Hi Raoul,
Oh, Du bist also Ursachenforscher?
*g* Nein, das erscheint mir aber logisch. Das erklärt, warum es die Probleme in Berlin mit Türken gibt, in den USA mit Lateinamerikanern und Schwarzen.
Meinst Du nicht, dass es
sehr verkürzt, wenn nicht sogar falsch ist, Gewalt und
Kriminalität auf den finanziellen Background zu schieben?
Nein, finde ich gar nicht. Ich habe ein geregeltes Einkommen und eine relative Sicherheit. Durch Kriminalität würde ich das gefährden, das wäre also dumm. Ohne geregeltes Einkommen und ohne Sicherheit, könnet ich durch Kriminaltät nichts verlieren, nur gewinnen. Ich finde das logisch.
Nach
der Schießerei in der Weimarer Schule war lag die Schuld bei
Actionfilmen und Computerspielen, in den Augen mancher liegt
es heute an Gewaltvideos auf Handys, du siehst die Ursache in
der Arbeitslosigkeit. Wer hat nun recht? Du allein?
Bestimmt nicht. Es wird nicht eine Erklärung geben, die in jedem Einzelfall richtig ist.
Es ist
doch nicht die Beschäftigung das Problem, schließlich können
wir auch nicht bei Vollbeschäftigung jedem einen gut-dotierten
Managerjob geben, so dass es auch bei Vollbeschäftigung
„Underdogs“ geben wird.
Da kommt es dann darauf an, wie deren Einkommen ist. Wer nichts zu verlieren hat, ist leichter zu ‚Experimenten‘ bereit.
Damit wären wir beim Kernproblem:
Bildung. Ein „gebildeter“ Mensch, der Hartz IV empfängt ist
sicherlich weniger gewaltbereit als ein „ungebildeter“ (womit
ich nicht meine Goethe rezitieren zu können, sondern eine gute
Schulausbildung genossen zu haben).
Da sind wir uns einig,
In meinen Augen liegt die Hauptursache für die
Jugendkriminalität in der mangelnden Begeistrungsfähigkeit der
Schulen und unserem maroden Schulsystem für untere Schichten
vor allem in den Großstädten. Damit sind wir aber, zumindest
zum Teil, wieder bei der Herkunftsfrage.
Nur indirekt.
In den 60er Jahren kamen die Gastarbeiter aus Gegenden in
denen es eine hohe Analphabetisierungsrate gab (Anatolien,
Süditalien, etc.). Viele dieser ehem. Gastarbeiter können
heute noch nicht lesen und schreiben. Damit können sie aber
auch ihren Kindern kein Vorbild sein, was Schulbildung
bewirken kann.
Ja. Die mangelnde Bildung der Eltern ist ein Faktor. Die Ausländerfeindlichkeit ein anderer. Bei gleicher Bildung hat ein Deitscher bessere Berufsaussichten als ein Ausländer. Wenn die Arbeitslosigkeit ohnehin hoch ist, führt das für Ausländer zu kaum überwindlichen Schwellen. Da macht sich dann schon mal Resignation breit und sorgt durch mangelnde Lernbereitschaft zu schlechter Bildung. Die schlechte Bildung ist also teilweise auch eine Folge von Ausländerfeindlichkeit.
Sicherlich gibt es dieses Problem auch bei
Deutschen, unbestritten, nur: Die deutschen Kinder und
Jugendlichen müssen nicht erst noch die deutsche Sprache
lernen, so dass sie zumindest „verstehen“ was in der Schule
behandelt wird. In Vierteln wie Kreuzberg oder Neukölln wo man
überhaupt kein deutsch können muss, und somit die Kinder auch
erst in der Schule deutsch lernen, ist es fast ein Ding der
Unmöglichkeit den Kindern eine gute Schulbildung angedeihen zu
lassen.
Und warum ist das so? Weil in Kreuzberg und Neuköln in den entsprechenden Gegenden die Mietien niedriger sind? So wohnen die Ausländer alle in einer Gegend und Deutsch wird da wenig gesprochen, es gibt ja im Alltag kaum einen Grund dafür.
Ja. Und die Nationalität ist immer noch nicht das Problem,
sondern die Arbeitslosigkeit. Hätten wir Vollbeschäftigung,
gäbe es diese Probleme nicht. Es sind nicht ‚die Türken‘, die
Probleme bereiten, sondern ‚die Kinder von
Sozialhilfeempfängern‘.
Wie erklärst Du Dir dann den prozentual hohen Anteil an
Ausländern in der Kriminalitätsstatistik, wenn es doch nach
Deiner Ansicht keinen Unterschied macht ob deutsch oder nicht
deutsch?
Durch den prozentual hohen Anteil an Arbeitslosen und Geringverdienern. Würde die Statistik nur Sozialhilfeempfänger betrachten, sähe sie womöglich anders aus. Allein die Tatsache, daß Ausländer benachteiligt werden, kann das schon bewirken.
Deutsche wie Türken. Wen man das aber
auf Türken reduziert, kann man bequem von den wahren problemem
ablenken und hat einen Sündenbock. Dann müssen die Politiker
die Schuld nicht bei sich suchen, der Schuldige ist ja
gefunden.
Irrtum!!! Natürlich hat Gewalt Ursachen. Aber nicht nur
solche, die politische behebbar sind. Missverstandene Religion
gehört da genauso dazu, wie traditionelle Erhbegriffe und
kulturelle Familienbindungen.
Nehmen wir als beispiel Albanien, ein Land in dem die
Blutrache heute noch immer allgegenwärtig ist. Meinst Du
wirklich, die politik ist in der Lage diese Ehr- und
Familienbegriffe den Menschen von jetzt auf gleich
„abzugewöhnen“?
Nein. Das kommt noch dazu. Mit viel ‚Freizeit‘ und schlechten Lebensbedingungen gewinnt das aber noch an Bedeutung.
Nein. Die Zahlen stimmen doch. Nur ist ‚Ausländer‘ nicht das
Kriterium, das zu Straftaten führt, sondern die
Lebensumstände.
richtig. Aber nicht nur die finanziellen!
Nein, bei der Lösung des Problems spielt die Herkunft keine
Rolle, die Lösung hieße nämlich ‚Vollbeschäftigung‘.
s.o.
Ich begreife eins nicht: Jahrzehntelang wurde „Multi-Kulti“
propagiert.
Das war wohl auch ein wenig Blauäugig.
Wurden die guten Seiten einer jeden Kultur
vorgebracht, die „unsere“ kultur bereichern können. Ist ja
auch eine gute Idee, deren Nutznieser ich auch bin. Erst
gestern saß ich mit einem Bosnischen Freund beim Italiener und
habe französischen Wein getrunken. Dönerbunden, Salsaclubs,
Pizzabuden undundund tolle Sachen, die Ausländer aus ihrer
Heimat mitgebracht haben und die unser Leben bereichern. Aber
genauso wie es in unserer Kultur misstände gibt gibt es die
auch in anderen Kulturen und diese werden ja zwangsläufig auch
mitgebracht. Das die positiven Seiten überwiegen ist denke ich
klar, aber trotzdem ist es falsch den Deckmantel über negative
kulturelle Einflüsse zu legen. Ich habe noch von keinem
Ehrenmord an der jüngeren Schwester gehört, der von einem
Deutschen begangen wurde. Genauso wenig wie ich von einem
Asylbewerberheim gehört habe, dass von einem Ausländer
angezündet wurde.
Also: Andere Gruppe - andere Taten. Und warum? Andere
kulturelle Einflüsse…
Ja, einverstanden.
Gruß, Rainer