Unterschied zwischen Religion und Aberglaube

Hallo an alle!

[…]
VIKTOR hatte im genannten Forum folgende Frage gestellt:

Auch wenn Du kein rel.„Gläubiger“ bist - ist besonders interessant:
Gibt es für DICH eine Grenzziehung [zwischen religiösem Glauben und
Aberglauben (Ergänzung von mir)] und wenn ja, warum ?

/t/glaube-oder-aberglaube/4767685

Ich hatte geanwortet, dass es einen solchen Unterschied nicht gibt und dabei auf das bekannte Teekannen-Gedankenexperiment von Bertrand Russell verwiesen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Russells_Teekanne

[…]

Nun meine Frage, die wir, wo ich schon mal hier bin, durchaus auch einmal unter philosophischen Gesichtspunkten beleuchten könnten:

Warum leistet sich ein Wissens forum wie wer-weiss-was.de ein Brett Religions-„Wissenschaft” ,[…]?

Warum richtet W-W-W […] nicht ein mit dem Begriff Theologie passend benanntes Forum […] ein, so wie es das für Esoterik- und Astrologie-Interessierte ja auch getan hat?

Gruß Gernot

Team: gemäss Netiquette editiert

Hallo Verärgerter,
für einen Agnostiker hast Du aber einen messianischen Eifer!

Ich selbst interessiere mich z.B. kaum oder fast gar nicht für Fußball.
Es würde mir nie einfallen am Stammtisch ausgerechnet über Fußball zu diskutieren. Kein Mensch würde mich ernst nehmen.
Ich würde lästig fallen und irgendwann würde kein Mensch mehr mit mir ein Bier trinken wollen.

Ok - ganz so ernst meine ich das nicht.
(immerhin mag ich den Frauenfußball - die haben doch eindeutig die hübscheren Hintern, oder etwa nicht:smile:

mfG Hermes

Hallo Hermes,

für einen Agnostiker hast Du aber einen messianischen Eifer!

Das siehst du falsch: Ich schreibe ja klar und deutlich in meiner Visitenkarte, dass ich eben kein Agnostiker , sondern Atheist bin. Darüber hinaus bin ich auch noch ein solcher Atheist , der aufgrund des Fehlens jeglicher Indizien absolut davon überzeugt ist, dass es keinen Gott gibt.

Ich selbst interessiere mich z.B. kaum oder fast gar nicht für
Fußball.
Es würde mir nie einfallen am Stammtisch ausgerechnet über
Fußball zu diskutieren. Kein Mensch würde mich ernst nehmen.
Ich würde lästig fallen und irgendwann würde kein Mensch mehr
mit mir ein Bier trinken wollen.

Nun, ich glaube zumindest, dass es Fußball gibt, auch wenn ich mich im Unterschied zu Religion, absolut nicht dafür interesiere und auch nicht äußere.

Das liegt aber nur daran, dass Fußball mein Leben auch nicht beeinflusst, was ich von Religionen leider nicht sagen kann, da diese meist eine herzliche Abneigung zu meiner Lebensweise „pflegen”. In so fern darf ich auch beim Thema „Religion” mitreden:

Religionen sind als Aberglaube abzulehnen!

Gruß Gernot

1 Like

Hallo Gernot,

VIKTOR hatte im genannten Forum folgende Frage gestellt:

Auch wenn Du kein rel.„Gläubiger“ bist - ist besonders interessant:
Gibt es für DICH eine Grenzziehung [zwischen religiösem Glauben und
Aberglauben (Ergänzung von mir)] und wenn ja, warum ?

/t/glaube-oder-aberglaube/4767685

Ich hatte geanwortet, dass es einen solchen Unterschied nicht
gibt und dabei auf das bekannte Teekannen-Gedankenexperiment
von Bertrand Russell verwiesen.

auch wenn ich Dir oft deutlich entgegengetreten bin und absolut
Deine oft verunglimpfenden Beiträge gegen Religion und Kirche
nicht billige begrüße ich trotzdem Deine Beiträge soweit sie
sachdienlich sind.
Zu Deiner Einlassung:
Das Teekannenbeispeil greift deshalb nicht, weil es grundsätzlich
rel.Glauben (und den Verstand ! der Glaubenden) in Frage stellt.
Auch hat zu dieser In-Frage-Stellung Russel ein albernes,
für einen Philosophen ziemlich schwaches Beispiel aufgeführt.
Mein Thema bewegt sich „innerhalb“ des Glaubens für Glaubende
oder auch für rel.nicht involvierte, von „außen“ betrachtet.
Wo macht der Glaubende (als Individuum) für sich den „Schnitt“
zwischen Glauben und Aberglauben, welches „Messer“ benutzt er für
diesen Schnitt z.Bsp. Qualität,Sinnhaftigkeit,Wahrscheinlichkeit,
offensichtliche Widerlegbarkeit oder Unsinnigkeit u.a.
Für Dich liegt dieser „Schnitt“ gleich am Anfang, dh, es gibt
da keine unterschiedlichen Zuordnungen, für Dich ist beides
identisch - oder? Wenn eventuell doch nein, warum ?
Gruß VIKTOR

Hallo Gernot,

Ich hatte geanwortet, dass es einen solchen Unterschied nicht
gibt und dabei auf das bekannte Teekannen-Gedankenexperiment
von Bertrand Russell verwiesen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Russells_Teekanne

wenn Du Dir die ersten beiden Sätze dieses Wikipedia-Artikels einmal aufmerksam durchliest:

Russells Teekanne (engl. „Russell’s teapot“) ist eine Analogie des Mathematikers und Philosophen Bertrand Russell. Sie soll zeigen, dass es nicht die Aufgabe des Skeptikers sei, die Unfehlbarkeitsansprüche einer allgemein anerkannten Religion zu widerlegen. Vielmehr müsse die Religion ihre Annahmen stichhaltig beweisen.

… wird Dir vielleicht doch noch klar, dass diese Analogie zur Klärung des Unterschiedes zwischen religiösem Glauben und Aberglauben nichts beiträgt und auch nicht als Beleg dafür taugt, dass beides identisch ist. Nicht alles, was nicht stichhaltig beweisbar ist, ist deswegen schon Aberglaube. So tief hat sich Russell denn doch nicht verstiegen - auch wenn der ‚teapot‘ mE trotz (oder vielleicht auch wegen) seiner Publikumswirksamkeit nicht gerade zu seinen intellektuellen Glanzleistungen gehört.

Wenn man also Dein Posting auf seine tatsächliche Aussage reduziert, dann haben wir ein persönliches Bekenntnis: „Ich halte Aberglauben und religiösen Glauben für dasselbe“, eine Berufung auf eine Autorität: „Bertrand Russell auch“ und einen untauglichen Beleg für diese Behauptung.

[…]

Dabei hätte Russell zu dem Thema durchaus Diskutierenswertes zu bieten, z.B. folgende These über die mythenschöpfende Kraft der Furcht:

„Fear sometimes operates directly, by inventing rumors of disaster in war-time, or by imagining objects of terror, such as ghosts; sometimes it operates indirectly, by creating belief in something comforting, such as the elixir of life, or heaven for ourselves and hell for our enemies. Fear has many forms - fear of death, fear of the dark, fear of the unknown, fear of the herd, and that vague generalized fear that comes to those who conceal from themselves their more specific terrors. Until you have admitted your own fears to yourself, and have guarded yourself by a difficult effort of will against their mythmaking power, you cannot hope to think truly about many matters of great importance, especially those with which religious beliefs are concerned. Fear is the main source of superstition and one of the main sources of cruelty. To conquer fear is the beginning of wisdom, in the pursuit of truth as in the endeavor after a worthy manner of life.“
(B. Russell, An Outline of Intellectual Rubbish)

[…] Wohlgemerkt - bei genauem Lesen geht es auch hier nicht um eine Gleichsetzung von Aberglaube und Religion, es geht um Furcht als gemeinsame Quelle von Aberglauben und bestimmten (beileibe nicht allen) religiösen Vorstellungen.

Warum leistet sich ein Wissens forum wie
wer-weiss-was.de ein Brett
Religions-„Wissenschaft” ,…

Das wissenschaftliche Niveau könnte in der Tat besser sein, das ist mir gerade in den letzten Tagen schmerzlich bewusst gewesen. […] „Wissenschaftlich distanzierte Auseinandersetzung mit dem Phänomen Religion“ funktioniert nämlich deutlich anders, […].

Freundliche Grüße,
Ralf

Team: OT-Bemerkungen gelöscht

Hallo,
[…]

Das siehst du falsch: Ich schreibe ja klar und deutlich in
meiner Visitenkarte, dass ich eben kein
Agnostiker , sondern Atheist
bin.
Darüber hinaus bin ich auch noch ein solcher
Atheist , der aufgrund des Fehlens jeglicher
Indizien absolut davon überzeugt ist, dass es keinen Gott gibt.

Der Standpunkt sein dir allemal zugestanden.
Ich teile diesen auch 100%ig mit dir, aber das sollte nicht dazu führen
einen Antikreuzzug zu starten.

Außerdem ist es gerade in der Philosophie allg. Konsens, daß Beweise für
die Nichtexistens Gottes genauso unsinnig sind wie Gottesbeweise.
Du lieferst also mit deinem Angriff genug Munition für deine Gegner.

Nun, ich glaube zumindest, dass es Fußball
gibt, auch wenn ich mich im Unterschied zu Religion, absolut
nicht dafür interesiere und auch nicht äußere.

Bei solchen Diskussionen wird regelmäßig das Wort „glauben“ in seinen
Bedeutungen undifferenziert benutzt, was nur zu Missverständnissen führt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Glauben

diese meist eine herzliche Abneigung zu meiner Lebensweise
„pflegen”. In so fern darf ich auch beim Thema „Religion” mitreden:

Fehlende Toleranz gibt es auf beiden Seiten.
Zugegeben, mit religös Gläubigen kann man über Gott nicht rational
diskutieren, dashalb aber allg. Dummheit zu unterstellen, ist wenig hilfreich
in der Aufklärung.

Religionen sind als Aberglaube abzulehnen!

Für dich ist logisch jede Religion Aberglaube, wenn man die allg.
Def. in Wiki hernimmt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Aberglaube
dann ist aber auch klar, daß für andere Menschen die Trennlinie ganz
anders verlaufen muß.
Gruß Uwi

Team: OT-Bemerkung gelöscht

Hallo Uwi,
(mit marxistischer atheistischer Erziehung ?)

Zugegeben, mit religös Gläubigen kann man über Gott nicht
rational
diskutieren, dashalb aber allg. Dummheit zu unterstellen, ist
wenig hilfreich

wie gefällt Dir das:
Mit Atheisten kann man über Gott nicht sinnvoll diskutieren,
deshalb sind aber nicht alle blöd !
Merkst Du was ?
Gruß VIKTOR

Hallo Gernot,
Das Fehlen von Indizien (oder Dein Nichterkennen von…) ist Dir Beweis genug?
[…]
Die großen Fragen des Lebens können nicht mit kleinem Geist gelöst werden.
Selbst Bertrand Russel wusste das (der war sich eigentlich in diesen Fragen nie ganz völlig sicher).
Menschen die sich in den wichtigen Fragen des Lebens immer ganz sicher zu sein vorgeben, sind meistens sehr unsicher.
Das zeigt dann auch ihr Hang zu „Schubladen“.

mfG Hermes

Team: gemäss Netiquette editiert

Lieber Gernot Back!

Ich wüsste beim besten Willen nicht, wie man die Gepflogenheiten dieses Forums unter „philosophischen Gesichtspunkten“ betrachten könnte …

Ansonsten möchte ich deiner Heranziehung der Teekanne bei der Frage der Unterscheidung von Glaube und Aberglaube sehr wohl zustimmen. Grundsätzlich wohlgemerkt, ich kann nicht erfahren, wie deine Argumentationsweise war.

Es geht bei der Teekanne nicht nur um Skeptizismus und die Frage der Unbeweisbarkeit, es geht dabei auch darum, dass es die vielen kleinen täglichen sozialen Praktiken sind, die den Unterschied zwischen den großen Glaubensrichtungen und einem, von Russell als Exemplifizierung künstlich eingeführten, Teekannen-Aberglauben ausmachen - und dass nur diese Praktiken und deren soziale Anerkanntheit den Unterschied ausmachen, das möchte Russell mit seiner Argumentation durchaus sagen.

Der Unterschied zwischen Glaube und Aberglaube liegt für Russell eben nicht in der Sache selbst, denn das skeptizistische Argument in der „Teekannen-Analogie“ trifft ja fraglos auf Glaube und Aberglaube gleichermaßen zu, kann damit gar nicht als Unterscheidungskriterium dienen.
Es bleibt aber sehr wohl das Unterscheidungskriterium der Praktiken und deren sozialer Anerkanntheit.

Und genau diese kulturelle Relativität des Glaubens herauszustellen, ist bekanntlich immer schon Russells aufklärerisches Anliegen gewesen.

Ich meide das Brett „Religionswissenschaft“ übrigens auch, aber nicht der dortigen Moderatoren wegen, sondern weil ich mich dort unterbesternt fühl(t)e.

Soviel Zuspruch muss schon sein, und dann aber auch genügen …

_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _

Team: Vollzitat gelöscht

Es gibt auch nicht-objektivierbare Wahrheiten
Hi Gernot.

Nun, das Reli-Brett ist gewiss kein Kränzchen und schon gar kein Bibelbkränzchen, das sollte dir doch aufgefallen sein. Man kann dort sehr wohl Religionen kritisch thematisieren, das aber, wie Ralf zurecht schreibt, sollte im Rahmen einer Fragestellung mit offenem Ende geschehen.

Russells Religionskritik speist sich aus seiner negativen Einstellung zum Christentum. Reduktionistisch überträgt er das auf alle religiösen Systeme. Immerhin arbeitete er eng mit Whitehead zusammen, und DER war ja ein vollblütiger Vertreter einer auf Mystik (= „esoterische Religion“) basierenden Philosophie, die auch auf New-Age-Autoren wie Wilber großen Einfluss hatte.

Das Teekannen-Argument ist natürlich Nonsense. Was ist schon Beweisbarkeit? Beweise einem Blinden, dass der Himmel blau ist oder Rubens ein genialer Maler. Beweise einem mathematisch Unbegabten die Richtigkeit der Schrödingergleichung. Zudem sind spirituelle Wahrheiten nicht-materieller Natur und von daher naturwissenschaftlich nicht objektivierbar. Sie sind nur individuell erfahrbar. Hier ist die eigene Erfahrung der einzig mögliche Beweis. Das spricht nicht gegen die Realität des Erfahrenen. Verliebtheit ist auch nicht „beweisbar“: man kann sie auch simulieren, und andere fallen darauf herein. Als inneres Erleben aber ist sie, wenn gegeben, dann auch real.

Gruß

Werter Candide,
wenn ich Dir für dieses Mal den Pangloss geben darf, auch wenn ich beileibe kein Anhänger der Metaphysico-Theologico-Cosmolonigologie bin …

grundsätzlich wohlgemerkt, ich kann nicht erfahren, wie deine Argumentationsweise war.

Ich beschränke mich auf die Anmerkung, dass sie auf etwas anderer Ebene als Deine stattfand.

Es geht bei der Teekanne nicht nur um Skeptizismus und die Frage der Unbeweisbarkeit, es geht dabei auch darum, dass es die vielen kleinen täglichen sozialen Praktiken sind, die den Unterschied zwischen den großen Glaubensrichtungen und einem, von Russell als Exemplifizierung künstlich eingeführten, Teekannen-Aberglauben ausmachen

Genau hier, im vorletzten Wort, sitzt der Wurm in Deiner Argumentation, nämlich eine versteckte petitio principii. Bei dem ‚teapot‘ handelt es sich schlicht um ein Beispiel einer nicht widerlegbaren Annahme, die zur Verdeutlichung des Beispiels eine extrem hohe Unwahrscheinlichkeit aufweist - nicht jedoch um Aberglaube. Du setzt beides schlicht gleich - nun ist aber eine nicht widerlegbare Annahme nicht notwendig (so Deine Unterstellung) ein Aberglaube. Weder geringe Wahrscheinlichkeit einer Annahme noch Nicht-Widerlegbarkeit sind hinreichende Kriterien für einen ‚Aberglauben‘. Im Gegenteil, so ziemlich alles, was man landläufig unter Aberglaube versteht, ist widerlegbar.

Es geht bei der Teekanne nicht nur um Skeptizismus und die Frage der Unbeweisbarkeit, es geht dabei auch darum, dass es die vielen kleinen täglichen sozialen Praktiken sind, die den Unterschied zwischen den großen Glaubensrichtungen und einem, von Russell als Exemplifizierung

… angenommenen, extrem unwahrscheinlichen jedoch nicht widerlegbaren Tatbestand ausmachen.

Nun ist es natürlich denkbar, dass Du eine andere Definition von Aberglaube zugrunde legst als ich - der ich der Bequemlichkeit halber einfach auf Kant verweise (Aberglaube = „sich die Natur Regeln, welche der Verstand ihr durch ihr eigenes wesentliches Gesetz zum Grunde legt, als nicht unterworfen vorzustellen“). Deine Definition solltest Du dann allerdings zunächst offenlegen.

Freundliche Grüße,
Ralf

1 Like

Hallo,

ich will gar nicht auf das Religionsbrett eingehen. Nicht, dass ich dort nicht schon meine eigenen Sträuße ausgefochten hätte, aber das ist eine andere Geschichte.
Nachdem ich micht durch diesen Thread gelesen habe, fallen mir mehrere Dinge auf:

a.) Hier wird mit einem Gegensatz „Religion vs Aberglaube“ gearbeitet, aber für mein Gefühl müsste es doch „Glaube vs. Aberglaube“ sein.
„Religion“ bezeichnet ja an sich schon „organisierten Glauben“. Und ich glaube, hier liegt der Hase im Pfeffer. Wenn ich an kleine grüne Männchen glaube, mein Nachbar aber an kleine gelbe Männchen, dann ist das andersfarbige Männchen ja zunächst einmal nur ein anderer Glaube. Ich kann da nichts beweisen, selbst der Versuch wäre müßig. Selbst wenn ich ein kleines grünes Männchen vorführen könnte, wäre das kein Beweis für die Nichtexistenz kleiner gelber Männchen.
Religion hingegen ist Organisation. Sie erklärt einen Glauben der anders ist als der auf dem sie basiert per se zum Aberglauben. Während sie natürlich glaichzeitig den eigenen Glauben manipuliert. Hier kommt also ein verstärkt menschlich-organisatorischer Faktor hinzu, den jede Form der Organisation unterliegt einer Gruppendynamik die sich zumeist hierarchisch äußert. Das hat also oftmals gar nicht viel mit Glauben zu tun. Deswegen erscheint mir das Wortpaar „Religion vs Aberglaube“ als widersinnig, denn Religion definiert ja alles andere als Aberglaube.

b.) Russel und seine Teekanne.
Ist ja alles sehr nett, aber Russel war überzeugter Relgionsgegner. Er versuchte zu beweisen, dass es Sache der Religion sei zu beweisen. Natürlich mit dem Hintergrundwissen, dass Religion vom Glauben abhängt. Sollte jemand einen wissenschaftlich stichhaltigen Gottesbeweis führen können, dann wäre ja jede christliche Kirche obsolet.
Das Problem ist, dass Russel so ernsthaft daran GLAUBTE, dass GLAUBE ein Fehler sei, dass er diese Diskussionen ja sehr oft und sehr ausgiebig führte. Es nahm also für ihn quasi religiöse Züge an, gegen Religion zu sein. Religion war für seine Religion der Aberglaube. Das gleiche Problem stellt sich ja bei den meisten Vertretern von „Vernunft“ statt „Religion“ weil die de facto eher in „Vernunfreligion“ abgleiten.

c.) Die Existenz von so etwas wie „Aberglauben“ wird im ganzen Thread irgendwie hingenommen, obwohl ja schon die Ausgangsfrage vorwegnahm, dass Du keine derartige Grenze erkennen kannst.
Wenn ich jetzt mal den Kreis zu a.) schlagen darf: Da jede Religion auf einem Glauben basiert und demzufolge jeden anderen Glauben als Aberglauben (was ja auch rein im Wortsinne gar nicht so falsch ist) definiert, gibt es logischerweise keinen fest definierten „Aberglauben“. Was als Aberglaube angesehen wird ist ja immer auch eine Frage des eigenen Glaubens.

Einfach mal als Anmerkungen. Ist mir klar, dass es keine echte Antwort ist, aber die kann es hier m.E. aus oben genannten Gründen auch nicht geben.

Gruß
Peter B.

Team: Vollzitat gelöscht

Hallo Gernot

Religionen sind als Aberglaube abzulehnen!

Und hier haben wir den ersten Glaubenssatz der Religion des Atheismus die wiederum gleich erstmal alle anderen Glaubensrichtungen als Aberglaube definiert. Lies mal mein obiges Posting durch, das ich gleich unter Deine Frage gehängt habe. Dir passiert, was m.E. auch Russel passiert ist.

Gruß
Peter B.

Lieber Ralf!

wenn ich Dir für dieses Mal den Pangloss geben darf, auch wenn
ich beileibe kein Anhänger der
Metaphysico-Theologico-Cosmolonigologie bin …

Das ist doch gar kein Problem, ich halte mich heute auch nicht mehr für so optimistisch wie zur Zeit der Wahl meines Nicknamens :wink:

(btw. ist mein Name sowieso zu mehr als 50% jenem flämischen Maler geschuldet, der sich ähnlich schreibt)

Es geht bei der Teekanne nicht nur um Skeptizismus und die Frage der Unbeweisbarkeit, es geht dabei auch darum, dass es die vielen kleinen täglichen sozialen Praktiken sind, die den Unterschied zwischen den großen Glaubensrichtungen und einem, von Russell als Exemplifizierung künstlich eingeführten, Teekannen-Aberglauben ausmachen

Genau hier, im vorletzten Wort, sitzt der Wurm in Deiner
Argumentation, nämlich eine versteckte petitio
principii
. Bei dem ‚teapot‘ handelt es sich schlicht
um ein Beispiel einer nicht widerlegbaren
Annahme, die zur Verdeutlichung des Beispiels eine
extrem hohe Unwahrscheinlichkeit aufweist - nicht jedoch um
Aberglaube.

Nein, das sehe ich anders.
Es handelt sich auch darum, aber nicht nur - und m.E. nicht einmal an erster Stelle.
Ausführliches dazu weiter unten.

Du setzt beides schlicht gleich

  • nun ist aber eine nicht widerlegbare Annahme nicht notwendig
    (so Deine Unterstellung) ein Aberglaube.

Ich bezeichnete nicht die nicht-widerlegbare Annahme als „Aberglaube“, sondern ich setzte das mit „Aberglaube“ gleich, das Russell selbst „Unsinn“ nennt:

„Aber wenn ich nun weiterhin auf dem Standpunkt beharrte, meine unwiderlegbare Behauptung zu bezweifeln sei eine unerträgliche Anmaßung menschlicher Vernunft, dann könnte man zu Recht meinen, ich würde Unsinn erzählen.“

Hier geht es nicht um eine Annahme, sondern es geht um eine kommunikative Verhaltensform, die Russell zufolge als das Erzählen von „Unsinn“ verstanden würde.

„Unsinn“ ersetzte ich dann in der Tat durch „Aberglaube“ um die „Teekanne“ überhaupt erst für den hiesigen Kontext fruchtbar machen zu können.

Diese Ersetzung ist sicher nicht völlig unproblematisch, aber weit unproblematischer als die unterstellte Gleichsetzung einer nicht-widerlegbaren Behauptung mit „Aberglaube“ - welche ich eben nicht getätigt habe.

Weder geringe
Wahrscheinlichkeit einer Annahme noch Nicht-Widerlegbarkeit
sind hinreichende Kriterien für einen ‚Aberglauben‘.

Völlig richtig, ich schrieb doch selbst, dass derjenige Teil der „Teekanne“, in dem es um den Skeptizismus und die Frage der Widerlegbarkeit geht, nichts bei der Unterscheidung Glaube vs. Aberglaube zu suchen hätte.

Bequemlichkeit halber einfach auf Kant verweise (Aberglaube =
„sich die Natur Regeln, welche der Verstand ihr durch ihr
eigenes wesentliches Gesetz zum Grunde legt, als nicht
unterworfen vorzustellen“). Deine Definition solltest Du dann
allerdings zunächst offenlegen.

Meine Begriffsverwendung geht ja aus der nun explizit gemachten Ersetzung des „Unsinns“ durch „Aberglaube“ leicht hervor.

Ich versuchte, so weit als möglich immanent mit Russell zu argumentieren.
Noch einmal die Passage mit meiner aus Kontextgründen erzwungenen Ersetzung:

„Aber wenn ich nun weiterhin auf dem Standpunkt beharrte, meine unwiderlegbare Behauptung zu bezweifeln sei eine unerträgliche Anmaßung menschlicher Vernunft, dann könnte man zu Recht meinen, ich würde abergläubisches Zeug erzählen.“

Dies ist freilich keine eigentliche Definition des Aberglaubens, sondern lediglich ein Fallbeispiel einer zeitgenössisch verbreiteten Verwendung des Begriffs.

Diejenige Passage, die dieser Passage unmittelbar folgt, illustriert die Verwendung eines anderen Begriffs, den ich folgerichtig im Kontext dieses Thread nur als „Glaube“ bezeichnen kann. Die Originalfassung hilft mir dabei besser als die deutsche Übersetzung, darum das englische Zitat:

„… thought to be talking nonsense. If, however, the existence of such a teapot were affirmed in ancient books, taught as the sacred truth every Sunday, and instilled into the minds of children at school, hesitation to believe in its existence would become a mark of eccentricity and entitle the doubter to the attentions of the psychiatrist in an enlightened age or of the Inquisitor in an earlier time. It is customary to suppose that, if a belief is widespread …“

Auch das ist wiederum noch keine Definition, sondern Begriffsgebrauch.
Eine Definition des Aberglaubens wäre nichts anderes als eine Definition seines Gegenbegriff, des Glaubens, und damit nichts anderes als das Thema dieses Threads: die Unterscheidung von Glaube und Aberglaube.

In der „Teekanne“ aber bleibt diese Definition notwendig aus, weil die ganze Argumentation Russells darauf hinausläuft, nicht zwischen Glaube und Aberglaube unterscheiden zu wollen, anders gesagt: die in den beiden Passagen illustrierte Unterscheidung wieder einzureißen.

„It is customary to suppose that, if a belief is widespread, there must be something reasonable about it. I do not think this view can be held by anyone who has studied history.“

Im Ergebnis („My conclusion is that there is no reason to believe any of the dogmas of traditional theology“) genauso wie am Beginn (die Widerlegbarkeits-Diskussion) kann m.E. die „Teekanne“ tatsächlich nichts zur Unterscheidung von Glaube und Aberglaube beitragen, aber sehr wohl dann, wenn man dem Prozess der Argumentation selbst folgt, in dem eine Unterscheidung zwischen Glaube und Aberglaube aufgetan, auf die Frage sozialer Praktiken und deren Anerkanntheit („widespread“-ness) reduziert, und schließlich mit dem Argument der historischen und kulturellen Relativität (den Bezug auf letztere habe ich nicht mehr mitzitiert!) wieder destruiert wird.

Was bleibt ist die Bewegung einer Unterscheidung, die am Ende der Bewegung auf andere Art keine mehr ist als sie zu Beginn noch keine ist.

Wenn du die Unanwendbarkeit der „Teekanne“ für eine Diskussion zur Unterscheidung von Glaube und Aberglaube betonst, dann blendest du m.E. aus, dass zwischen den beiden Zuständen der Undifferenziertheit an Anfang und Ende der „Teekanne“ sehr wohl eine Bewegung der Differenz von Glaube und Aberglaube stattfindet.

_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _

Hallo,

(mit marxistischer atheistischer Erziehung ?)

ist jetzt meine Erziehung irgendwie Thema hier?
Und wenn ja, was willst du diskutieren?

Zugegeben, mit religös Gläubigen kann man über Gott nicht
rational diskutieren, deshalb aber allg. Dummheit zu unterstellen, ist
wenig hilfreich

wie gefällt Dir das:
Mit Atheisten kann man über Gott nicht sinnvoll diskutieren,
deshalb sind aber nicht alle blöd !
Merkst Du was ?

Nur dass du krampfhaft versuchst irgendwelche Vergleiche darzustellen?

Bist du der Meinung, man könne mit religös Gläubigen rational über
Gott diskutieren? Falls ja, wie sollte das praktisch passieren?
Gruß Uwi

1 Like

[Team] Artikelbaum bearbeitet
Hallo,

der Artikelbaum wurde um die eine oder andere Meta-Diskussion zu wer-weiss-was und seine Moderatoren erleichtert.

Viele Grüße

Thomas

Hallo,

(mit marxistischer atheistischer Erziehung ?)

ist jetzt meine Erziehung irgendwie Thema hier?

Nicht das Thema aber wenn eine Prägung in dieser Richtung besteht
ist manche Argumentation verständlicher - ich kenne mich aus.

Zugegeben, mit religös Gläubigen kann man über Gott nicht
rational diskutieren, deshalb aber allg. Dummheit zu unterstellen, ist
wenig hilfreich

wie gefällt Dir das:
Mit Atheisten kann man über Gott nicht sinnvoll diskutieren,
deshalb sind aber nicht alle blöd !
Merkst Du was ?

Nur dass du krampfhaft versuchst irgendwelche Vergleiche
darzustellen?

Ist nicht krampfhaft, gefällt Dir nur nicht.

Bist du der Meinung, man könne mit religös Gläubigen rational
über
Gott diskutieren? Falls ja, wie sollte das praktisch
passieren?

Wie gefällt Dir das:
Bist Du der Meinung man könnte mit marxistisch atheistisch
geprägten Gläubigen sinnvoll über Gott sprechen ? Falls ja,
wie sollte das gehen ?
Hast Du jetzt verstanden, oder ?
Gruß VIKTOR
PS.
Kläre erst einmal was Du unter „rationaler Diskussion über Gott“
verstehst ? Vielleicht lösen sich dann Irritationen auf.

Entwicklung des magisch-mythischen Denkens
Hi Peter.

Hier wird mit einem Gegensatz „Religion vs Aberglaube“ gearbeitet, aber für mein Gefühl müsste es doch „Glaube vs. Aberglaube“ sein.

Du sagst ja selbst, dass der Unterschied zwischen beidem nur eine Frage der Perspektive ist. Das liegt auf der Ebene der Subjektität. Objektiv geht es aber darum, was den Aberglauben von den Religionen (hier mal in den korrekten Plural gesetzt) unterscheidet. Das ist zugleich die Frage, ob die Religionen etwas ANDERES sind als Aberglaube.

Etymologisch soll sich „Glaube“ von Gelöbnis herleiten bzw. beides hatte die gleiche Wurzel. Es geht um eine Verpflichtung, die man eingeht. Das klingt ziemlich nach Zwang und passt auch ein bisschen zur Geschichte des Glaubens… Insofern ist die Verbindung des Glaubens-Begriffs mit „glauben“ im Sinne von „für wahr halten ohne Beweise“ etwas irreführend.

Nun kann dieses Geloben sehr gut Hand in Hand gehen mit Aberglaube. Nur stehen beide Haltungen auf verschiedenen Ebenen: das Geloben ist rein äußerlich determiniert, der Aberglaube hat eine innere, psychologische Dimension. Der Aberglaube funktioniert nur, wenn gewisse psychologische Bedingungen zu Inhalten (Symbolen) des per Gelöbnis angeeigneten Glaubens kompatibel sind.

Diese Bedingungen sind psychologische Strukturen, die jeder Mensch in seiner Kindheit durchläuft. Ken Wilber nennt sie „magisch-mythisch“, sie sind die normalen Bewusstseinsstufen eines Kindes zwischen dem 3. und 6. Lebensjahr. Wie Menschen nun einmal sind, bleibt ein Teil ihrer seelische Entwicklung oft in frühkindlichen Phasen stehen (dh. es bilden sich Fixierungen), so dass der erwachsene Mensch noch partiell die frühkindlichen Strukturen in seinem Denken und Fühlen anwendet.

So kommt es zu den vielfältigen Symptomen des „Aberglaubens“.

Ich zitiere hier mal einen eigenen älteren Text, der im Detail auf die Entwicklung dieser Strukturen eingeht, basierend auf Ausführungen von Ken Wilber in „Eros, Kosmos, Logos“, so um die Seite 266.

„Noch in „Eros, Kosmos, Logos“ geht (Wilber) mit Piaget und anderen davon aus, dass das Neugeborene mit einem vollständig ungespaltenen Bewußtsein ausgestattet ist, in welchem sich allmählich erste Differenzen zwischen Selbst- und Fremdbereichen herausbilden. Zwischen dem fünften und neunten Lebensmonat tritt ein Entwicklungsschub ein: das Kind beginnt seinen Körper von Fremdgegenständen zu unterscheiden. Nach etwa anderthalb Jahren hat das Kind ein Körper-Ich entwickelt, aber noch kein annähernd ausgereiftes Ich-Gefühl. Es kann nämlich oberhalb der Ebene seiner Selbst- und Fremdkörperwahrnehmung, also auf der Ebene der geistigen Interpretation der Objektwelt, immer noch nicht hinreichend Selbst und Anderes auseinanderhalten: „… die geistigen Bilder und Symbole (sind) zunächst mit der Außenwelt verschmolzen und werden ihr gleichgesetzt …“ Piaget nennt diese Art der Objektbeziehung ‘egozentrisch’: die Dinge der Außenwelt stehen hier in magischer Beziehung zum Ich, richten sich nach diesem, indem sie den Wünschen des Ich Folge leisten. „… die Dinge folgen uns“, schreibt Piaget, „und wir brauchen uns nur zu bewegen, schon gehen sie mit; die Dinge - der Wind, die Wolken, die Nacht etc. - bemerken uns und gehorchen uns; der Mond, die Straßenlaternen etc. schicken uns Träume, ‘um uns zu ärgern’ oder aus dergleichen Gründen.“

(das war die Ausbildung der magischen Phase – das Kind geht ab dem 5. Jahr zur mythischen Phase über)

Mit diesen Voraussetzungen tritt das etwa zweijährige Kind in die von Piaget wiederum so benannte präoperationale Phase ein. Nun kann aufgrund der Fortentwicklung der sprachlichen Kompetenz allmählich auch die kognitive Kompetenz fortschreiten. Ab dem fünften Lebensjahr geschieht ein Wandel vor allem im magischen Verhältnis zwischen dem kindlichen Subjekt und seiner Objektwelt: ausgehend von der Einsicht, dass die Dinge doch nicht dem eigenen Ich untertan sind, verlagert das Kind die magische Dominanz in eine andere Person. Es beginnt jetzt Mythen zu bilden, was zeigt, dass es im wesentlichen in die intersubjektive Struktur hineingewachsen ist: es versucht, die objektive Welt unter den magischen Schirm einer dominanten (realen oder fiktiven) Gestalt zu stellen, deren Ego nicht mit dem eigenen zusammenfällt. So erfährt die ursprüngliche Egozentrik eine erhebliche Differenzierung: das Kind, in der nachödipalen Entwicklung zu einem Element der sozialen Sphäre geworden, kann nun auch in ein anderes - reales oder fiktives - Ego die Quelle magischer Kraft hineinprojizieren. Gerade diese Operation macht die eigentliche Grundstruktur des mythischen Denkens aus; sie tritt zu der ursprünglichen magischen Egozentrik hinzu und gibt dieser einen übergreifenden Kontext. ‘Egozentrisch’ ist auch die mythische Struktur noch insofern, als es ja stets Personen, Individuen, Egos sind, welche den Dreh- und Angelpunkt des mythischen Weltgeschehens bilden.“

Gruß

Horst

Hallo
Du stellst hier zwei (einhalb) Fragen die nicht zusammenghören.
Eine in der Überschrift - diese ist hier völlig falsch, weil es sich dabei offensichtlich um keine philososphische handelt.

Dann noch eine Metafrage zur Gliederung von w-w-w die im Grunde ein Appell ist das Brett Religionswissenschaft mindestens in Theologie umzubenennen. Auch dies gehört hier nicht hin und kann m. E. überhaupt nicht sinnvoll philosophisch betrachtet werden.

Im Zusammenhang mit der auf die ausformulierten Fragen nicht beziehbaren Überschrift wird daraus dann noch die implizite Behauptung es gäbe gar keinen Unterschied zwischen Religion und Aberglaube.

Ich wundere mich, dass dies hier so toleriert wird und finde dieser ganze Strang gehört, wenn überhaupt, unter Anregungen verschoben.

Trotzdem will ich noch kurz auf das/die zugrunde liegende/n Problem/e eingehen.

Religion - Aberglaube
Natürlich liegt die „Verurteilung“ von etwas als Aberglauben im Auge des Betrachters. Da eine vollständige andere Religion aber üblicherweise nicht als Aberglaube bezeichnet wird, liegt der begriffliche Unterschied darin, dass Aberglauben, kein vollständiges Glaubenssystem bildet, sondern als Fragment in einer anderen Religion auftritt.
Auch hier gibt es Fälle wo eine solche Unterscheidung nicht möglich ist, in einer Vielzahl von Fällen ist diese Definition aber sinnvoll.
So sind etwa alle magischen Vorstellungen im Christentum Aberglaube, da der christliche Glauben von keiner anderen übernatürlichen Macht ausgeht als Gott, der keinen magischen Praktiken verfügbar ist.

Name des Reli-Brettes
Warum sich w-w-w ein Brett eines bestimmten Titels leistet, kann natürlich nur vom Team beantwortet werden.

Zur vorgeschlagenen besseren Benennung nur soviel, dass selbstverständlich Religionswissenschaft der offenere Begriff ist. Die Theologie beschäftigt sich z. B. üblicherweise nicht oder nur am Rande mit Vergleichen von Religionen oder mit psychologischen und soziologischen Aspekten. Auch würden religiöse Systeme ohne Gott dann völlig ausfallen.
Zwar wird auch an manchen theologischen Fakultäten ein Lehrstuhl Religionswissenschaften unterhalten, aber eigentlich kann dieser Wissenschaftszweig nicht Teil einer bestimmten Glaubensrichtung sein.

Gruß
Werner

Hi Peter.

Hier wird mit einem Gegensatz „Religion vs Aberglaube“ gearbeitet, aber für mein Gefühl müsste es doch „Glaube vs. Aberglaube“ sein.

Du sagst ja selbst, dass der Unterschied zwischen beidem nur
eine Frage der Perspektive ist. Das liegt auf der Ebene der
Subjektität. Objektiv geht es aber darum, was den Aberglauben
von den Religionen (hier mal in den korrekten Plural gesetzt)
unterscheidet. Das ist zugleich die Frage, ob die Religionen
etwas ANDERES sind als Aberglaube.

Da spielt ja die Begriffsverwirrung wieder rein. Die Frage, die Du eigentlich stellst ist doch, ob die Glaubensbasis einer jeden Religion per se Aberglaube ist. Du setzt Religion mit Glaube gleich, aber das ist in meinen Augen eine unzulässige Vereinfachung. Wir haben es mit zwei Dingen zu tun.
Beispiel:
Die Kreuzzüge waren sicher eine Sache der Religion. Aber waren sie auch eine Sache des Glaubens? Hier wird es schwierig, weil viele der Gründe im damaligen gesellschaftlichen Kontext zu suchen sind, der ja nicht ausschließlich von Religion oder gar Glaube gepräft war. Da gab es das Raubritterproblem, die politischen Ziele des Papstes (und natürlich der weltlichen Herrscher), da gab es wirtschaftliche Gründe, da gab es einen sich aufbaueendern Erbdruck durch das Feudalsystem. Das hatte alles irgendwie mit Religion, aber sehr wenig mit Glaube zu tun.
Vereinfacht:

Glaube ist z.B. der Glaube an einen Gott.
Relifion ist, was das Bodenpersonal daraus macht.

und um den Atheisten auch mal was zu Denken zu geben.

Glaube ist, zu glauben, es gibt keinen Gott
Religion ist, das mit theologischem Unterbau belegen zu wollen.

Etymologisch soll sich „Glaube“ von Gelöbnis herleiten bzw.
beides hatte die gleiche Wurzel. Es geht um eine
Verpflichtung, die man eingeht. Das klingt ziemlich nach Zwang
und passt auch ein bisschen zur Geschichte des Glaubens…
Insofern ist die Verbindung des Glaubens-Begriffs mit
„glauben“ im Sinne von „für wahr halten ohne Beweise“ etwas
irreführend.

Ich habe mal eine Statistik gesehen, die eine Korrelation zwischen dem Prokopfverbrauch an Kartoffeln und Toren der Nationalelf bei Fußballweltmeisterschaften darstellte. So ähnlich kommt mir Deine Etymologie jetzt auch vor. Ich kann da jetzt nicht einmal die gleiche Wurzel sehen. Geloben, loben, ausloben kommt alles vom mittelhochdeutschen lobet. Während glauben bereits seit dem mittelhochdeutschen eine eigene Wurzel ist. Ich bin jetzt nicht weiter zurückgegangen, ich bin ja kein Sprachforscher. Mir kommt es nur seltsam vor.

Nun kann dieses Geloben sehr gut Hand in Hand gehen mit
Aberglaube. Nur stehen beide Haltungen auf verschiedenen
Ebenen: das Geloben ist rein äußerlich determiniert, der
Aberglaube hat eine innere, psychologische Dimension. Der
Aberglaube funktioniert nur, wenn gewisse psychologische
Bedingungen zu Inhalten (Symbolen) des per Gelöbnis
angeeigneten Glaubens kompatibel sind.

Also wie oben gesagt, Glöbnis/Glaube sehe ich nicht als einen Wortstamm. Lassen wir den Punkt hier also mal außen vor. Der Punkt, ein Gelöbnis zu einer Religion abzulegen funktioniert ja auch ohne den etymologischen Hintergrund. Hier haben wir genau wieder den Unterschied zwischen Glaube und Relgion. Du kannst kein Gelöbnis zu Gott ablegen. Nicht einmal, wenn der Text so formuliert ist. Du kannst lediglich gegenüber einer Organisation oder Gruppe etwas geloben. Insofern ist der Begriff der „Religion“ für diese Diskussion eigentlich untauglich. Weil, wenn Du Dich auf Religion beziehst, mehr oder weniger fragen müsstes „ist das, was Religion aus Glauben macht, Aberglaube“. Und diese Frage kann man sicher nicht für alle Religionen über eine Kamm scheren.

Diese Bedingungen sind psychologische Strukturen, die jeder
Mensch in seiner Kindheit durchläuft. Ken Wilber nennt sie
„magisch-mythisch“, sie sind die normalen Bewusstseinsstufen
eines Kindes zwischen dem 3. und 6. Lebensjahr. Wie Menschen
nun einmal sind, bleibt ein Teil ihrer seelische Entwicklung
oft in frühkindlichen Phasen stehen (dh. es bilden sich
Fixierungen), so dass der erwachsene Mensch noch partiell die
frühkindlichen Strukturen in seinem Denken und Fühlen
anwendet.

Uhhhh, immer, wenn es psychologisch wird, spüre ich den Schmerz! Nein, mal ganz im Ernst. Wir bewegen uns hier auf einem Gebiet, auf dem man nichts messen kann und noch weniger wirklich beweisen kann. Das ist an sich nicht unbedingt ein KO-Kriterium, aber man sollte nicht vergessen, dass diese Dinge, auch die Schriften des Herrn Wilber, Ansichten sind. Genauso wenig wie das Unfehlbarkeitsdogma des Papstes bei mir verfängt, so verfängt die Technik, einfach einen Namen von jemand zu nennen, der ein Buch geschrieben hat, um diese Sache als „richtig“ zu definieren.
Es geht bei der Sache um die Fragestellung, wie viel aus frühester Kindheit in den psychologischen Strukturen eines Menschen enthalten sind und wie viele davon zu Glaubens- oder meinetwegen auch Aberglaubensvorstellungen führen. Aber das würde ich erstens als individuell bewerten, zweitens, da Du immer an der Wirkung (Religion) statt an der Ursache (Glauben) sägst, kommen wir hier so nicht weiter. Denn das, was frühkindlich eingeprägt wird (lassen wir offen in welchem Maße) sind Religionsvorstellungen, nicht notwendigerweise Glaubensvorstellungen.

So kommt es zu den vielfältigen Symptomen des „Aberglaubens“.

Sachlich falsch. Wie oben ausgeführt ist Aberglaube eine Frage der Perspektive, sprich des eigenen (hier bewusst so verwendet) religiösen Empfindens. Nicht notwendigerweise des Glaubens. Du versuchst hier durch die kalte Küche als Fakt hinzustellen, dass jede Form von Religion Aberglaube ist. Ist es aber nicht. Viele Formen der Religion sind nicht einmal Glaube. Das betrifft sogar dioe Hardcore-Atheisten, deren Religion explizit als Nicht-Glaube auftritt.

Ich zitiere hier mal einen eigenen älteren Text, der im Detail
auf die Entwicklung dieser Strukturen eingeht, basierend auf
Ausführungen von Ken Wilber in „Eros, Kosmos, Logos“, so um
die Seite 266.

„Noch in „Eros, Kosmos, Logos“ geht (Wilber) mit Piaget und
anderen davon aus, dass das Neugeborene mit einem vollständig
ungespaltenen Bewußtsein ausgestattet ist, in welchem sich
allmählich erste Differenzen zwischen Selbst- und
Fremdbereichen herausbilden. Zwischen dem fünften und neunten
Lebensmonat tritt ein Entwicklungsschub ein: das Kind beginnt
seinen Körper von Fremdgegenständen zu unterscheiden. Nach
etwa anderthalb Jahren hat das Kind ein Körper-Ich entwickelt,
aber noch kein annähernd ausgereiftes Ich-Gefühl. Es kann
nämlich oberhalb der Ebene seiner Selbst- und
Fremdkörperwahrnehmung, also auf der Ebene der geistigen
Interpretation der Objektwelt, immer noch nicht hinreichend
Selbst und Anderes auseinanderhalten: „… die geistigen Bilder
und Symbole (sind) zunächst mit der Außenwelt verschmolzen und
werden ihr gleichgesetzt …“ Piaget nennt diese Art der
Objektbeziehung ‘egozentrisch’: die Dinge der Außenwelt stehen
hier in magischer Beziehung zum Ich, richten sich nach diesem,
indem sie den Wünschen des Ich Folge leisten. „… die Dinge
folgen uns“, schreibt Piaget, „und wir brauchen uns nur zu
bewegen, schon gehen sie mit; die Dinge - der Wind, die
Wolken, die Nacht etc. - bemerken uns und gehorchen uns; der
Mond, die Straßenlaternen etc. schicken uns Träume, ‘um uns zu
ärgern’ oder aus dergleichen Gründen.“

Also gut, dann gesteh ich Herrn Wilber zu, dass bei ihm etliches Frühkindliche enthalten ist. Wie gesagt, das ist ja individuell zu bewerten.
Zunächst geht er von einem vollständigen Bewußtsein aus. Beweislos und einfach als Axiom in den Raum gestellt. Dann geht er über zur Unterscheidung zwischen Körperteilen und Fremdobjekten. Das ist eine durchaus materielle Wahrnehmung. Der nachfolgende Sprung zu einer „magischen“ Beziehung ist also völlig zusammenhanglosm wieder bewesilos aber als Axiom in den Raum gestellt. Und schon spüre ich wieder diesen Schmerz, den Populärpsychologie immer wieder in mir auslöst. Nichts gegen Amateurpsychologie, es geht schließlich ohnehin um Sensibilitäten. Aber Popularpsychologie, die ihre eigenen Fakten schafft und auf deren Basis etwas zu beweisen sucht ist in meinen Augen etwas zweifelhaft.

(das war die Ausbildung der magischen Phase – das Kind geht ab
dem 5. Jahr zur mythischen Phase über)

Na ja, mal abgesehen, dass die von Dir so geliebten Phasenmodelle den Tatbestand der Individualität vergessen haben, dass unterschiedliche soziale Kontexte unterschiedliche Phasen hervorbringen und daher die Generalisierung grundsätzlich falsch ist und der Sprung zur „magischen“ Phase einfach behauptet wurde, aber nicht belegbar ist … meinetwegen, und nu?

Mit diesen Voraussetzungen tritt das etwa zweijährige Kind in
die von Piaget wiederum so benannte präoperationale Phase ein.
Nun kann aufgrund der Fortentwicklung der sprachlichen
Kompetenz allmählich auch die kognitive Kompetenz
fortschreiten. Ab dem fünften Lebensjahr geschieht ein Wandel
vor allem im magischen Verhältnis zwischen dem kindlichen
Subjekt und seiner Objektwelt: ausgehend von der Einsicht,
dass die Dinge doch nicht dem eigenen Ich untertan sind,
verlagert das Kind die magische Dominanz in eine andere
Person. Es beginnt jetzt Mythen zu bilden, was zeigt, dass es
im wesentlichen in die intersubjektive Struktur
hineingewachsen ist: es versucht, die objektive Welt unter den
magischen Schirm einer dominanten (realen oder fiktiven)
Gestalt zu stellen, deren Ego nicht mit dem eigenen
zusammenfällt. So erfährt die ursprüngliche Egozentrik eine
erhebliche Differenzierung: das Kind, in der nachödipalen
Entwicklung zu einem Element der sozialen Sphäre geworden,
kann nun auch in ein anderes - reales oder fiktives - Ego die
Quelle magischer Kraft hineinprojizieren. Gerade diese
Operation macht die eigentliche Grundstruktur des mythischen
Denkens aus; sie tritt zu der ursprünglichen magischen
Egozentrik hinzu und gibt dieser einen übergreifenden Kontext.
‘Egozentrisch’ ist auch die mythische Struktur noch insofern,
als es ja stets Personen, Individuen, Egos sind, welche den
Dreh- und Angelpunkt des mythischen Weltgeschehens bilden.“

Also die schleichende Redefinition von Egozentrik? Zunächst einmal vergisst diese Vorstellung völlig die Individualität. Zweitens vergisst sie die begrenzte Auswahl an Bezugspersonen sowie deren sozialen Kontext. Diese Bezugspersonen sind es aber, die größtenteils die Objekte in der Umwelt eines Kindes auswählen. Nur, wenn diese Bezugspersonen entsprechenden Einfluß auf die Entwicklung des Kindes nehmen, wird es derartige Vorstellungen überhaupt entwickeln können. Hier werden wieder einmal zwei Dinge vermischt. Einerseits haben wir den Versuch des Geistes, Dinge erklärbar zu machen. Das ist m.E. auch die geschichtliche Wurzel einer jeden Glaubensvorstellung. Das ist etwas, was sich auch in jedem Kleinkind immer aufs Neue abspielt. Aber es sind die Eltern, die mit „dem lieben Gott“ anfangen. Dadurch jedoch werden zunächst einmal nicht Glaubens- sondern Religionsvorstellungen Schritt für Schritt implementiert.

Ich sehe sowieso ein Problem in der zanghaften Kategorisierung in Phasen. Wir hatten das ja schon einmal bei unserem Geplänkel über Kontext in der Geschichte. Nun also auch hier. Wer versucht, so und so vile Milliarden Menschen (alle die leben, alle die gelebt haben und alle die noch leben werden) in ein Bild mit drei bis fünf Schubladen zu pressen, muss vorsichtig sein,. Weil die Anzahl der Ausreißer ebenfalls mindestens in Millionen, wenn nicht Milliarden geht. Zweitens sollte man seine Schubladen nie nach dem wählen, was man gerne beweisen möchte sondern man sollte eher beobachten, weche Schwerpunkte sich wo ergeben und dann entsprechend über die Abgrenzungen nachdenken. Alleine schon die kategorische Behauptung, dass Kinder im Alter von fünf Jahren die Phase wechseln ist in Anbetracht der Entwicklungsunterschiede und der großen Unterschiede im äußeren Kontext etwas gewagt. Fragt sich doch, was ein Fünfjähriger in Afghanistan dazu meint. Oder in Indien, in Südafrika oder in Frankreich.

Gruß
Peter B.