dazwischen liegen viele Jahrzehnte, Weber orientiert sich noch
am klassischen Orchester, Humperdinck an Wagner. Die
frühromantische Partitur notiert große Flöten immer in einem
System, eine Aufteilung gab es erst später (vielleicht kommt
sowas auch bei irgendwelchen Exoten vor, die ich nicht kenne,
aber normalerweise gilt das).
Hm… hat das bei Wagner (und Humperdinck) praktische Gründe, warum sie das geändert haben? Wollten sie mehr Übersicht in eine Partitur bringen?
Also wenn ich dich richtig verstehe, in frühromantischen Partituren kann, wenn ganz oben eine Klammer steht, das nur eine Piccolo sein, weil in dieser Epoche Flöten nur in einem System notiert wurden.
Nein, sondern die Hörner wurden früher in das Orchester
aufgenommen und sind dann im Laufe der Zeit mehr geworden,
Standard waren dann lange Zeit 4 Hörner, bei den Trompeten ist
dasselbe passiert (im Prinzip), nur später. Deswegen sind es
im Normalfall (des romantischen Orchesters) 4 Hörner, 2
Trompeten und 3 Posaunen, was aber auch mit akustischen
Gegebenheiten zusammenhängt.
Ich kann mich an eine Freischütz-Aufführung erinnern, die ich vor mehreren Jahren mal gesehen habe: da waren vier Hörner, und als die Wolfsschluchtszene anfing, kamen von hinten noch mal 4 Hörner dazu, also insgesamt 8 Hörner haben gespielt, das gleiche auch beim Vorspiel zum dritten Akt sowie dem Finale. Dabei sehe ich in der Partitur keine 8 Hörner.
Außerdem waren das in der Oper Ventilhörner, für die Weber sicher geschrieben hat, deren Klang er sich vorgestellt hat… ich habe mal eine interessante Diskussion gelesen über Aufführungen mit historischen Instrumenten aus der Entstehungszeit der Oper gelesen, wo als Argument angeführt wurde, daß Weber den Klang von Naturhörnern „vor Augen“ hatte, vibratoärmere Violinen damals waren, während heutige Einspielungen zu süßlich, zu romantisch klingen etc. Also ich weiß nicht warum das dann nicht auch auf den „richtigen“ Instrumenten gespielt wurde, besonders, weil ja auch statt einer Basstuba (die es zu Freischütz-Zeiten noch nicht gab) eine Trombone basso verwendet wurde in dieser Aufführung, wie es auch in der Partitur steht.
Dieses Jahr war auf ARTE ein Freischütz aus Baden-Baden, bei dem das Mahler Chamber Orchestra tatsächlich auf historischen Instrumenten gespielt hat, sogar auf Naturhörnern! Der Klang war ein vollkommen anderer, zumindest subjektiv klangen sie für mich wesentlich lauter, roher, direkter, als die Ventilhörner die man auf CDs hört, obwohl ich, speziell am Anfang der Ouvertüre, ein paar Intonationsfehler rausgehört habe, leichte Kiekser, quasi.
Ich hoffe, du empfindest diese Diskussion und meine Fragen nicht als
stressig oder nervig,
Überhaupt nicht, in dem Fall würde ich nicht antworten. Ich
freue mich eher über dein Interesse an Partituren.

Wie gesagt, ich möchte nicht für jede Frage einen neuen Thread aufmachen, sondern sie hier ganz einfach stellen, wenn ich darf. Und ich möchte ja dazulernen, und es wäre sicherlich auch für dich als „Erklärer“ nicht wirklich toll, weil du dir die Mühe machst mir möglichst verständlich zu antworten, und ich deine Ausführungen nicht verstehe und nur Ja und Amen dazu sage, ohne etwas verstanden zu haben. Dann war nämlich alles umsonst, und das will ich nicht.
LG, Stefan
Ich hätte bitte noch zwei Fragen, wenn ich darf:
In der Ouvertüre 1812 von Tschaikovsky, da sehe ich öfters, daß die Violinen z.T. umständliche Sachen spielen müssen, etwa in einem 4/4 Takt, wo die 1. Violinen lauter 16tel spielen müssen, aber oft umständlich, etwa so:
4/16tel - 4/16tel - 4/16tel - 3/16tel + 16/tel Pause
Das spielen sie richtig schnell, müssen aber eine einzelne (!) 16tel pausieren, und bei dieser Pause übernehmen die 2. Violinen und spielen weiter… ich meine, was genau bringt das? Warum macht der Komponist es den Spielern so schwer, daß sie bei so einem hohen Tempo genau eine 16tel pausieren müssen? Und klanglich kann ich mir das auch nicht erklären, denn ich glaube kaum, dass man das deutlich heraushört daß die 1. Violinen die letzte 16tel nicht spielen, besonders bei diesem Tempo. Warum nicht gleich durchgehend, warum diese, auch an anderen Stellen, so vertrackten Sachen?
Und die andere Frage wäre diese: in Humperdincks Partitur, auf Seite 329, steht ein Vermerk für das Horn: „Die mit o bezeichneten Töne f sind vom 1. Und 3. Horn als Naturtöne wiederzugeben“
Ich habe mich vorher schon versucht über Wikipedia etc. schlau zu machen, was genau Naturtöne sind, ist offenbar ein sehr kompliziertes Thema, aber ich habe das irgendwie so verstanden, daß das Horn diesen Ton nicht drückt, sondern, wie bei einem NATURhorn allein durch die Stärke des Reinblasens den Ton erzeugt? Was ich auch nicht ganz verstehe, wieso der Komponist ausgerechnet diese jeweils zweite Achtelnote als Naturton haben will, die ja, weil es sich um einen 2/2 Takt handelt, nur ganz kurz zu hören ist.