Grundsatz der vorläufigen Erschießung
Hallo,
sorry für den etwas emotionalen Titel, aber genauso kommt mir das Vorgehen der Londonder Polizei vor.
Ich verstehe auf der einen Seite die Angst vor Selbstmordattentätern und das daraus entstehende Problem der Festnahme derselben.
Zitat aus einem Artikel der „Süddeutschen“:
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Die britische Polizei will trotz der Kritik an ihrer Praxis festhalten, Terrorverdächtige im Zweifelsfall per Kopfschuss zu töten. Dazu gebe es keine Alternative, sagte Scotland-Yard-Chef Ian Blair.
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Das heißt doch im Klartext, wenn jemand einem Polizisten als terror_verdächtig_ vorkommt, dann hat er die Anweisung, diesen jemand im Zweifelsfall per Kopfschuß zu töten.
Der Rechtsgrundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“, der zumindest in unserem Kulturkreis allgemein gültig ist, wird hier ins Gegenteil umgewandelt: „Im Zweifel soll der Verdächtige per Kopfschuß getötet werden.“
Mir erscheint dies als eklatanter Bruch mit dem Rechtsempfinden unserer Gesellschaft.
Um es noch einmal deutlich zu machen, ich weiß weder, was tatsächlich passiert ist, noch ob die Polizisten unter dem Druck einer Entscheidung standen, oder ob sich der Getötete offensichtlich verdächtig verhalten hat.
Die Tötung selbst war kein Versehen. Es geschah auf Anweisung.
Noch perfider erscheint mir die Aussage des Polizeichefs: „Wir werden an der Praxis festhalten, Terrorverdächtige im Zweifelsfall zu erschießen.“ Offenbar versteht man diese Tötung nicht als Unrecht.
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Und ganz nebenbei, diese Praxis der Tötung von Verdächtigen per Kopfschuß soll ja verhindern, daß der mögliche Terrorist mit Sprengstoff um den Oberkörper sich bei einem Schuß ins Bein doch noch selbst sprengt, oder daß die Sprengladung bei einem Schuß in den Oberkörper gezündet wird.
Glauben denn die Verantwortlichen wirklich, damit jede Gefahr für „Unschuldige“ gebannt zu haben? Denken sie, einem Selbstmordattentäter würde keine Möglichkeit einfallen, sein Ziel trotzdem zu erreichen? Was ist, wenn er eine entsicherte Handgranate in der Hand hält? Was passiert, wenn er eine Zündvorrichtung hat, die gerade dann losgeht, wenn er z.B. einen Kontakt nicht mehr betätigt?
Ein Menschleben ist nicht gleichzusetzen mit dem Materialwert eines offensichtlich herrenlosen Gepächstücks, welches vorsorglich kontrolliert geprengt wird.
Gerhard