Vielwisserei

Hallo,

in einem Buch eines Zen-Meisters habe ich sinngemäss
folgende Aussage gelesen:

„Genau wie viele versuchen sich mittels immer mehr
Geldanhäufen geistige Befriedigung zu verschaffen,
versuchen dies andere mit immer mehr Wissensanhäufung“

Beide müssen scheitern, weil der eigentliche Wunsch
dahinter oder besser gesagt, die Sehnsucht eine ganz andere
ist, die durch beides nicht befriedigt werden kann.
Und deshalb wollen sie immer mehr…

Intuitiv möchte man sagen, er hat Recht.

Wenn aber Intention und Intension zielgerichtet
„wären“ (beabsichtigter Konjunktiv).
Könnte Wissen Mittel zum Zweck sein?
Oder gar Geld?

Oder treibe ich hier Schönfärberei?

Habt ihr eine Meinung oder Einstellung?

Würde mich über andere Innenansichten freuen.

Gruß
Sun Tsu

Vielwisserei und dessen Verwendung
Hallo Sun Tsu,

„Genau wie viele versuchen sich mittels immer mehr
Geldanhäufen geistige Befriedigung zu verschaffen,
versuchen dies andere mit immer mehr Wissensanhäufung“

wenn beides um seiner selbst Willen geschieht, mag er recht haben, aber sowohl beim Geld, als auch beim Wissen kommt es darauf an, was damit passiert.
Fördert der Reiche mit seinem Geld Menschen oder Einrichtungen die gutes tun, dann ist das Geld sicher segensreich, genauso wie ein Mensch der viel weiss, andere damit unterstützen kann.

Gandalf

Die zwei Grundziele des menschlichen Begehrens
Hi Sun Tsu.

„Genau wie viele versuchen sich mittels immer mehr
Geldanhäufen geistige Befriedigung zu verschaffen,
versuchen dies andere mit immer mehr Wissensanhäufung“

Ich weiß natürlich nicht, wie präzise dein sinngemäßes Zitat ist. Der Ausdruck „geistige Befriedigung“ ist jedenfalls geistig nicht sehr befriedigend. Was soll das sein? Zufriedenheit? Mit was? Der Welt? Das wäre naiv. Mit sich selbst? Kaum weniger naiv. Selbstzufriedenheit ist der Anfang vom geistigen Ende, d.h. Erstarrung.

Wahrscheinlich wäre (sinngemäß) „geistige Erfüllung“ treffender, um das Problem zu definieren.

Beide müssen scheitern, weil der eigentliche Wunsch dahinter oder besser gesagt, die Sehnsucht eine ganz andere ist, die durch beides nicht befriedigt werden kann.

Der eigentliche Wunsch - das kann aus der Sicht eines Zenmeisters nur bedeuten: Erleuchtung (kurzfristig) und Befreiung aus dem Samsara (langfristig).

Da in diesem Forum Ralf B. und Pendragon die Lufthoheit über den buddhistischen Gefilden haben, will ich das im Detail hier nicht näher erläutern.

Allgemein gilt aber in der asiatischen wie überhaupt in der Mystik: das Ich ist nur Schein. Es KANN keine Erfüllung (oder Befriedigung) finden, weil seine Grundnatur ein MANGEL ist. „Das Ich ist Angst“, schreibt irgendwo Ken Wilber. Und etwas, das aus Angst besteht, kann natürlich nie zum wahren inneren Frieden finden (als Ich, meine ich).

Und deshalb wollen sie immer mehr…
Intuitiv möchte man sagen, er hat Recht.

Klar hat er recht. In der französischen Psychoanalyse hat Lacan das Ich als eine imaginäre Struktur gesehen, die sich nur kraft der Illusion der Selbst-Einheit aufrechterhält. Es ist de facto aber keine Einheit, sondern eine Art Cluster aus Phantasien und Erinnerungen, zusammengeklebt mit dem Leim der Begierde und der Angst.

Diese Negativstruktur kann niemals zur Erfüllung finden, ebenso wie ein Schwarzes Loch niemals aufgefüllt und positiv werden kann.

Summiert man die Einsichten der Mystik und der Psychoanalyse, kommt man zu dem Ergebnis, dass der Mensch grundsätzlich hinter zwei Zielen herjagt:

Erleuchtung - und Sex.

Alles andere ist nur eine Kompromissbildung. Geld, Macht, Kunst, Wissen - alles nur Ersatzobjekte (statt Erleuchtung bzw. Sex). Da Sex wiederum in the long run gleichfalls nur von Mangel zu Mangel, d.h. von einer vergänglichen Befriedigung zur anderen, hastet, gilt auch hier, dass dieser Weg nicht zum „eigentlichen“ Ziel führt. Ganz und gar nicht.

Was bleibt - ist… siehe oben.

Gruß

Horst

Hi Horst,

Ich weiß natürlich nicht, wie präzise dein sinngemäßes Zitat
ist. Der Ausdruck „geistige Befriedigung“ ist jedenfalls
geistig nicht sehr befriedigend. Was soll das sein?

das Zitat ist natürlich sehr unpräzise, es ist mir
nur zu mühsam die entsprechende Stelle zu suchen.
Mit „geistige Befriedigung“ ist hier allerdings
die Befriedigung angedacht, welche sich ähnlich
wie die sexuelle Befriedigung einstellen sollte,
wenn man eben eine gewisse Summe verdient oder sich
eine gewisse Menge an Wissen angeeignet hat.

Wahrscheinlich wäre (sinngemäß) „geistige Erfüllung“
treffender, um das Problem zu definieren.

Ganz klar, wenn du es im Kontext der
„dahinterstehenden“ Intention siehst.
Aber ich wollte Geldverdienen etc., als
Ersatzkompensation, nicht hochstilisieren.

Da in diesem Forum Ralf B. und Pendragon die Lufthoheit über
den buddhistischen Gefilden haben, will ich das im Detail hier
nicht näher erläutern.

Lufthoheit? Auf Grund ihres Wissens oder auf Grund
ihrer geistigen Reife? Das genau scheint mir der
neuralgische Punkt meiner Frage.
Wie kommst du deiner Ansicht? Ich vermute du
beziehst dich auf das hier gepostete?
(Ohne jemand diskreditieren zu wollen, den ich nicht
kenne!)

„Das Ich ist Angst“, schreibt irgendwo Ken Wilber.

Ist nicht gerade Ken Wilber der Prototyp des Vielwissers?
Eine wandelnde Enzyklopädie?
Wenn man die Literurverzeichnisse seiner Bücher aufschlägt,
findet man von A -Z, das who is who des menschlichen
Wissens und der Mystik. Werke deren Bewältigung für sich
allein gestellt schon immens wäre, werden hier, wie
ich finde, ein wenig inflationär abgehandelt. Um
zum Schluss zu gelangen, dass man die wissenschaftliche
Grenze überschreiten muss. Ist nicht genau das so ambivalent?

Und etwas,
das aus Angst besteht, kann natürlich nie zum wahren inneren
Frieden finden (als Ich, meine ich).

Wo die Angst ist, ist die Tür, hab ich mal gelesen.
Vielleicht ist es gerade umgekehrt. Die Angst ist
Wegweiser im Dunkeln?

Alles andere ist nur eine Kompromissbildung. Geld, Macht,
Kunst, Wissen - alles nur Ersatzobjekte (statt Erleuchtung
bzw. Sex). Da Sex wiederum in the long run gleichfalls nur von
Mangel zu Mangel, d.h. von einer vergänglichen Befriedigung
zur anderen, hastet, gilt auch hier, dass dieser Weg nicht zum
„eigentlichen“ Ziel führt. Ganz und gar nicht.

Was bleibt - ist… siehe oben.

Genau das meinte er wohl!

Danke für deinen interessanten Artikel!

Gruß
Sun Tsu

Hallo Gandalf,

Fördert der Reiche mit seinem Geld Menschen oder Einrichtungen
die gutes tun, dann ist das Geld sicher segensreich, genauso
wie ein Mensch der viel weiss, andere damit unterstützen kann.

so sehe ich das auch aber weiss nicht recht, ob das
nicht Schönfärberei ist. Wenn ein Mensch in der Lage
ist sich Wissen oder Geld anzueignen, warum sollte
dann ein anderer dazu nicht in der Lage sein, bzw.
jemand anderen benötigen?
Und Not macht erfinderisch.
Ist es wirklich sinnvoll anderen zu helfen oder wäre
es nicht besser andere lernen zu lassen, sich selbst zu
helfen?

Das eine kann ein Fass ohne Boden sein, das andere hat
klar eigendynamische Tendenzen.

Danke dir für deine Einschätzung.

Gruß
Sun Tsu

Hallo,

Schönfärberei

du hast grundsätzlich Recht, aber du übertreibst.

Not macht erfinderisch.

Stimmt auch, ist aber banal, denn es macht nur solange erfinderisch, wie man etwas findet.

wäre es nicht besser andere lernen zu lassen, sich selbst zu helfen?

Es steht dir frei, das pädagogisch zu versuchen. Manchmal klappt, manchmal nicht.

Gruß

Bona

Fetisch und Angst
Hi Sun Tsu.

Mit „geistige Befriedigung“ ist hier allerdings die Befriedigung angedacht, welche sich ähnlich wie die sexuelle Befriedigung einstellen sollte, wenn man eben eine gewisse Summe verdient oder sich eine gewisse Menge an Wissen angeeignet hat.

Was gerade den Ersatzobjekt-Charakter kennzeichnet, den Wissen oder Geld haben kann - nicht haben muss, wohlgemerkt.

Marx unterschied Tauschwert und Gebrauchswert. Im Preis spiegelt sich der Tauschwert einer Sache. Der Warenfetischismus ist ein Phänomen, das aus der unbewussten Gleichsetzung von Tauschwert (Geld) mit Gebrauchswert resultiert. Nur so konnte Geld zum Fetisch werden: es symbolisiert das Verfügen über die Dinge, vor allem die Sexualobjekte. Da die Gebrauchsdinge aber in the long run unbefriedigend sind, gilt vielen unbewusst das Geld ALS Geld als das eigentliche Ziel. Dann ist es ein Fetisch, aber, wie jeder Fetisch, im Innern nur leer. Irgendwo las ich, dass der sexuelle Fetisch für den „mütterlichen Phallus“ steht - also für das, was gar nicht exisiert. Klingt krass, aber unser Unbewusstes funktioniert auch sehr krass.

Wahrscheinlich wäre (sinngemäß) „geistige Erfüllung“
treffender, um das Problem zu definieren.

Ganz klar, wenn du es im Kontext der
„dahinterstehenden“ Intention siehst.

Mir fiel nachträglich ein, dass ein Buddhist natürlich nie von geistiger Erfüllung reden würde, sondern von geistiger Ruhe oder geistigem Frieden. Welche natürlich weder mit Wissen noch mit Geld erreichbar sind.

Da in diesem Forum Ralf B. und Pendragon die Lufthoheit über den buddhistischen Gefilden haben, will ich das im Detail hier nicht näher erläutern.

Lufthoheit? Auf Grund ihres Wissens oder auf Grund ihrer geistigen Reife? Das genau scheint mir der neuralgische Punkt meiner Frage.

Sagen wir mal: aufgrund ihres Wissens. Ich will damit aber niemanden beleidigen :smile:

„Das Ich ist Angst“, schreibt irgendwo Ken Wilber.

Ist nicht gerade Ken Wilber der Prototyp des Vielwissers? Eine wandelnde Enzyklopädie?

Natürlich ist er das, und mich freut, dass er dir kein ganz Unbekannter ist. Die Frage ist aber, was jemand mit seinem Wissen anfängt. Das hat ja auch Gandalf betont. Wilber verwendet sein Wissen, um anderen lebenswichtige Dinge zu lehren.

Wenn man die Literurverzeichnisse seiner Bücher aufschlägt, findet man von A -Z, das who is who des menschlichen Wissens und der Mystik. Werke deren Bewältigung für sich allein gestellt schon immens wäre, werden hier, wie ich finde, ein wenig inflationär abgehandelt.

Es geht bei ihm ums Ganze. Er ist ein Genie darin, Teile zu einem plausiblen Ganzen zusammenzusetzen. Dass das auf Kosten von manchen Details geht, ist klar. Aber das berührt nicht den Wert seines Projekts.

Wo die Angst ist, ist die Tür, hab ich mal gelesen.
Vielleicht ist es gerade umgekehrt. Die Angst ist
Wegweiser im Dunkeln?

Die bewusste Angst, das schon. Aber das Ich ist im Sinne von Wilber unbewusste Angst. Angst vor Tod und Auflösung. Angst, die uns schon im Mutterleib, dann bei der Geburt und dann im weiteren Wachstum prägt.

Gruß Horst

Moin,

„Genau wie viele versuchen sich mittels immer mehr
Geldanhäufen geistige Befriedigung zu verschaffen,
versuchen dies andere mit immer mehr Wissensanhäufung“

Beide müssen scheitern, weil der eigentliche Wunsch
dahinter oder besser gesagt, die Sehnsucht eine ganz andere
ist, die durch beides nicht befriedigt werden kann.
Und deshalb wollen sie immer mehr…

Intuitiv möchte man sagen, er hat Recht.

Wenn aber Intention und Intension zielgerichtet
„wären“ (beabsichtigter Konjunktiv).
Könnte Wissen Mittel zum Zweck sein?
Oder gar Geld?

Beides trifft zu.
Das Anhäufen von Wissen und Geld kann durchaus Befriedigung verschaffen, jedoch nur temporär.

Es kann zum Beispiel toll sein, endlich verstanden zu haben, wie ein Automotor funktioniert. Aber diese Befriedigung währt nur kurz, weil man kurz darauf feststellt, wieviel es in diesem Bereich noch zu lernen und zu wissen gäbe.

Gleichmaßen macht auch das Anhäufen von Geld nicht dauerhaft glücklich. Vielleicht erlangt man für kurze Zeit Befriedigung, weil man ein bestimmtes Sparziel,zum Beispiel Vorsorge fürs Alter, erreicht hat. Aber kurz drauf kommt vielleicht die Sorge, ob es denn wohl reicht, oder neue Bedürfnisse werden geweckt, für die das Geld wohl nicht reichen würde etc.

Knackpunkt ist hier also, dass Befriedigung (also als Mittel für einen bestimmten Zweck) durchaus erreicht wird, aber diese Befriedigung eben nur vorübergehend ist. Das ist aber im Allgemeinen nicht das, was durch Anhäufen von Wissen oder Geld angestrebt wird.

Auch lassen sich grundsätzliche Probleme des menschlichen Lebens wie Altern, Krankheit, Vergänglichkeit oder Tod, die alle Menschen beschäftigen, nicht durch Anhäufen von Wissen oder Geld lösen.

Gruß
Marion

Moin,

Da in diesem Forum Ralf B. und Pendragon die Lufthoheit über
den buddhistischen Gefilden haben, will ich das im Detail hier
nicht näher erläutern.

Allgemein gilt aber in der asiatischen wie überhaupt in der
Mystik: das Ich ist nur Schein. Es KANN keine Erfüllung (oder
Befriedigung) finden, weil seine Grundnatur ein MANGEL ist.

Wenn man sich bei dir auf eins verlassen kann, dann darauf, das alles, was du zum Buddhismus schreibst, grundsätzlich falsch ist :smile:

Der Buddhismus ist nämlich gerade die Lehre aus dem Leid heraus hin zum dauerhaften Glück. Laut Buddhismus ist die „Grundnatur“ auch nicht irgendein „Mangel“ sondern das klare Licht des Erkennens, das zu dauerhaftem Glück führen kann, wenn man es denn freizulegen weiß. Allerdings taugt laut Buddhismus dazu weder das Anhäufen von Geld, noch das Anhäufen von Wissen.

Gruß
Marion

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Hallo,

du hast grundsätzlich Recht, aber du übertreibst.

*gg* Wer übertreibt, hat mehr vom Leben.

wäre es nicht besser andere lernen zu lassen, sich selbst zu helfen?

Es steht dir frei, das pädagogisch zu versuchen. Manchmal
klappt, manchmal nicht.

Als Lehrender steht mir mein Narzissmus
im Wege und als Lernender das Gegenteil.

Gruß
Sun Tsu

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Huhu!

Intuitiv möchte man sagen, er hat Recht.

Intuitiv würde ich sagen, der Spruch ist falsch.
Meine Umgebung sagt mir, ich wüßte recht viel.
Es ist nicht so, als würde ich absichtlich Dinge auswendig lernen, oder mich aktiv bemühen, mir mehr Wissen in den Kopf zu schaufeln.

Mein Gedächtniss ist halt ein Sieb, es bleiben Sachen darin hängen, ob ich das nur will oder nicht.

Zugegebenermaßen lese ich Die Zeit und ab und zu mal aus Interesse div. andere Magazine, meist lerne ich aber eher durch Osmose (also unbeabsichtigt) als zielgerichtet.

Ich behaupte also zusammengefasst, das wohl die wenigsten „Vielwisser“ ihr Wissen planmäßig anhäufen, sondern das einfach so passiert, und meistens eher verblüfft sind, das ihre Umgebung sich nicht soviel merken kann.

Ganz im Gegensatz zu Geld, das sich wohl nur in den seltensten Fällen als zufällig und ungezielt ansammelt.

Geht zwar leicht an der Urpsprungsfrage vorbei, ich hoffe aber, damit trotzdem was sinnvolles zur Diskussion beigetragen zu haben.

Viele Grüße!
Ph.

Ich behaupte also zusammengefasst, das wohl die wenigsten
„Vielwisser“ ihr Wissen planmäßig anhäufen, sondern das
einfach so passiert, und meistens eher verblüfft sind, das
ihre Umgebung sich nicht soviel merken kann.

Hallo, Philipp,
genau dies. So geht es mir jedenfalls. Auch mir bleibt merk(!)würdigerweise vieles im Gedächtnis hängen, auch ohne dass ich mich damit intensiv beschäftige. Da ist sicher viel „Wissensmüll“ dabei, aber auch ich selbst bin oft erstaunt, was alles da hängengeblieben ist, ohne dass ich den Finger darauf legen könnte, woher ich etwas „weiß“.

Wichtig aber erscheint mir in der Tat, dass man solches Wissen nicht wie Scrooge sein Geld für sich behält, sondern es anwendet und weitergibt.

Gruß nach OS
Eckard

Hi,

Geht zwar leicht an der Urpsprungsfrage vorbei, ich hoffe
aber, damit trotzdem was sinnvolles zur Diskussion beigetragen
zu haben.

und ob, du hast völlig recht!
Auch diese Frage ist eigentlich en passant entstanden.
Das Thema des Buches, das ich gelesen habe, war ein
ganz anderes. Nur hat mich diese beigefügte Aussage
angesprochen, also selektive Wahrnehmung.

Danke!

Gruß
Sun Tsu

Hi Marion,

Auch lassen sich grundsätzliche Probleme des menschlichen
Lebens wie Altern, Krankheit, Vergänglichkeit oder Tod, die
alle Menschen beschäftigen, nicht durch Anhäufen von Wissen
oder Geld lösen.

der Knackpunkt! Mich hat das Thema beschäftigt, weil
ich persönlich betroffen bin, aber wer ist das nicht? :smile:
Läuft der Neurotiker, also die negative Form des „Geldmachens“
oder „Dauerstudiums“ etc. nun genau davor weg oder ist
es eine Ersatzhandlung mangels Alternative?

Danke dir!

Gruß
Sun Tsu

Bitte genauer lesen und interpretieren
Hi Marion.

Allgemein gilt aber in der asiatischen wie überhaupt in der
Mystik: das Ich ist nur Schein. Es KANN keine Erfüllung (oder
Befriedigung) finden, weil seine Grundnatur ein MANGEL ist.

Wenn man sich bei dir auf eins verlassen kann, dann darauf,
das alles, was du zum Buddhismus schreibst, grundsätzlich
falsch ist :smile:

Na, hier liegt wohl eher eine Interpretationsdifferenz vor, junge Dame.

Der Buddhismus ist nämlich gerade die Lehre aus dem Leid
heraus hin zum dauerhaften Glück.

Das im Samsara nicht gefunden werden kann. Jedenfalls nicht wirklich. Das ist doch wohl klar.

Laut Buddhismus ist
die „Grundnatur“ auch nicht irgendein „Mangel“ sondern das
klare Licht des Erkennens, das zu dauerhaftem Glück führen
kann, wenn man es denn freizulegen weiß.

Ich schrieb über die „Grundnatur“ des ICH. Nicht des menschlichen Geistes. Da das Ich (als psychologische Struktur) eine Illusion ist, kann seine „Natur“ nicht ein klares Licht sein, sondern das VERKENNEN dieses Lichts. Du hast mich da einfach nur falsch ausgelegt. Kann aber passieren, da ich nur kursorisch formuliert habe.

Allerdings taugt laut
Buddhismus dazu weder das Anhäufen von Geld, noch das Anhäufen
von Wissen.

Das habe ich ja auch gesagt, also kein Grund, das nochmal zu betonen.

Horst

Die Fragwürdigkeit des Glücksbegriffs
Ich war eben in Eile, daher hier eine Ergänzung.

Der Buddhismus ist nämlich gerade die Lehre aus dem Leid
heraus hin zum dauerhaften Glück.

Also, der Ausdruck „Glück“ - ich finde ihn in diesem Zusammenhang denkbar unglücklich, was nicht deine Schuld ist, da er generell nur sehr oberflächlich verwendet wird.

Ich wiederhole: sehr oberflächlich.

Ich beziehe mich auch auf eine Stelle der Homepage der DBU (Gruß an Ralf):

http://www.dharma.de/dbu/frameset.php?content=http:/…

„Die buddhistische Lehre weist Wege aus Leid und Unvoll­kommenheit zu Harmonie und Glück. Die »Vier Edlen Wahr­heiten« bilden ihren Kern. Die wesentlichen Merkmale und Übungen dieses spirituellen Weges sind ethisches Verhalten, Meditation und tiefe Einsicht.“

Zitat Ende.

Der Weg zu Harmonie und Glück. Klingt gut. Was aber ist GLÜCK? Dazu wiki, unser Glücksbringer:

http://de.wikipedia.org/wiki/Gl%C3%BCck

„Als Erfüllung menschlichen Wünschens und Strebens ist Glück ein sehr vielschichtiger Begriff, der Empfindungen vom momentanen Glücksgefühl bis zu anhaltender Glückseligkeit einschließt, aber auch als ein äußeres Geschehen begegnen kann, z. B. als glücklicher Zufall oder als eine zu Lebensglück verhelfende Schicksalswende.“

Zitat Ende.

Summa summarum ist Glück also die Erfüllung menschlichen Strebens bis hin zur „anhaltenden Glückseligkeit“.

Ein schönes Wort. Echt. Aber nur ein Wort.

Denn anhaltendes oder dauerhaftes Glück - ist das möglich in einer Welt, in der permanent Leid und Unglück herrscht? Ist der Dalai Lama, vermutlich einer der spirituellsten Menschen der Welt, wirklich „glücklich“ in dem Sinne, den dieses rosarot-naive Wort suggeriert?

Mit Sicherheit nicht.

Denn er weiß, wieviel unsägliches Leid ständig in der Welt geschieht, vor allem in Tibet. Keine Stunde, in der dort nicht gefoltert wird. Wie könnte der Dalai Lama, wie jeder bewusst lebende Buddhist bzw. Mensch überhaupt, also „glücklich“ sein?

Denn Glück in diesem ideal-rosarot-harmonistischen Sinne, den sein Gebrauch auch im Buddhismus suggeriert: das ist gleichzusetzen mit Scheuklappe, rosaroter Brille und Egozentrik (also Gleichgültigkeit gegenüber dem Leid anderer).

Sorry, aber ich muss das so deutlich sagen. Hier im Philobrett sollte man ganz besonders auf die Feinheit des Sprachlichen achten.

Also: wenn du schon gegen meine Aussagen argumentierst, dann bitte mit seriöseren Ausdrücken als „Glück“.

Laut Buddhismus ist
die „Grundnatur“ auch nicht irgendein „Mangel“ sondern das
klare Licht des Erkennens, das zu dauerhaftem Glück führen
kann, wenn man es denn freizulegen weiß.

Wie gesagt, ich bezog mich auf die Grundnatur des Ich. Nun ist „Grundnatur“ ein Begriff, der häufig im Buddhismus verwendet wird, und du hast ihn sofort auch so auf meine Verwendung projiziert. Was an meinem Argument aber vorbei ging. Ich argumentierte an dieser Stelle aus der Lacan´schen psychoanalytischen Sicht, wo vom „Mangel“ als Grundlage des Ich oft die Rede ist.

Siehe z.B.:

http://de.wikipedia.org/wiki/Jacques_Lacan

„Das Subjekt ist der Träger eines irreduziblen Mangels. Dieser Mangel beginnt mit der Geburt, die das Kind aus der Vollkommenheit seines embryonalen Daseins herauswirft und verstärkt sich durch seine zweite große Trennung, die Trennung der Symbiose mit der Mutter(brust). Auch von seinem Spiegelbild, dem es sich im Spiegelstadium gegenüber sieht, ist es getrennt und entfremdet. Das Subjekt ist seitdem unvollständig, weshalb es stets danach begehrt, vollständig zu werden und seinen Mangel, seine Lücke im Subjekt durch Objekte aufzufüllen. Ein solches Objekt, genannt Objekt klein a, fungiert als Antrieb und Auslöser der Handlungen des Subjekts und insofern als äußerer „Grund des Begehrens“. Aber der Mangel ist letztlich nicht aufhebbar, das Objekt bleibt unerreichbar und ist ein „immer schon verlorengegangenes“ Objekt, ein unerreichbares „Ding“.“

Zitat Ende.

Ich hoffe, damit einige Missverständnisse geklärt zu haben.

Horst

Notwendigkeit des Differenzierens
Hi Sun Tsu.

Mich hat das Thema beschäftigt, weil
ich persönlich betroffen bin, aber wer ist das nicht? :smile:
Läuft der Neurotiker, also die negative Form des „Geldmachens“
oder „Dauerstudiums“ etc. nun genau davor weg oder ist
es eine Ersatzhandlung mangels Alternative?

  1. Neurotiker, „negative Geldmacher“ und so weiter laufen ja per definitionem vor etwas weg, du gibt hier in der Frage schon die Antwort. Das Weglaufen besteht zudem gerade in Ersatzhandlungen.

Man muss aber bei all dem differenzieren. Jemand kann etwas aus neurotischen Gründen machen bzw. als Ersatzhandlung und TROTZDEM damit etwas für die Welt Gutes tun. Der Mensch ist nicht nur eindimensional, man kann ihn nie nur auf ein Motiv reduzieren.

  1. In gewisser Weise müsstest du konkreter deine Situation umreißen, damit auch konkreter Antworten möglich sind, die du scheinbar erwartest.

Horst

Hi Horst,

  1. Neurotiker, „negative Geldmacher“ und so weiter laufen ja
    per definitionem vor etwas weg, du gibt hier in der Frage
    schon die Antwort. Das Weglaufen besteht zudem gerade in
    Ersatzhandlungen.

da bin ich mir nun nicht ganz sicher!?
Sie werden getrieben und suchen ein Ventil…?

Man muss aber bei all dem differenzieren.

Absolut!

  1. In gewisser Weise müsstest du konkreter deine Situation
    umreißen, damit auch konkreter Antworten möglich sind, die du
    scheinbar erwartest.

Oh, die Antworten, die ich hier erhalten habe, haben
meine Erwartungen übertroffen!

Meine konkrete Situation?

Eine gescheiterte Beziehung, weil meine ohnehin schon
überqualifizierte Partnerin eine Weiterbildung nach
der anderen gemacht hat und auch kein anderes Thema
mehr hatte. Nicht mehr abschalten konnte, keine
Zeit für Privatleben mehr hatte, kein Urlaub,
kein Hobby…
Ein ehemals sehr erfolgreicher Geschäftspartner,
der sich erschossen hat, weil er sich verspekuliert
hat.

Und dann liest man so eine Aussage!
Aber ich will euch nicht mit meinen privaten Dingen
nerven!

Es war schon gut, „normale“ Ansichten zu lesen!

Viele Grüße
Sun Tsu

Moin,

ich verwende den Begriff „Glück“ im buddhistischen Zusammenhang. Jeder, der sich ein wenig mit Buddhismus beschäftigt hat weiß, was hiermit gemeint ist.

Deine persönlichen Vorstellungen von Glück sind hierbei ziemlich irrelevant.

Gruß
Marion

Moin Sun Tsu

der Knackpunkt! Mich hat das Thema beschäftigt, weil
ich persönlich betroffen bin, aber wer ist das nicht? :smile:
Läuft der Neurotiker, also die negative Form des „Geldmachens“
oder „Dauerstudiums“ etc. nun genau davor weg oder ist
es eine Ersatzhandlung mangels Alternative?

In diesem Sinne wertet der Zen-Meister (oder der Buddhismus) nicht. Letztendlich ist alles eine Frage der Wahl der richtigen Mittel, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.

So kann zum Beispiel Karussell fahren sehr spaßig sein. Wenn du aber von Berlin nach Hamburg kommen willst, ist ein Karussell nicht das richtige Fahrzeugt für den Zweck. So kann auch das Anhäufen von Wissen oder materiellen Gütern durchaus eine lebensfüllende und spaßige Beschäftigung sein. Man erlang dadurch nur keine dauerhafte Befriedigung.

Die Wertung, die aus dem Zitat spricht, ist wesentlich subtiler. Häufig ist es nämlich so, dass Leute, die Wissen ansammeln, sich vermeintlich denjenigen überlegen fühlen, die lediglich den schnöden Mammon mehren. Der Zen-Meister stellt dies aber beides als gleichsam unbefriedigend dar und gibt damit gleichermaßen einen Hinweis auf den Weg, der zu dauerhafter Befriedigung oder Glück führt.

Nach buddhistischer Anschauung ist dies nämlich die buddhistische Praxis. Mit Bücherwälzen kann man zwar ordentlich Gehirnakrobatik betreiben, aber der Weg des Buddhismus ist das nicht. Nur weil du dir tausend Mal einen Weg auf der Landkarte angeschaut hast, bist du dem Ziel tatsächlich noch kein Stück näher gekommen. Du musst den Weg schon gehen. Hier zählt die Praxis für den Erfolg.

Was nun den einzelnen persönlich angeht, so würde ich nicht unbedingt die Frage stellen, wovor jemand vielleicht wegläuft. Vor Krankheit, Alter und Tod kann man nicht weglaufen. Es erwischt jeden früher oder später. Die Frag ist nur: Wie gut ist derjenige dann darauf vorbereitet?

Beschäftige dich doch statt dessen mehr mit der Frage, wo du eigentlich hin willst? Was möchtest du erreichen? Zeit deines Lebens Karussell fahren, oder irgendwo hin kommen? Erst wenn du weist, wohin du willst, kannst du dich nach dem geeigneten Fahrzeug umsehen und da sind heutzutage die Alternativen ja reichlich.

Viel fataler finde ich persönlich die Einstellung, dass es ja gar nichts zu erreichen gäbe, dass da ja gar nichts ist. Dass all die Orte nur auf der Landkarte existieren, aber nicht wirklich erreichbar wären, gepaart mit der Faulheit oder Angst, einen Schritt vor die Tür zu machen, und selbst nachzusehen. So nistet man sich im Zustand ständiger Unzufriedenheit ein und vergibt meiner Meinung nach eine großartige Chance.

Herzlichen Gruß
Marion