Hallo,
nocheinmal: Es gibt jede Menge ganz normale Wohnungen, in denen die Tierhaltung verboten ist. Und es gibt jede Menge Menschen die diese Wohnungen selbst bezahlt bewohnen, die auch gerne einen Hund hätten (entsprechende Fragen findet man hier regelmäßig), aber akzeptieren müssen, dass dies nun einmal nicht geht. Warum soll dies nicht auch für Obdachlose gelten? Zumal wir hier ja auch bei den Haustieren keine konstante Situation haben, sondern sich diese jeden Abend neu zusammenwürfelt, und niemand einschätzen kann, wie gefährlich das ein oder andere Tier für andere Tiere und Menschen ist. Oder würdest Du damit kein Problem haben, wenn man Dir beim notwendigen Rauswurf eines Bewohners einen großen Hund auf den Hals hetzt?
Es gibt auch genug Menschen, die in besonderen Situationen mit größeren Schlafsituationen als Zweibettzimmern leben müssen. Denk an Soldaten, Polizeibeamte bei Großeinsätzen, Feuerwehrleute, Mitarbeiter von Hilfsdiensten, Bauarbeiter auf Großbaustellen, Krankenhauspersonal mit regelmäßigen Nachtbereitschaften, … Warum kann man Obdachlosen dies nicht zumuten?
Ich habe selbst inzwischen so knapp zwei Jahre Wochenendbeziehung aus beruflichen Gründen angesammelt. Andere kommen da noch auf diverse Jahre mehr. Und die oben genannten Berufsgruppen müssen auch regelmäßig darauf verzichten mit Freund/Freundin/Ehemann/Ehefrau das Bett teilen zu können. Das wäre wohl eine Show, wenn ein Bereitschaftspolizist zum Einsatz seine Frau mitbringen und dann statt dem gemeinsamen Lager mit den Kollegen in der Turnhalle ein Doppelzimmer verlangen würde. Obdachlosen ist es nicht zuzumuten getrennt zu schlafen? Du weißt auch um die Beziehungsstrukturen in dieser Gruppe? Wie willst Du sortieren, wen man da wirklich mit gutem Gewissen in ein Zimmer lassen kann, und wo Du am nächsten Morgen mit dem Vorwurf der Beihilfe zu der ganzen Breite der Sexualdelikte zu kämpfen haben wirst? Würdest Du diese Verantwortung tragen wollen? Hättest Du Lust darauf jeden Abend mit jedem anrückenden Pärchen darüber diskutieren zu müssen, wie Du deren heutige Situation einschätzt?
Sicherlich würden obige Berufsgruppen auch gerne Abends noch etwas Party machen und sich in den Unterkünften einen hinter die Binde kippen. Das ist normalerweise verboten, wofür es gute Gründe gibt. Aber für Obdachlose, einer Klientel, in der Gewalt ein leider recht regelmäßiger Begleiter ist, und die oft genug im Zusammenhang mit Alkoholmissbrauch steht, willst Du Ausnahmen? Du würdest Dir wünschen, dass es da mehr fachliches Personal in den Einrichtungen gibt. Ich fände dies auch gut. Aber wer würde in so einer Einrichtung freiwillig arbeiten, wenn da zu allen ohnehin schon gegebenen Problemen auch noch die allnächtlichen Saufexzesse dazu kommen würden?
Du sprichst an, wie schlimm es ist, nur von Tag zu Tag planen zu können, weil die Unterkünfte immer nur von Nacht zu Nacht vergeben werden. Ich sehe diese Unterkünfte als das an, was sie sind: Sie sind genau für solche Situationen da. Wenn jemand wieder sesshaft werden will, dann gibt es durchaus Wege zurück in eine eigene Wohnung. Es sagt keiner, dass diese leicht und einfach sind. Aber wer mehr als eine Nacht in einer Notunterkunft haben will, muss diesen Weg beschreiten.
Ich wäre ja durchaus auch ein Freund von betreuten Wohnheimen, um eine Stufe zwischen eigenverantwortlich angemieteter Wohnung und Obdachlosenheim zu schaffen. Aber das wären dann Einrichtungen, die bitte nicht als Hotel mit Vollpension nach Lust und Laune bewohnt werden können. Notunterkünfte sind auch ganz klar nach Kostengesichtspunkten zu betreiben, und wenn jemand ohne eigene Bereitschaft einer längerfristigen Änderung seiner Situation kommen und gehen können möchte, dann halte ich die bestehenden Einrichtungen hierfür grundsätzlich für ausreichend. Die deutlich höheren Kosten eines betreuten Wohnheims, müssen auch Sinn machen. Und der ist nur da gegeben, wo es nicht mehr um „komm ich heute nicht, komm ich morgen“ geht, sondern wo so ein Modell die klare Aufgabe hat, Menschen wieder von der Straße zu holen, die dies auch selbst wollen, und die hierfür dann auch bereit sind, die dazu notwendigen Dinge mit zu tun, sinnvolle Einschränkungen hinzunehmen, und konstant und konsequent mitarbeiten, um möglichst schnell auf eigene Beine zu kommen.
Gruß vom Wiz