verständliche Reitkommandos

Hallo!

Ich reite ab und an mit einem 8jährigen Mädchen aus und versuche dabei auch, ihre Haltung ein wenig zu korrigieren.

Ihre Hauptprobleme sind ihre unruhige und dennoch steife Hand und daß ihr Oberkörper immer nach vorne kippt und demzufolge die Schenkel nach hinten.

Die Kommandos, die meine Reitlehrer seinerzeit immer gegeben haben, sind ja für Anfänger und besonders für Kinder mehr als unverständlich und nicht so leicht durchzuführen: „Hand ruhig“, „Absatz tief“, „locker sitzen“…

Wie erkläre ich ihr verständlich, wie sie ihre Hand (natürlich auch Schultern und Ellenbogen) locker läßt, ohne daß alles rumschlackert?
Leider bin ich nicht im Besitz der Sally-Swift-Bücher; ein paar der Bilder kenne ich (Blume auf dem Bauch, Absätze auf den Boden blühen lassen), aber für die Hand weiß ich keinen guten, bildhaften Vergleich.

Grüßle
Regina

Hallo Regina,

die alten Reitkommandos sind nicht nur für Kinder unverständlich, sondern einfach nicht sinnvoll, solchen Unterricht macht auch heutzutage kaum noch ein Trainer.
Die isolierte Korrektur irgendeines Sitzfehlers bringt leider gar nichts, weil hinter einem hochgezogenen Absatz meist auch klemmende Oberschenkel, hinter verspannten Schultern z.B. ein festgestelltes Becken usw. stecken.

Wenn ich dir jetzt sage: Entspanne mal die Innenseite deiner Oberschenkel, wirst du sicher in Schwierigkeiten kommen :smile:, weil diesen Muskeln ohne Übung mit dem Willen nur schwer beizukommen ist.
Überhaupt ist es schwierig dem Befehl:!„Entspann´ dich doch mal!“ nachzukommen.

Wenn du Zeit und Lust hast, würde ich das Mädchen an die Longe nehmen und spielerisch den zügelunabhängigen Sitz üben. Das ist sehr effektiv und geht erstaunlich schnell(kann dir ein paar Übungen genauer beschreiben, wenn du möchtest).

Aber auch während eines Ausrittes kann man viel machen.
Erstmal würde ich Fehler, Fehler sein lassen und einfach reiten.
Bergauf, bergab, auch mal mit einer Hand, mal versuchen ein Tor vom Pferd aus zu öffnen, viel quaseln(entspannt und lockert automatisch alle Muskeln), sich auf dem Pferd umdrehen, bücken, ohne Sattel reiten etc.

Das Geheimnis eines guten Sitzes ist ein ausgeprägtes Körpergefühl und Koordinationsvermögen…das ensteht, wenn man sich möglichst vielseitig bewegt(guck dir mal die Kinder bei den Mounted-games an, die können auch ohne Zügel um eine Tonne reiten)

Sally Swift ist, glaube ich, selbst einigen Erwachsenen zu „blumig“ und verkopft, für Kinder würde ich immer das spielerische Reiten bevorzugen.
Reiten lernt man nur beim Reiten :smile:)))

LG
Anna

Hallo, Anna!

die alten Reitkommandos sind nicht nur für Kinder
unverständlich, sondern einfach nicht sinnvoll, solchen
Unterricht macht auch heutzutage kaum noch ein Trainer.

Ja, eben; diese veralteten Sprüche werden ja auch in der „CAVALLO“ immer angeprangert. Z.B. „Bein lang machen!“ Hallo, mein Bein ist so lang, wie es nun mal ist! Ich kann es nicht in die Länge ziehen.
Leider hab ich von fast allen meinen Reitlehrern immer nur diese Sprüche gehört und konnte nix mit anfangen.

Wenn du Zeit und Lust hast, würde ich das Mädchen an die Longe
nehmen und spielerisch den zügelunabhängigen Sitz üben.

Ich hab sie schon mit der auf den Händen quergelegten Gerte reiten lassen, aber sie schummelt da immer ein bißchen.
(Ich selbst hab’s auch schon ausprobiert, im Gelände im Galopp, bis mein Pferdchen meinte, unter den Obstbäumen durch wäre auch eine tolle Idee, und Vollbremsung vor dem Maisfeld ist auch witzig :wink:))

Das ist sehr effektiv und geht erstaunlich schnell(kann dir ein
paar Übungen genauer beschreiben, wenn du möchtest).

Klar, bin für neue Ideen immer dankbar (hilft mir ja auch).

Sie war schon lange Zeit an der Longe und will und soll jetzt auch mal in’s Gelände, und nicht nur am Führstrick (sie ist auch ein bißchen faul und läßt sich gerne mal spazierenziehen anstatt selbständig zu reiten, obwohl sie jetzt bestimmt seit 2 Jahren reitet).

auch mal mit einer Hand

Stimmt, das wollt ich mal probieren; stand auch in der „CAVALLO“, daß dadurch die Hand oft lockerer ist.

mal versuchen ein Tor vom Pferd aus zu öffnen

Leider ist das Pferd auch noch nicht so gut ausgebildet, daß es Seitengänge und Rückwärtsrichten auf leichte Hilfen hin macht. Wir erfahrenen Reiter bringen es schon dazu, aber das Mädel halt noch nicht.

viel quaseln(entspannt und lockert automatisch alle Muskeln)

Neeeeiiiiinnn! Nicht noch mehr quasseln! Die Kleine ist eine Plaudertasche vor dem Herrn! Da ist selbst meine ewig plappernde Tochter ruhig daneben! :smile: Aber stimmt schon, schwatzen, singen, pfeifen entspannt. Als sie das erstemal ohne Führzügel mitgeritten ist, war Schweigen im Walde, so angespannt und konzentriert war sie da.

sich auf dem Pferd umdrehen, bücken, ohne Sattel reiten etc.

Oh ja, oh ja, mach ich grad auch öfters, wegen meinem Rücken.

Sally Swift ist, glaube ich, selbst einigen Erwachsenen zu
„blumig“ und verkopft, für Kinder würde ich immer das
spielerische Reiten bevorzugen.

Mag sein, aber zumindest die paar Bilder, die ich kenne, sind einfach einleuchtend. Wenn man sich vorstellt, daß auf seinem Bauch eine schöne große Blume erblüht, sitzt man automatisch aufrechter, nimmt die Schultern etwas zurück und den Kopf hoch, damit das Blümchen auch schön Licht bekommt.

Reiten lernt man nur beim Reiten :smile:)))

Absolut richtig!

Dank, Stern und Grüßle und allzeit guten Ritt!
Regina

Hallo Regina,

hoffentlich liest du das noch!
Hat leider ein bisschen gedauert…

Ich habe mal versucht, die Sitzübungen aus meinem unaufgeräumten Hirn zusammenzukramen und in verständliche Worte zu fassen…gar nicht mal so einfach :smile:

Um die richtige Position im Sattel zu finden, in die „Extreme“ gehen(am besten im Schritt, bei ungeübtem Pferd kann das aber gefährlich sein, also erst mal im Stand testen)

  • weit nach vorne beugen, Hände entlang des Mähnenkamms bis zu den Ohren ausstrecken
  • nach hinten beugen(Vorsicht! Nur wenn das Pferd es zulässt!)wenn möglich auf die Kruppe legen
  • Beine anwinkeln und bis auf den Vorderzwiesel hochziehen(erst eins, dann beide), richtig krumm machen und einrollen
  • Bein aus der Hüfte abspreizen, so weit wie möglich nach hinten führen, anlegen und in die richtige Position gleiten lassen, dabei den(hoffentlich wabbeligen:smile: ) Muskel an der Oberschenkelinnenseite nach hinten ziehen
  • mit dem gegenüberliegenden Arm am Bein so weit wie möglich nach unten streichen, Fußspitze berühren, wenn´s geht
  • dasselbe an der gegenüberliegenden Halsseite des Pferdes
  • Oberkörper im Sattel drehen und die gegenüberliegende Kruppenseite abstreichen
    das alles solange wiederholen bis der Körper gar nicht mehr anders kann, als sich die Position zu begeben die absolut ausbalanciert und im Lot ist.

jetzt geht´s los(im Schritt anfangen um die Übungen kennen zu lernen, die eigentliche Wirkung entfaltet sich aber erst im Trab)

  • im Sattel aufstehen und sich in den Steigbügeln so weit wie möglich auf die Zehenspitzen stellen(schwierig, ist erlaubt sich vorne am Sattel festzuhalten)
  • Armkreisen in allen Variationen, einseitig, beidseitig, gegenläufig, vorwärts(damit kann später das Pferd fleißiger gemacht werden), rückwärts(holt das Pferd zurück)immer wieder den Takt verändern(bei jedem Tritt kreisen, nur jeden zweiten Tritt, zweimal pro Tritt), mit ausgestrecktem oder angewinkeltem Arm(dabei an Schwimmen denken)
  • im Takt die gegenüberliegende Halsseite des Pferdes klopfen(dabei kann man schon mal üben, auf dem richtigen Fuß leichtzutraben)
  • Schattenboxen waagerecht nach Vorne(Takt, Schnelligkeit wieder variieren), wenn die Übung sitzt, versuchen, ob man schon durch dosiertes Forcieren und Verlangsamen der Frequenz das Pferd zu einem schnelleren, langsameren, raumgreifenderen, versammelteren Tempo, bzw. Tritt bringen kann(siehe Armkreisübungen)
  • „jonglieren“ im Rhythmus und bewusst gegen den Rhythmus

jetzt die Leichtrabvariationen

  • zwei Tritte sitzen, einen aufstehen(kennst du: „We will rock you“ von Queen, das ist der Rhythmus)dann einen Tritt sitzen, zwei aufstehen(schwierig!Festhalten erlaubt)am besten laut mitzählen oder Umherstehende zum Klatschen und Stampfen animieren :smile:))

Wenn das alles einigermaßen funktioniert, kommt die ultimative Übung für den zügelunabhängigen Sitz, nämlich:
Leichttrabvariationen und Armübungen zusammenbringen :smile:)))))
Das ist sehr, sehr, sehr schwierig und ich habe einige gute Reiter dabei versagen sehen.

Man kann das Ganze auch erstmal trocken üben: verschiedene Takte und gegenläufige Bewegungen mit den Händen und den Füßen machen(vielleicht mal ´nen Schlagzeuger fragen)
Es gibt da so ein Spiel…Nase, Öhrchen, Knie???..für Kinder…habe ich leider vergessen.

Ach ja…Galopp…(da war doch noch was!)
Du hast das ja schon erwähnt(geht mit oder ohne Gerte)

  • Arme hoch über den Kopf, einen oder beide, mehr braucht man da eigentlich nicht, das Wesentliche im Galopp ist ja das Aufrichten mit gleichzeitigem locker mitschwingendem Becken

Da helfen dann wirklich Bilder(mir fällt da spontan wieder nur mal was mit Wasser ein):
Das Auge in der Solarplexusgegend, ist das Fernrohr auf dem Ausguck des Schiffes, man lässt es weit, weit in die Ferne schweifen, unter einem rollt die See, man atmet tieeeeef und ruhig…
du merkst schon, ich bin durchaus für Bilder zu haben(Sally Swift ist schon toll, gar keine Frage), aber jeder hat wohl so seine bevorzugten Vorstellungswelten und bei Kindern muss man dann eventuell seine Bilder anpassen, je nachdem ob man einen Blumenfreund oder einen Käpt´n Blaubär-Fan vor sich hat :smile:))))))))

So, ich glaube das reicht erstmal…ganz schön viel geworden.

Das, was du über das plappernde Kind erzählt hast, fand ich übrigens sehr lustig, weil ich nämlich genau das erlebt habe.
Quasseln bis zum Abwinken…
Nur an dem Punkt, wo ich das Pferd habe antraben lassen, hat sich das kleine Mündchen zu einem Strich zusammengepresst.
Da ja die Gesichts- und Kiefermuskulatur mit der Beckenmuskulatur, insbesondere dem Beckenboden korrespondiert(man denke dabei ans Pressen bei der Geburt, oder in ganz alltäglichen Lebenssituationen :wink:)ist sie wie ein Flummi im Sattel auf und ab gehüpft. Ich habe sie dann ermuntert zu singen(der Gesprächsstoff war ihr wundersamerweise ausgegangen). Hecheln hätte bestimmt den gleichen Effekt gehabt:smile:)

Liebe Grüße und viel Spaß

Anna

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Hallo, Anna!

Klar les ich das noch, ich laß mir eigentlich immer alle Antworten per email zuschicken.

Vielen Dank für die irre vielen Tips, damit können das Mädel und ich sicher was anfangen.

Grüßle
Regina