Städtenamen - diesmal auf deutsch

Hallo!

Angeregt durch einen Thread im Fremdsprachenbrett, möchte ich hier mal eine Frage stellen. Manche ausländische Städtenamen werden im Deutschen exakt gleich geschrieben wie in der jeweiligen Landessprache, manche werden mehr oder weniger stark angepasst. Nun habe ich mal nach Beispielen gesucht und das kam dabei raus:

Italien: Rom/Roma, Florenz/Firenze, Turin/Torino, Mailand/Milano, Genua/Genova, Venedig/Venezia, Trient/Trento, Neapel/Napoli, Triest/Trieste.

Belgien: Lüttich/Liege

Portugal: Lissabon/Lisboa

Frankreich: Fehlanzeige (außer Elsass und Lothringen)

Großbritannien: Fehlanzeige

Spanien: Fehlanzeige

Polen: Warschau/Warzawa (+ viele ehemals Deutsche Städte)

Ukraine: Lemberg/Lwiw

Russland: Moskau/Moskwa

Tschechien: Prag/Praha, Pilsen/Plzen, Brünn/Brno

Serbien: Belgrad/Beograd

Rumänien: Bukarest/Bucuresti

Was fällt auf?

  1. Ich nehme mal an, dass In Mittel- und Südosteuropa viele „Eindeutschungen“ mit der Donaumonarchie zu tun hat, die über viele Jahrhunderte in dieser Region regiert hat. Es gibt ja auch ein paar Ortsnamen aus dieser Zeit, die nach und nach verschwinden (Laibach, Agram, Pressburg, …)

  2. Warum wurde keine einzige Stadt in den wichtigsten Ländern Westeuropas (Großbritannien, Frankreich, Spanien) „eingedeutscht“?

  3. Warum waren die Deutschen ausgerechnet in Italien so fleißig mit dem Eindeutschen? An der Schwierigkeit der Aussprache kann es nicht liegen, denn einem Deutschen dürfte „Milano“ sehr viel leichter über die Lippen gehen als Le Havre oder Southampton.

Michael

PS: Ein fun-fact am Rande: Auf der Suche nach Eindeutschungen entdeckte ich (war mir vorher nicht klar), dass St. Petersburg auf Russisch „Sankt Peterburg“ heißt. Auf russisch kann man das (wenn man kyrillisch nicht lesen kann) kaum wiedererkennen, aber es handelt sich um ein deutsches Wort!

By the way: Gibt es Städte in Deutschland, die einen Namen in einer anderen Sprache tragen? Mir fällt dazu z. B. der kleine Ort „Perouse“ zwischen Stuttgart und Pforzheim ein.

Heiliges Römisches Reich
Hallo,

Deine Fragen lassen sich am besten hiermit beantworten:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a0/H…

By the way: Gibt es Städte in Deutschland, die einen Namen in
einer anderen Sprache tragen? Mir fällt dazu z. B. der kleine
Ort „Perouse“ zwischen Stuttgart und Pforzheim ein.

Mir fällt spontan kein Ort ein, aber an der dänischen Grenze gibt’s bestimmt welche.

Gruß aus Altona (ehemals dänisch)

Anwar

Super … Danke! (Da hätte ich auch selber draufkommen können. Aber manchmal braucht man halt einen, der einem vom Schlauch runter hilft.)

Waldenser in Württemberg
Servus,

zu Perouse gehören noch die anderen württembergischen Waldenserorte wie Pinache, Corres und Großvillars; ich meine, es wären noch mehr außer den Genannten.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Deine Fragen lassen sich am besten hiermit beantworten:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a0/H…

Darüberhinaus gibt es in Italien auch einige Städte, die wir noch mit dem lateinischen Namen unter Wegfall der Endung benennen, während die italienische Bezeichnung sich geändert hat. Beispiele:
Tarent(um) / Táranto,
Neapel (Neapolis) / Napoli
Florenz(ia) / Firenze.
H.

Württemberg im Doubs
Servus,

nicht in Alsace-Lorraine gelegen und mit anderer Vorgeschichte ist das württembergische Mömpelgard im Département Doubs.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Hi,

By the way: Gibt es Städte in Deutschland, die einen Namen in
einer anderen Sprache tragen? Mir fällt dazu z. B. der kleine
Ort „Perouse“ zwischen Stuttgart und Pforzheim ein.

Mir fällt Eltville ein:
http://de.wikipedia.org/wiki/Eltville-Erbach
und
http://de.wikipedia.org/wiki/Eltville

xxx
Tantamount

Hallo Michael,

Frankreich: Fehlanzeige (außer Elsass und Lothringen)

nix Fehlanzeige. Einen „eingedeutschten“ Städtenamen gibt es auf jeden Fall:

Dünkirchen/Dunkerque

Gruß G.

Hallo,
Sehr interessante Frage, das! Ich wollte da mal die Niederlande beisteuern, z.B.: Nimwegen/Nijmegen — das hat evtl. auch historische Gründe. Oder das eine ist Plattdeutsch, das andere Niederländisch, vielleicht war die Bevölkerung dort mal vermischt.

Nichtdeutsche Städtenamen gibt’s übrigens hier („hüben“) bei uns im Osten häufig, meist aus älteren slawischen Sprachen. Hier in Sachsen sind sehr viele Städtenamen ursprünglich sorbischen Ursprungs, dazu gehören z.B. auch schon Leipzig, Chemnitz, Zwickau, Görlitz, Meuselwitz, vermutlich auch Grimma, Borna, Pirna, Brandis. Und wenn ich an Stadtteile Leipzigs denke, Eutritzsch, Schkeuditz, sicherlich auch Mockau, Connewitz (eine sorbische Kommilitonin von mir: „Gab’s da früher mal Pferde?“), Zschocher, Wiederitzsch. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass „Grünau“ nicht unbedingt was mit einer grünen Aue zu tun hat, sondern eher volksetymologisch hergedeutet ist aus einem slawischen Wort, das auf -ow endete. Nur eine Vermutung.
In Brandenburg und weiter im Norden sieht es ähnlich aus, dort hat man sehr viele Städtenamen auf -in (mit der Betonung auf dieser Silbe, was sehr untypisch fürs Deutsche ist), die auch slawischen Ursprungs sind: Berlin, Wollin, Zechlin, sogar Eutin in Schleswig-Holstein.
Weiß nicht, ob diese Namen für dich als Namen ausländischer Herkunft gelten, aber sie sind etymologisch gesehen nicht Deutsch.

Viele Grüße,

  • André

Großbritannien: Fehlanzeige

Edinburg/Edinburgh

:wink:

Gruß G.

Antike und neuzeitliche romanische Namen in D
Servus,

auf dieser Schiene liegen auch Monreal, Altrip und Bellamont.

Wobei man bei den romanischen Namen in D eine Zeitgrenze ansetzen muss, vor der sie als deutsch anzusehen sind, sonst lassen sie sich nicht von Köln, Mainz, Augsburg, Remagen etc. abzugrenzen.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Hallo Michael,

By the way: Gibt es Städte in Deutschland, die einen Namen in
einer anderen Sprache tragen? Mir fällt dazu z. B. der kleine
Ort „Perouse“ zwischen Stuttgart und Pforzheim ein.

Im Fremdsprachenbrett-Thread habe ich schon Bautzen erwähnt. In der Lausitz gibt es etliche Orte, die sorbische Ortsnamen tragen und für die die deutsche Bezeichnung nur dazu geschaffen wurde, um es für unsere Zungen leichter aussprechbar zu machen.
Das kommt es, weil die Sorben eine per Gesetzt geschützte ethnische Minderheit sind.

Gleiches trifft auf die Dänen in Schleswig zu: bei Flensburg gibt es den Ort Husby (wörtlich übersetzt „Hausburg“) und etliche andere Orte auf -by.

Dein Beispiel des französischen Ortsnamens in BaWü rührt von den Waldensern her, einer Glaubensgemeinschaft, die damals aus Frankreich vertrieben wurden und in BaWü eine neue Heimat gefunden haben.

Ansonsten nähern wir uns hier schon sehr stark dem Thema Onomastik für Ortsnamen: Nehmen wir das Beispiel von Dir (oben) Belgrad: Kaum einer weiß heute noch, dass zu K&K-Zeiten diese Stadt Weißenburg hieß (das ist die genaue Übersetzung von Belgrad).

Und wenn man Dein Beispiel mit Genova nimmt (was ich im Fremdsprachenbrett fälschlich als Genf bezeichnet hatte), dann kommt man schnell ins Grübeln, warum Genève/Genf und Genova/Genua buchstabenmäßig soooo ähnlich sind. Noch extremer ist es bei Ortsnamen wie Bayreuth (Bayern) und Beirut (Libanon). Aber wie gesagt: da ist man dann ganz tief in der Onomastik drin. Und da gibt es ja bekanntlich zwei „Schulen“ die sich gegenseitig nicht ausstehen können: Die einen vertreten die Ortsname-aus-Personennamen-Theorie, die anderen Ortsname-aus-Geländeformen/-gegebenheiten. Beispiel: Putzbrunn bei München: lateinisch puteus = die Pfütze, die Quelle, der Brunnen -> Brunnen-brunn (Tautologie; die andere Schule erfindet sich extra einen nicht nachgewiesenen „Puzzo“ als Ortsgründer). Ich finde die Ortsname-aus-Geländeformationen/-gegebenheiten deutlich überzeugender als die andere, aber beweisen kann man letztlich keine.

Zu St. Petersburg: das wurde (angeblich) von Zar Peter gegründet, einzig was mir nicht klar ist, woher dieses „Sankt“ kommt. Klar, es gibt auch einen „Heiligen Peter“ (St. Peter-Kirche in München), aber wenn - wie immer wieder behauptet wird - der Ort nach dem Zaren benannt ist, erklärt sich eigentlich das „Sankt“ nicht.

Soweit für den Moment

Viele Grüße

Alexander

Moin,

By the way: Gibt es Städte in Deutschland, die einen Namen in
einer anderen Sprache tragen?

dazu fällt mir ein Städchen ein, das früher einen französischen Namen hatte; Monschau

Monschau ['mɔn.dʒaʊ̯] (bis 1918 Montjoie , am 9. August 1918 Änderung des Namens durch kaiserlichen Erlass in Monschau)
aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Monschau
Alte Monschauer nennen ihre Stadt gelegentlich immer noch so.

Gandalf

Darüberhinaus gibt es in Italien auch einige Städte, die wir
noch mit dem lateinischen Namen unter Wegfall der Endung
benennen, während die italienische Bezeichnung sich geändert
hat. Beispiele:
Tarent(um) / Táranto,
Neapel (Neapolis) / Napoli
Florenz(ia) / Firenze.

Also zumindest bei Tarent und Neapel handelt es sich ja um ursprünglich griechische Siedlungen, so dass diese Beibehaltung des Namens auch darauf zurückgehen kann.

Gruß

Anwar

Hallo!

Zu St. Petersburg: das wurde (angeblich) von Zar Peter
gegründet, einzig was mir nicht klar ist, woher dieses „Sankt“
kommt. Klar, es gibt auch einen „Heiligen Peter“ (St.
Peter-Kirche in München), aber wenn - wie immer wieder
behauptet wird - der Ort nach dem Zaren benannt ist, erklärt
sich eigentlich das „Sankt“ nicht.

Bei Wiki steht, dass die Stadt von Peter dem Großen nach Petrus dem Apostel benannt wurde.

Michael

Hallo Michael,

aha, ja, das macht dann Sinn. Vielen Dank für die Info (da hätte ich eigentlich auch selbst drauf kommen können, in Wikipedia nachzusehen *schäm*)

Gute Nacht wünscht

Alexander

zu Perouse gehören noch die anderen württembergischen
Waldenserorte wie Pinache, Corres und Großvillars; ich meine,
es wären noch mehr außer den Genannten.

Wahrscheinlich, aber man kann sich da auch täuschen: ich dachte immer Upflamör wäre ein typischer französischer Ortsname, aber nach dem was man so findet stimmt das überhaupt nicht, der Name ist urschwäbisch.

Gruss Reinhard

Hallo,

die eingedeutschten Namen in Frankreich sind einfach irgendwie aus der Mode gekommen.

Nancy = Nanzig
Monbeliard = Mömpelgard
Besancon = Bisanz

werden allesamt längst nicht mehr verwendet.

Aber es gibt ja auch noch:

Nice = Nizza

Gruß
Lawrence

Hallo,

die Endung auf „-in“ bezeichnet im altslawischen ganz einfach die Örtlichkeit an sich. Der Namensteil vor dem -in bezeichnet den Ort dann näher.

Bestes Beispiel ist Berlin.
Entstanden aus Brl-in.
Brl = Sumpf, Morast
in = Ort

Berlin ist damit der Ort am Sumpf

Gruß
Lawrence

Hallo Lawrence,

die Endung auf „-in“ bezeichnet im altslawischen ganz einfach
die Örtlichkeit an sich. Der Namensteil vor dem -in bezeichnet
den Ort dann näher.

Bestes Beispiel ist Berlin.
Entstanden aus Brl-in.
Brl = Sumpf, Morast
in = Ort

Berlin ist damit der Ort am Sumpf

ich gehe sogar einen Schritt weiter und sage, dass dieses „-in“ aus dem altslawischen nur eine Weiterentwicklung (Verkürzung) des vaskonischen „-en-gune“ ist, welches sich heute bei uns in unzähligen Ortsnamen als „-ing“ bzw. „-ingen“ wiederfindet:
gune = Bezirk, Bereich (daher unser Wort „Zone“)
en = „der … ist“
und wie der Bereich ist, wird eben durch den Wortteil vor dem -ing ausgedrückt. Bei Berlin durch Blr = Sumpf, sumpfig
Indiz, dass dies stimmen kann: viele Orte auf „-ing/-ingen“ haben als älteste nachgewiesene Schreibweise „-ingun“ oder „-ingon“. Hierzu darf man gerne in die Sammlung von Herrn von Reitzenstein sehen, der sich die löbliche Mühe gemacht hat, von vielen bayerischen Orten die alten Schreibweisen zu sammeln und zu dokumentieren (mit Jahreszahl und Quelle).

Viele Grüße an alle und eine gute Nacht wünscht

Alexander