Soziale Gerechtigkeit

Hallo,

wer kann mir eine knackige, lexikonfähige Definition von „sozialer Gerechtigkeit“ geben? Und nein, ich habe keine entsprechende Hausaufgabe.

Gruß,
Andreas

Moin,

spricht etwas gegen die Definition von Wiki?

Soziale Gerechtigkeit bezeichnet ein Leitbild einer Gemeinschaft, in der die Verteilung ihrer Güter den vorherrschenden ethischen Prinzipien dieser Gemeinschaft entspricht.

http://de.wikipedia.org/wiki/Soziale_Gerechtigkeit

Gruß
Marion

Soziale Gerechtigkeit bezeichnet ein Leitbild einer
Gemeinschaft, in der die Verteilung ihrer Güter den
vorherrschenden ethischen Prinzipien dieser Gemeinschaft
entspricht.

…entsprechen sollte–graue theorie.
…die verteilung ihrer güter den vorherrschenden machtpolitischen prinzipien entspricht–reale wirklichkeit.

womit wir bei der Frage wären, inwieweit sich „ethische“ und „machtpolitische“ Prinzipien unterscheiden…

gruß

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Soziale Gerechtigkeit bezeichnet ein Leitbild einer
Gemeinschaft, in der die Verteilung ihrer Güter den
vorherrschenden ethischen Prinzipien dieser Gemeinschaft
entspricht.

…entsprechen sollte–graue theorie.

Das ist weniger eine Theorie, als ein Ideal. In der Definition steht ja auch, dass es ein Leitbild bezeichnet, und nicht die Realität.

Gruß
Marion

im übrigen kommt es daruf an, WAS man als gerecht empfindet

ICH fände es extremst ungerecht, dass ich Alles an die Habenichtse dieser Gesellschaft abgeben sollte, was ich mir hart erarbeitet habe.
Insoweit empfinde ich es als soziale Gerechtigkeit, dass die Güter und Dienstleistungen individuell an die jeweilige Lebensphase des Einzelnen angepasst werden.

was NICHt bedeutet, dass ich für die Vorenthaltung bin, aber ich bin eben GEGEN die sozialistische Gleichverteilung des Individualeigentums

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Diskussion über Soziale Gerechtigkeit
Zunächst vielen Dank für die bisherigen Beiträge. Mir war klar, dass es zu einer Diskussion darüber kommen würde. Genau aus einer solchen stammt auch meine Frage.

Aber auch Wikipedias/Marions Definition befriedigt nicht, weil sie nur eine neue Diskussion über die vorherrschenden ethischen Grundsätze heraufbeschwört - wie auch geschehen.

Kann es also sein (mein Anfangsverdacht), dass der Begriff nicht definierbar ist und genau deswegen in der politischen Diskussion so erfolgreich?

Polemische Definition von mir: Sozial gerecht ist, wenn niemand mehr hat als ich.

Gruß,
Andreas

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Hallo Andreas,

Kann es also sein (mein Anfangsverdacht), dass der Begriff
nicht definierbar ist und genau deswegen in der politischen
Diskussion so erfolgreich?

Das trifft es wohl ziemlich genau. Jeder definiert es so, wie es ihm in den Kram passt. Ein ganz ähnliches Beispiel ist das gerechte Steuersystem.

Ralph

Genau: Leitbild

Moin,

spricht etwas gegen die Definition von Wiki?

Soziale Gerechtigkeit bezeichnet ein Leitbild einer
Gemeinschaft, in der die Verteilung ihrer Güter den
vorherrschenden ethischen Prinzipien dieser Gemeinschaft
entspricht.

Auch Moin,
das ist eben nur ein Leitbild (ist für mich wie eine Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn)und …die Verteilung der Güter…, das heißt ja nicht alle Güter zu jeder Zeit in jedem Fall verteilen, sondern (für mich jedenfalls) je nach persönlichen Verhältnissen und Bedürfnissen. Daher finde ich die Definition gut.

Grüße
Buterbollen

Moin,

Aber auch Wikipedias/Marions Definition befriedigt nicht, weil
sie nur eine neue Diskussion über die vorherrschenden
ethischen Grundsätze heraufbeschwört - wie auch geschehen.

Dass muss auch so sein, denn der Begriff „soziale Gerechtigkeit“ ist ein allgemeiner Begriff, dass heißt, seine Definition muss für jedes beliebige soziale System zutreffend sein. Dies wäre aber nicht mehr so, wenn den Begriff „Ethik“ konkretisieren würde.

Was ein soziales System jeweils als Ideal im ethischen Sinn ansieht, dürfte von System zu System unterschiedlich sein und auch einem Wandel im Laufe der Zeit unterliegen. Dies kannst du also nur für ein ganz bestimmtes soziales System zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt konkretisieren.

Das hat dann aber nichts mehr mit deiner Ausgangsfrage nach der Definition von „sozialer Gerechtigkeit“ zutun und im Übrigen auch nichts damit, was nun jeder einzelne hier so für sich persönlich unter sozialer Gerechtigkeit versteht, denn der einzelne für sich ist nunmal kein soziales System.

Allerdings geht das bereits in der Familie los, wenn z.B. darüber diskutiert wird, wer wieviel Geld aus dem Familieneinkommen erhält (Taschengeld etc.) und ob z.B. dafür gewisse Gegenleistungen erwartet werden (Mithilfe im Haushalt usw.).

Gruß
Marion

Hallo Andreas,

Kann es also sein (mein Anfangsverdacht), dass der Begriff
nicht definierbar ist und genau deswegen in der politischen
Diskussion so erfolgreich?

Wer die politische Diskussion verfolgt, wird Dir kaum widersprechen können.
Die einen meinen damit die Ertragsgerechtigkeit (wer viel oder hochwertig arbeitet, soll auch viel verdienen),
die anderen meinen die Verteilungsgerechtigkeit (wer viel hat, soll abgeben).
Weil niemand die Soziale Gerechtigkeit allgemein anerkannt definieren kann, wird in der politischen Diskussion mit dem an Beispielen festgemachten Gegenteil, der sozialen Ungerechtigkeit, hantiert, mit der sich leicht plebiszitäre Zustimmung erzielen kann.
Ich persönlich sehe darin allerdings wegen der bekannten Doppeldeutigkeit bewußte Falschmünzerei.

Polemische Definition von mir: Sozial gerecht ist, wenn
niemand mehr hat als ich.

Oder auch:
Sozial ist, was Arbeit schafft.
Sozial ist, was Wähler schafft.
usw.

Ähnlich schillernd ist der Begriff der Chancengleichheit, die je nach Bedarf mit Ergebnisgleichheit gleichgesetzt wird.

Das selbe Doppelspiel ist von den kommunistischen Diktaturen mit „demokratisch“ und „gerecht“ gespielt worden. Die Ergebnisse sind bekannt.

Gruß
Cassius

Sozial gerecht ist, wenn niemand mehr hat als ich.

Hallo,
auch das kann sozial ungerecht sein. Zuerst wuerde ich unterscheiden nach Einkommen und Vermoegen. Nun zum Vermoegen:
Gib zwei Personen das gleiche Gehalt und schau nach Jahren hin, einer hat alles ausgegeben und der andere hat gespart. Willst Du die Ersparnisse direkt halbieren, und damit eventuell Verschwendung belohnen?

Es muss eine Regelung geben, nach der stetig wachsende Vermoegen immer schwerer noch weiter zu erhoehen sind und dabei immer mehr an andere abgegeben werden muss. Das nennt man SOZIALE Marktwirtschaft, progressive Steuer oder Umverteilung nach unten.
Gruss Helmut

Es muss eine Regelung geben, nach der stetig wachsende
Vermoegen immer schwerer noch weiter zu erhoehen sind und
dabei immer mehr an andere abgegeben werden muss. Das nennt
man SOZIALE Marktwirtschaft, progressive Steuer oder
Umverteilung nach unten.

Und hier muss es einen goldenen Mittelweg geben, der nicht noch mehr Erfolg bestraft und NIchtstun belohnt.

Moin,

Kann es also sein (mein Anfangsverdacht), dass der Begriff
nicht definierbar ist und genau deswegen in der politischen
Diskussion so erfolgreich?

Der Begriff ist definierbar (s. Wiki). Die tatsächliche Ausformung des Leitbilds ist ebenfalls definierbar, allerdings abhängig vom Willen und gemeinschaftlichen Verständnis der betroffenen Subjekte. Allerdings: Je mehr Subjekte, desto schwieriger wird ein gemeinsames Verständis erreichbar sein.

Polemische Definition von mir: Sozial gerecht ist, wenn
niemand mehr hat als ich.

Nun ja, wenn Du diese Regel anwendest, dann hieße dies absolute Vermögens- und Einkommensgleichheit, da „ich“ ja alle Subjekte der Gemeinschaft umschließt. Eine Möglichkeit - sicher -, allerdings ist meines Wissens der Versuch der Erreichung dieser Möglichkeit bereits kläglich gescheitert, so dass ich an der Realisierbarkeit zweifle.

Grüße
Jürgen

Polemische Definition von mir: Sozial gerecht ist, wenn
niemand mehr hat als ich.

Hi,

gut, dann fang mal an aufzuzählen, was du alles hast - mich interessieren besonders LCD- und Plasmafernseher, Stereoanlagen, Boot, Auto, Laptop, Handys, deine Altersvorsorge, Sparvermögen, Aktien/Wertpapiere, der Schmuck deiner Frau …

ich komm dann vorbei und hol „Meinen“ Anteil bei dir ab … DAS fänd ich gerecht … und wehe du wehrst dich!! war schließlich DEIN Vorschlag …

LG
Ralf

Polemische Definition von mir: Sozial gerecht ist, wenn
niemand mehr hat als ich.

und btw

  • wie kommst du eigentlich darauf, dass ausgerechnet DEIN Besitz und Eigentum das MAß der Dinge sein soll?

  • und wie würdest du reagieren, wenn der Obdachlose „von gegenüber“ bei dir klopft, sich dein Portewmonnaie schnappt und futsch …?

  • und wie würdest du es empfinden, wenn die alleinerziehende Nachbarin MIT den vier Kindern plötzlich deine Küche stürmt und die Schränke leerfrisst?

hmmh, soviel zu „deiner“ sozialen Gerechtigkeit …

LG
Ralf

kostenl. E-Buch ‚Die Lösung der sozialen Frage‘
hier: http://humanwirtschaftspartei.de/module/huwi/info/an…

Hallo Andreas,

ich bin unlängst darüber gestolpert, hatte aber noch keine Zeit, hineinzulesen. Vielleicht ist es ja für dich und andere Leser dieses Fadens interessant - das Vorwort lässt es jedenfalls hoffen.

LG
sine

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Hallo Sine,

ganz nett - ein radikal-liberaler Ansatz, teilweise identisch mit dem, was Ludwig Erhardt schrieb („Wohlstand für alle“). Ich fürchte allerdings, deren Defintion von sozialer Gerechtigkeit (Gerecht wäre danach, wenn jeder bekommt, was er verdient.) ist nicht mehrheitsfähig.

Besten Dank für den Hinweis sagt
Andreas

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Hallo sine,

ich bin unlängst darüber gestolpert

das ist anderen wahrscheinlich früher auch schon passiert.

Dennoch haben die Gedanken des Herrn Otto Valentin (nicht zu verwechseln mit Karl Valentin!) in den letzten fünf Jahrzehnten wohl nicht so viele Leser überzeugt, daß daraus ein Bestseller oder gar eine politische Handlungslinie entstanden wären. Vielmehr wird das Traktat in „bereinigter“ Fassung (!!!) nun kostenlos unters Volk gestreut. Vielleicht liest es ja jetzt endlich jemand, schließlich hat Lesen ja noch niemandem geschadet.

hatte aber noch keine
Zeit, hineinzulesen.

Vielleicht gönne ich es mir mal, aber das Vorwort zur Neuauflage schreckt mich schon ab.

Um nochmal zu Andreas´ Anfangsfrage zurückzukehren:

wer kann mir eine knackige, lexikonfähige Definition von
„sozialer Gerechtigkeit“ geben?

Der Begriff ist so unscharf, vieldeutig und schillernd, daß die Politiker bescheuert wären, wenn sei die darin liegende Chance für blendende Spiegelfechtereien und Mäusefängerei ungenutzt ließen.

Gruß
Cassius

Hallo,

ich bin unlängst darüber gestolpert, hatte aber noch keine
Zeit, hineinzulesen. Vielleicht ist es ja für dich und andere
Leser dieses Fadens interessant - das Vorwort lässt es
jedenfalls hoffen.

man sollte bei der Lektüre berücksichtigen, daß das Buch vor 50 Jahren erschien und daher teilweise in etwa so aktuell ist wie Marx´ Kapital.

Gruß
Christian