am Rande: was hat das alles mit ‚Schäuble‘ zu tun?
Hi Mike,
Sagt mal, was ist eigentlich mit dem Innenminister los?
Dr. W. Schäuble ist meiner Meinung nach das größte derzeit in
Deutschland existierende Sicherheitsrisiko und gehört
schleunigst aus seinem Amt entfernt!
Ich will Dich nicht von der Seite angehen, aber für weit gefährlicher als Schäuble halte ich die Meinung, die geschilderten Tendenzen hätten irgendwas mit Schäuble persönlich zu tun, und ließen sich durch seine Entfernung aus dem Amt aufhalten …
Schäuble ist demokratisch gewählter Innenminister, und seine Partei wird aller Voraussicht nach nicht trotz ihm wiedergewählt werden …
Nicht „Schäuble“ ist die Ursache für die genannten Überlegungen, sondern ein ganz allgemeiner Wandel im politischen Denken, und auch ein - bezogen auf die letzten paar Jahrzehnte - klar erkennbarer Wandel der Funktion des Staates, der sich mehr und mehr zum reinen Sicherheitsdienstleister wandelt und sich dabei sogar zunehmend in Konkurrenz mit privaten Sicherheitsherstellern behaupten muss (um seine Legitimität überhaupt noch zu erhalten, da diese heute im Grund fast nur noch auf „Sicherheitsherstellung“ beruht.).
Der Überwachungsstaat ist m.E. nicht Schäubles Projekt, genausowenig wie Schilys Projekt, Sarkozys Projekt, Bushs Projekt, sondern er ist etwas, das vom überwiegenden Teil der Menschen definitiv so gewollt wird;
es ist z.B. mikrosoziologisch breit untersucht, dass wir heute eine subjektve Wahrnehmung von Unsicherheit haben, die bei weitem nicht der realen Unsicherheitslage entspricht, oder dass die Forderung nach einer diffusen „Sicherheit“ heute ein politisches Totschlagargument ist durch das fast alles legitimiert wird, dass der politisch diffuse Vorwurf „das ist sicherheitspolitisch gefährlich!“ neben dem genauso diffusem Vorwurf „das kostet Arbeitsplätze!“ das politische KO-Kriterium schlechthin ist, nicht nur in den Parlamenten sondern genauso in der breiten Öffentlichkeit, und keineswegs bloß an den Stammtischen.
Vgl. zum Beispiel hier:
http://www.bpb.de/popup/popup_druckversion.html?guid…
„Es kann daher eher von einer Überwachungsgesellschaft als von einem Überwachungsstaat gesprochen werden“
M.E. kann einer Gesellschaft, für die sehr mehrheitlich ein so eklatantes Phänomen wie Guantanamo kein größeres Problem darstellt, auch der Widerstand gegen die endgültige Überwindung des bisherigen liberal-demokratischen Rechtsstaats nicht zugetraut werden;
und damit meine ich nicht, dass sich nicht meinetwegen sogar die übergroße Mehrheit der Menschen gegen den „Überwachungsstaat“ als solchen aussprechen würden, sondern dass sie der sehr schleichenden und samtpfötigen Erosion bisheriger Grundprinzpien (z.B. der Unschuldsvermutung), so wie das der obigen Link teilweise andeutet, schlicht nichts widersetzen können, weil die Revision des einen oder anderen Prinzips halt aus Sicherheitsgründen heraus immer wieder sinnvoll und nützlich sein wird;
und „Sicherheit“ wird ein Zielzustand sein, der nie erreichbar sein wird, dem aber scheinbar zunehmend alles geopfert werden darf; ich denke, dass man das historisch an den letzten 30 Jahren gut erkennt, und per Extrapolation lässt sich wohl ganz realistisch in die Zukunft blicken.
Viele Grüße
Franz