jedoch selbst schaun muß wie es mit der Tat weiterleben muß. Z.B. bei einer Vergewaltigung

Dusan

Hallo Doc,

Hallo Roland - was denn nun? Das war nicht das Leben des
Kindes des betroffenen Polizisten.

Natürlich nicht. Doch kommt die Akzeptanz der Bevölkerung (und
meine) daher, daß sich eben jeder vorstellen kann, daß der
Polizist (hoffentlich) genauso gehandeln würde, wenn das
eigene Kind betroffen wäre.

Das finde ich kurzsichtig und oberflächlich gedacht.
Mit Verstand hat das nichts zu tun - die Akzeptanz der Betroffenen rührt von einer emotionalen Ausnahmesituation her, und (hoffentlich!) nicht von der ratio her.

Natürlich werden die

Angehörigen die Vorgehensweise begrüßen und okay finden. Würde
ich als Betroffener auch.

Na siehste …

s.o. - Aber nicht, weil das meine Überzeugung ist, sondern weil ich in so einer Situation sowieso unzurechnungsfähig wäre.

Und auch ich würde für Menschen, die

ich liebe, im Zweifelsfall alles geben, wenn’s denn nötig ist.
Du hast aber geschrieben, daß Du es allgemein okay findest -

Ups?!?
Ich zitiere mich:

Und mir ging es nicht um eine generelle Freigabe oder Befürwortung der Gewaltanwendung, sondern einzig und allein um diese spezielle Situation.

Welche „spezielle“ Situation? Wie speziell ist die denn?

Und so habe ich das auch gemeint.

es ging hier nicht um Dein Kind, und es ging nicht um das Kind
des Polizisten, und Du schreibst dennoch von Respekt,

Ja, ich würde es sogar Zivilcourage nennen. Der Polizist
wußte, daß es rechtlich nicht astrein ist und er erwartet
sogar Konsequenzen.
Und doch hat er sich nicht hinter Paragraphen versteckt oder
eine möglicherweise eigene Bestrafung vorgeschoben, sondern
genau das getan, was ihm in dieser (speziellen) Situation als
letzte Möglichkeit zur Verfügung stand, zum Schutz von
Menschenleben.

Das wird man im Prozeß sehen, was er an §§ vorschiebt :smile:

Und um es noch klarer zu machen. Ich finde unsere Gesetz zu
dem Thema ok. Allgemeine Gewaltanwendung, Folter usw. muß nach
wievor verboten bleiben. Das ist für mich kein Thema.
In diesem Fall aber hat einfach ein Mensch gehandelt, in
dieser speziellen Situation, um zu helfen. Und dafür bekommt
er meinen Respekt. Nur darum ging es und nicht um irgendetwas
Allgemeines oder der Wunsch nach neuen Gestzen oder härterer
Bestrafung oder Rachegedanken oder was weiß ich.

Jetzt etwas klarer geworden?

Nur ein wenig. Ich sehe die Spezialität der „Situation“ noch nicht so recht. Folter ist für mich in keiner Situation angemessen, und ich halte das auch nicht für Zivilcourage, was der da gemacht hat. Courage ist es, daß er das im Protokoll vermekrt hat - dafür zolle ich ihm Respekt. Aber nicht für die Tat, die halte ich für falsch und zu bestrafen.

Gruß,

Doc.