Die Fragwürdigkeit des Glücksbegriffs
Ich war eben in Eile, daher hier eine Ergänzung.
Der Buddhismus ist nämlich gerade die Lehre aus dem Leid
heraus hin zum dauerhaften Glück.
Also, der Ausdruck „Glück“ - ich finde ihn in diesem Zusammenhang denkbar unglücklich, was nicht deine Schuld ist, da er generell nur sehr oberflächlich verwendet wird.
Ich wiederhole: sehr oberflächlich.
Ich beziehe mich auch auf eine Stelle der Homepage der DBU (Gruß an Ralf):
http://www.dharma.de/dbu/frameset.php?content=http:/…
„Die buddhistische Lehre weist Wege aus Leid und Unvollkommenheit zu Harmonie und Glück. Die »Vier Edlen Wahrheiten« bilden ihren Kern. Die wesentlichen Merkmale und Übungen dieses spirituellen Weges sind ethisches Verhalten, Meditation und tiefe Einsicht.“
Zitat Ende.
Der Weg zu Harmonie und Glück. Klingt gut. Was aber ist GLÜCK? Dazu wiki, unser Glücksbringer:
http://de.wikipedia.org/wiki/Gl%C3%BCck
„Als Erfüllung menschlichen Wünschens und Strebens ist Glück ein sehr vielschichtiger Begriff, der Empfindungen vom momentanen Glücksgefühl bis zu anhaltender Glückseligkeit einschließt, aber auch als ein äußeres Geschehen begegnen kann, z. B. als glücklicher Zufall oder als eine zu Lebensglück verhelfende Schicksalswende.“
Zitat Ende.
Summa summarum ist Glück also die Erfüllung menschlichen Strebens bis hin zur „anhaltenden Glückseligkeit“.
Ein schönes Wort. Echt. Aber nur ein Wort.
Denn anhaltendes oder dauerhaftes Glück - ist das möglich in einer Welt, in der permanent Leid und Unglück herrscht? Ist der Dalai Lama, vermutlich einer der spirituellsten Menschen der Welt, wirklich „glücklich“ in dem Sinne, den dieses rosarot-naive Wort suggeriert?
Mit Sicherheit nicht.
Denn er weiß, wieviel unsägliches Leid ständig in der Welt geschieht, vor allem in Tibet. Keine Stunde, in der dort nicht gefoltert wird. Wie könnte der Dalai Lama, wie jeder bewusst lebende Buddhist bzw. Mensch überhaupt, also „glücklich“ sein?
Denn Glück in diesem ideal-rosarot-harmonistischen Sinne, den sein Gebrauch auch im Buddhismus suggeriert: das ist gleichzusetzen mit Scheuklappe, rosaroter Brille und Egozentrik (also Gleichgültigkeit gegenüber dem Leid anderer).
Sorry, aber ich muss das so deutlich sagen. Hier im Philobrett sollte man ganz besonders auf die Feinheit des Sprachlichen achten.
Also: wenn du schon gegen meine Aussagen argumentierst, dann bitte mit seriöseren Ausdrücken als „Glück“.
Laut Buddhismus ist
die „Grundnatur“ auch nicht irgendein „Mangel“ sondern das
klare Licht des Erkennens, das zu dauerhaftem Glück führen
kann, wenn man es denn freizulegen weiß.
Wie gesagt, ich bezog mich auf die Grundnatur des Ich. Nun ist „Grundnatur“ ein Begriff, der häufig im Buddhismus verwendet wird, und du hast ihn sofort auch so auf meine Verwendung projiziert. Was an meinem Argument aber vorbei ging. Ich argumentierte an dieser Stelle aus der Lacan´schen psychoanalytischen Sicht, wo vom „Mangel“ als Grundlage des Ich oft die Rede ist.
Siehe z.B.:
http://de.wikipedia.org/wiki/Jacques_Lacan
„Das Subjekt ist der Träger eines irreduziblen Mangels. Dieser Mangel beginnt mit der Geburt, die das Kind aus der Vollkommenheit seines embryonalen Daseins herauswirft und verstärkt sich durch seine zweite große Trennung, die Trennung der Symbiose mit der Mutter(brust). Auch von seinem Spiegelbild, dem es sich im Spiegelstadium gegenüber sieht, ist es getrennt und entfremdet. Das Subjekt ist seitdem unvollständig, weshalb es stets danach begehrt, vollständig zu werden und seinen Mangel, seine Lücke im Subjekt durch Objekte aufzufüllen. Ein solches Objekt, genannt Objekt klein a, fungiert als Antrieb und Auslöser der Handlungen des Subjekts und insofern als äußerer „Grund des Begehrens“. Aber der Mangel ist letztlich nicht aufhebbar, das Objekt bleibt unerreichbar und ist ein „immer schon verlorengegangenes“ Objekt, ein unerreichbares „Ding“.“
Zitat Ende.
Ich hoffe, damit einige Missverständnisse geklärt zu haben.
Horst