Strukturen verändern

Seit vielen Jahren beschäftige ich mich mit der Frage, inwieweit der Mensch in der Lage ist, sich zu ändern, d.h., sich andere, neue Strukturen anzueignen. Konkret: Ich treffe immer wieder auf Leute, die sich seit Jahren mit den selben Themen beschäftigen (unter denen sie auch leiden) ohne dass sich irgendetwas bei ihnen ändert. An mangelndem Wissen, wie man sich verändern kann, kann es nicht liegen, dazu gibt es ausreichend Literatur. Wenn es fehlende Motivation wäre, dürften sie nicht jammern… Meine neuste „Erkenntnis“ ist die, dass es so manchem am Leidensdruck fehlt. Kann das alles sein? Was denkt ihr darüber? Fehlt es den Leuten an „geistigen Voraussetzungen“? Könnte es theoretisch jeder, sind viele nur zu faul? („Der Weg, der dem Menschen am meisten zuwider ist, ist der, der ihn zu sich selber führt“ H.Hesse) Bin neugierig auf eure Gedanken dazu.
Grüße, JE

Hallo Jeanne,

Ich treffe
immer wieder auf Leute, die sich seit Jahren mit den selben
Themen beschäftigen (unter denen sie auch leiden) ohne dass
sich irgendetwas bei ihnen ändert.

Reine Gewohnheit. Sie denken, dass man sich nicht verändern kann und abhängig von den äußeren Bedingungen ist.

An mangelndem Wissen, wie
man sich verändern kann, kann es nicht liegen, dazu gibt es
ausreichend Literatur.

Dazu muss man aber auch die Offenheit haben, sich einzugestehen, dass man diese Literatur nötig hat und sie dann auch lesen.

Wenn es fehlende Motivation wäre,
dürften sie nicht jammern…

Es ist aber auch fehlende Motivation. Und trotzdem jammern sie, aus oben genanntem Grund.

Meine neuste „Erkenntnis“ ist
die, dass es so manchem am Leidensdruck fehlt. Kann das alles
sein?

Das ist bei einigen sicher der Fall.

(„Der Weg, der dem Menschen am meisten zuwider ist,
ist der, der ihn zu sich selber führt“ H.Hesse)

Ja, der Hesse ist klasse!

Sorry, dass ich wenig Neues schreibe, aber Du hast schon die wichtigsten Punkte genannt, wie ich finde.

LG,
Spiff

Hallo, Jeanne,

zu Deinen Beobachtungen gebe ich Dir völlig recht!
Für die meisten gilt das Motto: „Es gibt nichts Gutes, es sei, man tut es …“ Also nur darüber reden, ändert nichts!

Frei nach Goethe(sinngemäß) möchte ich etwas weiter ausholen: „Was Du ererbt von Deinen Ahnen, Du must es Dir erwerben, um es zu besitzen“. Man kann also davon ausgehen, daß jeder Mensch nach seinem eigenen Gesetz und seinen genetischen Vorgaben angetreten ist und eine Fortentwicklung nur dann stattfinden kann, wenn dieses Gesetzt = Lebensaufgabe von ihm erfüllt wird. Da sich aber die meisten Menschen davor drücken und ihr Leben im Konsumtaumel und Selbstvergessenheit genießen wollen, bleiben sie in ihren Strukturen verhaftet, denn eine Änderung dieser Strukturen ist nur möglich durch Bewußtwerdung. Dazu sind die geeigneten Mittel: Leidensdruck, Krankheit und/oder sonstige Unglücke. In vielen Fällen ist es so, daß die Psyche in einer verängstigten Lebenseinstellung verharrt und eine Weiterentwicklung ausschließt. Diese Traumatiesierungen und Ängste, egal ob sie prä- oder postnatal erworben wurden, können durch die entsprechenden homöopathischen Mittel (ab D 6 werden diese nicht mehr als Arzneimittel angesehen; daher verwende ich selbst immer Hochpotenzen) behutsam aufgebrochen und dynamisiert werden. Ein Strukturwandel ist daher jederzeit möglich. Man muß der Psyche nur „Beine machen“ oder „auf die Sprünge helfen“…

Gruß,
Michael

Vier Kategorien der Kreativität
HI.

Seit vielen Jahren beschäftige ich mich mit der Frage,
inwieweit der Mensch in der Lage ist, sich zu ändern, d.h.,
sich andere, neue Strukturen anzueignen.

Die meisten Menschen sind von ihrer Anlage her konservativ und dem Experimentellen abgeneigt, besonders nach Erreichen der Adoleszenz. Das sind die ´Bürgerlichen´, die erste Kategorie. Sie sind das Gros einer Gesellschaft und sorgen dafür, daß die materiellen Grundlagen (Produktion und Reproduktion materieller Güter) intakt sind und anwachsen, entsprechend den Bedürfnissen einer anwachsenden Population. Der Konservativismus hat hier eine die Gesellschaft stabilisierende Funktion - wären ALLE Menschen kreativ, hätten wir vermutlich Chaos.

Eine zweite Kategorie sind die Wissenschaftler. Ihre Funktion ist der im weitesten Sinne technische Wissenszuwachs. So kann das System Mensch sich den Herausforderungen in optimierender Weise stellen. Für die Wissenschaftler in vorderster Front gilt natürlich: kreativ denken ist Ehrensache. Allerdings beschränkt sich dieses Denken hier auf technische Fragestellungen.

Eine dritte Kategorie sind die Künstler. Sie experimentieren mit neuen Ausdrucksformen und Lifestyles. Vieles davon geht nach und nach in das bürgerliche Leben der konservativen Masse über. So versorgen die Künstler die Masse mit Inspirationen und einer Intensivierung und Verfeinerung der Daseinserfahrungen. Das Bürgertum bezahlt dafür mit dem Tauschmittel Geld.

Die vierte Kategorie sind die Philosophen. Sie reflektieren auf metaphysische Fragen und Grenzen möglicher Erkenntnis. Ihre Wirkung geht weniger auf die bürgerliche Masse als vielmehr auf Leadertypen und Künstler, die ihrerseits mit der Masse in produktivem Kontakt stehen.

Gruß

Hallo Jeanne

Seit vielen Jahren beschäftige ich mich mit der Frage,
inwieweit der Mensch in der Lage ist, sich zu ändern, d.h.,
sich andere, neue Strukturen anzueignen.

Was sind deine Beobachtungen? Wenn du dich wunderst, dass es viele Menschen gibt, die sich trotz Leides nicht ändern können, dann ist wohl deine Theorie vom Menschen nicht realistisch. Ich wundere mich nämlich nicht darüber.

Konkret: Ich treffe
immer wieder auf Leute, die sich seit Jahren mit den selben
Themen beschäftigen (unter denen sie auch leiden) ohne dass
sich irgendetwas bei ihnen ändert. An mangelndem Wissen, wie
man sich verändern kann, kann es nicht liegen, dazu gibt es
ausreichend Literatur.

Erkenntnis und Umsetzung sind eben zwei verschiedene Dinge, wenn Sokrates oder Spinoza dies auch anders sahen.
Erkenntnis ist zunächst mal nur ein rationaler Vorgang. Eine wesentliche Veränderung hingegen betrifft die Emotionen und bedeutet auch eine Veränderung im Unbewussten.

Wenn es fehlende Motivation wäre,
dürften sie nicht jammern…

Verstehe ich nicht.

Meine neuste „Erkenntnis“ ist
die, dass es so manchem am Leidensdruck fehlt. Kann das alles
sein? Was denkt ihr darüber?

Sicher, je höher der Leidensdruck, desto tiefergehend (emotional, unbewusst) die Wirkung.

Fehlt es den Leuten an „geistigen
Voraussetzungen“?

Auch das ist eine Komponente, logischerweise.

Könnte es theoretisch jeder, sind viele nur
zu faul?

Stell dir mal vor, der menschliche Wille wäre nicht frei, sondern abhängig von physischen und historischen (die eigene Entwicklung betreffenden) Gegebenheiten. Dann gibt es keinen Grund mehr, sich darüber zu wundern, dass Menschen träge, irrational und Gefangene ihrer selbst sind.

Gruß, Tychi

Hallo Jeanne,

ich glaube, es gibt im Menschen eine Tendenz zum einem Gleichgewicht, wo er möglichst wenig unangenehme Gefühle spürt. Jemand mag sich seit langem mit dem gleichen Thema beschäftigen und im Grunde leiden, aber es gibt immer ein Angebot von Ablenkungen, die bewirken, daß der Leidensdruck nicht zu groß, nicht zu sehr spürbar wird.

Jammern ist ein Ventil für den Leidensdruck und gerade dadurch Gift für die Motivation, etwas zu ändern! Wer jammert, verschafft sich zwar kurzfristig Erleichterung, stabilisiert aber den Zustand, unter dem er eigentlich leidet.

Ich glaube, es gibt im Menschen auch eine Tendenz zum Erlebnis und zum Abenteuer, zur persönlichen Entwicklung, sogar mit der Bereitschaft, dafür auch Anstrengungen in Kauf zu nehmen. Aber bei vielen ist diese Tendenz durch Angst verdeckt.

Wenn einer sich aufmacht, sein Leben zu ändern, wird er bald auf diesen Gegner treffen: ANGST, eines der aller-unangenehmsten Gefühle. Und diese Angst muß überwunden werden. Es ist wirklich ein „Stirb und Werde“. Vielleicht deutet der Satz von Hesse darauf hin.

Grüße,

I.

Hallo Tychi!

Was sind deine Beobachtungen? Wenn du dich wunderst, dass es
viele Menschen gibt, die sich trotz Leides nicht ändern
können, dann ist wohl deine Theorie vom Menschen nicht
realistisch. Ich wundere mich nämlich nicht darüber.

Meine Beobachtungen sind die, dass „die“ Leute sagen, ich bin so und so, und ich komme damit nicht klar oder fühle mich damit nicht wohl und sie (tun so als ob sie) versuchen, ihre Strukturen zu verändern, aber Jahr für Jahr drehen sie sich nur im Kreis. Ich vergleiche das oft mit mir selbst. Vielleicht investiere ich ja ungewöhnlich viel Energie und Zeit in das „Knacken“ meiner Strukturen, aber es ist mir zumindest in sehr vielen Bereichen gelungen. Insofern weiß ich, dass es möglich ist.
Wieso sagst du, meine Theorie vom Menschen sei nicht realistisch? Du kennst meine Theorie vom Menschen doch gar nicht! Zudem habe ich keine Theorie „vom Menschen“. Die Menschen sind so vielfältig, so verschieden, dass ich es mir nie anmaßen würde, „eine Theorie“ vom Menschen zu entwickeln. Da ich mich jedoch sehr für „das Funktionieren“ des Menschens interessiere, beschäftige ich mich eben damit, was dem Menschen möglich ist und was nicht. Wenn jemand seine Strukturen nicht in Frage stellen würde und nicht auf die Idee käme, etwas verändern zu können, würde ich mich auch nicht wundern. Aber etwas zu sehen und verändern zu wollen und es dann nicht zu tun - das stellt mich vor ein Rätsel. Und deshalb bat ich um eure Anregung.

Erkenntnis und Umsetzung sind eben zwei verschiedene Dinge

Soweit war ich auch schon, danke!

Erkenntnis ist zunächst mal nur ein rationaler Vorgang. Eine
wesentliche Veränderung hingegen betrifft die Emotionen und
bedeutet auch eine Veränderung im Unbewussten.

Das sehe ich auch so. Allerdings (aus meiner Erfahrung heraus) ist es so, dass man sich immer und immer wieder rational mit dem „Problem“ beschäftigen muss, bestenfalls von verschiedenen Seiten, z.B. Therapie, Homöopathie, Gespräche, NLP, aktives Durchbrechen alter Muster, etc., bis es eines Tages vom Kopf in den Bauch rutscht und lange danach manifestiert es sich dann auch im Unterbewussten. Meine Frage ist: Warum gehen diese Menschen diesen Weg nicht, obwohl es ihnen doch ein Bedürfnis ist, etwas zu verändern?!?

Wenn es fehlende Motivation wäre,
dürften sie nicht jammern…

Verstehe ich nicht.

Warum nicht? Ich sehe das so: Entweder ich akzeptiere etwas, auch wenn es mir nicht passt, als gegeben, weil ich es nicht ändern kann oder nicht ändern will und halte meinen Mund oder aber ich ändere es oder versuche es zumindest. Aber ich kann mich doch nicht hinstellen und nichts tun und mich beklagen. Auch wenn es etwas weit hergeholt scheint: Das erinnert mich an Mörder oder Vergewaltiger, die ihr Vergehen mit ihrer schlimmen Kindheit rechtfertigen. Das akzeptiere ich nicht!

Stell dir mal vor, der menschliche Wille wäre nicht frei,
sondern abhängig von physischen und historischen Gegebenheiten. Dann gibt es keinen:Grund mehr, sich darüber zu wundern, dass Menschen träge,
irrational und Gefangene ihrer selbst sind.

Jetzt verstehe ich dich nicht!! Keiner hat einen freien Willen, aber dennoch sind manche dazu bereit, an sich zu arbeiten (über das Erkennen von Strukturen hinaus) und manche eben nicht.
Freut sich über eine Antwort
Jeanne

Hallo Horst!
Über deine „vier Kategorien der Kreativität“ habe ich viel nachgedacht, und finde deine (?) Gedanken dazu auch sehr interessant. Allerdings glaube ich nicht, dass die Menschheit (hier gehe ich, da ich aus dieser Kultur stamme, von der westlichen Welt aus) in diese vier Kategorien spalten lässt, wenn es darum geht zu erforschen, warum und wann ein Mensch fähig ist, an sich zu arbeiten. Deine Philosophie schließt für mich aus, dass sowohl ein Bürgerlicher, ein Wissenschaftler und ein Künstler auch Philosoph sein kann, desweiteren hört sich das für mich so an, als sei ein Philosoph per se ein Mensch , der über die Fähigkeit verfügt, an sich konstruktiv zu arbeiten, was ich bezweifle.
Wenn ich die Menschen in verschiedene Kategorien unterteilen würde, dann eher bezüglich ihrer Möglichkeiten, Fähigkeiten, Charaktere, Strukturen…
Trotzdem vielen Dank,
Grüße, jeanne

Hallo Jeanne

Was sind deine Beobachtungen? Wenn du dich wunderst, dass es
viele Menschen gibt, die sich trotz Leides nicht ändern
können, dann ist wohl deine Theorie vom Menschen nicht
realistisch. Ich wundere mich nämlich nicht darüber.

Wieso sagst du, meine Theorie vom Menschen sei nicht
realistisch? Du kennst meine Theorie vom Menschen doch gar
nicht!

Natürlich nicht im Detail, aber anhand deiner Verwunderung und deiner Schwierigkeit, deine Beobachtungen zu erkären sehe ich, dass die Theorie unrealistisch ist. Ist doch logisch, oder?
Eine Theorie, die die Beobachtungen nicht erklären kann, muss unrealistisch sein.

Meine Beobachtungen sind die, dass „die“ Leute sagen, ich bin
so und so, und ich komme damit nicht klar oder fühle mich
damit nicht wohl und sie (tun so als ob sie) versuchen, ihre
Strukturen zu verändern, aber Jahr für Jahr drehen sie sich
nur im Kreis. Ich vergleiche das oft mit mir selbst.
Vielleicht investiere ich ja ungewöhnlich viel Energie und
Zeit in das „Knacken“ meiner Strukturen, aber es ist mir
zumindest in sehr vielen Bereichen gelungen. Insofern weiß
ich, dass es möglich ist.

Du weißt nur, dass es dir möglich ist. Aber die Menschen sind nicht alle gleich. Je nach psychischer Ausstattung sind die Menschen zu unterschiedlichem Verhalten und Denken fähig.
Deine Argumentation ist völlig analog zu dieser hier: Deine Freundin sagt: „Ich komme in der Schule mit Mathematik nicht zurecht, obwohl ich mich bemühe. Meine Noten werden einfach nicht besser.“ Du antwortest: „Ich strenge mich auch an, aber ich bekomme jetzt auch gute Noten. Verstehe ich nicht, dass das bei dir anders ist.“
Naja, manche haben eben mehr Talent als andere. Da gibt es doch nicht viel zu verstehen.

Zudem habe ich keine Theorie „vom Menschen“. Die
Menschen sind so vielfältig, so verschieden, dass ich es mir
nie anmaßen würde, „eine Theorie“ vom Menschen zu entwickeln.

Jeder hat eine. Z.B. deine Aussage, dass die Menschen vielfältig seien, ist ein Teil davon. Andere mögen die Ansicht vertreten, dass alle Menschen im Grunde gleich seien. Das ist ein Teil ihrer Theorie.
Ein anderer Teil deiner Theorie ist, dass jeder in der Lage sein sollte, sein Verhalten, Denken und Fühlen zu verändern. Und da kommt es zur Kollision mit der Wirklichkeit, die dich hier deine Fragen stellen lässt.

Da ich mich jedoch sehr für „das Funktionieren“ des Menschens
interessiere, beschäftige ich mich eben damit, was dem
Menschen möglich ist und was nicht. Wenn jemand seine
Strukturen nicht in Frage stellen würde und nicht auf die Idee
käme, etwas verändern zu können, würde ich mich auch nicht
wundern. Aber etwas zu sehen und verändern zu wollen und es
dann nicht zu tun - das stellt mich vor ein Rätsel.

Weiter unten löst du das Rätsel doch selbst: Von der Erkenntnis zum Willen ist es ein großer Schritt und vom Willen zum Handeln ein noch größerer. Wenn das alles so einfach wäre, bräuchten wir keine Psychotherapeuten. Selbst wenn jemand schon bis zum Handeln gekommen ist, ist immer noch die Technik wichtig, d.h. Was muss ich tun, um mein Ziel zu erreichen? Die falsche Umsetzung kann also auch dazu führen, dass jemand trotz eifrigen Handelns keine Fortschritte macht und nach Jahren immer noch nicht weiter ist.

Erkenntnis und Umsetzung sind eben zwei verschiedene Dinge

Soweit war ich auch schon, danke!

Ja, aber so richtig scheinen dir die Konsequenzen dieser Tatsache nicht klar zu sein. Daher deine Fragen.

Erkenntnis ist zunächst mal nur ein rationaler Vorgang. Eine
wesentliche Veränderung hingegen betrifft die Emotionen und
bedeutet auch eine Veränderung im Unbewussten.

Das sehe ich auch so. Allerdings (aus meiner Erfahrung heraus)
ist es so, dass man sich immer und immer wieder rational mit
dem „Problem“ beschäftigen muss, bestenfalls von verschiedenen
Seiten, z.B. Therapie, Homöopathie, Gespräche, NLP, aktives
Durchbrechen alter Muster, etc., bis es eines Tages vom Kopf
in den Bauch rutscht und lange danach manifestiert es sich
dann auch im Unterbewussten. Meine Frage ist: Warum gehen
diese Menschen diesen Weg nicht, obwohl es ihnen doch ein
Bedürfnis ist, etwas zu verändern?!?

  1. Faulheit.
    Ich meine, das ist ja auch eine Menge Arbeit. Viele wollen mehr Geld haben und jammern, weil sie so wenig haben. Dann kommst du und sagst: „Hole ein Studium nach und suche dir einen guten Job! Das dauert zwar ein paar Jahre, aber du willst ja schließlich auch mehr Geld oder?“ Das ist die Analogie zu dem was du in Bezug auf Selbsttransformation sagst: „Bediene dich des therapeutischen Arsenals und arbeite jahrelang an dir. Dann wird es dir besser gehen.“
  2. fehlendes Talent
    So wenig, wie jeder das Zeug zum Studieren und zum Ausüben eines gutbezahlten Jobs hat, so wenig hat jeder das Talent, die Psychotechniken anzuwenden.

Wenn es fehlende Motivation wäre,
dürften sie nicht jammern…

Verstehe ich nicht.

Warum nicht? Ich sehe das so: Entweder ich akzeptiere etwas,
auch wenn es mir nicht passt, als gegeben, weil ich es nicht
ändern kann oder nicht ändern will und halte meinen Mund oder
aber ich ändere es oder versuche es zumindest. Aber ich kann
mich doch nicht hinstellen und nichts tun und mich beklagen.

Doch kann ich. Siehst du doch. Hier kollidiert deine Theorie wieder mit der Wirklichkeit. Deine Theorie impliziert, dass Menschen rational und ohne innere Widersprüche seien. Sind sie aber nicht.

Auch wenn es etwas weit hergeholt scheint: Das erinnert mich
an Mörder oder Vergewaltiger, die ihr Vergehen mit ihrer
schlimmen Kindheit rechtfertigen. Das akzeptiere ich nicht!

Die schlimme Kindheit ist aber tatsächlich eine wesentliche Ursache ihres Verhaltens. Und sie lässt sich nicht ungeschehen machen.
Die Mörder haben Recht, wenn sie dies sagen und sie haben auch Recht, wenn sie sagen, dass sie wegen dieser Kindheit morden und vergewaltigen müssen. Wenn du das nicht akzeptierst, dann klammerst du dich an deiner unrealistischen Theorie vom Menschen fest, die in diesem Fall lautet: „Die Kindheit prägt einen Menschen nicht maßgeblich.“
Die Tatsache, dass es Menschen mit schlechter Kindheit gibt, die trotzdem rechtschaffene Bürger sind, widerlegt nicht, dass es Menschen gibt, bei denen die schlechte Kindheit im Zusammenspiel mit anderen Faktoren (z.B. genetische Veranlagung) zu Kriminalität führt - ob sie selbst wollen oder nicht.

Keiner hat einen freien
Willen, aber dennoch sind manche dazu bereit, an sich zu
arbeiten (über das Erkennen von Strukturen hinaus) und manche
eben nicht.

Genau. Gerade weil der Wille nicht frei ist, sind manche dazu bereit und andere nicht. Wäre der Wille frei, könnte ja jeder entscheiden, an sich zu arbeiten. Ersetze in deinem Satz „aber dennoch“ durch „und deshalb“ und alles ist klar.

Gruß, Tychi

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Hallo Tychi!

anhand deiner Verwunderung und
deiner Schwierigkeit, deine Beobachtungen zu erkären sehe ich,
dass die Theorie unrealistisch ist. Ist doch logisch, oder?

Ich hätte eine Theorie, wenn ich denken würde, die Leute sind so und so weil ich dies und jenes beobachtet habe. IST ABER NICHT SO!!! Sondern ich beobachte und WEIL ICH EINE THEORIE SUCHE, mit der ich meine Beobachtungen erklären kann, habe ich hier nachgefragt.

Ein anderer Teil deiner Theorie ist, dass jeder in der Lage
sein sollte, sein Verhalten, Denken und Fühlen zu verändern.

N-E-I-N!!! Ich denke NICHT, dass jeder dazu in der Lage sein sollte, sondern mich interessiert es, warum es nicht jeder ist, was ihn daran hindert!

Aber ich kann
mich doch nicht hinstellen und nichts tun und mich beklagen.

Doch kann ich. Siehst du doch. Hier kollidiert deine Theorie
wieder mit der Wirklichkeit. Deine Theorie impliziert, dass
Menschen rational und ohne innere Widersprüche seien. Sind sie
aber nicht.

Ich finde, du wirfst mit dem Wort „Theorie“ leichtfertig um dich! Ich stimme mit dir überein, dass ich die inneren Widersprüche etwas außer acht ließ… Allerdings hat das mal wieder nichts mit einer Theorie von mir zu tun sondern mit meiner Lebenseinstellung: Wenn ich ein „Unglück“ habe, das ich nicht zu ändern vermag, und jammere, 1. ändere ich dann nichts an dem Unglück und 2.habe ich dann zwei Probleme, nämlich mein ursprüngliches und dann meinen Ärger bzw. mein Leiden darüber noch hinzu. Aber es ist nicht meine Theorie, da ich nicht, wie du schreibst, der Meinung bin, der Mensch sei rational. (Dazu gibt es zu viele Frauen auf der Welt :smile:)

Die Mörder haben Recht, wenn sie dies sagen und sie haben auch
Recht, wenn sie sagen, dass sie wegen dieser Kindheit morden
und vergewaltigen müssen.

Ein definitives Nein! Es gibt Pädophile, die Kinder vergewaltigen und es gibt Pädophile, die diese Neigung erkennen und sich dagegen wehren und KEINE Kinder vergewaltigen. Kein Mensch MUSS irgendetwas aufgrund seiner Vergangenheit tun! Spätestens ab 20 sollte ein Mensch in der Lage sein sich zu reflektieren. Ich erwarte ja nicht, dass mensch in der Lage ist, seine Kindheit zu reflektieren und aufzuarbeiten, aber sein Denken und Verhalten zu reflektieren und sich mit Moral zu beschäftigen, das ist m.E. eine durchaus gerechtfertigte Erwartungshaltung! Ich denke, sein Fehlverhalten mit seiner unglücklichen Kindheit zu rechtfertigen basiert ausschließlich auf einer „Null-Bock-Haltung“ - ist ja schließlich einfacher, jemanden zu erschlagen als sich mit sich selbst zu beschäftigen!
Wenn du das nicht akzeptierst, dann

klammerst du dich an deiner unrealistischen Theorie vom
Menschen fest, die in diesem Fall lautet: „Die Kindheit prägt
einen Menschen nicht maßgeblich.“

Grrrr . schon wieder unterstellst du mir eine Theorie! Ich sage nicht, dass die Kindheit den Menschen nicht maßgeblich prägt, habe es nie gesagt und denke es auch nicht, im Gegenteil! Jedoch kann man alte Prägungen mit neuen Prägungen überlagern!

Die Tatsache, dass es Menschen mit schlechter Kindheit gibt,
die trotzdem rechtschaffene Bürger sind, widerlegt nicht, dass
es Menschen gibt, bei denen die schlechte Kindheit im
Zusammenspiel mit anderen Faktoren (z.B. genetische
Veranlagung) zu Kriminalität führt - ob sie selbst wollen oder
nicht.

Die neusten Forschungsergebnisse? Das „Ich-schlag-dich-tot-Gen“, das „Ich-lüge-und-betrüge-Gen“???
Es grüßt dich
jeanne

Hallo Jeanne

Ich lasse die Frage mal unter den Tisch fallen ob du nun eine Theorie hast und diese Lebenseinstellung nennst oder ob du keine Theorie hast.
Ich wende mich nur diesem hier zu:

Die Mörder haben Recht, wenn sie dies sagen und sie haben auch
Recht, wenn sie sagen, dass sie wegen dieser Kindheit morden
und vergewaltigen müssen.

Ein definitives Nein! Es gibt Pädophile, die Kinder
vergewaltigen und es gibt Pädophile, die diese Neigung
erkennen und sich dagegen wehren und KEINE Kinder
vergewaltigen. Kein Mensch MUSS irgendetwas aufgrund seiner
Vergangenheit tun! Spätestens ab 20 sollte ein Mensch in der
Lage sein sich zu reflektieren.

Du sagst zwar, dass der Wille nicht frei sei und räumst damit eine Determiniertheit des Handelns und Denkens ein, sagst hier aber, dass die Vergangenheit den Menschen nicht determiniere.
Ich sehe das so: Die Vergangenheit eines Menschen im weitesten Sinne (also inklusive seiner genetischen Ausstattung) bestimmt ihn zusammen mit zufälligen aktuellen Einflüssen (Hormonspiegel, Sinnesnwahrnehmungen) ganz und gar. Das meine ich mit unfrei. Bei manchen ist die Vergangenheit so, dass sie pädophil sind und Kinder quälen müssen, bei anderen ist sie so, dass sie pädophil sind und sich dagegen wehren können. Verstehst du: Jeder tut genau das, was er aufgrund seiner Vergangenheit und zufälligen aktuellen Gegebenheit tun muss. Ich beispielsweise könnte nicht anders als dies jetzt schreiben. Wenn ich jetzt aufhöre zu schreiben, dann muss eine entsprechende Gegebenheit vorliegen, die mein Verhalten anders determiniert, sofern dies nicht im Widerspruch zu meiner in der Vergangenheit geformten Psyche liegt.

Ich erwarte ja nicht, dass
mensch in der Lage ist, seine Kindheit zu reflektieren und
aufzuarbeiten, aber sein Denken und Verhalten zu reflektieren
und sich mit Moral zu beschäftigen, das ist m.E. eine durchaus
gerechtfertigte Erwartungshaltung!

Fordern kannst du viel.

Ich denke, sein
Fehlverhalten mit seiner unglücklichen Kindheit zu
rechtfertigen basiert ausschließlich auf einer
„Null-Bock-Haltung“ - ist ja schließlich einfacher, jemanden
zu erschlagen als sich mit sich selbst zu beschäftigen!

Die Null-Bock-Haltung ist nicht frei gewählt, sondern ein Ergebnis der individuellen Vergangenheit.

Wenn du das nicht akzeptierst, dann
klammerst du dich an deiner unrealistischen Theorie vom
Menschen fest, die in diesem Fall lautet: „Die Kindheit prägt
einen Menschen nicht maßgeblich.“

Grrrr . schon wieder unterstellst du mir eine Theorie! Ich
sage nicht, dass die Kindheit den Menschen nicht maßgeblich
prägt, habe es nie gesagt und denke es auch nicht, im
Gegenteil! Jedoch kann man alte Prägungen mit neuen Prägungen
überlagern!

Wie denn, wenn die Voraussetzungen dafür fehlen? Ob die Voraussetzungen dafür vorliegen oder nicht, ist doch auch eine Frage der Vergangenheit.

Die Tatsache, dass es Menschen mit schlechter Kindheit gibt,
die trotzdem rechtschaffene Bürger sind, widerlegt nicht, dass
es Menschen gibt, bei denen die schlechte Kindheit im
Zusammenspiel mit anderen Faktoren (z.B. genetische
Veranlagung) zu Kriminalität führt - ob sie selbst wollen oder
nicht.

Die neusten Forschungsergebnisse? Das
„Ich-schlag-dich-tot-Gen“, das „Ich-lüge-und-betrüge-Gen“???

Gen und Umwelteinflüsse (Erlebnisse, Erziehung usw.)

Gruß, Tychi

Keiner wird aus dem Nichts kreativ
Hi.

Allerdings glaube ich nicht, dass die Menschheit
(hier gehe ich, da ich aus dieser Kultur stamme, von der
westlichen Welt aus) in diese vier Kategorien spalten lässt …

Es ist eine theoretische Kategorisierung, die nur schematisch ist. Eine Typisierung, wenn man so will, die keine Nuancen und Übergänge beinhaltet. Wäre in der Kürze ja nicht möglich.

Deine Philosophie schließt für
mich aus, dass sowohl ein Bürgerlicher, ein Wissenschaftler
und ein Künstler auch Philosoph sein kann,

Jein. Ich behaupte nach wie vor, daß Bürgerlichkeit in dem von mir angedeuteten Sinne mit einem konsequent der Philosophie, der Wissenschaft (hier im Sinne von echter Forschung) oder der Kunst gewidmeten Leben - na, sagen wir mal: in Konflikt steht. Ein Mensch, der darin den Spagat versucht, wird auf beiden Gebieten Abstriche machen müssen. Mischformen sind natürlich möglich, aber sehr selten. Ich selbst bin künstlerisch und ´philosophisch´ ambitioniert - will man aber beide Gebiete auch nur einigermaßen im Griff haben, bleibt für Bürgerlichkeit keine Zeit mehr.

desweiteren hört
sich das für mich so an, als sei ein Philosoph per se ein
Mensch , der über die Fähigkeit verfügt, an sich konstruktiv
zu arbeiten, was ich bezweifle.

Du zielst da vermutlich auf die Kopflastigkeit vieler philosophisch Ambitionierter. Da hast du recht, allerdings müßtest du näher umschreiben, was du mit „an sich konstruktiv arbeiten“ meinst. Das kann alles und nichts bedeuten.

Wenn ich die Menschen in verschiedene Kategorien unterteilen
würde, dann eher bezüglich ihrer Möglichkeiten, Fähigkeiten,
Charaktere, Strukturen…

Es gibt tausend Möglichkeiten, Menschen zu kategorisieren. Ich habe eine davon angedeutet. Ich glaube nämlich, daß keiner einfach so mal neue Strukturen realisiert (im doppelten Wortsinn) oder realisieren kann. Kreativität ist viel konkreter - sie äußert sich von vornherein in den drei genannten Bereichen Technik (worunter ich auch Sozialwissenschaft einreihe), Kunst und Philosophie. Wer überhaupt das TALENT für das hat, auf das die ursprüngliche Fragestellung abzielt, wird ja ohnehin mit einem der drei Bereiche zu tun haben.

Gruß

Hallo Tychi!

Es hat ja ´ne ganze Weile gedauert, bis mir deine Antwort auf meine Frage klar war.
Es gibt einen Satz, ich weiß leider nicht mehr, von wem er stammt, der lautet (in etwa): „Jeder Mensch handelt nach den Möglichkeiten, die er hat. Hätte er mehr Möglichkeiten, würde er sie nutzen.“ Als ich diesen Satz hörte, fand ich ihn sehr einleuchtend. Diskussionen mit Freunden brachten mich jedoch dazu, ihn wieder anzuzweifeln.
Ich gehe mal davon aus, dass das, was du geschrieben hast, nur deine Theorie ist. Oder ist es bewiesen, dass das so ist? Falls es dazu Literatur gibt, würde mich das brennend interessieren!
Zum Beispiel die Aussage von Idomeneo, dass es die Angst ist, die den Menschen daran hindert, weiter bei sich selbst nachzuforschen, fände ich einen durchaus logischen und nachvollziehbaren Faktor. (Angst ist jedoch besiegbar, wenn man will)
Ich mag mit dir an dem alten Punkt über Mörder etc. nicht mehr weiterdiskutieren, weil ich, wie gesagt, ja gar keine Theorie habe. Es wäre eine Diskussion um der Diskussion willens. Bevor ich die führe, möchte ich erstmal einen Standpunkt (eine eigene Theorie :smile:) finden, welche Möglichkeiten der Mensch hat. (Sonst wird´s zu verzettelt)
Liebe Grüße; jeanne

Hallo Jeanne

„Jeder Mensch handelt nach den
Möglichkeiten, die er hat. Hätte er mehr Möglichkeiten, würde
er sie nutzen.“

Das trifft meinen Standpunkt ganz gut.

Ich gehe mal davon aus, dass das, was du geschrieben hast, nur
deine Theorie ist. Oder ist es bewiesen, dass das so ist?
Falls es dazu Literatur gibt, würde mich das brennend
interessieren!

Es ist nur eine Theorie. Wie soll man das beweisen?
Die Neurowissenschaften finden zahlreiche Hinweise darauf,
dass der Mensch nicht frei sei und dass die Willensfreiheit
eine Illusion sei. Der Forscher mit der wohl größten
medialen Präsenz heißt Gerhard(?) Roth. Musst mal googeln.
Es gibt auch Bücher von ihm.
Ihm gegenüber stehen einige Philosophen, die sagen, dass
seine Schlussfolgerungen aus seinen Beobachtungen nicht korrekt seien, dass also trotz ihrer der Wille frei sei.
Ich selbst finde die Argumente Roths nachvollziehbarer als die der Philosophen, die meiner Meinung nach auf Teufel komm raus Vorurteile und liebgewordene Ansichten verteidigen.
Bei Spiegel-online gab’s vor einem Jahr oder so eine Debatte zu dem Thema. Vielleicht findest du sie in der Recherche.
Ansonsten habe ich mich schon oft über das Thema ausgelassen. Meine bei w-w-w gesammelten Werke findest du hier: http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…
Dort findest du aber nur Argumente für und Schlüsse aus der Theorie, aber keine Beweise.
Wenn man davon ausgeht, dass das Handeln, Denken und Fühlen jedes Menschen determiniert oder zufällig ist, dann hat man eine wesentlich großzügigere und gelassenere Haltung anderen Menschen gegenüber und nimmt Missetaten eher als Naturunglücke wahr und weniger als Bosheit, über die man sich aufregen und empören könnte.

Zum Beispiel die Aussage von Idomeneo, dass es die Angst ist,
die den Menschen daran hindert, weiter bei sich selbst
nachzuforschen, fände ich einen durchaus logischen und
nachvollziehbaren Faktor. (Angst ist jedoch besiegbar, wenn
man will)

Man kann aber nicht wollen wollen. D.h. „wenn man will“ ist richtig, aber diesen Willen kann man eben nicht willentlich herbeiführen, man kann sich nicht für ihn entscheiden. Man kann ihn vielleicht durch äußere Einflüsse wecken (Gespräche, Bücher, Erlebnisse usw.)

Gruß, Tychi

man muss erst finden wo der fehler(SELBST) enstanden ist…
damit man an strukturen verändern kann…
manfrid spitzer hww hypotese ist dfür erst mal geeignet denke ich mal… erst muss man wissen, was man benötigt was jemanden fehlt…

jedes nimmt die wirklichkeit
so wahr, wie sie ihm von der
eigenen sprache suggeriert wird!

am besten mit emotionen zu machen…

und wenn das jemanden fehlt, kann man >struktur verändern

Hallo Jeanne,

durch Tychis Beiträge angeregt habe ich noch weiter über diese Frage nach der Veränderbarkeit von Strukturen nachgedacht.

Wenn ich ihn richtig verstanden habe, vertritt er die Hypothese eines strengen Determinismus menschlichen Handelns, sodaß also das Verhalten eines Menschen bis ins kleinste Detail durch seine bisherigen Erfahrungen bis zur Gegenwart herauf und durch seine genetische Ausstattung bestimmt ist.

Ich will das nicht bestreiten: sicherlich kann man umso besser abschätzen, was ein Mensch tut, je mehr man von seinem Leben weiß. Gute Beobachtung scheint zu reichen und man braucht keine Wissenschaft dazu: die griechischen Tragödien der Antike handeln von Menschen, deren vorbestimmtes Schicksal sie in die Katastrophe zwingt. Der Stoff dieser Tragödien stammt aus der griechischen Mythologie, die voll von solchen Geschichten ist.

Ich möchte aber einen Begriff ins Spiel bringen, das Bewußtsein. Das Bewußtsein ist in der Großhirnrinde lokalisiert, die Endstation ist für die Verarbeitung der Sinnesreize und Ausgangsort der motorischen Impulse, aus denen Handlungen entstehen. Warum wir überhaupt ein Bewußtsein haben und bewußt handeln sowie Sinnesreize bewußt erleben können anstatt sie bloß unbewußt zu registrieren und nach simplen Reiz-Reaktions-Mustern zu funktionieren - warum wir also keine Zombies sind - ist rätselhaft. Aber die Tatsache des Bewußtseins bringt es mit sich, daß wir nicht einfach nach dem momentan gerade stärksten Trieb handeln müssen, sondern unser Handeln aufgrund von Überlegungen über dessen Konsequenzen und gemäß eigener oder übernommener Wertsysteme modifizieren können. Das wird subjektiv als Willensfreiheit erlebt, durch das Bewußtsein wird das menschliche Handeln wesentlich vielfältiger und ist nicht mehr vorhersagbar wie im Falle reiner Reiz-Reaktions-Muster.

Die Möglichkeit bewußten Handelns scheint Voraussetzung zu sein, um festgefahrene Strukturen aufbrechen und verändern zu können. Es ist das Ziel der meisten, wenn nicht aller Psychotherapie-Richtungen, unbewußte Muster bewußt zu machen (Freud: „Wo Es war, soll Ich werden“). Dann wird es erst möglich, sich einer Angst zu stellen und entgegen ihr zu handeln.

Nun noch zur Angst. Es gibt, glaube ich, ganz große Unterschiede zwischen den Menschen hinsichtlich ihrer Angst. Manche scheinen überhaupt fast keine Angst zu haben, sie wirken so, als ob sie keine inneren Bremsen hätten und bringen es weit (z. B. Hermann Maier, Schwarzenegger). Manche haben viel zu viel Angst und am anderen Ende der Skala stehen vielleicht diejenigen Menschen, die traumatisiert sind. Bei diesen ist die Angst im „Alarmsystem“, den Amygdalae, eingeprägt, wo sie nicht gelöscht werden kann. Ich glaube, leichtere Traumata aufgrund psychischer Mißhandlungen während verletzlicher Lebensphasen (Kindheit, erste Beziehungen) gibt es bei sehr vielen Menschen.

Ich denke zwar auch, daß es gar keine andere Möglichkeit gibt, als sich seinen Ängsten zu stellen, um seinen Handlungsspielraum zu erweitern. Es kann aber sehr schwer werden und manche Ängste lassen sich nie endgültig besiegen.

Grüße,

I.

Hallo Idomeneo!

Ich sehe das ganz genauso wie du!
Tychi hat mich mit seinem Fokus auf den s.E. nicht vorhandenen freien Willen von meinem Faden abgebracht.
Ich ging von dem Punkt aus, dass der Mensch sich über die Fähigkeit, etwas an sich verändern zu können, bewusst ist. Ebenso, dass er sich über seine Struktur/en bewusst ist.
Und ich meine mit Strukturen die Vernetzungen der Synapsen, die letztendlich das gezeigte Verhalten auslösen.
Ein neues Verhalten kann ich mir aneignen, indem ich meine alten Verhaltensmuster durchbreche und mir somit neue (überlagerte) Verbindungen im Gehirn schaffe und demzufolge auch neues Verhalten an den Tag legen kann.
Klar gibt es, wie du richtig bemerkst, sehr tief gelagerte Ängste, an die nur sehr schwer ranzukommen ist.
Um jedoch von „einfacheren“ Strukturen zu sprechen:
(Ich gebe mal zwei Beispiele zwecks besseren Verstehens. Eine Freundin von mir, Grafikdesignerin, hadert zeitlebens damit, dass sie sich in ihrem Job nicht gut genug fühlt. Alles, was sie macht, könnte/ sollte besser sein. Demzufolge leidet sie ständig unter Zeitdruck -die Sachen müssen ja fertig werden, aber jeder Entwurf wird wieder verworfen- als auch unter dem unangenehmen Gefühl, nicht gut genug zu sein. Therapien, Gespräche mit Freunden, das alles scheint nichts zu nutzen und doch hat sie das Bedürfnis, etwas verändern zu wollen.
Eine andere Bekannte ist nicht in der Lage, auf ihren Gegenüber einzugehen. Wenn ich ihr etwas erzähle, ist sie mit dem nächsten Satz schon wieder bei sich. Wenn ich ihr Verhalten kritisiere, sagt sie, sie würde ja gerne auf mich bzw. ihren Gegenüber eingehen, aber sie weiß nicht wie. Ich gebe ihr manchmal Beispiele oder sage, du hättest ja einfach was nachfragen können,egal, Hauptsache, du vermittelst mal Interesse. Angenommen, ich glaube ihr, dass sie ihr Verhalten ändern möchte - da wundere ich mich wirklich stark, dass ihr das so schwer fällt! Auch sie macht übrigens ´ne Therapie.
Da ich mit den Themen dieser beiden Damen häufig konfrontiert werde, stehe ich oft vor der Frage, was sie denn daran hindert, ihr Verhalten bzw. ihre Eigenwahrnehmung zu verändern.
Gehe ich nun gemäß deiner Theorie davon aus, dass es Angst ist, ist es dann Angst vor dem was „rauskommt“, wenn ich tief in mir wühle und nach den Ursachen meines Verhaltens schaue? (Ich persönlich habe eher eine „Sprung-in´s-kalte-Wasser-Mentalität“, mit der ich gute Erfahrungen gemacht habe, kann mich demzufolge nur schlecht hineinversetzen) Ist es die Angst (wie jemand bereits auf meine Frage schrieb) vor dem neuen Verhalten, von dem ich nicht weiß, wie mein Umfeld darauf reagieren wird, weil es ihm nicht vertraut ist?
Was macht die Angst im Gehirn? Blockiert sie den Informationsfluss? Was hindert den Menschen daran, seine Angst zu überwinden? (Menschen mit Angstneurosen begeben sich ja auch in Therapie, um die Angst loszuwerden.)
Ist es vielleicht eine Mischung aus Angst und Leidensdruck? Im Vordergrund steht die Angst, die mich hindert und nur wenn der Leidensdruck groß genug ist, gehe ich es an, an mir zu arbeiten. Ja, ich denke, das klingt ganz logisch. Dennoch noch nicht 100% zufrieden
grüßt dich
jeanne

Hallo Tychi!

Danke für deinen Link ins Archiv. Habe dadurch einen guten Einblick in deine Theorie erhalten. Ich denke da schon eher wie Sebastian.
Ich möchte mit dir keine Diskussion über den freien Willen führen, die findet eh schon weiter unten statt.
Aber falls du das Thema noch nicht über hast,
so beantworte mir doch bitte diese beiden Fragen:

Mensch A und Mensch B (beide glauben daran, dass es möglich ist, seine Strukturen zu verändern) leiden darunter, dass sie nicht fähig sind, mit Kritik umzugehen. Sobald sie sich kritisiert fühlen, sind sie nicht mehr in der Lage auf ihren Gegenüber einzugehen, sondern rennen beleidigt raus und knallen die Tür hinter sich zu. Beide leiden unter ihrem Verhalten, weil sie merken, dss ihr Umfeld nicht damit klar kommt und auch, weil sie wissen, dass dieses Verhalten ihrem Alter nicht angemessen ist.
A sagt sich, nun, mein Verhalten find` ich nicht gut, aber ich bin halt aufgrund meiner Gene, meiner Sozialisation, etc. so und kann es nicht ändern.
B sagt sich, ich möchte alles dransetzen um das Verhalten zu verändern. Er beginnt, sich zu reflektieren, hinterfragt, worauf sein Verhalten basiert, erkundigt sich, welche Mögichkeiten es gibt, seine Strukturen zu durchbrechen. Peu à peu lernt er, sich in entsprechender Situation anders zu verhalten und seine alten Strukturen durch neue zu überlagern. Dieser Mensch sitzt nun glücklich da und diskutiert (wenn er nicht das Pech hat mit A zu diskutieren…)
Hat nun deiner Meinung nach A den Willen, seine Strukturen zu erkennen, fehlt ihm jedoch der Wille und demzufolge die Möglichkeit, weiter daran zu arbeiten und hat B das Glück, nicht nur den Willen zu besitzen, die Struktur zu erkennen sondern auch über den Willen zu verfügen, sie zu durchbrechen? (Falls du die Frage mit „Ja“ beantwortest, kannst du jetzt schon mit meinem Widerspruch rechnen!)

Du sagst, es gibt keinen freien Willen, da wir „Gefangene“ unserer Gene, unserer Vergangenheit, etc. sind. Es gibt jedoch die Möglichkeit, die im Gehirn in der Kindheit entstanden Verknüpfungen mit neuen Verknüpfungen zu überlagern. Wenn das also nicht MEIN Wille ist, diese Verknüpfungen zu verändern, wenn diese Veränderung aber auch nicht Resultat meiner Gene und meiner Geschichte sind, dann bleibt doch nur, dass es eine „fremde Macht“ oder „einen Gott“ gibt, der das alles so vorbestimmt bzw. Herr über meinen Willen ist. Oder wie erklärst du das? Und, in der Hoffnung, dir mit der Frage nicht zu nahe zu treten, wie gehst du mit deinen eigenen Schwächen um? Sagst du, das ist halt so, ich kann das nicht ändern?

Was mir beim Lesen deiner Archiv-Diskussion beim Thema „Kommunikation“ noch einfiel und was auch dazu passt, dass du meintest, du könntest gar nicht anders, als „diesen Artikel jetzt schreiben“:
Ich habe mich viele Jahre mit Kommunikation beschäftigt (aus persönlichem als auch aus beruflichem Interesse). Du kennst sicherlich die „4 Seiten einer Botschaft“? (Falls nein, erkläre ich es dir gerne bei Interesse) Ich sehe das nicht so, dass ich so und so (oder überhaupt) reagieren muss. Wenn mein Gegenüber etwas sagt, habe ich viele Möglichkeiten der Reaktion. Normalerweise reagiert der Mensch spontan (wenn er mit dem Modell nicht vertraut ist). Ich jedoch bemühe mich in Momenten, in denen sich ein Konflikt anbahnt, herauszufiltern, worauf dieser Konflikt basiert und dann eben anders zu reagieren, als z.B. mein verletzter Stolz das in dem Moment tun würde. Da sehe ich sehr wohl einen freien Willen.

Es grüßt dich
jeanne

Hallo,

Seit vielen Jahren beschäftige ich mich mit der Frage,
inwieweit der Mensch in der Lage ist, sich zu ändern, d.h.,
sich andere, neue Strukturen anzueignen.

Hast du schon mal dran gedacht, dass der Mensch mit seiner Persönichkeitsstruktur auch in eine größere Struktur eingebettet ist, an der er meist noch viel weniger ändern kann und sein Leben in großen Teilen bestimmt?

Gruß

Hermann

Hallo!

Hast du schon mal dran gedacht, dass der Mensch mit seiner
Persönichkeitsstruktur auch in eine größere Struktur
eingebettet ist, an der er meist noch viel weniger ändern kann
und sein Leben in großen Teilen bestimmt?

Äh, was für eine größere Struktur meinst du?

Gruß,
jeanne