Hallo,
ich finde es immer wieder erschreckend, dass hier im Brett Teenagern, die sich über ihre finanzielle Situation beklagen, sofort mit der „Geh’ halt arbeiten, du fauler Sack“-Keule übern Kopf gehauen wird. Natürlich sollte man sich mit 15 darüber im Klaren sein, dass nicht alles vom Himmel fällt und Mama und Papa nicht dazu verpflichtet sind, mal eben den Rollerführerschein, die neue Playstation und den Cluburlaub an der Costa Brava lächelnd zur Verfügung zu stellen, und natürlich ist das Anspruchsdenken von manchen schon ziemlich unverschämt, aber gerade so habe ich das Ausgangsposting nicht empfunden.
Das ist nicht wenig
Armut ist relativ
Wenn seine Klassenkameraden das Dreifache kriegen, ist es subjektiv gesehen schon wenig, auch wenn man objektiv damit auskommen kann.
Davon muss ich alles kaufen, außer Klamotten und Schulsachen.
Was bleibt da groß noch?
Ich hoffe, das war keine rhetorische Frage? Ich kann mir schon vorstellen, dass da noch einiges bleibt, aber das können wir halt nicht wissen. Was ist mit Vereinsbeiträgen? Ein neuer Tischtennisschläger? Ein Sachbuch? Die Zugfahrt zum Kumpel, der
in eine andere Stadt gezogen ist? Futter für den Hamster? Mal ins Kino, ins Schwimmbad, zu Geburtstagen von Freunden mal ein Geschenk mitbringen können? Klar weiß man nicht, was der Fragesteller nun davon braucht und was nicht, und was die Eltern vielleicht doch noch zusätzlich zahlen … aber ich finde, das sind alles legitime Dinge für einen 15-Jährigen, die mit 22 Euro im Monat schwierig werden.
Versuch es doch mal mit Stullen schmieren.
Vielleicht hat er bis nachmittags Schule, die restliche Familie isst aber schon mittags, es gibt abends auch daheim nur Stullen und er soll sich was Warmes in der Schule holen, von seinem Taschengeld? Weiß man nicht, aber man muss ja nicht direkt das Schlechteste unterstellen.
Ja so ist das Leben, man kann nicht früh genug damit anfangen
mit der Realität konfrontiert zu werden.
Was denkst Du was für Deine Eltern so zusammen kommt im Monat?
- Miete (auch für Dich)
- Nebenkosten (auch für Dich)
- Auto
- Lebensmittel (auch für Dich)
- Versicherungen
- Sachen (auch für Dich)
Ich finde nicht, dass man mit 15 ein schlechtes Gewissen haben muss, dass die Eltern einen bei sich wohnen lassen und einem Lebensmittel zur Verfügung stellen, und ich finde auch nicht, dass man das mit anderen Annehmlichkeiten aufrechnen muss. Du klingst so, als sollte sich der Fragesteller glücklich schätzen, dass seine Eltern ihm das Überleben ermöglichen, dabei ist das ja wohl definitiv ein einklagbares Recht. Ist es nicht auch irgendwo eine Errungenschaft, dass sich Kinder hierzulande eben nicht mit der Realität im Sinne von „ums nackte Überleben kämpfen“ konfrontiert sehen müssen?
- Deine Ansprüche mal den realen Bedingungen anpassen. Es
muss nicht der PC für 700,- € sein, wenn es ein gebrauchter
für 300,- oder eine Aufrüstung auch tun würden.
Für den spart er dann gute acht Jahre.
- Sparen, klingt trivial ist aber sehr wirksam, auch wenn es
nur 3,- € im Monat sind.
Siehe oben …
- Was hältst Du von einem eigenen Nebenverdienst?
Zeitungen/Werbung kann man schon mit 13 zustellen.
Man vergisst glaube ich immer wieder, dass Schule als Vollzeitjob ausgelegt ist. Natürlich kann man nebenbei arbeiten, aber ich finde, man sollte das nicht selbstverständlich von einem Schüler fordern. Weißt du, ob er sich vielleicht nebenbei ehrenamtlich engagiert und das zugunsten vom Zeitungsaustragen dann aufgeben müsste? Für ein konkretes Projekt wie einen Computer dürfte ein Ferienjob sinnvoll sein, aber von einem 15-Jährigen selbstverständlich zu verlangen, dass er neben der Schule arbeiten geht, um sich Dinge, die über Wohnen und Essen hinausgehen, selbst zu erarbeiten, finde ich unpassend.
- Ferienjob - ich glaube 3 Wochen im Jahr darfst Du min. und
da kommen sicherlich die 300,- € für nen gebrauchten PC
zusammen.
Ja, das macht Sinn.
- Ein Deal mit Deinen Eltern aushandeln und vielleicht
erreichen, dass Du für bestimmte Unterstützungsleistungen
Gegenleistungen bekommst (entweder mehr Taschengeld oder ein
Punktekonto was dazu führt, dass Du zum Geburtstag doch den
Computer bekommst)
Das unter Umständen auch.
- Beim nächsten Volksfest Einwegflaschen einsammeln - bringt
0,25 € pro Flasche. Bei uns hier in der Gegend kommen da
schnell an die 100,- € zusammen am Tag. Das Problem ist
nur,das machen schon andere, gegen die musst Du Dich
behaupten.
Aber das … also wenn ich mir die Leute angucke, die hier nach Volksfesten die Flaschen einsammeln, würde ich definitiv nicht wollen, dass sich mein Kind mit denen um die Flaschen prügelt. Das sind überwiegend Erwachsene, oft alkoholisiert, die darüberhinaus das Geld offensichtlich dringender brauchen als ein Schüler, der auf diese Weise sein Taschengeld aufbessern soll.
Also die Hand gebrauchen, statt sie wie ein Bettler nur
aufzuhalten.
Wie gesagt, ich fand das Ausgangsposting eigentlich nicht besonders unverschämt, er hat ja nur eine legitime Frage gestellt, die man mangels Kenntnis der genaueren Umstände leider nicht sinnvoll beantworten kann (insbesondere nicht ohne zu wissen, wie reich oder arm die Eltern nun sind). Aber man muss ja auch nicht gleich reflexartig die „faule Sau“-Keule rausholen.
Ich meine das eher allgemein und habe mich ausgerechnet an dein Posting drangehängt, weil es weit oben steht und ausführlich ist, nicht weil ich dich konkret angreifen will. Mir geht es eher um die Brettmentalität, Jugendlichen jedes moralische Recht auf Leistungen seitens der Eltern, die über die blanke Notwendigkeit hinausgehen, abzusprechen.
Grüße
Sonja