Versteht jemand "Ehrenmorde"?

Hallo,
zwei afghanische Brüder sind dringend tatverdächtig, ihre ältere Schwester ermordet zu haben.

Ich verstehe diese sog. „Ehre“ nicht, die hinter diesen grausamen, frauenverachtenden Taten stecken soll. Werden da Begrifflichkeiten verwechselt? Ein Mord der eigenen Schwester kann ja wohl nirgendwo eine Ehre erhalten. Man kann nur hoffen, dass Familie und Bekannte solche Taten und ihre Täter verachten.
Trifft nicht eher Superbia zu ?
Superbia = Hochmut (Stolz, Eitelkeit, Übermut). Das zählt ja als Todsünde und würde für solche unmenschlichen Taten gut passen.

Gruß
Rakete

Disclaimer: Erklärung ist nicht das gleiche wie Rechtfertigung!

Ich denke, dass die Angst vor dem Verlust dessen, was da als „Ehre“ verstanden wird, der stärkere Antrieb ist.
Wer seine Ehre nicht verteidigt, fällt in Schande und der Verachtung anheim und ist komplett ausgegrenzt. Wenn man das von Anfang an so verinnerlicht hat, kann das als gleichbedeutend mit der eigenen Vernichtung empfunden werden.

Du brauchst da auch gar nicht über die Grenzen auf andere Kulturen zu schauen.
Der Ehrbegriff des Adels im westlichen Abendland war vor 150 Jahren auch noch derart, dass Schande schlimmer war als der Tod, nur dass sich da vorzugsweise die Männer gegenseitig oder selber umbrachten. Im Offizierskorps hielt sich dieser Gedanke bis in den Zweiten Weltkrieg.

Und durch die europäische Vergangenheit zieht sich auch der „Rechtsgrundsatz“, dass „Schande über den Ehemann zu bringen“ (z.B. Ehebruch) seitens der Frau ein todeswürdiges Vergehen ist. Bei Männern war man oftmals nicht so streng.

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Ich bin sicher, dass das „jemand“ versteht. Es gehört zu einem anderen als meinem Kulturkreis zu meiner Lebenszeit.

Im verlinkten Artikel taucht ohne Quellenangabe der Begriff „Ehrenmord” auf. Ist das die Vokabel der Täter? Unsere deutsche Sprache setzt Worte sinnfrei zusammen, wird da die Ehre gemordet?

Was Sünde oder gar große Sünde ist, ist je nach Kulturkreis und Jahreszahl unterschiedlich.

  • 2021: Eine afghanische Frau lässt sich scheiden und wird in Deutschland ermordet.
  • 1935+: Gleichgeschlechtliche Liebe war in den Augen der Nazis entartete Sexualität. Tausende schwule Männer kamen in den Konzentrationslagern ums Leben.

Gleiche Strafe für zur jeweiligen Zeit moralisch zweifelhafte Handlungen, nur 86 Jahre dazwischen.

Ich bin gegen Morde weltweit und finde es in Ordnung, wenn die aufgeklärt und die TäterInnen zur Rechenschaft gezogen werden.

Doch der verlinkte Artikel ist ein Schaum von Sprechblasen:

  • offenbar weil sie mit der selbstbestimmten Lebensweise ihrer Schwester nicht einverstanden waren. - Das Motiv ist also nur vermutet?

  • „Ehrenmorde“ seien häufig viel brutaler als andere Verbrechen, erklärt die Anwältin. - Hat mit dieser Tat nichts zu tun, der ungewöhnliche Leichentransport im Koffer passierte nach dem Mord.

  • „Wenn wir über Ehrenmorde sprechen, sprechen wir über eine Mischung aus Tradition, Kultur und Religion“, sagt sie. Die Täter seien „niemals wirklich in Deutschland angekommen“, meint Ateş. - Wenn ich auswandern und mich dort an einer Steinigung nicht beteiligen würde, wäre ich ja auch nicht „angekommen“. Wäre das schlimm?

  • .… Wertvorstellungen in unserem Land gibt und diese sich in brutaler Gewalt niederschlagen. Das dürfen wir niemals akzeptieren", twitterte der CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak. - Hää? besteht Gefahr, dass Morde akzeptiert werden? Wovon schwafelt der?

  • Sie (Ateş - Kurti) fordert, dass politisch und gesamtgesellschaftlich etwas passieren müsse. - ja, lass uns irgendwas passieren. Impfen steht an.

  • Nur mit mehr Aufklärung könnten solche Taten in Zukunft verhindert werden. - Gute Idee. Diebstähle nehmen ja auch ab, seitdem das Volk aufgeklärt wird. Da hätte man wirklich früher drauf kommen können.

Nein, die Satire nimmt nicht die Täter und das Opfer auf die Schippe. Sondern die „Besserwisser“ und Schwurbler, die auf ein paar Stichworte ihr inhaltloses Geblubber in hingehaltene Mikrofone kotzen.

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Wenn man ein deutsches Wort nicht versteht, lohnt sich meistens ein Blick in den Duden:

Hallo,
2. Mose 31.15: Sechs Tage sollt ihr arbeiten; den siebenten Tag aber sollt ihr heilig halten als einen Sabbat der Ruhe des HERRN. Wer an dem arbeitet, soll sterben.

  1. mose 20.10: Wer die Ehe bricht mit jemandes Weibe, der soll des Todes sterben, beide, Ehebrecher und Ehebrecherin, darum daß er mit seines Nächsten Weibe die Ehe gebrochen hat.

  2. Mose 24.16: Welcher des HERRN Namen lästert, der soll des Todes sterben; die ganze Gemeinde soll ihn steinigen. Wie der Fremdling, so soll auch der Einheimische sein; wenn er den Namen lästert, so soll er sterben.

ich möchte es nur erwähnen, weil viel sich auf die Bibel berufen, wenn es um unsere Kultur geht.

Ist nur eine kleine Auswahl - da gibt es noch sehr viel mehr…
Schöne Grüße
Alfons

Hallo Alfons,

da müssen wir also Afghanen einfliegen lassen, die hier unsere christlichen Werte retten.

„Soll des Todes sterben“ ist allerdings eine merkwürdige Formulierung. Am Leben ist noch niemand gestorben, oder? Und wer soll dieses „Soll“ vollstrecken?

Möge der HERR (manche lästern, Gott könnte auch DAME sein - am Vornamen kann man es ja nicht erkennen) selbst entscheiden und Blitze senden. Ja gut, oder Afghanen schicken.

hi,

wer lesen könnte, wäre jetzt leicht im Vorteil.

findest du es oder brauchst du das Zitat? :wink:

was denn entscheiden, wenn es um die Ausführung geht.

grüße
lipi

Ich glaube nicht, dass das so vergleichbar ist:
Es ist ein Unterschied, ob wir über Vorfälle von „vor 150 Jahren“ sprechen oder von heute.
Der Mensch hatte überall die gleiche Chance, sich zu entwickeln. Geschieht das nicht, hat eine Macht, Kultur oder Kirche irgendetwas in de Köpfen manipuliert.
Diese Mörder tragen jedoch weiterhin das orientalische Altertum im Kopf und das I-Phone in der Hose mit sich rum, obwohl man sich hier um deren Integration bemüht.
Was diese Typen als „Ehre“ empfinden, besteht auch aus einem Innen und Außen. Es geht nicht darum, wie man „vor sich selber dasteht“. Deren „Außen“ (Gemeinde, Freunde, Verwandte) scheint derlei Taten regelrecht zu erwarten. Ansonsten fände doch eine Ausgrenzung statt. Dass dies nicht der Fall ist, zeigt der Fall Sürücü. Die Brüder wurden in der Türkei warmherzig empfangen.

Wohl nicht. Jedoch wird zu dem Fall noch ermittelt. Da muss man sich noch entsprechend ausdrücken, wenn der Täter nicht im Ausnahmefall unmittelbar gestanden hatte.

Erstmal müsstest du konvertieren. Du gehörst ja nicht zur Glaubensgemeinde.

Er redet von „Wertvorstellungen“. Mord ist hier keine Wertvorstellung, sondern das Ergebnis dieser.
Dieser blödsinnige Ehrbegriff ist die Wertvorstellung, die er nicht akzeptieren will.

Gemeint ist die Bekämpfung des Hasses in den Köpfen. Also die Beeinflussung durch Gemeinde, Glaubensrichtung und Kultur über Jahrhunderte und Kontinente hinweg.

Es ist doch wohl zu verstehen und zu akzeptieren, dass hier eine junge Frau durchaus das Recht hat, in Freiheit ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Durchsetzen tut sich jedoch oftmals der Wunsch nach Kontrolle der Frau und ihrer Sexualität.

In islamischen Kulturen existiert doch eine gewisse Hierarchie.
Geistliche, einflussreiche Familienmitglieder und sog. Friedenrichter hätten die Möglichkeit, im Vorfeld einzuschreiten. Unmittelbar nach dem Auftragen der Schminke und dem Ablegen des Kopftuchs lauert ja nicht unmittelbar der Tod. Die Frau wird sicherlich noch eine ganze Weile beschimpft, bedroht und zusammengeschlagen, so dass die Möglichkeit bestünde, Hilferufe an Leute mit Einfluss abzugeben. Diese müssten halt die Kraft haben, zu sagen, dass man hier jetzt in D lebt und die junge Frau selbstverständlich das Recht hat, sich westlich zu kleiden und fremde Männer zu treffen. Die Frage ist, warum sie diese Hilfe nicht anbieten.

Gruß
rakete

Solche unlogischen Statements findet man in vielen journalistischen Ergüssen - man merkt, dass die Zeitung voll werden muss ohne jemanden auf die Füße zu steigen - und das unbezahlte Praktikanten viele Artikel schreiben…

Nein. Ehre bedeutet „erarbeiteter Achtungsanspruch“. Er wird einer Person von einer Gruppe anderer Personen zugesprochen oder einem Beauftragten. Link Wofür man geachtet wird, hängt aber von der jeweiligen Bezugsgruppe ab.

Und es gibt auf diesem Planeten Kulturgruppen, bei denen man die Achtung darüber erwirbt, dass die Männer die Frauen kontrollieren. Und wenn sich die Frauen nicht an die gesellschaftlichen Konventionen ihrer Gruppe halten, beschädigen sie die Ehre ihrer männlichen Verwandten. Und innerhalb dieser Gruppe kann es logisch erscheinen, die Ehre durch Bestrafung der Frau wiederherzustellen. Und ja, die härteste Bestrafung dürfte die Beförderung in den Tod sein.

Ich fürchte, in den Augen ihrer Bezugsgruppe haben diese Männer ihre Ehre bewahrt bzw. wieder hergestellt. Sie erhalten also Achtung für ihre Tat.

Wie sich Mord mit der, in diesen Kulturkreisen üblichen Religion in Eingang bringen lässt, verstehe ich auch nicht. aber vielleicht ist das wie im Christentum so oft: Wasser predigen und Wein trinken… (Aber was verstehe ich schon von Relegionen?!)

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Kulturgruppen, die allen Ernstes derlei Werte vertreten, müsste man dann aber die Landeerlaubnis auf unserem Teil des Planeten verwehren. Logisch wäre, wenn deutlich mehr Frauen diesen archaischen Gesellschaften entfliehen. In der Realität sind die Boote aber meist voller Männer.
Gruß
Rakete

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Wie lange ist es her, dass es bei uns (Europa) auch so war?
Bis wann durfte der Ehemann für seine Frau handeln?
Wann wurde das Frauenwahlrecht eingeführt?
usw.

Es scheint mir Alles „nicht so lange her“ zu sein.

Gruss
Jörg Zabel

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Willst die europäische Emanzipationsgeschichte mit altertümlichen extremen Körperstrafen vergleichen? Aber mal angenommen es stimmt: Wie lange wird es dauern, bis die aus archaischen Kulturen Zugewanderten mit ihren westeuropäischen Gastländern „gleich ziehen“? 2-3 Jahre?

Davon habe ich nichts geschrieben. Pierre schrieb von der Kontrolle der Frauen durch die Männer.
Als dann auf „derlei Werte“ eingegangen wurde, hab ich mal gesucht, wann diese Werte bei uns noch im Schwange waren.
Gleichberechtigung – Wikipedia
Frauenwahlrecht – Wikipedia
Die „europäisch-christlichen Werte“ auf die wir im Moment soo stolz sind, sind nicht so alt wie wir oft meinen und sie sind weder „schon immer da“ und auch nicht so einfach vom Himmel gefallen.

Es stimmt nicht, denn ich antworte auf Deine Argumente und bin nicht bereit, mittendrin zu anderen Dingen zu antworten, welche zwar das ursprüngliche Thema sind, aber nicht zu Deinem und meinem Beitrag passen.

Es kommt darauf an.
Zunächst müssten wir uns mal auf eindeutige Definitionen einigen. Und danach die einzelnen Argumente abklopfen. Eines nach dem Anderen.

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Sicherlich hat hier jemand einen arabischen „Duden“ zur Hand. Ich bezweifle jedoch, dass man dir die muslimische Begrifflichkeit des „Ehrenmords“ auseinandersetzen wird.
Ehre bedeutet jedenfalls u.a. „Achtungswürdigkeit oder verdienter Achtungsanspruch“. Damit hat die Tat jedenfalls nichts zu tun. Im Gegenteil: Die Brüder haben normalerweise ihre und die Ehre ihrer Familie mehr als verwirkt. Als offene Gesellschaft müssen wir uns mit allen Mitteln des Rechtsstaates gegen solche steinzeitlichen Strukturen zur Wehr setzen. Fundamentalisten können mit unseren westlichen Werten nichts anfangen. Ihnen diese zu vermitteln wird schwer, wenn nicht unmöglich sein.

Ehrenmorde haben einen kulturellen und keinen religiösen Ursprung. Daher dürfte es dir schwer fallen, eine „muslimische Begrifflichkeit“ dafür zu finden. Zudem sind die Opfer zwar in den meisten Fällen, aber nicht ausschließlich weiblich.

Derart motivierte Morde sind in archaischen, von Stammestraditionen bestimmten Gesellschaften im Nahen und Mittleren Osten am häufigsten zu finden (Quelle Wiki).

Der Kulturkreis der meistbetroffenen Gruppe Täter/Opfer ist muslimisch. Zumindest in dem in Rede stehenden Fall sind sie es ebenfalls.
Angeblich haben Ehrenmorde keine Basis in der Scharia, sind jedoch offenbar als eine Art vorislamische Tradition weiterhin akzeptiert.

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Korrekt.

Das ‚angeblich‘ kannst du gleich wieder vergessen. Weder im Koran noch in den Hadithen wirst du dafür eine Basis finden. Das zeigt sich schon alleine daran, dass Ehrenmorde in anderen muslimischen Ländern wie Indonesien oder Bangladesch so gut wie nicht bekannt sind.

Aber in der „kurzen“ Zeit haben die Menschen hier viel, viel gelernt und die entsprechenden Schlussfolgerungen gezogen.

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