Hi Pendragon,
nachdem wir jetzt ganz toll heruasgezogen haben, daß ich offensichtlich „Stammtisch“ rede und du die betreibswirtschaftlich durchdachte Seite vertrittst, sehe ich mich eigentlich, und jetzt wunder dich, absolut bestätigt.
Nein, im Gegenteil. Die Unternehmen sägen einen Ast ab, um den
Rest zu retten. Dass die Leute, die grade auf dem Ast sitzen,
dann mit runterfallen, ist natürlich bedauerlich. Jedoch gibt
es grade in großen Unternehmen in solchen Fällen Sozialpläne
etc. um Entlassungen möglichst sozial verträglich zu
gestalten.
Fang wir doch mal von vorne an: Warum funktionierte plötzlich die industrielle Revolution und warum hatten die englischen Sockenstricker und die schlesischen Tuchweber Unrecht?
Ganz einfach: durch die Industrialisierung wurden die Produkte preiswerter, mehr Leute konnten sich die Produkte kaufen, die Anzahl der Arbeitsplätze stieg und und es fing eine Spirale an sich drehen!
Dann wurde die Betreibswirtschaft erfunden und Studenten darin ausgebildet. Vormals waren Unternehmer da, die die Firmen aufgebaut hatten, eine persönliche Beziehung zu Produkt und Mitarbeiter und eine soziale Verantwortung hatten und wahrnahmen.
Dann kamen die BWL-Studenten und sahen nicht mehr den Arbeiter, seine Kaufkraft und die Abhängigkeit des Unternehmens von ihm als Kapital, Ressource, Kunde, sondern nur noch den Kostenfaktor Lohn.
Kleine Summen zu sparen ist eine Kunst, die kaum einer beherrscht und es dauert zugegebener Massen lange. Große Summen zusammenzustreichen ist leichter. In vielen Betrieben sind die Lohnkosten der größte Batzen und deshalb wird dort gern herumgekürzt.
Folge:
- Jeder Arbeiter, der seinen Job verliert, kürzt seine Konsumausgaben
- Der rückläufige Konsum, verringert die Nachfrage nach Investitionsgütern.
- die sinkende Nachfrage nach Investitionsgütern führt zu Kostenersparnissen.
- Die Kostenersparnis die (nach deiner Meinung) schnellstens wirkt, ist die Entlassung.
- fahre fort bei 1.
Gegenargument:
- Jeder Arbeiter, der seinen Job behält und dessen Firma sich seine Kompetenz und Loyalität sichert hat die besten Voraussetzzungen beim anziehen der Konjunktur flesibel, schnell und konkret am Aufschwung mitzuarbeiten und mitzuverdienen.
- Der Mitarbeiter, dem versichert wird, daß seine Firma ihn nicht als Kalkulationsmasse missbraucht, wird sein Konsumverhalten beibehalten und je größer die sicherheit ist, auch noch steigern (z.B. ein Haus bauen)
- Wie man sieht kurbelt letztlich der kleine Mitarbeiter den Konsum an, was wieder zu erhöhten Investitionen führt.
- dieses führt zu Nachfrage bei Investitionsgütern.
- dieses führt zu mehreinstellungen (auch unglernter Kräfte)
- dieses führt zu mehr Konsum
- fange bei 1. wieder an.
Wenn die großen Firmen, anstatt sich mit der Konkurrenz auseinanderzusetzen und sie am Markt zu besiegen, diese einfach aufkaufen, dann vernichten sie einerseits Barkapitalreserve für schlechte Zeiten und desweiteren durch die Konsolidierung Arbeitsplätze.
Bei Vernichtung von Ar4beitsplätzen siehe ganz oben 1.
Eine Strategie bringt noch nicht automatisch neue
Arbeitsplätze. Diese entstehen erst durch die Realisierung und
kosten zunächst einmal Geld, also Investitionsmittel. Falls
die Gewinnsituation eines Unternehmens es nicht zulässt, diese
Investitionsmittel aus einger Kraft aufzunehmen, muss über den
Kapitalmarkt fremdfinanziert werden. Hierzu müssen jedoch
einerseits ausreichend Sicherheiten vorhanden sein, zum
anderen muss es eine vorsichtige, strategische Planung geben,
die realistisch den Umfang der Aufwendung mit den erhofften
GEwinnen einschätzt. Falls dies nicht passiert, hast du eine
Luftblase und langfristig eine Todgeburt, wie es bei vielen
Unternehmen im Bereich Neue Medien passiert ist. Dort wurden
innerhalb kürzester Zeit jede Menge Stellen geschaffen, die
genau so schnell wieder verpufft sind, wie sie entstanden
sind.
Für eine Neugründung eines Unternehmens geb ich dir durchaus recht, aber nicht für eine jahrzehntealte Firma. denn diese sollte in einem permanenten Prozess der Fortentwicklung sein.
Meinst du Dr. Oetker wäre heute das, wenn er dabeigeblieben wäre nur Backpulver zu machen?
Glaubst du Bertelsmann wäre heute das Unternehmen, wenn es dabeigeblieben wäre, nur einen Buchclub zu betreiben?
Und glaube mir in beiden Firmen sitzen hunderte von Leuten, die sich Gedanken machen, wie die Produkte und Produktpaletten weiterentwickeln lassen.
Und wenn es nötig ist, die MA weiterzubilden, dann tun die firmen dies und hoffen nicht, daß die MA es selbst tun.
Vielleicht bringt ja erst die Firmenpolitik, die
Produktpolitik, die Zukunftsplanung, die gesamte
Unternehmensstrategie, dieses Unternehmen erst dazu, daß der
Arbeitnehmer nicht in der Lage ist mit seiner Arbeit Zitat:
zumindest langfristig zu einem positiven Betriebsergebnis
beiträgt. Zitat Ende
Das kann sicherlich sein, nur kann man hier keine pauschalen
Aussagen treffen, dazu müsste man sich jedes Unternehmen
einzeln anschauen. In manchen Unternehmen kann der
Managementfehler zum Beispiel grade darin liegen, dass eben
nicht rechtzeitig entlassen und Unternehmensbereich
nicht rechtzeitig abgestoßen oder verkleinert wurden.
Wenn vorher am Produkt und am Konzept und an der Zukunft vernünftig gearbeitet worden wäre, wären diese Firmen doch garnicht erst in die Verlegenheit gekommen, daß die Kosten übermäßig steigen und Entlassungen als einzige Rettung der Firma zur Debatte standen.
Jeder Arbeitnehmer, **der mehr kostet, als er
erwirtschaftet, ist auf lange Sicht gesehen**
ein Sargnagel für
die Privatwirtschaft.
Also entlassen wir doch alle Arbeitnehmer, dann geht es den
Firmen doch Gold?
Vielleicht liest du meinen obigen Satz nochmal, inklusiver
meiner nachträglichen Hervorhebung.
Schon verstanden! Verbirgt sich nicht dahinter das Argument:
Runter mit den Löhnen? Der Effekt davon wäre? Klar siehe ganz oben 1.
Auch Arbeitnehmer machen Fehler, z.B. indem sie sich weigern,
sich fortzubilden. So haben viele Arbeitnehmer sogar das
gesetzliche Recht auf Fortbildungsmaßnahmen
(Forbildungsurlaub). Was meinst du, wieviel diesen von sich
aus in Anspruch nehmen ? Und was meinst du, wieviele
begeistert „hier“ schreien, wenn es heisst, wer fährt zur
Schulung ? Wir leben nun mal nicht mehr in Zeiten, in denen
das, was einer mal in seiner Ausbildung gelernt hat, ein leben
Lang ausreicht, um einen Arbeitsplatz zu sichern.
Wenn denn Segelkurse zur betrieblichen Fortbildung gereichen?
(Sorry, aber das Argument ist genauso wertvoll, wie deins) Denn wenn ein Arbeiter eine neue Maschine bedienen soll und dafür sogar einen Lohnzuschlag erhält, wird er gerne zur Schulung fahren. Aber was sollen Mehmet und Andi und die Clique mit nem Kursus von der Gewerkschaft anfangen?
UND NICHT DER Vorstandsvorsitzende
verbraucht soviel, daß alle leben können, sondernd er
Arbeitnehmer! Wann kapiert das endlich mal jemand.
Sicher gibt es Vorstandsvorsitzende, die zuviel verdienen.
Nur, ich kenn auch nicht allzuviele Leute, die sich um diesen
Job reißen würden, trotz der hohen Bezahlung.
Viel fataler find ich in diesem Zusammenhang, dass
Aufsichtsräte etc. häufig Politiker sind. Diese Verquickung
von Wirtschft und Politik gehört meiner Meinung nach verboten.
Ich hab nicht über den Verdienst gesprochen, sondern darüber, daß ein Vorstandsvorsitzender ohne Arbeitnehmer nicht den Konsum hervorbringt, den seine Arbeitnehmer hervorbringen, aber die hat er ja aus Kostengründen entlassen. Und jetzt wundert er sich, daß keiner mehr sein Zeugs kauft! Und der Berater rät zu Entlassungen. Upps, da sind ja keine Arbeiter mehr? Was nun Berater und Betreibswirt?
Sie oben: Die Umsetzung neuer Ideen kostet in erster Linie mal
Geld. Bis sich so ein neuer Unternehmenszweig amortisiert
gehen häufig mehrere Jahre ins Land.
Noch so ein betreibswirtschaftlich sinvoller Schluß:
die Umsetzung von Ideen kostet Geld, also keine Ideen, also viel Geld gespart!
Innovation muss in erster
Linie einmal finanzierbar sein. Zudem ist es oftmals so, dass
man Arbeitnehmer aus „alten“ Bereichen, die im Niedergang
begriffen sind, nicht atomatisch in „neuen“ Bereichen
einsetzen kann.
Huch, da kam doch ne wirtschaftliche entwicklung plötzlich und unerwartet! Was hat die Firmenkleitung denn gemacht? Den markt beobachtet und vorausschauend gehandelt oder gepennt?
So findet ein arbeitsloser Werft- oder
Stahlarbeiter eben nicht automatisch einen neuen Job als
Programmierer.
Das Problem ergibt sich doch erst, wenn die Firmenleitung so doof war, die Werft nicht rechtzeitig dem Markt anzupassen!
Andere, zum Beispiel staatliche Bedingungen
tragen ein weiteres dazu bei.
Aaahhh, da haben wir einen neuen Täter: der erste der Arbeiter kostet zuviel, und der zweite der Staat, macht die falschen Bedingungen!
Jemand der weiss, dass er einen
Arbeitnehmer, wenn er ihn erstmal eingestellt hat, kaum je
wieder los wird, wird mit Einstellung sehr zurückhaltend sein.
Jemand der einen Arbeiter als kurzfristiges Investment betrachtet handelt offensichtlich auch kurzfristig, wenn erlangfristig denken würde, dann könnte er auch langfristig mit dem Kostenfaktor Arbeiter rechnen und wüßte, daß die Investition in den neuen nicht rückgängig gemacht werden muss.
Die Einstellung, die du hier vertrittst, ist zwar in der
Durchschnittbevölkerung realtiv verbreitet und populär,
allerdings ist dies IMHO nicht so, weil sie „Wahrheiten“ in
sich birgt, sondern weil sie schnell und ohne sich intensiver
mit dieser komplexen Materie auseinandersetzen zu müssen,
einen Sündenbock liefert, der auf jeden Fall schonmal weit von
der eigenen Nase entfernt ist.
Du lieferst ja 2 Sündenböcke den Arbeiter und den Staat. Ich schrieb hier schonmal: Unternehmer gibt es nicht mehr, sondern nur noch Kapitalverwalter.
Ein aktuelles Beispiel: Bertelsmann. Warum ging Middelhoff und warum setzt sich plötzlich die alte Riege wieder in die Sessel?
Weil es hier um einen Wert geht, den die Gründer Herr und Frau Mohn anders betrachten, als Herr Middelhoff. Und sie wollen das Wohl der Firma nicht abhängig machen von zockenden Fonds und spinnerten Kapitalmarktspekulanten. Das Geld was Bertelsmann braucht, wird verdient, wei eh und je und dort waren Arbeitnehmer immer Menschen und kein Verschiebebahnhof Kosten. Ebenso Oetker und Miele und Claas, alles Globalplayer die keine Aktienmärkte brauchen, weil sie traditionell Geld verdienen und ihre Mitarbeiter schätzen.
gruss
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