Hi,
natürlich hast du Recht. Das ist der Status quo. Man kann
normalerweise nicht aufgrund privater Probleme von der Arbeit
daheim bleiben. Aber um ehrlich zu sein, finde ich das selbst
fürs Berufsleben, sprich für Erwachsene zu hart. Schon diese
Grenzziehung, alles womit man zu einem Arzt gehen sollte
(inkl. Burnout), ist nicht so „privat“, da hat der Arbeitgeber
zu akzeptieren, dass man wenn nötig zu Hause bleibt. Alles
andere sind private Luxusprobleme (oder so), womit ich meinen
Arbeitgeber nicht zu behelligen habe.
Hi,
irgendwo muß doch eine Grenze gezogen werden und zwar eine Grenze die die Allgemeinheit tragen kann. Auch Erkrankungen sind ja zunächst privat, aber die Allgemeinheit trägt sie, man kann aber weder von der Allgemeinheit, noch von den Kollegen erwarten, das sie jedes Problem zu tragen haben.
Ich finde es auch ein Stück weit unfair, wenn man alles abwälzen möchte. Es gehört zum Leben auch durch harte Zeiten zu müssen, das Leben ist eben kein Ponyhof.
Irgendwie ist das wohl
gesellschaftlicher Konsens, aber ich fände es richtig, wenn
sich da was ändert.
Wir sind in einem Land, das sehr viele Freiheiten diesbezüglich läßt, beispielsweise bei Krankheit. In vielen anderen Ländern, auch westlichen, besteht keine so gute Sozialabsicherung. Ich denke nicht, daß wir das überstrapazieren sollten. Ist aber auch ein anderes Thema.
Ein wenig tut sich da auch was. Es wird ja
zum Teil schon akzeptiert, das man mal einen Tag zur
Kinderbetreuung daheim bleibt, weil irgendwas Unerwartetes das
nötig macht (obwohl wahrscheinlich ein krankes Kind wiederum
eher als Grund akzeptiert wird, als ein ausgefallenes
Kindermädchen).
Ist das Kind krank, besteht die Freiheit für einen gewissen Zeitraum im Jahr, „Kinderkrankzeiten“ zu nehmen, das zahlt die Krankenkasse. Bei darüber hinaus dauernden Krankheitstagen, bzw. Ausfall Kindermädchen wird man wohl seinen Urlaub opfern müssen.
Was macht denn bitteschön einen beim Joggen
verstauchten Fuß weniger „privat“, als z. B. eine handfeste
Ehekrise, die einen ein paar Tage lang komplett runter zieht.
Ich sehe da durchaus einen Unterschied. Und genau deshalb finde ich das Verhalten von Sine nicht gut, es bereitet nicht auf das reale Leben vor.
Richtig ist, dass beim verstauchten Fuß die Krankenkasse
zahlt, bei einer Ehekrise selbstverständlich nicht. Und
natürlich meine ich nicht, dass der Arbeitgeber seinem
Angestellten Gehalt zahlen soll, wenn dieser wegen einer
Ehekrise daheim bleibt. Mir geht es schlicht um die
(unterschiedliche) Bewertung: Eine Krankheit mit der man zum
Arzt geht, ist Grund genug und vom Arbeitgeber zu akzeptieren.
Alles andere ist privat (und meist eh nicht so ernst) und man
hat seinen Arbeitgeber damit nicht zu behelligen.
Für mich hat das nichts mit „nicht ernst genommen“ zu tun. Für mich hat das etwas mit Verantwortung zu tun. Bin ich krank, hat mein Chef, die Krankenkasse die Verantwortung mich eine Zeit lang zu unterstützen. Meine Verantwortung ist es aber, meine privaten Probleme auch privat zu lösen und weitestgehend aus dem beruflichen Bereich herauszuhalten. Und auch bei tiefgehenden Beziehungsproblemen haben die meisten Chefs, die ich kennengelernt habe, bis zu einem gewissen Grad Verständnis.
Umsomehr bin ich natürlich der Meinung, dass es nicht richtig
ist, wenn schon Kindern suggeriert wird, dass es weniger
wichtig ist, sich z. B. mit seinem besten Freund
auszusprechen, als eine Erkältung auszukurieren.
Das macht doch auch niemand. Nur kann man seinem Kind durchaus auch lernen, das man seine privaten Probleme nach seinen Pflichten lösen kann.
Und dass die
Traurigkeit über Omas Tod nicht Grund genug ist, einen Tag
daheim zu bleiben, ein wenig Kopfschmerzen aber schon.
Das stimmt so nicht. Zumindest zu meiner Schulzeit konnte man sich wegen des Todes eines nahen Verwandten beurlauben lassen, für die Beerdigung auch.
Deswegen finde ich es gut, wenn man, wie sine erzählt hat, bei
Problemen in der Familie auch mal sagt: Komm wir nehmen uns
einen Tag Zeit, um das zu klären.
Das sehe ich nur bedingt so. Wie würdest Du das machen? Würdest Du einfach „blau“ machen, Dir eine falsche ärztliche Bescheinigung ausstellen lassen, Urlaub nehmen oder eine Klärung an einem freien Tag vornehmen?
Ich bin zwar grundsätzlich
auch der Meinung, dass man sowas nicht unbedingt während der
Schulzeit machen sollte, sondern wohl meist auch aufs
Wochenende legen kann.
Eben.
Aber ich denke, es gibt Situationen, wo
das nicht geht und wo es nötig ist für so eine Klärung der
Situation ganz bewusst aus dem Alltag auszubrechen.
Das sollten aber Ausnahmesituationen sein, die vielleicht ein oder zweimal in der Schulzeit vorkommen können, aber häufiger? (So verstehe ich Sines Schilderung zumindest)
Ich gebe zu, dass sines Schilderung der Shopping-Tour vermuten
lässt, dass das eher als Bestechung dient. Sohnemann oder
Töchterchen stellt sich stur, also bietet man einen Tag
schulfrei mit shoppen an, um an sein Kind ranzukommen. Das
halte ich nun auch nicht für die beste Methode (auch wenn ich
verstehen kann, dass man sich vielleicht manchmal nicht anders
zu helfen weiß). Ich bin aber auch nicht sicher, ob das bei
sine wirklich so war, oder vielleicht nur so klingt.
Für mich klingt es so und ich halte das für eine gänzlich falsche Methode. Ich habe bisher noch kein einziges Kind oder jungen Erwachsenen kennengelernt, dem diese Laissez-faire-Erziehung auf Dauer gut getan hat. Meist gibt es spätestens im Arbeitsleben Probleme. Womit ich nicht sagen möchte, das es nie funktionieren kann.
Gruß
Tina