Hi Horst,
jetzt sehe ich zwei Antworten von Dir und versuche, das mal wieder zusammenzubringen, damit wir uns nicht auf zwei Unterthreads aufspalten. Das hier scheint der erste Teil zu sein:
Nun, wie ist das mit Glaube und Aberglaube? Kann es ohne einen Glauben überhaupt einen Aberglauben geben? Könnte ohne Glaube überhaupt irgendetwas als Aberglaube definiert werden?
Es bedarf jetzt wirklich einer Erklärung deinerseits, was du
unter Glauben verstehst. Ist das so etwas wie eine natürliche
Disposition, die in jedem Kind angelegt ist? Und die dann
später mit Inhalten einer Religionen in Berührung kommt?
Nein, es ist keine natürlich Disposition. Glaube ist etwas, das auf der Akzeptanz einer Erklärung des Unerklärlichen beruht. Wesentlicher Pnukt ist für mich hier, dass es dabei nicht nur um Kinder geht. Wenn man sich mal mit beginnenden Sozialstrukturen, z.B. Hordentheorie in der Anthropologie befasst, kommt man auf ähnliche Beispiele. Glaube in seiner frühesten Form ist die Akzeptanz gegebener, nicht aus dem vorhandenen Wissen erklärbarer Umstände. Dann wird vielfach eine höhere Macht herangezogen. Nur ist so eine höhere Macht im ersten Ansatz alles andere als „magisch“. Das, was wir als „magisch“ sehen ist ja bereits bewußte Weiterentwicklung. Dabei geht es ja bereits um den Manipulationsversuch durch Symbolik, also einen zweiten oder gar dritten Schritt. Der erste Schritt ist immer Manipulationsvbersuch durch die Tat. Das Baby, das lauter schreit als sein Zwilling um zuerst die Flasche zu kriegen. Weil die „höhere Macht“ nichts anderes als die erste Bezugsperson, sprich Mutter ist.
Eine solche Disposition hatte ich doch mit dem
„magisch-mythischen“ Denken zur Diskussion gestellt. Dieses
Denken beruht auf Missinterpretationen der Zusammenhänge
zwischen Innen/außen, beim magischen Denken folgen die Dinge
dem Ich, beim mythischen richten sie sich nach einer externen
Instanz.
Nein, daran habe ich gleich in zwei Punkten Kritik zu üben. Erstens, die Überlegung, die Dinge folgen dem Ich und die Dinge kreisen um das Ich bedingen zuerst einmal eine Erkenntnis des Ich. Das Modell bedingt in diesme Punkt also den zweiten Schritt vor dem ersten. Zweiter Kritikpunkt ist der erweiterte Wilber’sche Sprachgebrauch an dieser Stelle. Einfach zu sagen, alles nach innen bezogene ist zwangsläufig „magisch“, alles andere zwangsläufig „mythisch“ und deswegen gibt es ein magisch-mythisches Denken geht m.E. völlig an der Sache vorbei. Es gibt ein Denken. Es gibt den Versuch, durch Denken die Umwelt zu schematisieren. Das ist nicht alleine für Kleinkinder so, wir tun es alle alle Tage. Es ist aber besonders signifikant für das Kleinkind, weil dessen vorhandene Erkenntnisbasis ungleich kleiner ist. Es steht also am Anfang. D.h. es kann nur Schritt für Schritt eine Vergleichsbasis aufbauen und auf dadurch ein Schema gewinnen. Natürgemäß wird dieses Schema anfänglich Lücken haben, deswegen besteht die Neigung es immer weiter an das anzupassen, was neu entdeckt wird. Das ist der Prozess von Assimilation und Akkomodation nach Piaget, bzw. das, was Piaget im Grundzug aussagt.
Das Problem besteht dann, wenn etwas ganz neues entdeckt wird. Etwas, dass sich nicht einordnen, d.h. erklären läßt. In diesem Fall muss der Geist (und da unterscheidet sich das Kind nicht wirklich vom Erwachsenen) zumindest temporär die Gegebenheit hinnehmen. Das geschieht natürlich nicht widerstandslos. Da werden die wüstesten Erklärungsversuche durchgespielt und manchmal auch die wildesten Versuche gestartet, möglicherwiese Verantwortliche Mächte zu manipulieren (Stichwort Trotzphase).
Aber schließlich und endlich, wir reden hier über relativ logisch erklärbare Entwicklungsprozesse die mit „magisch“ nichts und mit „mythisch“ schon dreimal nichts zu tun haben.
Für dich scheint, wenn ich so vermuten darf (mangels einer
Definition deinerseits), Glaube, soweit er eine natürliche
Disposition ist, das Potential wahrer Erkenntnis zu haben,
denn ein wahrer Glaube ist ja, wenn auch nicht-wissend, auf
das Wahre gerichtet.
Sagen wir eher, Glaube ist eine natürliche Fähigkeit. Glaube ersetzt Wissen, dass man gerne hätte, aber nicht erlangen kann. Vor allem natürlich in Bereichen, die außerhalb unserer normalen Wahrnehmungswelt liegen.
Ich behaupte, dass das nicht möglich ist.
Jedenfalls nicht im Sinne eines Aktes, den man zugleich
vernünftig nennen könnte. Ich behaupte, jede religiöse
Symbolik oder Mythologie hat die Struktur des Irrationalen –
eine Struktur ohne Wirklichkeitsbezug, die ihre Kraft aus dem
magisch-mythischen Denken bezieht und durch psychologische
Mechanismen wie Projektion, Introjektion, Metapher und
Metonymie Weltbilder schafft, die schlichtweg abergläubisch
sind.
Du BEHAUPTEST, richtig. Du behauptest lediglich. Der zwingende Beweis oder auch nur das überzeugende Argument fehlt aus meiner sicht. Wobei es nicht gerade das Verständnis erleichtert, dass Du schon wieder die Begriffe durcheinander wirfst. Denn hier hast Du ja mal eben wieder den weiterne Schritt zu Religion getan, Dich also von der Glaubensproblematik abgewendet.
Zweitens würde mein Vorwurf an die meisten organisierten Religionen nicht etwa lauten, dass sie immanent die Struktur des Irrationalen in sich tragen. Im Gegenteil würde ich den meisten Religionsgemeinschaften zumindest auf deren höheren Ebene einen beinahe machiavellistischen Rationalismus unterstellen. Die Strukturen haben nämlich sehr viel Wirklichkeitsbezug, sie sind schließlich erdacht worden, um die Wirklichkeit zu manipulieren. Und wiederum, das ist weder magisch noch mythisch. Magisch mythisch ist, was auf der Verpackung steht.
Nur ihr Glaube ist natürlich Aberglaube. Was ist Deiner?
Ich bin ein durch Wilber und die asiatischen Lehren geprägter
New Ager. Siehe auch diesbezüglichen Thread im Esobrett. Das
ist aber kein „Glaube“ – eher ein bescheidener Versuch, durch
einen Mix von Hypothesenbildung und Empirie den Dschungel der
Welt zu durchschauen.
Weißt Du, die meisten Mensche hüten sich, das, was sie glauben, Glaube zu nennen. Die halbe New Age Bewegung war gleichzeitig asiatisch buddhistisch vollgekokst und atheistisch rational bis hin zur Irrationalität. Sagen wir es doch mal offen, diese Szene wurde von Leuten gemacht, die glaubten, irgendwo gäbe es eine andere Wahrheit und die ganz sicher wussten, alles andere ist Aberglaube. Sogar der Sprachgebrauch verschiedener Asiaten unterschied sich nicht von dem des Papstes. Je mehr irgendwelche Religionen „neu“ machen und je mehr sie sich als „nicht-Religion“ etikettieren, desto mehr ähneln sie sich doch. Ist Dir klar, dass das Christentum mal als das New Age des Judentums angefangen hat? Und ebenso ein Klassiker ist die Aussage eines Anhängers einer „Nicht-Relgion“ seinen Glauben herunterzuspielen um zu zeigen, dass die Kernaussage „alle (anderen“ Relgionen sind Aberglaube" auf ihn nicht trifft. Denn das genau ist ja das zweischneidige Schwert dieser Diskussion. Aberglaube ist immer der Glaube aller anderen.
Wir haben nämlich das zweite Begriffspaar „Religion/Glaube“ erreicht.
Glaube, Religion,Theologie: bitte setze zur Erhellung diese
Begriffe in einen Zusammenhang. Ist Glaube die Disposition,
die die Inhalte der Religion ermöglicht, die dann wiederum von
der Theologie ausgeformt werden?
Glaube ist erst einmal die simple Akzeptanz von etwas Unerklärlichem um dadurch anderes Unerklärliche doch erklärlich zu machen. Religion ist nichts anderes als die organisatorische und rituelle Ausformung (denn keine Organisation kommt ohne Ritual aus). Dabei löst sich Religion jedoch vom Glauben und etwickelt aus völlig erklärlichen menschlichen Motiven heraus ein Eigenleben. Dessen Werkzeug zur Legitimation dieses Eigenlebens ist die Theologie. Und bevor ich hier mißverstanden werde, das bezieht sich nicht alleine auf christliche Religion. Wesentlicher Punkt ist, dass die Inhalte der Religion nur noch zu einem sehr geringen Teil den Inhalten des Glaubens entsprechen.
Wenn ich in dieser Anordnung Glaube durch magisch-mythisches
Denken ersetze, hast du in etwa meine Einschätzung (immer
bezogen auf religiöse Inhalte, die mythisch erscheinen, also
anthropomorphie-verdächtig sind – Gott als Vater, Jesus als
Sohn und so weiter, du weißt schon).
Wenn Du etwas ersetzt, um zu beweisen, dass es das Gleiche ist, dann ist das eher ein Gegenbeweis, das ist Dir schon klar? Und alleine die Begriffswahl „magisch“ und „mythisch“ ist natürlich wenn Du es so verwendest, schon vom Wortsinn her falsch. Denn hinter dem Begriff der „Magie“ steht ja der Versuch der Manipulation durch Symbolik und Ritual. Und was Deinen Anthromorphieverdacht angeht, so ist der ja grundsätzlich in beinahe allen älteren Religionen ebenfalls gegeben gewesen, der Unterschied besteht ja lediglich in einer generalistischeren Attributzuordnung.
Selbst der Buddhismus blieb ja davon wohl nicht frei. Er veränderte sich seit Buddhas Zeiten. Die Glaubenswurzel ist noch da … irgendwo verborgen unter einem Haufen Begriffen, Nachdefinitionen usw.
Diese Wurzel ist ganz und gar nicht verborgen. Die
buddhistische Lehre wurzelt in a) den vier edlen Wahrheiten
und b) im achtfachen Pfad. Das wurde von Buddha so gelehrt und
ist offen sichtbar für jeden, der sich mit der Sache näher
befasst.
Natürlich … ähh … und wie alt ist die älteste schriftliche Quelle? Wie weit zeitlich und räumlich von Buddha entfernt? Und, ich gehe noch weiter. Seit der Buddhismus in Westeuropa so etwas wie Trendreligion geworden ist, werden jedes Jahr fast genauso viele Bücher zum Thema Buddhismus wie zum Thema Christentum veröffentlicht. Natürlich soll ich jetzt von allen diesen Büchern annehmen, da steht nur Buddha ohne Zutaten und Interpretationen drin.
Ja, ich gebe Dir Recht, wer sich damit befasst, der kann die Wurzeln finden. Aber das wiederum gilt für jede Religion. Da unterscheidet sich also der Buddhismus wiederum nicht von anderen Religionen. Und ein weiterer Punkt, in dem sich gerade der New-Age-Buddhismus ebenfalls nicht unterscheidet ist dieses halb demütige (wir sind alle lieb und bescheiden), halb arrogante (aber Du musst Dich damit befassen und den Buddhismus lernen, und bitte so, wie wir ihn verstehen), mit dem Buddhisten, Katholiken, Mormonen, islamische Reiseprediger und natürlich auch die Anhänger des von mir unbetrauert verstorbenen Bhagwan immer wieder auf alle Leute losgehen. Ooops, da habe ich jetzt auch noch die Zeugen Jehovas vergessen …
Religion muss sich zwangsläufig vom Glauben entfernen… Insofern müsste man bei einer katholischen Messe auch weniger von einem Glaubensakt als einem Ritual reden. Vieles, was sich dort abspielt ist weder Glaube noch Aberglaube. Es ist einzig Ritual.
Rituale SIND abergläubisch. Ihr Sinn ist es (in diesem
Zusammenhang), auf transzendente Mächte Einfluss zu nehmen
bzw. eine Öffnung zu ihnen zu schaffen. Weiterhin haben sie
eine soziologische zu beschreibende Funktion, grob gesagt, sie
stiften Gemeinschaft.
Per se nicht. Das öffentliche Gelöbnis von Soldaten ist Ritual und hat mit Glaube oder Aberglaube gar nichts zu tun. Ein Diensteid, das feierliche Ablegen des Hippokratischen Eides sind alles Rituale, die nicht an Glauben gebunden sind und deswegen auch nicht Aberglaube sein können. Die Vereidigung eines Bundespräsidenten genauso wie die eines US-Präsidenten sind keine Glaubens- sondern Verfassungsfragen und trotzdem Ritual. Der Sinn, soweit hast Du es richtig erkannt, ist die Schaffung von Gemeinsamkeit und Rang sowie, dieser Punkt ist Dir entgangen, die Anbindung an die Reglen der Gemeinschaft. Das Ritual alleine ist nicht der Versuch, Zugang zu höheren Kräften zu öffnen. Es kann, aber das gilt nur in Sonderfällen, in das Ritual „magische“ Symbolik eingebunden sein. Dann ist aber das Ritual Bestandteil der Symbolik, nicht umgekehrt.
In der Psychoanalyse ist bekannt, dass Zwangsneurosen
individuelle Rituale herausbilden. Beispiel: jemand muss im WC
erst dreimal gegen die Wand klopfen, ehe er die Ausscheidung
vornehmen kann. Ein realer Fall.
Die Anrifung des St. Lokus oder was? Zwangsneurosen bilden Zwangshandlungen heraus. Das als Ritual zu bezeichnen ist sachlich falsch, da einige wichtige Bestandteile eines Rituals (Öffentlichkeit und Öffentlichkeitswirkung, Gemeinschaftsbildung) fehlen.
Von der Form her sind Rituale magisch-mythische Akte. Eine
externe allmächtige Instanz wird beschworen. Dazu bedient man
sich Handlungen und Gegenständen mit symbolischem Charakter.
Der Kontext zum magisch-mythischen Denken ist einfach
sonnenklar. Was ist Aberglaube anderes? Das Beispiel mit dem
3mal auf Holzklopfen zeigt die Grundstruktur: vollziehe eine
streng strukturierte Handlung, und das Schicksal ist dir hold.
Der Zusammenhang ist nur dann sonnenklar, wenn man genug Dinge, die nicht zusammengehören in einen Topf wirft und Eintopf macht. Rituale sind Rituale, ein eigenständiger Mechanismus der Gruppendynamik. Magische Akte dienen der Manipulation höherer Kräfte, welcher auch immer. Magische Akte, die in Gemeinschaften durchgeführt werden, oder aufgrund der immanenten Symbolik Gemeinschaften erfordern können sich eventuell ritualisierter Formen bedienen, wie jede andere Gemeinschaft auch. Wenn ich mit meiner Frau am Wochenende koche, dann haben bestimmte Abläufe auch schon fast Ritualcharacter, vor allem wenn wir eine größere Zahl Gäste haben. Das Ergebnis jedoch, auch wenn durchaus schon so beschrieben, ist keinesfalls magisch.
Gehen wir einen Schritt weiter, denn Du mixt ja immer „magisch“ und „mythisch“ zusammen. Das ist von der Sache her schon falsch. Während nämlich „magie“ sich mit der Manipulation zukünftiger Ereignisse befasst, beizieht sich ein „Mythos“ zunächst einmal immer auf die Vergangenheit. Deswegen gibt es auch viel mehr mythische als magische Rituale.
Glaube und Aberglaube sind nicht durch ihren Inhalt definiert und daher auch nicht wirklich durch ihren Inhalt bewertbar…
Aberglaube ist z.T. dadurch definiert, dass er eine
unangemessene Sicht der Dinge ist. Also durchaus inhaltlich.
Zudem hat er eine psychologische Struktur (magisch-mythisch).
Das sind ZWEI Ebenen. Ebenso kann man es beim Glauben sehen –
wenn man ihn von außen sieht. Siehst du ihn von außen?
Nein, ich denke, dass ich wie jeder Mensch an ein paar Dinge glaube. Auch wenn ich kein Christ bin. Aber das steht auf einem anderen Blatt.
Du verwendest den Begriff „unangemessen“. Deutlicher hättest Du kaum eine subjektive Aburteilung beschreiben können. Wie bereits in früherem Posting erörtert, ist der erste Schritt, den Glauben des anderen pauschal als Aberglauben zu definieren. Der zweite Schritt ist es dann später, in den Inhalten des anderen Munition zu suchen. Der zweite Schritt (den Du ja hier auch tust) ist jedoch nicht Ursache sondern lediglich Symptom. Und was Deine zweite Ebene angeht, so habe ich zu der Begriffsverwirrung „magisch-mythisch“ m.E. genug geschrieben.
Was Du beschreibst, ist Religion, nicht Glaube. Wenn es so wäre, wie Du sagst, müsste die Priesterschaft ja einen reinen Glauben vermitteln statt der Sitten und Gebräuche ihrer Kirche.
Sie tut natürlich beides. Vielleicht solltest du echt mal
definieren, was du mit Glaube meinst.
Habe ich oben getan. Und welche Kirche bitte vermittelt einen reinen Glauben? Schau Dir alleine mal die Liturgien verschiedener christlicher Kirchen an.
Aber das hat nichts mit Glaube zu tun. Religion wird von Menschen gemacht, nicht von Gott.
Das klingt wie von einem Christen geschrieben. Ich dachte, du
bist keiner. Oder doch?
Nein, aber meine Kritik am Bodenpersonal ist nicht zwangsläufig christlich. Sie kann genausogut auch auf islamische Möchtegern-Mufits angewendet werden. Wie Du weiter oben nachlesen kannst, bezieht sie sich auch auf den buddhistischen Amateurmissionar.
Weißt Du, was für mich der Maßstab ist? Und der hat dazu geführt, dass sich auch meine Einstellung zum Buddhismus gewandelt hat, seit ich hier das Religionsbrett besuche. Wenn die Anhänger, eines wie auch immer benannten und definierten Kultes sofort aufspringen und versuchen, zu bekehren sowie man sich nur dem Thema nähert, dann erkenne ich Religion … im Gegensatz zu Glaube.
Du erkennst einfach nicht den wesentlichen Unterschied
zwischen monotheistischer Religion und atheistischem
Buddhismus.
Das ist das letzte KO-Kriterium um zu belegen, dass man es mit einer „echten“ Religion zu tun hat. Wenn man es nicht glaubrt, dann deshalb, weil man einfach zu dumm ist, den Unterschied zwischen dem unbeweisbaren Aberglauben der anderen und der unbeweisbaren Wahrheit des zu verkaufenden Glaubensgebildes zu verstehen.
– und hier gilt Wissen als Ideal, nicht Glaube.
Ja, das Wissen ist unglaublich wichtig. Natürlich erst, nachdem man an das darunterliegende System glaubt.
Der Einwand ist zu erwarten gewesen. Ich kann nur für mich
sprechen: ich hatte schon einige „buddhistische“ Gewissheiten
bzw. Erfahrungen, als ich noch nie etwas über B. gelesen
hatte. Dieses System bestätigte nur meine Grundanschauung.
Das ist ja nett, aber es ist Dein Glaube, nicht der meine. Darum geht es hier, auch Du glaubst. Und damit wird jede andere Ansicht für Dich zum Aberglauben.
Und das die „Falschgläubigen“ in Jerusalem saßen war vorgeschobener Grund, aber nicht Ursache.
Mag sein. Aber das tut nicht viel zum Thema.
Mal davon abgesehen, dass es natürlich wieder einmal belegt, wie unrichtig die Vermischung Glaube/Religion in Deiner Argumentation ist, tut es nichts zur Sache …
Der Glaube entsteht aus einem Gedanken, aus einer Erkenntnis. Religion wird durch das Bodenpersonal erzeugt.
Hier ist mal ein Ansatz, der deinen Begriff von Glaube
erhellt. Ich sehe nur keinen Inhalt, den ich nachvollziehen
kann. Was für ein Gedanke? Welche Erkenntnis? Erkenntnisse
haben nichts mit Glaube zu tun, sie beziehen sich auf
Wahrheiten. Meinst du mit Glaube, dass andere, die diese
Erkenntnisse nicht haben, demjenigen, der sie hat, „glauben“
sollen?
Du unterstellst mir hier, dass ich über meinen Glauben spreche oder versuche zu missionieren. Tue ich aber nicht, vorsätzlich nicht. Insofern denke ich nicht, dass Du ein Bild von meine persönlichen Glaubensvorstellungen hast. Die im Übrigen hier auch wenig in einer generellen Philosophiediskussion zu suchen hätten.
Glaube kann völlig unterschiedliche Inhalte haben, von daher ist eine Unterscheidung nach Inhalt m.E. erst einmal witzlos solange sie ohnehin unabhängig vom Inhalt den gleichen Mechanismen folgen. Ansonsten siehe obige Definition …
- theistisch, 2) materialistisch-atheistisch, 3) spirituell-atheistisch.
Das verändert aber an der Aussage nichts. Der Kernpunkt ist, dass auch der Glaube an die Nichtexistenz Gottes ein Glaube ist, der nicht bewiesen werden kann.
Beweisbarkeit gibt es nur in der Mathematik und in der
Naturwissenschaft. In geistigen, mentalen, spirituellen
Dimensionen (egal wie man sie nennt) ist Beweisführen nicht
möglich. Hier zählt die eigene Erfahrung. Die aber ist
möglich. Das wäre dann Erkenntnis, Wissen. Mit Glauben hat das
nichts zu tun.
Wiederum sachlich falsch. Denn es gibt den Grundsatz einer Beweisbarkeit ja z.B. auch in der Rechtswissenschaft. Und dort gibt es ja auch den Indizienbeweis, nehmen wir das mal als ein Beispiel.
Du sprachst davon, dass Du buddhistische Erfahrungen selber gemacht hast. Ich gehe jetzt trotzdem davon aus, dass Dir die völlige Erleuchtung bisher nicht wiederfahren ist. Insofern glaubst Du, über Wissen zu verfügen. Es ist für Dich ein hinreichender Indizienbeweis. Obwohl Dein Wissen natürlich immer noch weit von der völligen Erleuchtung entfernt ist, Du also in vielen Details immer noch glauben musst.
Der nicht-beachtete Faktor in der ganzen Glaubensfrage liegt ja darin, dass wir auch immer etliche Details wissen. Das fließt ebenfalls ein und kann die Funktion eines Indizienbeweises zumindest für das Individuum übernehmen. Soviel nur zu Deiner irrigen Ansicht über Beweisbarkeit.
Die Existenz Gottes ist nicht beweisbar. Genausowenig seine Nichtexistenz. Zumindest ist bisher keiner auf den Trichter gekommen. Und wenn, gibt’s ein fürchterliches Chaos. Mir fällt da immer der Anhalter durch die Galaxis ein. Und poof löste sich Gott in einem Logikwölkchen auf. Der Kernpunkt der Aussage war aber nicht, ob Gott beweisbar ist. Der Kernpunkt der obigen Aussage war, dass auch der Glaube an die Nicht-Existenz Gottes ein GLAUBE ist. Der Atheist, gleich ob buddhistisch, kommunistisch oder einfach nur gelangweilt, hat sich also der Tatsache zu stellen, dass er auch einen Glauben vertritt, und manches Mal ziemlich vehement.
Marx-Engels nannten die Produktionsverhältnisse usw. Unterbau, den Staat und die „Ideologien“ aber Überbau.
Ja, aber ich nannte es „Unterbau“. Da die Herren Marx und Engels tot sind, das kommunistische System weitestgehend versagt hat, nehme ich mir hiermit die Freiheit selbst zu denken. Und ich verwendete bewußt den Begriff „Unterbau“. Unterbau deshalb, weil er in seiner Entstehung zunächst eine stützende Funktion hat…
ME dachten sich das so, dass der Überbau Illusionen erschafft,
die das reale Sein der Produktionsverhältnisse verschleiern.
In diesem Sinne „stützt“ er den Unterbau. Im übrigen sind die
Theorien von ME immer noch ein ausgezeichnetes
Analyse-Instrument. Kommunismus als Praxis ist demgegenüber
zum Scheitern verurteilt und auch kontraproduktiv.
Schön, aber da ich mich nicht auf ME bezogen hatte, wehre ich mich dagegen, sie in den Mund gelegt zu bekommen. Ansonsten können wir den Kommunismus als Philosphie gerne als gesonderten thread diskutieren, aber hier gehört er nun wirklich nicht mehr hin.
Eine Gotteserfahrung ist entweder eine Glaubenssache, dann entzieht sie sich der Anylyse, oder sie ist real, dann muss sie sich der Analyse von außen stellen. Die Behauptung, eine Gotteserfahrung auf magisch-mythischer Ebene gehabt zu haben ist ja zunächst individuell und global weder überprüfbar.
Das ist ein komplexes Thema, und ich gehe komplexer darauf
ein, wenn du endlich mal deinen Glaubensbegriff genau
ausgeführt hast.
siehe oben
Auch ich habe während meines Studiums viele Bücher gelesen, deren Schlußfolgerungen von der Zeit überholt waren (was ich für Piaget gar nicht unterstellen will, Wilber wurde da schneller eingeholt).
Es scheint mir umgekehrt zu sein: Piaget wurde stark
modifiziert, Wilber liegt immer noch seinen Konkurrenten
gegenüber mit der Nase vorn.
Deineer persönlichen unbewiesenen Ansicht nach. Ich sehe bei Wilber das gleiche Problem der unsauberen Begriffsverwendung das Du von ihm so offensichtlich übernommen hast. Und Piaget ist durch die Modifikationen speziell des Herrn Wilber m.E. wirklich nicht besser geworden.
Ansonsten finde ich aber Deine Formulierung durchaus witzig. a.) Du bist mit einer attraktiven Vietnamesin verheiratet b.) die tickt nicht anders als wir Westler c.) sie ist eine typische Mythologie-Buddhistin
Dieser Syllogismus ist keiner. Das mit dem Ticken ist
tiefenstrukturell gemeint (gemeinsame kognitive und
magisch-mythische Dispositionen), die Nr. c wiederum
oberflächenstrukturell (was ist ihr individuelles
magisch-mythisches Muster?) Tiefenstrukturell heißt das: sie
ist abergläubisch (magisch-mythisch). Nicht anders als die
meisten Westler.
Die Westler sind ja nur abergläubisch weil sie nicht glauben, was Du glaubst. Eine reine Frage der Definition also. Ansonsten kann ich und will ich mich nicht mit der Struktur Deiner Frau, weder in der Tiefe noch an der Oberfläche befassen, wofür Du hoffentlich Verstädnis hast.
Zur Anregung hier die Website von Wilber:
http://wilber.shambhala.com/html/books/kosmos/excerp…
Ich hab mal drüber geschaut, vielleicht kann ich mich später überwinden, auch das Exzerpt des neuesten Buches zu lesen. Was mir auch den ersten Blick auffällt, ist seine Analogiestellung unzusammenhängender Begriffe in einen Pseudozusammenhang. Das ist zulässig, weil er ja selbst seine Aussagen nicht nur deutlich als „Theorie“ sondern sogar als „Metatheorie“ kennzeichnet. Aber trotzdem wird es mich ein gewisses Maß an Überwindung kosten, darüber hinweg zu kommen.
Damit habe ich das Ende Deines ersten Postings erreicht und schaue mir mal Nummer 2 an:
Anhang zum unteren Beitrag:
der durch kopieren jetzt zum oberen Beitrag wurde
Magie und Partizipation nach Piaget (entnommen aus Stuart A. Vyse,
ie Psychologie des Aberglaubens, ab S. 165)
Vom Ethnologen Levy-Bruhl übernimmt Piaget den Begriff der
artizipation, um den Glauben des Kindes zu beschreiben, dass :zwischen zwei miteinander unverbundenen Personen oder Ereignissen :eine kausale Beziehung besteht.
Das ist aber jetzt eine recht irreführende Zusammenfassung. Denn dieser Glaube ist nicht allgegenwärtig, es ist also nicht so, dass jedes Kind glaubt zwischen jedem Ereignis und jedem anderen Ereignis bestünde ein direkter kausaler Zusammenhang. Tatsächlich besteh für das Kind auf Grund der eingeschränkten Erfahrungsbasis und der relativen Überschaubarkeit der Welt jedoch immer ein gewisser Verdacht eines Zusammenhanges von Personen. Der kann jedoch nicht immer ergründet werden. Wieso gehört Tante A zu Onkel M und nicht Onkel Q? Womit automatisch schon der Gedanke nach einer weiteren Verbindung A-M-Q auf der Hand liegt. Insofern übernahm Piaget den Begriff (der bei L-B ohnehin anfänglich auch andere Zusammenhänge betraf) nicht ohne Einschränkungen.
Unterschieden werden 4 Formen magischer Partizipation:
a) Magie durch Partizipation der Handlungen und der Dinge
Das bezieht sich auf die Hoffnung, eine Handlung werde etwas Gutes :bewirken oder etwas Schlechtes abwenden. Hier wird eine symbolische :Handlung als Ursache eines nachfolgenden Ereignisses genommen.
Allerdings, und das war einer der Fehler in der Piaget-Theorie, ohne, dass dieses Verhalten vor dem Hintergrund der eingeschränkten Erfahrung und vor dem Hintergrund des Nachahmungslernens untersucht worden wäre.
b) Magie durch Partizipation des Denkens und der Dinge
Hier haben Gedanken vermeintliche Macht über nachfolgende :Ereignisse. Sie können Gutes bewirken oder Schlechtes verhindern, :aber auch Schlechtes bewirken, in dem Sinne, wie man sagt: Male :nicht den Teufel an die Wand.
Womit wir bei einem Klassiker des Nachahmungslernens angelangt wären. Denn für ein Kind ist es übernommenes Verhalten, meist von den Eltern. Wir sprechen hier also über die Assimilierung ganzer Verhaltensketten die, bei entsprechender Auswahl, in Richtung Konditionierung geht. Damit stehen wir aber schon an der Grenze dessen, was Piaget eigentlich an den Pädagögen bemängelt hat.
c) Magie durch die Partizipation von Substanzen
Hier können Gegenstände Macht über die äußeren Abläufe haben ohne :direkten kausalen Bezug. Ein Sternschnuppe bringt Glück, eine :schwarze Katze Unglück. Auch nimmt man an, dass Gegenstände :miteinander oder mit anderen Menschen in unsichtbarer Verbindung :stehen (Voodoo lässt grüßen).
Das ist ja jetzt ein weites Feld. Und vor allem ein Feld, das aus dem Rahmen der Diskussion herausfällt weil es sich nämlich nicht auf Kinder sondern auf Erwachsene bezieht. Trotzdem auch hierzu eine Anmerkung, die ich schon einmal machte: Es ist nicht die Substanz, es ist nach wie vor der Symbolgehalt der Substanz. Abgesehen davon natürlich wieder eine Warnung vor genereller Arroganz. Nur weil man selbst Dinge als zusammenhanglos sieht während andere offensichtlich einen Zusammenhang herstellen und entsprechend handeln, ist man nicht schlauer, Manchmal eher dümmer. Ein Beispiel:
Eines der bis etwa Mitte des 19.Jhdts meist gebrauchten Beispiele altägyptischer Magiegläubigkeit (sprich Aberglaube) war die Tatsache, dass es nur bei Neumond erlaubt war, Holz für den Schiffbau zu schlagen weil die Schiffe sonst vom Unglück verfolgt werden würden. Das klingt natürlich sehr abergläubisch.
Trotzdem, heute wissen wir, dass bei Vollmond Säfte in Bäumen aufsteigen. Bei Neumond ist das geschlagene Holz am Trockensten. Und wenn Du Schiffe aus richtig saftigem Holz baust und auf einem Fluß (Süßwasser) fahren läßt, dann fault der Kram weg und die Schiffe zerbrechen an der konstruktiv schwächsten Stelle. Anders ausgedrückt, der Boden fällt heraus. Was man, in Anbetracht der damaligen Krokodilpopulation auf dem Nil durchaus als Unglück bezeichnen könnte.
Magie hat also auch immer einen Anteil an empirischer Wissenschaft, den man nicht außer Acht lassen sollte. Wenn ich mir zu König Artus Zeiten eine Zigarette mit einem Plastikfeuerzeug angezündet hätte, würde ich wohl auch auf dem Scheiterhaufen geendet haben.
d) Animismus
Hier werden Gegenstände „beseelt“. Sie richten sich dann gerne nach :den Wünschen oder Phantasien des Kindes. Das entspricht Piagets
arstellung des Mondes usw., der dem Kind folgt…
Tut es nicht. Der Mond folgt dem Kind nicht, und das Kind wird das auch relativ schnell erkennen. Das „beseelen“ bezieht sich ja auch in erster Linie nicht auf Gebrauchsgegenstände sondern wir finden es klassisch bei Plüschtieren, vorzugsweise Teddybären. Die aber erfüllen, ähnlich wie imaginäre Spielkameraden, eine viel weitergehende Funktion, nämlich als Zuhörer, Spielkameraden und bisweilen auch Beschützer, jedenfalls aus der Sicht des Kindes. Das jedoch ist Symptom, es ist nicht Ursache. Ursächlich führen ja Ängste, die bis zu einem gewissen Grad auch normal sind, zu solchen Reaktionen. Hier eine vorsätzliche „Magie“ konstruieren zu wollen ist dann doch sehr an den Haaren herbeigezogen.
Soweit diese Gliederung nach Stuart Vyse. Auffallend ist bei allen :Varianten, dass es um magische Macht geht. Diese Macht wird, in der :nachfolgenden „mythischen“ Phase (die Vyle nicht behandelt), auf :externe Ego-Instanzen übertragen. Im fünften Lebensjahr hat das Kind :gelernt, dass sein Ego nur eines unter vielen ist, und dass seine :eigene Macht winzig ist im Verhältnis zur Macht seiner Umwelt. So :überträgt es die Allmachtsphantasien auf andere.
Nun mal langsam. Der Begriff der Macht ist eine ziemlich abstrakte Sache. Das wollen wir hier doch einmal vom Begriff der Manipulation um Einzelereignisse zu bewirken, trennen. Natürlich hat jeder Mensch, und das beginnt mit dem ersten Tag des Lebens, Wünsche. Und natürlich sind viele dieser Wünsche nicht erfüllbar und es taucht der weitergehende Wunsch nach Mitteln auf, diese Wünsche doch wider alle Rationalität erfüllt zu bekommen. Wenn das die „magische“ Phase ist, dann endet sie nie. Gerade für das Kind jedoch ist Macht abstrakt, ereignisbezogen. Erst durch Assimilation und Schemaakomodierung kommt das Kind ja in die Lage, Zusammenhänge zu sehen und einen Versuch zu machen, die Zusammenhänge in irgendeiner Form zu nutzen.
Was mir weiterhin auffällt, ist, dass die Formen der Magie, die Vyse da so schön katalogisiert weder vollständig, noch auf Kinder bezogen sind. Es sind Formen, die wenn, dann von Erwachsenen Esoterikern praktiziert werden.
Ein dritter Kritikpunkt ist natürlich wieder die unagemessene Vermischung von Begriffen. Da wird die Substanz mit dem Symbol verwechselt, da wird von Ritual gesprochen wenn gar nicht Ritual im Wortsinne gemeint ist und da wird mit Magie nur so um sich geworfen wenn man eigentlich nur Schemabeziehungen meint.
In den Zeiten der Entstehung monotheistischer Religionen herrschten :ausgeprägte patriarchale Strukturen und eine rigide soziale :Hierarchie. Familienvater – König – Gott, das war die Kette der :Autoritäten, denen sich das Individuum prinzipiell gegenüber sah.
Was zunächst einmal offensichtlich nur auf bestimmte Kulturen und bestimmte Zeiten zutreffend ist. Für andere Kulturen lagen die Dinge wieder anders und in einer großen Anzahl von Kulturen haben wir diese Vorstellung, sie stimmt nur nicht.
Das mythische Denken projizierte also das magische Potential auf :diese Dreierstruktur, besonders natürlich auf das letzte und höchste :Glied. In den römischen Familien hatte der Vater die absolute Macht, :Frau, Kinder und Sklaven waren sein Eigentum. Er musste schon sehr :über die Stränge schlagen, damit z.B. das Verprügeln seiner Frau von :der Umwelt als unmoralisch wahrgenommen wurde. Kinder hatten noch :weniger, Sklaven keine Rechte. Die Macht der Könige kennst du als :Quasi-Historiker zur Genüge, und die Macht des Einen Gottes ist :ohnehin völlig unbeschränkt.
Lassen wir mal Rom außen vor. Deine Darstellung der römischen Gesellschaft ist zu 90% falsch und zu 10% nicht richtig. Versuche einfach mal zu erklären, was Du hier gerne beweisen willst.
Hier aus Wiki „Monotheismus“ eine Darstellung der Entstehung des :jüdischen Monotheismus:
Wiki, das russische Roulette der Wissensverbreitung. Aber bitte.
„Nach dieser Ansicht dürfte JHWH ein in Jerusalem verorteter :Lokalgott gewesen sein. Mit der steigenden Bedeutung des :israelitischen Reiches bzw. der Hauptstadt Jerusalem unter den :Königen David und Salomo kamen auch dem Gott JHWH neue Funktionen :zu, bis er zum König eines göttlichen Pantheons wurde (vgl. Jesaja :6). Inschriften aus dieser Zeit belegen jedenfalls, dass JHWH in :einem Atemzug mit anderen Göttern genannt bzw. angerufen worden ist.
Wie schade, dass die Kugel des Roulette nicht den Autor getroffen hat. Also, die Hebräer wanderten so rund um bummlig um 1500v.Chr im Lande Kanaan ein. In diesem Punkt decken sich Grabungsbefunde mit Schriftgut. Zu diesem Zeitpunkt war JHWH bereits hebräische Gottheit und zwar, soweit man es bisher weiß, die einzige hebräische. Es gab den Herrn also schon etwas länger.
Natürlich gewann JHWH mit steigender Macht des hebräischen Reiches, speziell unter David und Salomon an Kampfgewicht. Das Reich, das ihn verehrte zählte schließlich unter die Großmächte seiner Zeit. Wenn der Autor dieses Artikels aber aus den Seraphim (bei denen es sich um Engel handelt, die ja oft genug auch an anderen Stellen der Bibel auftauchen) fremde Götter macht, dann liegt er etwas falsch. Aber, keine anderen Götter->kein Götterpantheon->kein König eines Götterpantheons. Leuchtet ein?
Aber es gab natürlich trotzdem ein Problem. Nachbarn. Nicht nur Nachbarn über die Grenze sondern auch Minderheiten. Da gab es alles bis hin zum ägyptischen Gastarbeiter. Und alle brachten ihre eigenen Götter mit. Und, da ja Religion den Göttern folgt, eigene religiöse Organisationsformen. Die wiederum fanden auch mal neue Anhänger. In guten Zeiten ist gut missionieren. Und dort waren es gute Zeiten. Also kamen andere Götter wieder nach Israel hinein. Und damit stellte sich die Frage (wie schon einmal 1500 v.Chr., denn es gab auch mehrfach Widmungen aus dieser Zeit) war JHWH der einzige, der einzige wahre oder vielleicht nur der Stammgott der Hebräer (Stammesgott will ich nicht verwenden, die hatten bekanntlich mehrere Stämme).
Jetzt passierte genau wieder das, was ich ja schon die ganze Zeit als grundsätzlichen Mechanismus von Religion (NICHT GLAUBEN) bezeichne. Natürlich wurde von jeder Religion die Glaubensbasis einer jeden anderen Religion als Aberglaube erklärt. Schau Dir nur mal die Sache mit dem goldenen Kalb an. Nur für das Reich eines Salomon hatte die Sache einen Haken. Oder vielleicht sogar zwei. Haken Nummer 1: Die Macht seines Reiches basierte nicht nur auf militärischer Stärke, die war nämlich gar nicht so exorbitant, sondern auf einem komplizierten Bündnissystem. Die Zeiten eines Tutmosis III waren nicht vergessen, man wusste, was passieren konnte, wenn man alleine stand. Aber unter diesen Umständen konnte man wohl kaum die andergläubigen Bündnispartner (Sabaa, Babylon/Ninive) ständig vor die Schiene nageln. Also blieb die Sache relativ ruhig. Die beiden Löwen jedoch, Assur und Memphis, hatten sowieso so viele Götter, dass einer mehr nicht störte. Also entfiel ein Religionskrieg mangels Interesse obwohl jeder überzeugt war, der andere ist abergläubisch. Und in Israel, dass zudem ja im Mittelpunkt vieler Handelsbeziehungen lag, kam dann noch das Problem der Minderheiten hinzu.
Der zeite Haken an der Sache könnte aber auch gewesen sein, dass gerade Salomon nicht ganz so JHWH-monotheistisch war, wir erzählt wird. Aber vielleicht war er es auch und sparte nur Geld, wer weiß. Jedenfalls sah Salomons Tempel den phönizischen Tempel der Astarte verblüffend ähnlich. Aber wie gesagt, vielleicht hat er Geld gespart und nur einfach alte Pläne wiederverwendet.
In der Folgezeit schwächte sich die Bedeutung Jersualems ab und :fremde Reiche mit deren Religionsvorstellungen beeinflussten die :israelitische Religion. Unter König Joschija im 7. Jh. v. Chr. :entstand eine Bewegung, die eine monolatrische Verehrung JHWHs :einforderte (vgl. 2. Mose 23,13).
Also zunächst ist hier einmal die zeitliche Zuordnung etwas unklar. Denn Joschijas Zeit war eigentlich eine Zeit der Wiedererstarkung, vor allem auf Kosten der älteren Großmächte. Aber dazu wiederum passt der Moses nicht ganz. Denn der Pentateuch wurde erst so etwa ein Jahrhundert nach Joschija fertiggestellt. Sollte jeodch der Anspruch stimmen, dass 2.Mose (wie die anderen auch) auf sehr viel ältere mündliche Überlieferung zurückgeht, dann hätten wir hier einen nicht spezifisch auf Joschija bezogenen Teil vor uns sondern eben die generella Regelung des Minderheitenproblems (Schau mal nach Vers9), aber auch das Gebot (das logischerweise nur für die Hebräer gelten konnte) sich an das zu halten, was JHWH gesagt hat und nicht andere Götter anzubeten (was natürlich implizit nur die Anbetung anderer, aber nicht deren Anerkennungszustand belegt). Also hier mischt doch mal wieder einiges. Das ist es, was Wiki ohne Verifizierung manchmal so schwer verdaulich macht.
Die Nachfolger dieser Bewegung fanden vor allem in der Zeit des :Babylonischen Exils Gehör: Nach der Zerstörung Jerusalems und des :Tempels, in dem JHWH verehrt worden war, verbreitete sich unter den :israelitischen Priestern der Gedanke, dass JHWH der einzige und :allmächtige Gott sei. Er selbst habe die Zerstörung herbeigeführt, :um die Israeliten für ihre (teilweise) Abwendung von ihm zu :bestrafen.“
Und wieder mischt und mixt er. Das babylonische Exil begann 598 mit der Eroberung Jerusalems und ging bis 539 v. Vhr. als Babylon von den Persern erobert wurde. Die Zerstörung des Tempels erfolge 66 n.Chr. durch die Römer. Die beiden Ereignisse, die also angeblich zusammen für diese Hinwendung zum Glauben gesorgt haben lagen etwa 600 Jahre auseinander.
Was der Autor des Artikels möglicherweise meint, ist, dass der Tempel nicht mehr zugänglich war, also erste Synagogen anstatt des zentralen Gebetsortes auftauchten. Das war aber nicht so signifikant wie hier behauptet wird, denn immerhin mussten ja auch vorher schon die Juden, die nicht in Jerusalem gelebt haben, irgendwo gebetet haben.
Insgesamt klafft zwischen Fundmaterial und Bibel hier eine sehr große Lücke. Wir finden in der Bibel Berichte über Fronarbeit „und saßen an den Ufern und weinten“ während wir gleichzeitig am Hofstaat Nebukadnezars jüdische Namen in höchsten Positionen finden. Letzteres verwundert nicht, den das babylonische Reich war traditionell ein Vielvölkerstaat der seine Stärke aus der Integration bezog. Alles deutet also darauf hin, dass sich viele Juden etablierten, dass es zwar eine Zwangsumsiedlung, aber keine Sklaverei gab (wenn man davon absah, dass die Juden selber Skalvenhalter waren) und dass auch die Religionsausübung frei war. Aber genau das, was eine Integration erleichterte war natürlich denen ein Dorn im Auge, die einem gewissen religiösen Fanatismus zuneigten. Es bildeten sich also Sekten unterschiedlichen Härtegrades (vieles deutet darauf hin, dass hier auch die essenischen Wurzeln lagen). Was heute also in der Bibel steht, das vorsätzlich verfälschte düstere Bild des babylonischen Exils, stammt offensichtlich aus diesen Kreisen, nicht aus der Gesamtheit.
Zitat ENDE.
Meine Meinung zu diesem Wiki-Artikel muss ich jetzt nicht nochmal zusammenfassen?
Hier wurde also Jahwe die Macht zugesprochen, Städte zu zerstören, :um irgendwelche Personengruppen zu bestrafen.
Eine grundsätzliche Fähigkeit der meisten Götter in der Geschichte aller Relgionen, also sicher nicht ungewöhnlich. Außerdem in diesem Falle, wie oben ausgeführt, als nachträgliche Erklärung mit ganz klarem politischen Kontext.
Von der Struktur her ist das eindeutig eine magisch-mythische
rojektion, wie sie z.B. von Piaget beschrieben wird.
Also schon einmal nicht magisch. Es sei denn, Du willst einfach alles, was Religion über die Fähigkeiten von Göttern sagt, in Deinen magischen Topf auch noch reinwerfen. Und mit Sicherheit auch nicht mythisch, jedenfalls nicht zur Zeit der Entstehung. Denn für die, die das taten, war das ja die Gegenwart. Es handelte sich also für sie nicht um einen Mythos sondern im Wortsinne um Propaganda oder Legende (die Dolchstoßlegende war ja auch Propaganda). Und mit Sicherheit nicht wie von Piaget beschrieben, der hat nämlich über Kinder geredet und nicht über alte verknöcherte Fanatiker die eine politisch-religöse Propagandaaktion vom Zaum brachen.
Ein anderer Begriff, der gut zum Thema passt, ist der des :Fetischismus.
Uh … hoffentlich habe ich das jetzt falsch verstanden …
Dazu aus Wiki „Fetischismus“ (tja, das alles aus Büchern :abzuschreiben, dazu fehlt mir die Zeit):
(würde in Anbetracht der Qualität mancher Artikel aber trotzdem helfen)
„Der Fetischismus (lat. facticius: nachgemacht, künstlich; franz. :fétiche: Zauber(mittel)) bezeichnet einen Glauben an übernatürliche :Eigenschaften bestimmter auserwählter oder ungewöhnlicher
vorwiegend selbstverfertigter) Gegenstände unbelebter Art und deren :Verehrung. In einer Ausweitung des Begriffs auf den nicht-religiösen :und atheistischen Bereich umfasst der Begriff Fetischismus
Religion) auch die religions-ähnliche Verehrung von Objekten mit :besonderer Bedeutung für die eigene Identität, denen besondere :Wirkungsmacht auf das subjektive Wohlbefinden zugetraut wird.“
Hummm, Peitschen und Handschellen möglicherweise? Entschuldigung, wenn ich diese Definition für ungenau, irreführend und vor allem Unvollständig halte.
Die Übertragung dieser Definition auf Objekte des „Glaubens“ :überlasse ich gerne den Lesern.
nicht kneifen, Du hast damit angefangen.
Gruß
Peter B.