Truppenversorgung Afrika, Ostfront WK2

Hallo,

mir hat vor längerem mal jemand erzählt, das die Wehrmacht im
Russlandfeldzug und dem Winter dort deshalb so viele Probleme
hatte, weil angeblich Sabotage-Aktionen bei der Auslieferung
von Ausrüstung dazu führten, das die Winteruniformen und
Material nach Afrika geschickt wurden und umgekehrt. Ist da
was wahres dran?

Bis auf Behinderungen der Nachschublinien in der SU durch
Partisanen ab ca. 1943 ist das Unfug und wohl im Kern eine
Schutzbehauptung. Der ‚Russlandfeldzug‘ sollte vor dem Winter
siegreich beendet sein und man hat schlicht die notwendigen
Vorbereitungen verpennt bzw. war dazu nicht in der Lage.

Drei Fakten dazu: Die Reichswehr brauchte ca 75 Eisenbahnzüge
voll Nachschub pro Tag … bekomen hat sie um die 50. Was das
über die 4 Jahre Krieg in der SU ausmacht dürfte klar sein.

Britische Torpedoflieger von Malta aus beherrschten den Weg
Von Italien nach Tripolis. Zeitweise versenkten die 90 % der
Schiffe. Es gibt die Meinung, das der entscheidende Fehler
im Mittelmeerraum darin bestand Kreta und nicht Malta zu
erobern.

Für Panzer und Sturmgeschütze gab es keine tauglichen Schmier-
stoffe für die Kanonenrichtanlagen und die Drehkränze der Türme.
Mit unter - 20 Grad hatte niemand gerechnet.

Eine weitere Frage die sich mir seit längerem stellt, es soll
Berichte (sogar eine Dokumentation) darüber geben das
Nazi-Deutschland gar nicht der Aggressor im 2.Wk war, sondern
sich „Nur“ verteidigt hat.

Das ist richtig und falsch zugleich. Das der Gröfaz Polen
angriff und damit die Kampfhandlungen in Europa eröffnete,
steht ausser Frage. Der ‚Weltkrieg‘ in seiner ganzen
Begriffsbreite begann aber in China durch die japanische
Invasion. Das führt aber zur Frage, ob da zwei oder mehr
Kriege gleichzeitig geführt wurden und ob der Ausdruck
‚Weltkrieg‘ angemessen ist.

Die Frage des Kriegsausbruchs gegen die SU wurde ja schon
anderswo in dieser Diskussion angeschnitten … aber da war
der Krieg in Europa eh schon lange im Gange.

Viele Grüße

Jake

Hallo

Das die Versorgung nicht annähernd ausreichend war ist
unbestritten, aber es rollten vom ersten Tag an LKW und
Pferdefuhrwerke Richtung Front. Je weiter diese vorrückte und
je mehr Ausfälle auch die Versorger zu verkraften hatten desto
weniger wurde es.

Es gab bereits sehr früh Versorgungsengpässe bei den Deutschen, mir ist da irgend etwas von Anfang Juli erinnerlich. Die Panzerspitzen waren einfach zu weit vorgestossen und standen dann ohne Betriebsstoff auf dem Präsentierteller. Auch hat die deutsche Führung ganz einfach die Qualität der russischen Strassen überschätzt.
Betrachtet man sich das Sammelsurium der verschiedenen Fahrzeugtypen in der Wehrmacht, dann war allein die Vorratshaltung der Ersatzteile bereits ein Riesenproblem. Und viele Beutefahrzeuge waren den russischen Strassen bei jedem Wetter einfach nicht gewachsen.
Es rollten Pferdefuhrwerke! Die eigneten sich ja hervorragend für die Versorgung von motorisierten Divisionen.
Ich habe irgendwo im Schrank ein Buch von befragungen von Überlebenden von Stralingrad. Danach wurde übereinstimmend ausgesagt, dass bereits beim Vormarsch Richtung Stalingrad Pferde in den Suppentöpfen verschwanden, weil einfach keine verpflegung mehr angeliefert wurde.
Allerdings was Verpflegung anging, so konnte das im gleichen Kampfabschnitt von Division zu Division sehr verschieden sein.
Gruss
Rainer

Hi,

Drei Fakten dazu: Die Reichswehr brauchte ca 75 Eisenbahnzüge voll Nachschub pro Tag … bekomen hat sie um die 50. Was das über die 4 Jahre Krieg in der SU ausmacht dürfte klar sein.

Ein Fakt und eine Frage dazu:

Fakt: Eine Reichswehr gab es seit März 1935 nicht mehr. Das war dann die Wehrmacht.

Die Frage: Woher hast Du das mit den 75 Zügen Bedarf und 50 Zügen Ist?
Bitte gib mir eine Quelle damit ich endlich die Diskussion mit Rainer (ein paar Artikel weiter unten) beendet kriege, der immer noch denkt es wäre 4 Jahre ohne Versorgung Krieg geführt worden.

Gruß
Nick

Bitte gib mir eine Quelle damit ich endlich die Diskussion mit
Rainer (ein paar Artikel weiter unten) beendet kriege, der
immer noch denkt es wäre 4 Jahre ohne Versorgung Krieg geführt
worden.

Hallo Nick,
ich weiss nicht wo ich das geschrieben haben soll. Tatsache ist, dass es bereits im Juli 1941 Probleme bei bestimmten Versorgungsgütern gab. Und dafür gibt es verschiedene Gründe.
Ich habe die Tagesmeldung einer Grossen Kraftwagenkolonne von Anfang Oktober 1942: Lkw 27, Einsatzfähig 18, in Reparatur 3, für die restlichen 6 waren keine Ersatzteile da.
Gruss
Rainer

Hi Rainer,
also ich hab’s hier so verstanden:

In Russland wurde überhaupt nichts ausgeliefert, die Soldaten waren froh wenn sie Munition und Verpflegung(auch Feldpost bekamen)

und hier:

(Anm.d.Red.:übertrieben)„Ist es nicht, auch in NS-Publikationen wird z. B. von Betriebsstoffversorgung von Panzern per Transportflugzeug gesprochen. Dazu kam, dass bedingt durch die Strassenverhältbisse bedeutend mehr Ausfälle vorkamen als vorgesehen.“

Das mal vereinzelt was per Flugzeug kam, ok. Aber die Luftwaffe hat nichtmal eine Stadt für eine Schlacht ernsthaft versorgen können. In der Breite der Versorgung der gesamten Ostfront ein zu vernachlässigender Faktor.

Hier hab ich endlich die Daten gefunden:
An der Ostfront eingetroffene Versorgungszüge Sept. 1941 – Jan. 1942:

Monat Züge im Monat durchschnittliche
Zuganzahl pro Tag
September 1941 2093 70
Oktober 1941 1860 60
November 1941 1701 57
Dezember 1941 1643 53
Januar 1942 1420 46

Abgesehen davon daß wir uns grundlegend einig sind, daß die Versorgung stellenweise mies war und von Heeresgruppe zu Heeresgruppe die Verteilung nicht gerade „gerecht“ war, wurden an der Ostfront nur per Zug 4.358.500 Tonnen Material, in 5 Monaten, angeliefert.

Gruß
Nick

Hallo Nick,

also ich hab’s hier so verstanden:

In Russland wurde überhaupt nichts ausgeliefert, die Soldaten waren froh wenn sie Munition und Verpflegung(auch Feldpost bekamen)

das kommt daher, dass ich vor kurzem die Chronik der 22. PD gelesen habe. Da gin es drunter und drüber, die Division sollte aus dem Verfügungsraum verlegen, aber es war kein Betriebsstoff da usw… Die panzer waren längere Zeit nicht bewegt worden und es fielen sofort etliche(39? oder so)aus. Das war aber nicht nur durch Mäusefrass, der betraf nur 5 Panzer, sondern durch fehlende Ersatzteile.
Die Zahl der Züge ist auf den ersten Blick imposant, aber wie lange dauerte es, bis der Nachschub wirkliçch vorne im Graben ankam. Wie lange dauerte der Transport von den Entladestellen bis zu den frontnahen Depots etc.
Dass die Versorgung öfter auch klappte ist mir auch bekannt, aber ein Feldzug, der drei Monate dauern sollte und dann doch etwas länger wurde, musste die Versorgung ziemlich strapazieren.
Gruss
Rainer

Danke für die ausführliche Antwort!

Grüße vom Hasen

Hi,

das kommt daher, dass ich vor kurzem die Chronik der 22. PD gelesen habe.

DAS erklärt einiges! Diese Division wurde in Frankreich schon aus Beutepanzern und „Resten“ zusammengeflickt (für die es nicht mal in Frankreich Ersatzteile gab, geschweige denn diese dahin kamen wo sie sollten). Anschliessend wurde in die schlechtest versorgte Ecke der gesamten Ostfront verlegt. (HG Don, bzw. Süd)

Anfang 43 gab’s ein kleines „Missverständnis“. Die Division sollte aufgelöst werden. Sämtliche Versorgungseinheiten wurden schon mal einer anderen Division zugeteilt. Dann fiel jemandem ein die Division doch nicht abzuwickeln, die Versorgungseinheiten waren aber weg…

Viel mieser hätte es für diese Division kaum noch laufen können.
Exemplarisch für die gesamte Unternehmung Ostfront war deren Versorgungslage aber nicht.

Gruß
Nick

Hallo,

Diese Division wurde in Frankreich schon
aus Beutepanzern und „Resten“ zusammengeflickt (für die es
nicht mal in Frankreich Ersatzteile gab, geschweige denn diese
dahin kamen wo sie sollten). Anschliessend wurde in die
schlechtest versorgte Ecke der gesamten Ostfront verlegt. (HG
Don, bzw. Süd)

Zuerst waren Teile zumindest noch an anderer Stelle. Und wenn ich mich recht entsinne waren im Januar 1943 nur noch deutsches Material im Donbogen. Dafür aber auch noch Pz II und III.

Anfang 43 gab’s ein kleines „Missverständnis“. Die Division
sollte aufgelöst werden. Sämtliche Versorgungseinheiten wurden
schon mal einer anderen Division zugeteilt. Dann fiel
jemandem ein die Division doch nicht abzuwickeln, die
Versorgungseinheiten waren aber weg…

Das wurde aber relativ schnell geklärt.

Viel mieser hätte es für diese Division kaum noch laufen
können.

Für diese Division lief so alles schief was schief laufen konnte, das gilt auch für die Divisionschronik, die von einem Australier in einem sehr gewöhnungsbedürftigen Deutsch geschrieben wurde.

Exemplarisch für die gesamte Unternehmung Ostfront war deren
Versorgungslage aber nicht.

Exemplarisch nicht unbedingt, aber so manchen Einheiten in der Gegend ging es ähnlich und grosse Probleme mit der Versorgung gab es den ganzen Ostfeldzug, auch sehr früh in 1941.
Gruss
Rainer

Bis auf Behinderungen der Nachschublinien in der SU durch
Partisanen ab ca. 1943 ist das Unfug und wohl im Kern eine
Schutzbehauptung. Der ‚Russlandfeldzug‘ sollte vor dem Winter
siegreich beendet sein und man hat schlicht die notwendigen
Vorbereitungen verpennt bzw. war dazu nicht in der Lage.

Nicht nur, dass man die entsprechenden Vorbereitungen verpennt hatte bzw. dazu nicht in der Lage war. Viel schlimmer war sogar der politische Wille, KEINE Winterausrüstung vor Beginn der Operation Barbarossa an die eingesetzten Truppenteile auszuliefern.

Denn: Hätte man explizite (russlandwintertaugliche) Winterausrüstung ausgegeben, hätte man auch dem Heer gegenüber eingestehen müssen, dass die Zielsetzung „bis zum Winter ist der Feldzug vorüber“ utopisch ist. Das hätte die Moral der Truppe nicht gerade gefördert. Das Desaster mit dem Wintereinbruch war allerdings in jeder Hinsicht noch verheerender.
Womit allerdings in der Tat niemand rechnen konnte, war der Umstand, dass der Winter 1941/1942 in der Rückschau einer der härtesten Winter der letzten Jahrzehnte war. Wenn man mal die Winter 1939/1940 und 1940/1941 ausklammert, die bereits zu der Zeit Kälterekorde gebrochen hatten und jeden Strategen im Generalstab eine Warnung hätten sein müssen…