Sind die Leute verrückt worden?

Diese Situation ist sowas von unwahrscheinlich… Zum Glück!
Das Argument zieht nicht. Darum geht es hier überhaupt nicht.

Genau darum gehts. So war es hier.

Hallo, aufwachen! NEIN, so war es nicht. Das Kind war weder das des Polizisten noch Deines. Die Akzeptanz der Tat bei den Eltern des Kindes interessiert mich nicht - von ihr ist auszugehen, und sie ist nachvollziehbar, siehe weiter unten in der Antwort auf Roland.

Aber eine Zusatzfrage für die Radikalliberalen hätt ich auch
noch:

Was haltet ihr davon, daß der Täter, wenn gefasst, eine
Therapie udergl. erhält, daß Opfer jedoch selbst schaun muß
wie es mit der Tat weiterleben muß. Z.B. bei einer
Vergewaltigung

Das ist einfach eine schwachsinnige und falsche Aussage.

  1. Keineswegs jeder Vergewaltiger erhält eine Therapie.
  2. Keinem Vergewaltigungsopfer wird eine Therapie auf Kosten der Krankenkasse versagt werden.

Doc.

Hallo,

Was haltet ihr davon, daß der Täter, wenn gefasst, eine
Therapie udergl. erhält, daß Opfer jedoch selbst schaun muß
wie es mit der Tat weiterleben muß. Z.B. bei einer
Vergewaltigung

Sorry, also dieser Spruch ist schon so Alt, der modert schon! Vergewaltigungsopfer können selbstverständlich auch Therapien in Anspruch nehmen! In dieser Hinsicht hat sich in den letzten Jahren viel getan, die Kassen bezahlen die meisten Psychotherapien, ich bin selber mal in den Genuss einer gekommen und das war aus viel trivialeren Gründen als posttraumatischen Störungen infolge einer Vergewaltigung.

Grüße

Bernd

Hallo Jochen,

Ich glaube, Du hast mich nicht recht verstanden! Ich habe mich
wohl deutlich genug ausgedrückt, daß ich solche Methoden nur
anwenden würde um mein Kind zu retten!
Mit Rache hat das doch nun wirklich nichts zu tun.

Aber Du würdest es auch begrüßen, wenn der Staat diese Methoden einsetzen würde um Dein Kind zu retten, oder nicht?

Ich meine, hier herrschte ein übergesetzlicher
Notstand. Es war schon bekannt, daß er das Kind entführt
hat. Nur wußte man noch nicht, daß der kleine Jakob schon tot
war. Der Entführer narrte die Polizei mit immer weiteren
angeblichen Verstecken.
Es war also höchste Eile geboten, wenn man ihn noch retten
wollte. Es sind schon genügend Entführungsopfer jämmerlich in
Erdlöchern und sonstigen qualvollen Verliesen umgekommen, weil
man ihr Versteck nicht rechtzeitig gefunden hat.

Das Problem ist nur, dass man Gefahr läuft durch so etwas einen Präzedenzfall zu schaffen. Dass heißt das nächste Mal wird ein Polizist vielleicht wirklich foltern und sich dann eben auf einen übergesetzlichen Notstand berufen. Und das geht dann immer weiter, wenn man hier nur einen Spalt breit die Tür öffnet ist die Gefahr sehr groß, dass sie eingerissen wird.

Grüße

Bernd

Und das ist schlicht und einfach falsch.
Juristisch wird klar die Wertigkeit von Oben nach unten
vorgenommen:
Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, etc.

Das Recht auf Leben ist höher zu bewerten als das Recht auf
körperliche Unversehrtheit.

Aber darf man denn das eine Recht verletzen um das andere zu schützen? Also darf man das Recht auf körperliche Unversehrtheit brechen (durch Folter) um das Recht auf Leben (verhindern des Erstickens des Jungen in seinem Versteck o.ä.) zu schützen? Nein!

Grüße

Bernd

Sinnlose diskussion mit rechtsunkundigen…
… Ich will Dir und niemandem damit zu nahe treten!!!
Aber das wäre das gleiche, als ob ich mit Dir über Physik- steht ja in Deiner Vita - , z.B. über die Theorien von Einstein diskutieren würde. Ich verstehe absolut NIX davon. Du müsstest mir also erstmal die Grundlagen erklären, bevor ich überhaupt etwas mitreden kann - ein nahezu unmögliches Unterfangen für ein Brett in WWW.
Das gleiche gilt umgehert für diesen Fall.

Insbesondere Deine folgende Auslegung, die nun
wirklich sehr weitgehend ist:

Alle meine Ausführungen oben beziehen sich AUSSCHLIEßLICH auf meinen fiktiven Fall, das mal vorweg.

Meine Auslegungen fußen auf dem was ich Kommentaren entnehmen kann bzw., dem was ich während meines Studiums zum gehobenen Dienst der Polizei gelernt habe, wo ein Dozent, seines Zeichens Richter am Landgericht Berlin und Vorsitzender in Mauerschützenprozessen, also auch mit Völkerrechtlichen Aspekten vertraut, eine ähnliche Argumentation vertrat. Ich weiss also schon in etwa wovon ich rede.

Wenn ich nun auf jeden rechtsunkundigen Vorschlag zu meinen Ausführungen detailiert Stellung nehmen wollte, müsste ich hier erstmal die Systhematik des Strafrechts darstellen. Dann müsste ich jeden einzelnen angezweifelten Punkt mit kopierereien aus Kommentaren belegen, auch wenn dieser für jemand mit dem entsprechenden Wissen gar nicht fraglich ist.

Einfacher wäre es, wenn jemand, der weiss wovon er spricht hier mal meine Ausführungen anhand von Urteilen oder Kommentaren wiederlegt, bzw anzweifelt.

Zubeachten ist auf jeden Fall, auch wenn ich mich da vielleicht missverständlich ausgedrückt habe - meine Auslegungen beziehen sich AUSSCHLIEßLICH auf den von mir dargestellten fiktiven Fall in seiner Klarheit, nicht z.B. auf die Schleyerentführung, wo die Entführer selbst ja gar nicht greifbar waren.
In jedem anderen Sachverhalt kann die Lösung vollkommen anders aussehen.

Hier nochmal ein Auszug aus der Erklärung des deutschen Richterbundes vom 20. Februar 2003 zum Metzlerfall:

Im - zu Recht eingeleiteten - Strafverfahren gegen die Polizeibeamten wird die Staatsanwaltschaft auch die Konfliktsituation der Beschuldigten berücksichtigen.
Sie gingen offenbar zum fraglichen Zeitpunkt aufgrund der Angaben des mutmaßlichen Mörders des Jungen davon aus, dessen Leben noch retten zu können. Es ging ihnen also in erster Linie nicht um das Erpressen einer Aussage, sondern um die Rettung eines vergleichsweise höherrangigen Rechtsgutes.
Ob im konkreten Einzelfall diese Motivlage, der Gewissenskonflikt der Polizeibeamten, wenn er sich denn im Verfahren bestätigt, als Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgrund zu werten ist, obliegt der Entscheidung des zuständigen Gerichts.


Auch der deutsche Richterbund schließt das vorliegen von Rechtfertigungsgründen also nicht völlig aus.

Da der Junge im konkreten Fall wohl schon tot war, soweit ich das den Medien entnehmen kann, ist dort der Angriff auf das Rechtsgut natürlich nicht mehr gegenwärtig, aber da die Polizisten das nicht wussten, könnte im Realfall ein Erlaubnistatbestandsirrtum (noch komplizierter) vorliegen, der, wenn ich mich recht erinnere, Schuldausschließend wirkt - also auch straffreiheit bedeuten würde.

Was aber am Ende wirklich dabei herauskommt hängt vom Verfahren und nicht zuletzt von einer möglichen Signalwirkung bei einem Freispruch ab, so dass eine rechtsauslegende Konstruktion, die zur Verurteilung des Beamten führt, durchaus im Bereich des Möglichen liegt, auf Grund der Signalwirkung sogar wahrscheinlich scheint, sich aber vor der nächsten Instanz wird bewähren müssen.
Wir werdens abwarten müssen.

Leider ist das Recht nicht in mathematische Formeln zu bringen :wink:

M.

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Hallo Mike,

Vorweg: Ich bin juristischer Laie, kann aber deiner Argumentation folgen und finde sie durchaus plausibel, was die Strafbarkeit des Täters (in deinem Beispiel XY) nach deutschem Recht und deutscher Rechtsprechung angeht.

Ich habe aber dennoch eine Frage zum Resultat deiner Ausführungen.

Ich will hier nicht sagen, dass sich nicht ein Gerict im
Konkreten Fall eine neue Auslegung z.B. in der Gebotenheit
einfallen lässt, die dann bis zum BGH durchgeprüft wird und
man doch zum Ergebnis der Strafbarkeit kommt, aber bis jetzt
sthe ich zu meinen Ausführungen.
Wer was gegenteiliges belegen kann oder einen rechtlich
fundierten Argumentationsansatz abgeben kann - ich würde mich
freuen - im Rechtsbrett konnte das keiner.

Ich nehme deine Einladung gerne an und probiere es mal mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und der UN Konvention gegen Folter.

Meine These ist: Folter ist verboten und es gibt keine Ausnahme, keinen „rechtfertigenden Notstand“, der Folter straffrei werden ließe.

UN Convention against torture:
(sorry, ich hab nur eine englische Version gefunden)

_Article 1

  1. For the purposes of this Convention, the term „torture“ means any act by which severe pain or suffering, whether physical or mental, is intentionally inflicted on a person for such purposes as obtaining from him or a third person information or a confession, […], when such pain or suffering is inflicted by or at the instigation of or with the consent or acquiescence of a public official or other person acting in an official capacity. […]_

Schmerz oder Leid wurde durch Beamten XY zugefügt, der wiederum durch seinen Vorgesetzten D (wie Daschner - hier erweitere ich dein Beispiel in Analogie zum Magnus G.-Fall) dazu angestiftet wurde, mit der Zustimmung und Billigung (wenn auch nachträglich) vom Richter M (wie Mackenroth) und vom Ministerpräsidenten K (wie Koch), allesamt öffentliche Beamte.
Folter im Sinne von Art. 1 liegt also vor, gegen die Konvention verstoßen XY, D, M und K, wie ich im weiteren näher ausführen möchte.

_Article 2

  1. Each State Party shall take effective legislative, administrative, judicial or other measures to prevent acts of torture in any territory under its jurisdiction._

Der Staat soll Folter unterbinden, darf im vorliegenden Fall also nicht untätig bleiben. (M und K sollten etwas dagegen tun, anstatt dafür zu plädieren)

2. No exceptional circumstances whatsoever, whether a state of war or a threat of war, internal political instability or any other public emergency, may be invoked as a justification of torture.

ES GIBT KEINE AUSNAHME!

3. An order from a superior officer or a public authority may not be invoked as a justification of torture.

Auch das Befolgen einer Anweisung ist keine Entschuldigung für XY.

_Article 4

  1. Each State Party shall ensure that all acts of torture
    are offences under its criminal law. …_

Folter hat strafbar zu sein.

… The same shall apply to an attempt to commit torture …

Auch der Versuch.

…and to an act by any person which constitutes complicity or participation in torture.

Der Vorgesetzte D ist mitschuldig.

2. Each State Party shall make these offences punishable by appropriate penalties which take into account their grave nature.

Eine schwere Strafe ist gefordert.

Article 5
[…]
3. This Convention does not exclude any criminal jurisdiction exercised in accordance with internal law.

Auch wenn internes (deutsches) Recht es zuließe, greift die Konvention trotzdem.

Nun zum zweiten Argumentationsweg:

_Europäische Menschenrechtskonvention:

Artikel 3
Verbot der Folter
Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Artikel 15
Abweichen im Notstandsfall
(1) Wird das Leben der Nation durch Krieg oder einen anderen öffentlichen Notstand bedroht, so kann jede Hohe Vertragspartei Maßnahmen treffen, die von den in dieser Konvention vorgesehenen Verpflichtungen abweichen, jedoch nur, soweit es die Lage unbedingt erfordert und wenn die Maßnahmen nicht im Widerspruch zu den sonstigen völkerrechtlichen Verpflichtungen der Vertragspartei stehen._

Sonstige Verpflichtungen: UN Konvention gegen Folter, die diese Ausnahme nicht vorsieht (s.o.)

(2) Aufgrund des Absatzes 1 darf von Artikel 2 nur bei Todesfällen infolge rechtmäßiger Kriegshandlungen und von Artikel 3, Artikel 4 (Absatz 1) und Artikel 7 in keinem Fall abgewichen werden.

Aber sogar schärfer:
KEINE AUSNAHME BEI FOLTER!

Die Europäische Menschenrechtskonvention ist von 1950 (Deutschland ist Mitglied) und die UN Konvention gegen Folter ist am 1.10.1990 von Deutschland ratifiziert worden.

Spätestens der BGH sollte diesen Konventionen Rechnung tragen und dafür sorgen, dass die Täter bestraft werden (und damit meine ich XY, D (den Vize-Polizeipräsidenten), M und K!)

Peace,
Kevin.

Hallo Doc,

Mit Verstand hat das nichts zu tun - die Akzeptanz der
Betroffenen rührt von einer emotionalen Ausnahmesituation her,
und (hoffentlich!) nicht von der ratio her.

Da geb ich dir Recht.

Welche „spezielle“ Situation? Wie speziell ist die denn?

Also Doc, worüber diskutieren wir denn hier?
„Gehe zurück auf Los, ziehe nicht 4000DM ein“

Das wird man im Prozeß sehen, was er an §§ vorschiebt :smile:

Ich hoffe für ihn, daß er am längeren Paragraphenhebel sitzt.

Nur ein wenig. Ich sehe die Spezialität der „Situation“ noch
nicht so recht. Folter ist für mich in keiner Situation
angemessen, und ich halte das auch nicht für Zivilcourage, was
der da gemacht hat. Courage ist es, daß er das im Protokoll
vermekrt hat - dafür zolle ich ihm Respekt. Aber nicht für die
Tat, die halte ich für falsch und zu bestrafen.

Langsam glaube ich zu erkennen, wo unser Problem liegt. Dir und einigen anderen geht es wohl hauptsächlich um die rechtliche Bewertung des Falles. Im Mittelpunkt steht ein Polizeibeamter, dem man jetzt mal so richtig den Marsch blasen kann, da er möglicherweise gegen geltendes Recht verstoßen hat. Auf ihn mit Gebrüll!
Und in einem Abwasch wird den „Sympathisanten“ auch noch Rachegelüste, Foltermethoden, mittelalterliche Methoden usw. vorgeworfen.
Mir jedoch ging es mehr um die menschliche Seite des Falles. Der Polizist (ein Mensch) hat etwas getan, was unpopulär und rechtlich zweifelhaft war, was für ihn aber eine gewisse Möglichkeit darstellte ein Menschenleben zu retten. Und er hat sich in diesem Fall dazu entschlossen, so zu handeln, auch unter der Gefahr später dafür belangt zu werden. Er hat ein Menschenleben über seine persönlichen Interessen gestellt. Und dafür gebührt ihm meinen Respekt.

Und ein bißchen erinnert mich das an den Fall, der hier vor einiger Zeit mal diskutiert wurde (du erinnerst dich sicherlich):
Da hat in den Staaten jemand erste Hilfe geleistet und dem Opfer dabei eine Rippe gebrochen. Der Helfer hatte anschließend eine Anzeige wegen Körperverletzung am Hals. Schließlich ist es verboten anderen Menschen Rippen zu brechen, auch wenn das Opfer sonst vielleicht drauf gegangen wäre.
So kanns gehen. Aber möglicherweise hilft der Retter nie mehr wieder …

(Ja, der Vergleich hinkt … oder doch nicht?)

Gruß
Roland

Immer noch nicht :smile:

Hallo Doc,

Mit Verstand hat das nichts zu tun - die Akzeptanz der
Betroffenen rührt von einer emotionalen Ausnahmesituation her,
und (hoffentlich!) nicht von der ratio her.

Da geb ich dir Recht.

Gut, da sind wir uns also einig - sind wir uns auch darin einig, daß wir (als Land, als Gesellschaft) das, was wir unseren Polizisten an Möglichkeiten an die Hand geben wollen, nach rationalen Gesichtspunkten beurteilen sollten, gar müssen? Rational zu sein heisst nicht, unmenschlich zu sein!

Welche „spezielle“ Situation? Wie speziell ist die denn?

Also Doc, worüber diskutieren wir denn hier?
„Gehe zurück auf Los, ziehe nicht 4000DM ein“

Wir diskutieren über die Verhörmethoden von Polizisten gegenüber mutmaßlichen Gewaltverbrechern.

Langsam glaube ich zu erkennen, wo unser Problem liegt. Dir
und einigen anderen geht es wohl hauptsächlich um die
rechtliche Bewertung des Falles. Im Mittelpunkt steht ein
Polizeibeamter, dem man jetzt mal so richtig den Marsch blasen
kann, da er möglicherweise gegen geltendes Recht verstoßen
hat. Auf ihn mit Gebrüll!
Und in einem Abwasch wird den „Sympathisanten“ auch noch
Rachegelüste, Foltermethoden, mittelalterliche Methoden usw.
vorgeworfen.

Nö. Ich hab viel mit Polizisten zusammengearbeitet und weiß aus direkter Erfahrung ein wenig, wie deren Job aussieht. Es ist beileibe kein einfacher… Meine direkten Erfahrungen fangen beim aggressiven Alkoholiker an und enden bei SEK-Einsätzen. Ich hab Respekt vor den Leuten, und Achtung. Solang sie ihren Job gut machen. Dir als Sympathisant werfe ich vor, deinen Verstand bei der Beurteilung dieser Situation nicht zu gebrauchen, und nur auf Dein Vater(?)herz zu hören.

Die Frage ist: Wo fangen gültige Rechtfertigungsgründe für Folter an und wo hören sie auf? Und ich sagen, sie fange nirgends an. Es gibt so viele Verbrecher, die weitaus schlimmeres getan haben, als einen Junge ersticken zu lassen - willst Du bei all denen auch Folter als Verhörinstrument zulassen? Das musst Du mit Deiner Argumentation, zwingend, und schon sind wir lange nicht mehr beim Einzelfall.

Mir jedoch ging es mehr um die menschliche Seite des Falles.
Der Polizist (ein Mensch) hat etwas getan, was unpopulär und
rechtlich zweifelhaft war, was für ihn aber eine gewisse
Möglichkeit darstellte ein Menschenleben zu retten. Und er hat
sich in diesem Fall dazu entschlossen, so zu handeln, auch
unter der Gefahr später dafür belangt zu werden. Er hat ein
Menschenleben über seine persönlichen Interessen gestellt. Und
dafür gebührt ihm meinen Respekt.

Er hat nicht ein Menschenleben über seine persönlichen Interessen gestellt, er hat es über unsere rechtsstaatlichen Grundsätze gestellt, und über die Menschenrechte. Das behaupte ich zumindest - es obliegt den Richtern in diesem Fall, das letztendlich festzustellen. Und das prangere ich an :smile: Du kannst diesen Fall nicht so isoliert betrachten, wie Du es versuchst; ihn nur auf den armen toten Jungen und den bösen Verbrecher beschränken. Es gibt da noch andere Dinge, die eine Rolle spielen, und genauso wenig vergessen werden dürfen. Trotz der sicher guten Absicht ist dieser Mann für mich kein Held, sondern hat seinen Job schlecht gemacht. Er hat in einer Extremsituation die obersten Prämissen seines Berufes nicht beachtet, und seine eigenen Wertevorstellungen über die des Gesetzgebers gestellt - das darf er nicht, und vor solchen Polizisten habe ich Angst.
Das ist jetzt eine extreme Darstellung des Geschehens, nimm sie als „die andere Blickrichtung“, nicht als non plus ultra - die „Wahrheit“ liegt wohl wie so meist dazwischen.

Und ein bißchen erinnert mich das an den Fall, der hier vor
einiger Zeit mal diskutiert wurde (du erinnerst dich
sicherlich):
Da hat in den Staaten jemand erste Hilfe geleistet und dem
Opfer dabei eine Rippe gebrochen. Der Helfer hatte
anschließend eine Anzeige wegen Körperverletzung am Hals.
Schließlich ist es verboten anderen Menschen Rippen zu
brechen, auch wenn das Opfer sonst vielleicht drauf gegangen
wäre.
So kanns gehen. Aber möglicherweise hilft der Retter nie mehr
wieder …

(Ja, der Vergleich hinkt … oder doch nicht?)

Er hinkt sehr - ein perfektes Beispiel für mich! Als Ausbilder in Erster Hilfe bin ich da zufällig ganz gut informiert: Solch eine Anzeige hat NIEMALS Erfolg, es würde vermutlich noch nicht einmal zu einer Anklage kommen - nicht in Deutschland zumindest. Ich selbst hab schon Dutzenden Menschen die Rippen gebrochen, und einigen von ihnen damit das Leben gerettet - das ist eine auch nach den Regeln der ärztlichen Kunst nicht zu vermeidende Begeleiterscheinung bei der Herzdruckmassage, besonders bei älteren Leuten. Es stellt keine zu verurteilende Körperverletzung dar, weil

  • von mutmasslichem Einverständnis des Geschädigten auszugehen ist
  • hier unmittelbar ein Rechtsgut verletzt wird, um ein höherwertiges zu schützen, und zwar, und das ist wichtig, an ein und derselben Person!

Es ist NICHT verboten, Menschen im Rahmen der Herz-Lungen-Wiederbelebung ein paar Rippen zu brechen.
Es ist NICHT verboten, Menschen im Rahmen der Wiederbelebung 360 J Energieschocks zu verpassen
Es ist NICHT verboten, Menschen im Rahmen der Lebensrettung eine Nadel in den Körper zu stechen und Adrenalin hineinzuspülen.
Es IST verboten, andere Menschen zum Zwecke der Aussageerpressung zu foltern.

Siehst Du den Unterschied? Mutmassliches Einverständnis, und geringer Schaden als Preis für höheren Nutzen für den Geschädigten selbst.

Hier btw. Vorfälle aus den USA heranzuziehen, halte ich für gewagt - die sehen das da in vielen Dingen anders. Folter, Todesstrafe an Minderjährigen, Menschenrechtsverletzungen, willkürliche Massenmorde in fremden Ländern… Aber das soll hier nicht Thema sein. Soll nur heissen, eine Verurteilung wegen Rippenbrechens bei Wiederbelebung aus den USA ist in dieser Diskussion nicht viel wert - wobei Du ja selbst nur von einer Anzeige gesprochen hast, und anzeigen kann jeder jeden wegen allem so oft er will. Das heisst gar nichts.

Doc.

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Nun gib’ mal nicht so an …
Das Strafrecht muss so abgefasst sein, dass auch Laien verstehen können, wann sie sich strafbar machen.

Alle meine Ausführungen oben beziehen sich AUSSCHLIEßLICH auf
meinen fiktiven Fall, das mal vorweg.

Nein keineswegs. Dein Satz

Wenn also die Polizei davon ausgeht, das Leben eines Menschen, durch die Erpressung einer Aussage retten zu können, wäre der durchführende Beamte gerechtfertigt, also hätte sich nicht

strafbar gemacht.

stand deutlich vor Deinem fiktiven Fall. Und er ist - wie gesagt - sehr weitgehend.

Wenn ich nun auf jeden rechtsunkundigen Vorschlag zu meinen
Ausführungen detailiert Stellung nehmen wollte, müsste ich
hier erstmal die Systhematik des Strafrechts darstellen. Dann
müsste ich jeden einzelnen angezweifelten Punkt mit
kopierereien aus Kommentaren belegen, auch wenn dieser für
jemand mit dem entsprechenden Wissen gar nicht fraglich ist.

Wie gesagt, gib mal nicht so an. Folter durch den Notwehrparagraphen zu rechtfertigen ist auf keinen Fall etwas, das sich zweifelsfrei aus der Systematik des Strafrechts ergibt. Da kannst Du noch so sehr den Fachmann markieren und einzelne Dozenten finden, die das vertreten.

Zubeachten ist auf jeden Fall, auch wenn ich mich da
vielleicht missverständlich ausgedrückt habe - meine
Auslegungen beziehen sich AUSSCHLIEßLICH auf den von mir
dargestellten fiktiven Fall in seiner Klarheit,

s.o.

nicht z.B. auf
die Schleyerentführung, wo die Entführer selbst ja gar nicht
greifbar waren.

Du meinst also, wenn sie greifbar gewesen wären, wäre Folter erlaubt gewesen? Oder wenn nur jemand greifbar gewesen wäre, bei dem man davon ausgeht, dass er etwas mit der Entführung zu tun hat? Oder auch nur etwas davon weiß? - Na dann gute Nacht.


Auch der deutsche Richterbund schließt das vorliegen von
Rechtfertigungsgründen also nicht völlig aus.

Er argumentiert aber deutlich vorsichtiger als Du.

Nicht für ungut, Stefanie

Möglicher Weise doch

Aber darf man denn das eine Recht verletzen um das andere zu
schützen? Also darf man das Recht auf körperliche
Unversehrtheit brechen (durch Folter) um das Recht auf Leben
(verhindern des Erstickens des Jungen in seinem Versteck o.ä.)
zu schützen? Nein!

Wäre der „“""„folterknecht“""""" kein Polizist gewesen, wäre gar nicht die Rede von Folter.
Die eigentliche Frage ist, kann sich die Polizei als die Staatsmacht in einem solchen Fall auf die Rechtfertigungsgründe aus dem StGB berufen.
Nach diesen gilt grundsätzlich folgender Satz:

Man darf das Recht auf körperliche Unversehrtheit brechen um das Recht auf Leben zu schützen.

Bei dem sog. Finalen rettungsschuß, also dem Todesschuss zur Rettung einer Geisel, MUSS die Polizei sich in einigen Bundesländern sogar auf die Rechtfertigungsgründe berufen, weil es keine Ermächtigungsgrundlage gibt.

M.

Hallo Doc,

wir haben unsere Meinungen dargestellt und werden hier wohl nicht zusammenkommen.

Gut, da sind wir uns also einig - sind wir uns auch darin
einig, daß wir (als Land, als Gesellschaft) das, was wir
unseren Polizisten an Möglichkeiten an die Hand geben wollen,
nach rationalen Gesichtspunkten beurteilen sollten, gar
müssen? Rational zu sein heisst nicht, unmenschlich zu sein!

Daß dieser Polizist sich für seine Tat verantworten muß ist dir klar, ist mir klar und ist ihm klar. Da hab ich auch nichts anderes behauptet. Ich hoffe nur für ihn, daß er glimpflich davonkommt.

Wir diskutieren über die Verhörmethoden von Polizisten
gegenüber mutmaßlichen Gewaltverbrechern.

Nein, immer noch nicht. Wir diskutieren über diesen speziellen Fall. Gegen Verallgemeinerungen habe ich etwas.
Und ich sage es jetzt noch einmal. Ich finde unsere Gesetze zum Thema Gewalt, Folter, Menschenrechte ok. Glaubs mir einfach mal.

Dir als Sympathisant werfe

ich vor, deinen Verstand bei der Beurteilung dieser Situation
nicht zu gebrauchen, und nur auf Dein Vater(?)herz zu hören.

Das stimmt zwar, aber nicht ganz. Ich beurteile auch die Motive seiner Tat. Und das ist ja wohl legitim. Das macht auch jeder Richter. Und darauf hat der Polizist ein Recht.

Er hat nicht ein Menschenleben über seine persönlichen
Interessen gestellt, er hat es über unsere rechtsstaatlichen
Grundsätze gestellt, und über die Menschenrechte.

Mag sein. Aber wie schon gesagt, er hatte ein Motiv. Und das war nicht, sich zu bereichern, Vorteile für sich rauszuschlagen, die Welt zu verändern oder andere „niedere“ Motive. Er wollte helfen. Ist das für dich wirklich kein Unterschied?
Leider war sein Einsatz umsonst.

Das behaupte

ich zumindest - es obliegt den Richtern in diesem Fall, das
letztendlich festzustellen. Und das prangere ich an :smile: Du
kannst diesen Fall nicht so isoliert betrachten, wie Du es
versuchst;

Doch kann ich. Jeder Fall ist isoliert zu betrachten.

ihn nur auf den armen toten Jungen und den bösen

Verbrecher beschränken. Es gibt da noch andere Dinge, die eine
Rolle spielen, und genauso wenig vergessen werden dürfen.

Genau … das Motiv.

Trotz der sicher guten Absicht ist dieser Mann für mich kein
Held, sondern hat seinen Job schlecht gemacht. Er hat in einer
Extremsituation die obersten Prämissen seines Berufes nicht
beachtet, und seine eigenen Wertevorstellungen über die des
Gesetzgebers gestellt - das darf er nicht, und vor solchen
Polizisten habe ich Angst.

Na, übertreibst du hier nicht ein wenig? Zunächst ist es immer einfach am grünen Tisch zu entscheiden, wie wer sich in welcher Extremsituation (O-Ton Doc) falsch verhalten hat (soll keine allgemeingültige Entschuldigung für Fehlverhalten sein).
Zweitens kenn ich seine Wertevorstellungen nicht und du wahrscheinlich auch nicht. Vorverurteilungen sind auch nicht gerade das Gelbe vom Ei.
Drittens, Angst haben vor jemandem der Helfen wollte? Na, ja.

Das ist jetzt eine extreme Darstellung des Geschehens, nimm
sie als „die andere Blickrichtung“, nicht als non plus ultra -
die „Wahrheit“ liegt wohl wie so meist dazwischen.

Da hast du wohl Recht.

Gruß
Roland

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…nun wein mal nicht

Das Strafrecht muss so abgefasst sein, dass auch Laien
verstehen können, wann sie sich strafbar machen.

Ja na klar… was soll ich dazu sagen? Schon mal den §§ 242 StGB gelesen? das ist Diebstahl, hört sich schon nicht einfach an… gibts auch einen halben Wald an Kommentaren und Urteilen zu…

Alle meine Ausführungen oben beziehen sich AUSSCHLIEßLICH auf
meinen fiktiven Fall, das mal vorweg.

Nein keineswegs. Dein Satz

Wenn also die Polizei davon ausgeht, das Leben eines Menschen, durch die Erpressung einer Aussage retten zu können, wäre der durchführende Beamte gerechtfertigt, also hätte sich nicht

strafbar gemacht.

stand deutlich vor Deinem fiktiven Fall. Und er ist -
wie gesagt - sehr weitgehend.

Ich habs ja nochmal betont - ich habe mich da missverständlich ausgedrückt - GNADE

Wie gesagt, gib mal nicht so an. Folter durch den
Notwehrparagraphen zu rechtfertigen ist auf keinen Fall etwas,
das sich zweifelsfrei aus der Systematik des Strafrechts
ergibt. Da kannst Du noch so sehr den Fachmann markieren und
einzelne Dozenten finden, die das vertreten.

Lies einfach mal das was ich hier und im Rechtsbrett dazu geschrieben habe, keine Lust alles nochmal zu schreiben.
Und Zweifelsfrei ist im Recht ohnehin ziemlich wenig.

Zubeachten ist auf jeden Fall, auch wenn ich mich da
vielleicht missverständlich ausgedrückt habe - meine
Auslegungen beziehen sich AUSSCHLIEßLICH auf den von mir
dargestellten fiktiven Fall in seiner Klarheit,

s.o.

JA DOCH, ES TUT MIR LEID!!!

nicht z.B. auf
die Schleyerentführung, wo die Entführer selbst ja gar nicht
greifbar waren.

Du meinst also, wenn sie greifbar gewesen wären, wäre Folter
erlaubt gewesen? Oder wenn nur jemand greifbar gewesen wäre,
bei dem man davon ausgeht, dass er etwas mit der Entführung zu
tun hat? Oder auch nur etwas davon weiß? - Na dann gute Nacht.

Das meinte ich mit Unwissen:
Die Abwehrhandlung bei der Notwehr MUSS gegen den Angreifer gerichtet sein nicht gegen irgendwen.
Der hinweis würde sich bei jemand der weiss um was es geht schon mal erübrigen.


Auch der deutsche Richterbund schließt das vorliegen von
Rechtfertigungsgründen also nicht völlig aus.

Er argumentiert aber deutlich vorsichtiger als Du.

Ich habe schon in der Überschrift geschrieben KANN gerechtfertigt sein. Ich habe auch in meinen Ausführungen darauf verwiesen, dass ein Urteil ganz anders ausfallen kann, als ich dass hier durchprüfe/darstelle. Ein Urteil in diesem Fall ist gleichzeitig ein politikum, da ist alles möglich. Mord z.B. verjährt nur deshalb nicht, weil man in einem bestimmten Fall einen altnazi drankriegen wollte. Da hat man die ursprünglichen Spielregeln beim BGH etwas neu ausgelegt.
Ich wollte hier lediglich dem empörten FOLTER!!! Stammtischgeschrei mal halbwegs fundierte Argumente entgegensetzen und zeigen, dass die ganze Sache sooo abwegig und eindeutig bei weitem nicht ist. Auch wenn es jemandem der nichts davon versteht auf den ersten Blick nicht einleutet.

M.

Verständlich, aber moralisch fragwürdig
Hallo Jochen,

Ich glaube, Du hast mich nicht recht verstanden! Ich habe mich
wohl deutlich genug ausgedrückt, daß ich solche Methoden nur
anwenden würde um mein Kind zu retten!
Mit Rache hat das doch nun wirklich nichts zu tun.

ich kann das durchaus verstehen. Jeder würde wohl gegen Gesetze verstoßen um sein Kind zu retten.
Da triffst du aber für dich die Wertung, dass du und dein Kind mehr wert sind als alles andere. Ist verständlich.
Genau das darf der Staat aber nicht tun. Wenn er es tut ist das ganze fragwürdig. Im akuten Fall vielleicht sogar so, dass der Kerl eventuell sogar auf freien Fuß kommen könnte, weil schlichtweg hier diese Geschichte passiert ist. (Ich will es nicht hoffen, möglich aber wäre es.)

Ich meine, hier herrschte ein übergesetzlicher
Notstand. Es war schon bekannt, daß er das Kind entführt
hat. Nur wußte man noch nicht, daß der kleine Jakob schon tot
war. Der Entführer narrte die Polizei mit immer weiteren
angeblichen Verstecken.
Es war also höchste Eile geboten, wenn man ihn noch retten
wollte. Es sind schon genügend Entführungsopfer jämmerlich in
Erdlöchern und sonstigen qualvollen Verliesen umgekommen, weil
man ihr Versteck nicht rechtzeitig gefunden hat.

Einen Übergesetzlichen Notstand gibt es nicht.
Mit dieser Argumentation ließe sich sonst fast alles begründen.

Gruß Ivo

Übergesetzlichen Notstand gibs … aber…
… nicht in diesem Zusammenhang

Ganz stark vereinfacht erklärt:

Er ist ein nicht normierter Schuldausschließungsgrund, kein rechtfertigungsgrund, steht also nirgendwo.
Hier gibt es keinen Angreifer. Ein Mensch muss sich jedoch zu einer Tat entscheiden, um andere, unschuldige Menschen zu retten, wofür jedoch wieder andere, unschuldige Menschen sterben müssen.

Grund für einen übergesetzlichen Notstand waren die Tötungsfälle in der NS-Zeit; Ärzte mußten hier einige töten, um viele retten zu können.

Theoretisches Bsp.:

A ist weichensteller. Ein Zug mit 100 Fahrgästen rast auf eine Weiche zu. Biegt er rechts ab stürzt er von der soeben zusammengebrochenen Brücke, biegt er links ab werden 15 Bahnarbeiter hinter der nächsten Ecke dran glauben müssen.

A läst den Zug links abbiegen. Er geht straflos aus.

Fragt bitte nicht was passiert wenn er rechts abbiegt - glaube das ergebnis ist gleich, bin mir nicht mehr sicher…

Kann man weiterspinnen Bahnarbeiter B sieht was gleich passieren wird und er schießt den A bevor er die weiche nach links stellen kann um seinen Kumpel K zu retten…gerechtfertigt durch Nothilfe? Aber 100 Leute sterben doch… Wat nu… Naja so ists mit dem Strafrecht, ich denke das wären so 2-3 o mehr Seiten schreibarbeit, wenn ich die Lösung noch drauf hätte…

M.

zweifelsfrei
korrekt!

Ach ja - für jene welche jetzt schnell nachsehen wer sich überhaupt diese zustimmende Äusserung erlaubt - ich besass, als ich noch in Deutschland lebte die CIS GmbH. Dies war ein Unternehmen im Personen- und Objektschutz. Da dieses Gewerbe aber, in allen Ländern (zu recht) genehmigungsbedürftig ist und ich eine solche Genehmigung in der Schweiz nicht anstrebte, habe ich diese Firma in Deutschland an einen seriösen Mitbewerber verkauft. Ich gebe also damit an, durchaus - in diesem Falle - rechtskundig zu sein :smile:

Und ich gebe dem Mike Meier jetzt auch noch ein kleines Sternchen:smile:)

Noch ein Artikel aus der SZ…
http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/getArticleSZ.p…

warum nicht mittelalter?
hi,
in der tat - wir aufgeklaerte menschen haben nen drang zu humanitaet…

aber folgendes szenario: ein diebstahl = strenge verwarnung. naechster diebstahl = 1 finger ab, naechster diebstahl = naechster finger ab… etc etc
we du dann also einem siebenfingrigen begegnest, dann weisst du automazisch: aha, vorsicht - der hat schon viermal geklaut!
wird vielen nicht gefallen, aber was spricht eigentlich dagegen?
gruss
khs

Hallo Mike!

Das ist die entscheidende Passage Deines Postings:

…aber da die Polizisten das nicht wussten, könnte im Realfall :ein Erlaubnistatbestandsirrtum vorliegen…

Ich muß weder Jurist sein, noch überhaupt etwas von der Systematik des Strafrechts verstehen, um zu erkennen, was die praktischen Folgen einer Freigabe der Folter unter welchen Umständen auch immer sind. Ganz abgesehen von irgend welchen int. Konventionen und auch abgesehen von der grotesken Vorstellung, mit Gewalt der Wahrheitsfindung dienen zu wollen, gibt es nur eine Richtung, um Schmerzen zuzufügen: Das Schienbein derjenigen, die unter Hinweis auf ihre lächerlichen juristischen Kenntnisse anderen die Urteilsfähigkeit absprechen. Deine arroganten Ausführungen machen mich geradezu wütend. Wenn man derartige Scheunentore für den Mißbrauch von Gewaltanwendung öffnet, ist es unmöglich, die Grenze zu ziehen. Dann ist das Geschehen des Verhörs in das Gutdünken des Beamten gestellt. Und weil er nicht wissen konnte…annnehmen mußte…nach Würdigung des Sachverhalts… der Mißbrauch heißt dann Erlaubnistatbestandsirrtum.

Um es lax auszudrücken, Bernd, mit juristischen Kenntnissen kann man sich für die Folgenabschätzung gehackt legen. Es reicht die Kenntnis menschlicher Schwächen, um die augenblicklich herein brechende Katastrophe im Voraus zu sehen. Gewalt ohne Kontrolle (nicht nur die Möglichkeit physischer Gewalt) wird augenblicklich mißbraucht. Was willst Du den tausenden Opfern der Erlaubnistatbestandsirrtümer hinterher sagen? Welches Verhältnis von Staat, Polizei und Bürger soll das Ergebnis sein?

Wie stur unbelehrbar muß jemand sein, der nach 1000 Jahren Erfahrung mit dem Ergebnis, der Wahrheitsfindung dient die Folter nicht, weiter zur Wahrheitsfindung foltern will!?

Wie faktenresistent muß man sein, um ausgerechnet einen Fall zum Befürworten der Folter heran zu ziehen, wo das Kind längst tot war, wo es nichts mehr zu retten gab, wo der klassische Fall des Erlaubnistatbestandsirrtums vorliegt!? Die verzweifelt hilflose Lage der Ermittler ist gewiß nachvollziehbar. Emotionen sind nachvollziehbar. Es ist aber nicht nachvollziehbar - und wieder muß man zur Beurteilung kein Jurist sein - ein untaugliches Mittel zur Wahrheitsfindung zu legalisieren. Wann geht es endlich in die Schädel, daß Gewalt und Wahrheit Antipoden sind?

Es ist schon schwer genug, in der vergleichsweise überlegt-ruhigen Atmosphäre einer Gerichtsverhandlung die Wahrheit zu finden, obwohl dabei Monate, Jahre, Sachverstand, Gutachter und alle nur denkbaren Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Und nun soll in einer emotional geladenen Situation ein Sachbearbeiter oder Polizist auf die Schnelle per Gewalt die Wahrheit aus einem Verdächtigten herausfoltern…

Ich halte es für höchst bedenklich, daß ausgerechnet Leute mit juristischen Kenntnissen solchem Unfug das Wort reden. Diese Leute verweigern sich der Erkenntnis, daß man sich in der Hilflosigkeit mit Gewaltanwendung Luft schaffen kann, sich aber kein Problem lösen läßt, indem man einen Verdächtigten foltert.

Und weil Dir an den Kenntnissen der Rechtssystematik so viel liegt, sollte sich Dir der Magen umdrehen beim Gedanken, ohne Urteil, ohne Gerichtsverfahren, nur in das freie Ermessen von Polizisten gestellt, Menschen auf Verdacht (es sind Verdächtigte, keine Verurteilten!) foltern zu dürfen, weil sie glauben, ein höheres Rechtsgut zu schützen.

Es lebe der Erlaubnistatbestandsirrtum!

Gute Nacht!
Wolfgang

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…anscheinend doch, da Dus nicht verstanden hast
Eine sehr hübsche, flammende Rede, die am Thema vorbei schreibt, da es sich im Sachverhalt, im realen, sowie im fiktiven nicht um den Gebrauch von Gewalt zur Wahrheitsfindung dreht, sondern um den Gebrauch von Gewalt zur vermeintlichen, bzw. Rettung eines Menschen, der in dieser, möglicher Weise legalen Konstruktion nur alle X - jahre einmal vorkommt.
Zur Wahrheitsfindung, wie Du schreibst, kann die Gewaltanwendung KEINESFALLS legitimiert werden.
Zur Menschenrettung jedoch gibt es theoretische Lösungsansätze nach der herrschenden Rechtslage, die ich hier aufgezeigt habe und die juristisch versierteren Menschen offensichtlich bekannt sind, sonst hätten wir keine Diskussion. Wo die Grundlagen dieser Diskussion liegen habe ich hier mal aufzeigen wollen.
Einige werden das verstanden haben, Du offensichtlich nicht.

Wie die Sache gelöst wird, werden denn die Gerichte entscheiden.

Ich persönlich kann den Beamten die sich zu diesem Schritt entschlossen haben nur Hochachtung zollen, da sie sich bewußt und dokumentiert in eine rechtliche Grauzone bewegt haben um einen Menschen zu retten. Das beweist Mut, der sie je nach Verfahrensausgang den Kopf kosten kann. Wäre der Junge dadurch gerettet worden.
Ich hätte mich das wohl nicht getraut, das gebe ich zu.

M.

we du dann also einem siebenfingrigen begegnest, dann
weisst du automazisch: aha, vorsicht - der hat
schon viermal geklaut!
wird vielen nicht gefallen, aber was spricht eigentlich
dagegen?

Die wahrscheinliche Diskriminierung von Unfallopfern und Sägewerk-Mitarbeitern!
Und die fehlende Entschädigungsmöglichkeit für Justizirrtüme. Das jemand unschuldig im Gefängnis sass erkennst Du nicht vom Hingucken, wenn dem Unschuldigen dann aber ein Finger fehlt hat er sofort den schlechten Ruf weg. Nebenbei wenn genug Finger fehlen nimmt man damit dem Dieb jede Möglichkeit einer ehrlichen Arbeit nachzugehen weil er ja nur mit einer Hand die wenigsten Arbeiten erledigen kann.

Reicht das erst mal?

Greetings,
Michaela

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