Hallo Rainer,
Nein, die Einen treiben eben nicht die Kosten für Arbeit in
die Höhe. Sie versuchen dafür zu sorgen, daß überhaupt noch
Kaufkraft übrig bleibt um den Sinn der wirtschaft zu erhalten.
Ohne Absatz wird Produktion nämlich überflüssig.
die Welt besteht nicht nur aus Deutschland. Hauptabsatzmarkt für unsere Produkte ist das Ausland, was im übrigen der einzige Grund dafür ist, daß es in den letzten 40 Jahren so gut ging.
Ich dachte die gesteigerte Produktivität soll in Form von
Lohnerhöhungen ausgeglichen werden. Oder soll das Fell des
Bären gleich zweimal verteilt werden?
Es soll gar nichts verteilt werden! Es sollen Bedingungen
geschaffen werden, die den Umsatz erhöhen und Arbeitsplätze
schaffen.
Mir fallen zwei Maßnahmen ein, die das Gegenteil bewirken:
1.) Arbeitszeitverlängerung.
2.) Lohnkürzungen.
Die nachfrageorientierte Politik hat noch nie funktioniert. Warum ein gescheitertes Experiment wiederholen?
Ja! Lohnkürzung und Arbeitszeitverlängerung als Geheimwaffe!
Wo steht das im vorherigen Abschnitt?
Lies noch mal genauer. Wenn Du’s nicht findest, lies den
obigen Beitrag von Mathias. …
Das steht da dennoch nicht.
Und: Versuchst Du uns
die ganze Zeit nicht Arbeitszeitverkürzung als Allheilmittel
zu verkaufen?
Nein. Nur als eine von mehreren notwendigen Maßnahmen.
Lohnerhöhungen u.ä. kommen natürlich auch noch dazu.
Natürlich. Was das Land braucht sind höhere Lohnkosten, ganz klar.
Arbeitszeitverkürzung hat in der Vergangenheit
nicht geholfen und Arbeitszeitverlängerung wird nur wenig
helfen, wenn keine Aufträge da sind.
Lohnkürzungen und Arbeitszeitverlängerungen führen
zwangsläufig zu zurückgehenden Aufträgen.
Nein, siehe ganz oben.
Bleibt als Lösung Flexibilität, die die Arbeitgeber davon
abhält, in der einen Hälfte des Jahres unausgelastetes
Personal zu bezahlen und in der anderen Jahreshälfte Aushilfen
einzustellen oder Überstunden zu bezahlen.
Wie soll diese Flexibilität denn aussehen?
Steht doch hier:
Bleibt als Lösung Flexibilität, die die Arbeitgeber davon
abhält, in der einen Hälfte des Jahres unausgelastetes
Personal zu bezahlen und in der anderen Jahreshälfte Aushilfen
einzustellen oder Überstunden zu bezahlen.
Rainer, solche Sprüche versauen mir echt den Tag. In den
letzten 25 Jahren hat niemand eine Politik gemacht, die von
Mathias, von mir oder den Wirtschaftsweisen gefordert worden
wäre. In den letzten 25 Jahren wurde sich darauf beschränkt,
Besitzstandswahrung zu betreiben und an alten Industrieen
festzuhalten. Darin liegt das Problem und in dem, was Du hier
permanent und fälschlicherweise als Neoliberalismus
bezeichnest.
Verhöhnen auch noch?
Oben Anfeindungen, hier verhöhnen. Was Du alles liest.
Kohl hat damit angefangen, den
Gewerkschaften die Handlungsfähigkeit zu nehmen und Schröder
setzt das fort, statt wie vorher angekündigt, die
entsprechende Gesetzänderung zurückzunehmen.
Welche Gesetzesänderung?
Die Senkung des Spitzensteuersatzes, Abschaffung der
Vermögenssteuer u.ä. sieht auch nicht so recht nach
Besitzstandswahrung aus.
Was ist denn in den Bereichen passiert, die den Staat so richtig Geld kosten? Was ist denn in den Bereichen passiert, die die Unternehmen richtig Geld kosten? Die Karenztage sind von den Bunten gleich wieder abgeschafft worden und schon stieg die Zahl der Krankentage wieder an. Dann fiel sie, weil die Leute Angst vor Arbeitslosigkeit hatten. Du sagst, die Menschen gehen krank zur Arbeit, ich sage, sie bleiben weniger gesund zuhause. Darüber kann man streiten.
Tatsache ist: Als für Krankheit ein Nachweis (Attest) gefordert wurde, gingen die Krankmeldungen zurück. Das legt mir den Gedanken nahe, daß einige Krankheiten einer Überprüfung durch den Gedanken nicht standgehalten hätten. Da ich nicht glaube, daß die Menschen heute kranker sind als damals, gehe ich davon aus, daß heute weniger blaugemacht wird. Daß es dazu die Angst vor Arbeitslosigkeit braucht, ist erbärmlich.
Ansonsten: Die Senkung des Spitzensteuersatzes hat dem Staat netto mehr gebracht als gekostet und die Vermögensteuer hat den Staat mehr gekostet als sie eingebracht hat.
Was die alten Industrien angeht. … Dir ist schon klar, daß
knapp 50% des Stroms in Deutschland aus Kohle erzeugt wird?
Gruben zu erhalten sorgt dafür, daß die Lichter in Deutschland
nicht ausgehen, wenn Lieferungen aus dem Ausland einmal
ausbleiben sollten. Diese alten Industrien zu erhalten hat
also nichts mit Besitzstandswahrung zu tun, wie Du hier
glauben machen willst.
Dann wollen wir mal überlegen: Die Förderung von einheimischer Stein- und Braunkohle beläuft sich auf insgesamt 7-8 Mrd. Euro im Jahr, davon 4,5 Mrd. Braunkohle und 3,3 Mrd. Steinkohle. Nur das macht die Verfeuerung einheimischer Kohle überhaupt rentabel. Die Folge ist, daß in Deutschland der Anteil der erneuerbaren Energieträger so gering ist, wie in kaum einem anderen Land Europas (außer Großbritannien, Irland und den Niederlanden). Wahrhaft fortschrittlich.
Weiter im Text: Andere Länder verfügen über überhaupt keine eigenen Rohstoffe. Mal abgesehen davon, daß diese Länder viel eher auf den Trichter gekommen sind, andere Energieträger zu verwenden, haben die bisher auch überlebt. Und: Vernünftiger wäre es, wenn man das Zeug nicht jetzt verbrennen würde, also in einer Zeit, in der es sich eigentlich nicht rechnet, sondern warten würde, bis
a) Kohle und Öl so teuer geworden sind, daß sich der Abbau wieder lohnen würde oder
b) bis das Angebot knapp geworden ist und so der Gedanke der autarken Rohstoffversorgung wieder einen Sinn ergibt.
Außerdem käme niemand auf den Gedanken, den Anbau von Kiwis und Bananen mit Milliardenbeträgen zu subventionieren, nur weil man bei der Versorgung auf eigenen Anbau zurückgreifen will. Nun wirst Du sagen, daß man Kiwis und Bananen nicht unbedingt braucht. Da hast Du recht, aber Kohle braucht man auch nicht.
Es gibt reichlich Alternativen, nur haben wir zu lange auf das Pferd Kohle gesetzt. Andere Länder sind schon längst auf Gas und/oder erneuerbare Energien umgestiegen und entsprechend technologisch viel weiter.
Es ist einfach erschreckend, wie sehr das Gedankengut des frühen 20. Jahrhunderts noch verbreitet ist: Autarkie um jeden Preis, Schwerindustrie unter eigener Kontrolle, eigene Märkte schützen.
Die scheintote Regierung in Berlin beschäftigt sich seit Jahren damit, Deutschland möglichst von allem abzuschotten, was sich auf der Welt so tut anstatt auf Veränderungen zu reagieren. Das gilt für Innen-, Wirtschafts- und Außenpolitik gleichermaßen. Deutschland ist nicht mehr allein auf der Welt. Deutschland ist heute mehr ein Bundesland der EU als ein abgeschottetes Gebilde, in dem man tun und lassen kann, was man will und jede Interaktion mit dem Ausland vermeiden kann.
Als Veranschaulichung kommt mir da ein Bürgermeister eines regelmäßig von Hochwasser bedrohten Dorfes in den Sinn, der anstelle einer Kooperation mit anderen Gemeinden zur Schaffung von Polderflächen und Abschaffung von Flußbegradigungen seinen Einwohnern die Anschaffung von Gummistiefeln und Schlauchbooten empfiehlt.
Um auf die Kohle zurückzukommen: Deutschland zahlt ein Mördergeld dafür, daß Kohle auf unrentable Weise gefördert wird. Unterdessen produzieren unsere Nachbarstaaten (bzw. die Staaten in ganz Europa) billigen Strom aus Gas, Wasser, Kernenergie. Was soll das? Außer Deutschland, Dänemark und Frankreich importiert jedes Land der EU15 netto Strom. Wo ist das Problem? Besonders originell: Durch unsere Subventionen wird der Strom so günstig, daß er in anderen Ländern konkurrenzfähig ist, d.h. wir exportieren Subventionen. Ganz großes Kino.
Gruß,
Christian