Hallo,
Einzelschicksale wie du sie nennst kenne ich auch, könnte auch
darüber erzählen, keine Angst, die gibts und gabs schon immer
auch in meiner Region.
Nur, dass diese Einzelschicksale langsam zu einem Massenphänomen werden…
Aber genauso kenne ich (eigentlich sogar mehr) „Schicksale“,
die sich bewusst für ihr Schicksal entschieden haben, bei
denen man genau weiß, „Mensch, wenn der sich nur ein wenig
anstrengen würde, mal vorrübergehend ein paar
Unannehmlichkeiten auf sich nehmen würde, dann könnte er
locker ein tolles Leben führen“.
Das sind natürlich Dinge, die viel tiefer gehen. Der Staat hat m. E. die Verantwortung dafür, Voraussetzungen zu schaffen. Er sollte sich auch gar nicht allzu sehr in Details verlieren, das hat er aber in den vergangenen Jahren in Deutschland getan, und nun hat er sich künstlich Mentalitäten heranerzogen, die so einfach nicht von einem unangenehmeren Gegenteil zu überzeugen sind. Das sind auch sowieso langwierige Prozesse. Ein Mensch ist eine Summe aus Charakter und Erfahrung. Soziales Umfeld spielt genauso eine Rolle wie Bildung und auch Möglichkeiten zu irgendeiner Art von Entwicklung. Deshalb ist die Definition „tolles Leben“ extrem subjektiv!
Ich habe schon so oft versucht diesen „Schicksalen“ zu helfen,
habe seitenweise Jobangebote aus dem Internet rausgelassen,
Beziehungen spielen lassen. Aber wenn so jemand nicht mal eine
Bewerbung schicken will, weil die Jobbeschreibung nicht 100%
passt, dann lernt man schnell, dass der es sich ganz kuschelig
gemacht in seiner sozialen Absicherung und mit seinen
Ausreden.
Natürlich ist es auch immer eine Frage, ob sich jemand helfen lassen möchte - in der Tat!
Ich bin sicher diese „Schicksale“ gibts auch in deinem Umfeld.
Tja, überall gibt es solche und solche Menschen 
Ich habe absolut nicht behauptet, ich hätte eine Lösung die
auch eine Lösung für Alle ist.
Najaaaaaa, doch schon irgendwie, oder? Gewisse „Patentrezepte“ hast Du da schon eingängig beschrieben.
Aber ich behaupte, wer glaubt sich in dieser Welt auf Politik,
Staats-, Wirtschaftsformen verlassen zu können, überschätzt
einfach deren Möglichkeiten.
Was ist denn Politik, Staat??? Das sind doch WIR!!! Diese Menschen, die dort ihren Anteil an unserer Gesellschaft leisten, wie gut oder wie schlecht sie das nach einzelner Meinung auch tun, sind genauso Teil „des Systems“. Sie haben die gleiche Erziehung genossen, die gleiche Bildung, sie sind nicht auf dem Mars aufgewachsen oder ähnliches. UND (nicht zu unterschätzen) sie sind von UNS GEWÄHLT! Demokratie heißt „Herrschaft des Volkes“. Wenn ich mich nicht darauf verlassen möchte, kann ich mich aktiv am Konsens beteiligen, diskutieren, vorschlagen, Überzeugungsarbeit leisten. Das setzt natürlich voraus, dass ich mit ernsthaft mit den Problemen anderer befassen möchte und nicht nur meine eigene Meinung als Nonplusultra in die Weltgeschichte hinausposaunen möchte.
Das beweist die Geschichte und
sie beweist auch, dass das Interesse des Einzelnen zählt und
wenn viele Einzelne das gleiche Interesse haben, dann bewegt
sich auch etwas.
Das ist mir zu abstrakt und wischi-waschi, irgendwie. Nichts ist hier irgendwie „bewiesen“.
Wenn also jeder Einzelne sein Interesse mit
aller Kraft verfolgt, einen Job zu haben, Geld zu verdienen,
dieses Geld für Lebensunterhalt und mehr auszugeben, dann bin
ich felsenfest davon überzeugt, dass es sogar in Regionen, wie
du sie beschreibst, nachhaltende Veränderungen geben wird.
Dann haben wir wahrscheinlich lauter kleine Anarchisten, Egozentriker, die nur an sich denken, Ellenbogengesellschaft pur. Der Mensch ist nicht allein auf der Welt. Aber von dieser moralischen Haltung einmal ganz abgesehen, könnte der Mensch auch allein nicht existieren. JEDER ist abhängig von IRGENDWEM!!!
Außerdem ist zu überdenken (und das ist von Sozialwissenschaftlern schon seit langer Zeit ein hochgehandeltes Thema), ob die Gesellschaft, wie wir sie kennen, also mit einer Arbeit als Lebensinhalt des „Menschen im besten Alter“ tatsächlich zukunftsträchtig ist. Oder wird das Leben ganz anders aussehen? Welche Alternativen wird es geben; denn mit der Tendenz, dass immer mehr Ertrag mit immer weniger menschlicher Arbeitskraft erreicht werden, der Bedarf der Gesellschaft also effektiver gestillt werden kann - da wäre es blauäugig zu glauben, das ginge ewig so weiter. Schon jetzt gibt es AUF DER GANZEN WELT nicht genügend Arbeitsplätze für alle Menschen, aber eine Überproduktion vom Feinsten!
Aufgabe der Politik wäre es also, Wege zu finden, wie trotzdem jeder in der Gesellschaft ein menschenwürdiges Leben führen kann, ohne dass sich alle gegenseitig die Köpfe einschlagen.
Jedenfalls ist es eine bessere Lösung als nichts zu tun und
auf den Staat zu hoffen. Diese "Staats"denke ist m.E. wirklich
ein grosser Denkfehler.
Ja, das erscheint mir auch so. Aber gemach-gemach! Hier ist Deutschland im Übrigen in der Tat noch geteilt. Zwei Erziehungsmodell erstarren in der - kurioserweise - ähnlichen Lethargie: Der „Wessi“, der es gewohnt ist, in ein weiches soziales Netz zu fallen, und der „Ossi“, der es gewohnt ist, dass seine Arbeit hoch anerkannt wird. Der Erstere ist „platt“, weil er auch so ganz gut über die Runden kommt (von wirklicher Armut kann ja in der Regel nicht die Rede sein); der Letztere, weil er immer noch nach seiner Position in der Gesellschaft sucht, denn er scheint nichts mehr wert zu sein, niemand vermisst ihn, seine Fähigkeiten sind nicht mehr gefragt.
Unser Staat hat noch nie etwas anderes
gemacht als die Rahmenbedingungen zu schaffen. Infrastruktur,
Bildung, Gesundheit, Soziales, Gesetze und Richtlinien. Alles
andere, also alles wovon wir uns ernähren, wovon wir leben,
haben die Staatsbürger gemacht, im Grossen, wie im Kleinen.
Leider hat er sich - was die Realität beweist - immer viel zu viel getan und sich eben nicht auf seine eigentliche Aufgabe beschränkt. Der Deutsche und seine Regulierungswut: Das spiegelt sich extrem in unserer heutigen Staatsrealität wider. Insofern kann ich Dir hier absolut NICHT recht geben.
Übrigens, dir gehts jobmässig gut, aber wie lange noch?
Mein Guter, ich bin davon überzeugt, dass ich mein Leben wirklich prima im Griff habe. Ich arbeite an exponierter Stelle, mache seit einem Jahr im Fernstudium mein Abitur, bin arbeitsmäßig permanent mittendrin im Weltgeschehen. Einige Auslandsaufenthalte stehen an. Und eine Perspektive habe ich auch deutlich vor Augen. Brauchst Dir keine Sorgen zu machen
Ach ja: Ich arbeite volltags und bin alleinerziehende Mutter! Alles ist möglich, wenn man nur will - aber eben auch: KANN! Und ich bin mir meines großen Glücks voll bewusst; denn ohne Hilfe wäre ich niemals da, wo ich jetzt bin.
Und Du? Welcher Job ist als nächstes dran?
Viele fragende Grüße und voller Freude, dass es doch noch eine gute Diskussion geworden ist 
Jana