Vorschlag neues Gesundheitssystem

Vorab: Ich hab nicht davon gesprochen, die PKV abzuschaffen! (ich bin auch nicht Linksmafia :wink:)

Insofern kann man hier auch einiges Abkürzen. Diese 10 % sind Sahnehäubcheneinkommen, von dem ein sehr eingeschränkter Kreis Leistungserbringer „im System“ profitiert. Wenn die PKV (und damit ihre Mitglieder) das bezahlen will, soll sie das tun. Aber nochmal - eine „Stütze“ sind diese 3 % nicht, das System wäre nicht weniger effizient, wenn es diese Sahnehaube nicht geben würde.

Aber ganz ehrlich: Wenn ich mir da manch eine Arztpraxis
angucke, wo die liegt und wie sie ausgestattet ist - dann hat
das nichts mit Effizienz zu tun und gehört eigentlich auf den
Prüfstand, angesichts der demographischen Probleme, die auf
uns zu kommen.

Da ich nicht beurteilen kann, welche Arztpraxen Du Dir
ansiehst und wie es dort aussieht, kann ich dazu nichts sagen.

Große Praxen mit einem überproportional großen Anteil an Privatpatienten. Das liegt in der Natur meines Jobs.

Ich jedenfalls habe ein Problem angesichts dieser (und noch
anderer) Zustände, wenn Töne kommen, dass es ineffizient wäre,
älteren Menschen bestimmte Leistungen zukommen zu lassen

Ich hoffe, Du meinst nicht mich.

Nein. Hab ich auch nicht gesagt :wink: (Aber da gibt es den ein oder anderen Jungliberalen und Junge Unionler, die sich dahin gehend geäußert haben…)

Ich bezog mich darauf, daß die privaten Krankenkassen aufgrund
der wirtschaftlichen Denkweise effizienter arbeiten als die
gesetzlichen Kassen. Dem wolltest Du mir die wikipedia-Tabelle
mit den Kosten pro Patient (oder so) entgegenhalten, woraufhin
ich bemerkte, daß diese Tabelle, die sich auf das gesamte
Gesundheitssystem bezieht, keine Aussagekraft hinsichtlich der
Effizienz eines Segmentes dieses Systems hat.

Es wird schwierig, hier Vergleiche anzustellen, weil man genau gucken muss, was man vergleicht und warum.

Wenn es nur darum geht, zu gucken, ob im derzeitigen System PKV oder GKV effizienter ist (also unter der Voraussetzung, dass beide parallel existieren), dann stößt man schnell an die Grenzen, weil die PKV weniger Risiken zu tragen hat.

Geht es darum, eine Säule (GKV oder PKV) zu Gunsten einer anderen abzuschaffen, - dafür kann man sich eben ein Stück des internationalen Vergleichs bedienen… Und da spricht eben einiges dafür, dass eine vollständige Abschaffung der PKV ungünstig zu sein scheint - ebenso wie ein rein staatliches System.

Ich denke, wir sind da durchaus einer Meinung. Ohne
Regulierung kann ein Gesundheitssystem nicht funktionieren und
wenn man die Kassenärztlichen Vereinigungen erst einmal
entmachtet hat und jeder Patient eine Kopie seiner Rechnung
bekommt, sind wir mit Sicherheit ein gutes Stück weiter.

Schieb da irgendwie noch die Apotheken rein bitte … :smiley:

Ich habe Dir ja auch gar nicht widersprochen, sondern wollte
unserem Doktore etwas entgegengehalten.

Hach… ich geb ein Glas Rotwein aus… der soll auch gut fürs Herz sein. Das wäre dann gar nicht OT :wink:

LG Petra

Witzigerweise ist das hier vorgeschlagene Modell nicht in der Lage, auch nur einen einzigen davon zu verbessern, sondern - größtenteils belegbar - dazu geeignet, in praktisch allen genannten Bereich zu verschlechtern.

Du kritisierst bei anderen pure Behauptungen, und machst hier selber eine. Daß Wettbewerb im Gesundheitssystem praktisch in allen Bereichen zu verschlechterungen führt, widerspricht so ziemlich aller Erfahrung.
Könntest du das mal erklären? Und bitte nicht wieder damit, daß vor Schmerzen gequälte alte Menschen nicht mündig genug sein sollen.

Nachwuchs ist egal, denn nur Einzahler werden gebraucht.

Daß Wettbewerb im Gesundheitssystem praktisch in
allen Bereichen zu verschlechterungen führt, widerspricht so
ziemlich aller Erfahrung.

Welcher Erfahrung?

Ich habe auch nicht gesagt, dass ich keinen Wettbewerb will. Ich habe gesagt, dass in bestimmten Bereichen Wettbewerb (gesundheits-)schädlich ist.

Also nochmal der Reihe nach:

Die beiden Paragraphen des Modells relativieren sich mit den Erklärungen, die hinterher geschoben wurden, deutlich. Faktisch ist der Unterschied zum jetzigen System ja nicht mehr groß. Zu klären wäre die ein oder andere lästige Detailfrage, diese schließt MrSpock aber kategorisch aus - also nehme ich die mal so hin.

Die individuelle Verhandlung von 150.000 Ärzten mit 200 (das sind nur die gesetzlichen!) Krankenkassen kann kaum einer für effizient halten. (Damit überhaupt von „Verhandlung“ die Rede sein dürfte, müsste es mindestens je zwei Briefe geben. Je 30 Minuten (gut gerechnet) - macht bei nur 100 Krankenkassen 50 Stunden, die der Arzt mal so verbrät für „Verhandlung“. Für die Krankenkassen wären das 18.750 Tage Verhandlung! Für jede der 200!

Zu dem Medikamenten hab ich schon geschrieben: Es gibt bereits den Wettbewerb über Generika. Dennoch verschreiben die Ärzte nicht die billigsten Medikamente. Die Krankenkassen, die die Motivation hätten, billiger zu sein, verschreiben nicht.

Und was die freie Arztwahl angeht: Egal, wie alt man ist. Wenn man richtig krank (und teuer) ist, dann wechselt man nicht mal eben so. Ab gesehen davon kann ein Patient es eben nicht so ohne weiteres beurteilen, was einem da erzählt wird. Schon bei den IGEL-Leistungen ziehen doch viele Ärzte eine halbe Psychowäsche ab. „Wenn ihnen das ihre Gesundheit nicht wert ist, dass sie diese oder jene Untersuchung für 100 Euro noch machen…“ Da knicken doch viele ein. Auch achso „mündige“ Bürger.

Womit wir uns dann mal die Situation von MrSpock ausmalen:

Arzt verschreibt Medikament x dem Patienten. Der geht in die Apotheke. Die sagt: Nö. Ihre Kasse bezahlt das nicht. Da müssen sie y nehmen. Tut er das, dann riskiert er beim nächsten Mal Diskussionen mit seinem Arzt - oder er zahlt drauf

Das wichtigste im Gesundheitswesen lässt sich nicht wegdiskutieren: Die eigene Gesundheit (oder die der Angehörigen) ist kein Auto oder eine Waschmaschine…

LG Petra

Hallo,

dies würde zu einer extremen Verkleinerung! der Gruppe der
Beitragszahler führen, da viele keine oder nur sehr geringe
Steuern zahlen. Es gäbe eine massive Umverteilung von oben
nach unten.

das ist richtig, das war auch meine Absicht.
Du möchtest dagegen eine Umverteilung von unten nach oben, damit bin ich nun wieder nicht einverstanden.

So ist das wenn man umverteilt. Wer mehr zahlen soll, beklagt sich, wer davon profitiert, den freut es. Deshalb habe ich meinen Vorschlag so gestaltet, daß ich weder profitieren noch mehr zahlen würde. 80% von dem was an Steuern anfällt an die GKV ist etwa der Betrag, den ich zahle.

Gruß Rainer

Hallo,
erst soll jeder das selbe bezahlen, dann doch wieder nach Einkommen (das hatten wir übrigens bis vor kurzem schon so - PKV mal weggelassen), ich blicke da nicht mehr durch, worum es nun genau geht, was diesen Punkt angeht.

Cu Rene

Witzigerweise ist das hier vorgeschlagene Modell nicht in der Lage, auch nur einen einzigen davon zu verbessern, sondern - größtenteils belegbar - dazu geeignet, in praktisch allen genannten Bereich zu verschlechtern.

Auf meine Frage, wie du eigentlich darauf kommst, schreibst du zunächst, daß du dir das mit den Verhandlungen ArztKasse mangels Phantasie nicht vorstellen kannst. Ich bin mir sicher, daß ginge weit unproblematischer als du denkst. Aber in jedem Fall ist das ein rein technischer Einwand.

Und dann kommst du wieder mit kranken Menschen, denen deiner Meinung nach völlig unmündig nichts zuzutrauen ist.
Die Menschen sind nicht solche Trottel wie du meinst. Sie benehmen sich gerade nur wie Trottel, weil das vorhandene kaputte System nichts anderes von ihnen verlangt.

Und es ist nicht der Arzt, der das Medikament verschreibt, vielmehr verschreibt der Arzt im Gespräch mit seinem Patienten. Und dieser wird darauf achten, das er ein Medikament verschrieben bekommt, das er nicht selber zahlen braucht. Sei dir da sicher und komme jetzt bitte nicht wieder mit vor Schmerzen schreienden gepeinigten.

Folgende Vorteile fallen mir spontan ein:

  1. Ende der 2-Klassen-Medizin
  2. Durch harte Verhandlungen zwischen Kassen und Pharmazeutik stark fallende Medikamenten-Preise. Betrugsmedikamente fallen raus.
  3. Dinge wie „Abrechnungen der Ärzte sehen“ werden von ganz alleine kommen, da die Kassen sehr daran interessiert sind, sich nicht betrügen zu lassen
  4. Da Ärzte in dünn besiedelten Gebieten mangels Konkurrenz höhere Tarife durchsetzen könnten, würden sich dort wieder mehr niederlassen.
  5. Durch den Wettbewerb unter den Kassen werden diese Verschwendung einstellen und Verwaltung wie Manager-Gehälter auf ein minimum reduzieren.

Generell wäre die Selbstbedienungsmentalität des jetzigen Systems vom Tisch. Dadurch würden die Beitragssätze stark fallen, bei durch die Konkurrenz verursachten besten Leistungen.

Auf meine Frage, wie du eigentlich darauf kommst, schreibst du
zunächst, daß du dir das mit den Verhandlungen ArztKasse
mangels Phantasie nicht vorstellen kannst.

Ich habe nicht phantasiert, ich habe vorgerechnet. Mit einem lächerlichen Aufwand von 1 Stunde pro Verhandlung. Glaub mir, dass solche Verhandlungen eigentlich viel länger dauern. (Ich war bei solchen Verhandlungen schon dabei - im Gegensatz zu dir, nehme ich an)

Ich bin mir sicher,
daß ginge weit unproblematischer als du denkst.

Reines Wunschdenken - es sei denn, du sagst mal ganz konkret, wie du dir das vorstellst.

Aber in jedem
Fall ist das ein rein technischer Einwand.

Das ist kein technischer Einwand, sondern ein ganz entscheidender Faktor, wenn es an die Umsetzung geht!

Und dann kommst du wieder mit kranken Menschen, denen deiner
Meinung nach völlig unmündig nichts zuzutrauen ist.

Von Unmündigkeit habe ich nirgendwo geredet. Das ist wieder deine Phantasie Ich habe gesagt, dass die Chronisch Kranken und älteren Patienten es nicht tun. Und das ist keine Phantasie - sondern entspricht den Erfahrungswerten der Vergangenheit.

Im übrigen habe ich mit diesen „Trotteln“ (in Form von Selbsthilfegruppen) schon am Tisch gesessen, um mit ihnen vernünftige Versorgungsmodelle zu entwickeln… Die würden sich begeistert Hurra schreien, wenn jemand so über sie spricht…:

Sei dir da sicher und komme jetzt bitte nicht wieder
mit vor Schmerzen schreienden gepeinigten.

In Bezug auf die Freiheit des Marktes: Nehmen wir nochmal das Thema freie Arztwahl. Der Patient will den besten (nicht den preiswertesten - schon der erste Widerspruch) Er soll wechseln, wenn es nicht läuft. Dumm: Dafür muss er ausprobieren - das kostet Geld. Jeder Arzt, zu dem der Patient neu geht, macht eigene Untersuchungen, die von der Gemeinschaft fröhlich bezahlt werden. Als vor einigen Jahren der Arztwechsel erleichtert wurde, sind diese Kosten explosionsartig nach oben gegangen. Es gibt Patienten, die wollen nicht hören, was der Arzt ihnen sagt. Die wechseln immer weiter… Was nun? War wohl nix mit der billigen Arztwahl. Dieses Problem lässt sich auch nicht mit zwei Paragraphen in den Griff kriegen.

Auf der anderen Seite stehen die Patienten, die so eng an ihrem Arzt hängen, dass ihnen die nötige Distanz fehlt, kritisch zu entscheiden. Es geht wie gesagt um die eigen Gesundheit. Das sind oft, aber nicht nur ältere Patienten. Auch die handeln nicht so, wie sie eigentlich sollten, damit das System effizienter wird.

Ich sage nochmal: Es besteht dringend Verbesserungsbedarf. Aber es ist eben alles nicht so trivial. Und dabei betreibe ich wahrlich keine Lobbyförderei…

LG Petra

.

Du möchtest dagegen eine Umverteilung von unten nach oben,
damit bin ich nun wieder nicht einverstanden.

Hallo,

verstehe ich nicht. Schon der Wegfall der JAEG ist alles andere als das.

Gruß
tycoon

Hallo Vulkanier,

Zunächst wird das bisherige System komplett gestrichen.

also ein völliger Neubeginn?

Die gesetzlichen Kassen werden privatisiert, die Kassenärztlichen
Vereinigungen aufgelöst.

Das ist kein ‚komplettes Streichen‘, du behältst die derzeitige Kassenstruktur bei, veränderst ledglich die Besitzverhältnisse.

Auf ärztlicher Seite hast du dann - zunächst - einen atomistischen Markt. Die werden sich wieder zusammenschließen (schon aus reinen Marktmachtgründen). Verhinderst du das? (-> Antwort für eine tiefer gehende Analyse wichtig)

In Zukunft versichert sich jeder völlig
selbständig bei der Kasse seiner Wahl …

Der Informationsasymmetrie auf deinem Markt (zwischen Kassen und Versicherten) bist du dir bewusst? Du weisst, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer die Leistungen der Kassen eigentlich nicht bewerten kann? Und du weisst auch, dass erhebliche externe Kosten auf Seiten der Versicherungsnehmer entstehen? Ja? Ökonomisch (umfassend) gesehen ist deine Lösung keine billige.

Das neue Gesetz enthält nur noch zwei Paragraphen:
§1 Jeder muß versichert sein. Die Familienversicherung bleibt
bestehen.
§2 Jede Kasse muß jeden jederzeit aufnehmen zum gleichen Satz;
unabhängig seines Geschlechts, seines Alters, seines
Einkommens, seines Familienstandes, etc.

Dein §2 verträgt sich nicht mit der Privatisierung der Kassen. Warum? Wegen der konstituierenden Merkmale (vgl. Erich Gutenberg) von Privatunternehmen: In einer Marktwirtschaft (Privatunternehmen) sind diese [u.a.] autonom. Soll heißen, dass sie selber entscheiden, was sie produzieren und zu welchen Preisen sie (in unserem Fall) ihre Dienstleistung verkaufen. Du willst Marktwirtschaft und führst über die Hintertür (Preisfixierung) Elemente der Zentralverwaltungswirtschaft wieder ein. Was darfs denn sein?

Dies würde dazu führen, daß sowohl Ärzte ihre Honorare als
auch die Pharmazeutik ihre Medikamentenpreise direkt mit den
einzelnen Kassen aushandeln. Dieser Wettbewerb zwischen allen
Beteiligten und auch untereinander würde die gerechtesten und
auch günstigsten Ergebnisse liefern.

(1) Lass das Adjektiv ‚gerecht‘ aus dem Spiel! ‚Gerecht‘ alleine gibts [in der Finanzwissenschaft] nicht. ‚Für wen gerecht‘ musst du dich fragen.
(2) Die Ärzte werden sich - oben erwähnt - zu Interessensgemeinschaften (im Extremfall zu einer einzigen) zusammenschließen.
(3) Cui bono? Den Ärzten - wenn du (2) verhinderst - entstehen nicht unerhebliche externe Kosten. Sie müssen mit [mehreren] Kassen verhandeln. Ähnlich ergeht es - auch oben angeführt - den Versicherungsnehmern. Zudem müssen beide Gruppen ständig den Markt beobachten (es könnte sich ja eine bessere Lösung ergeben). Pharmafirmen und Kassen sind demgegenüber quasi ein Oligopolbereich. Mit deiner Lösung schaffst du eine deutliche Asymmetrie im Markt … und hohe Kosten obendrein.
(4) Der ‚atomistische‘ Markt ist ein theoretisches Konstrukt. In Realität gibts den maximal in Nischenzonen. Real funktioniert Marktwirtschaft nicht so. Nur lassen sich die vertrauten Angebots-/Nachfrage-Grafiken bei komplexer Marktstruktur nicht mehr so einfach an die Tafel malen. Schad, aber ned zu ändern :wink:

Beispiele:

Deine Beispiele lassen sich erst dann analysieren, wenn du die Grundvoraussetzungen klärst. Oben ist Privatisierung dein Programm, unten (§2) torpedierst du deine Privatisierung. Widerspruch bitte auflösen!

Hat nun mein Lieblings-Arzt keinen Vertrag mit meiner Kasse,
so habe ich drei Möglichkeiten:

Entschuldige auch, das ist naiv! So du im Pinzgau (quasi mitten in der Botanik *gg*) zu Hause bist, hast du uU 1 (!) Internisten am Ort (wenn überhaupt). So du in Wien zu Hause bist, gibts in jedem Bezirk Internisten. In Wien geht der Wechsel leichter (auch wegen der U-Bahn), im Pinzgau geht das uU überhaupt nicht. Gegenden mit unterschiedlicher Ärztedichte gibts zu Hauf. Das ist beileibe keineswegs allein ein Bezahlungsproblem. Auch Ärzte haben gewisse Vorstellungen, wo sie ihre Praxis haben wollen. In ärztlichen Entscheidungsfunktionen findet sich mitnichten lediglich das Einkommen.

Bekomme ich ein Medikament verschrieben, das nicht von meiner
Kasse bezahlt wird, habe ich auch hier wieder die drei
Möglichkeiten:

  1. Ich lasse mir ein Medikament mit gleichem Wirkstoff
    verschreiben, das bezahlt wird
  2. Ich wechsle die Kasse hin zu einer, die dieses Medikament
    bezahlt
  3. Ich zahle das Medikament selber

ad (1): Das Medikament mit gleichem Wirkstoff kann andere Folgewirkungen (Kontraindikationen) haben. Bis zur letalen Wirkung ist da alles drinnen. Und das soll der Patient entscheiden? Meinst du nicht, dass du ihn da schlichtweg überforderst?
ad (2): wenn ich denn zu einer Einkommensschicht gehöre, die diesen Wechsel bezahlen kann. Einzelne Medikamente, vor allem die für seltene Krankheiten, sind nachgerade exorbitant teuer.
ad (3): das musst du dir erst leisten können. Ein Großteil der Patienten kann das nicht. Letzteres fällt gerade bei chronischen Erkrankungen verstärkt ins Gewicht. Für durchschnittliche Pensionsbezieher (von Mindestpensionisten red ich noch gar nicht) - Altersstufe mit nicht unerheblichem chronischen Anteil - schlicht und ergreifend unfinanzierbar.

Wo lägen die Nachteile dieses Systems?

Habe ich kurz skizziert.

Wenn du’s schaffst die Widersprüchlichkeit aufzulösen, können wir gern weiterdiskutieren.

Grüße,
Wolkenstein

Hallo,

verstehe ich nicht.

Du schreibst:

  • Einführung einer spürbaren SB, so dass jeder auch auf die Kosten achtet

das ist eine massive Umverteilung.

Eine Umverteilung von oben nach unten haben wir bereits, der Sozialstaat ist nichts anderes. Ich kann daran auch nichts Schlechtes erkennen und die Politiker aller Parteien bekennen sich in ihren Reden auch dazu.

Deine Forderung nach einer höheren Selbstebeteiligung ist eine Forderung nach einer weiteren Abkehr von der sozialen Marktwirtschaft. Mein Vorschlag bedeutet nur eine Erweiterung des bereits Vorhandenen.

Gruß Rainer

Hallöle.

Gesundheit ist ein hohes Gut, mit einem bestimmten Alter das höchste.
Ohne Gesundheit geht es nicht.
Gesundheit ist zudem eine strategische Ressource der Gesellschaft, wie Energie, ohne die die Gesellschaft nicht funktionieren kann.
Gesundheit ist darüber hinaus ein wichtiger Faktor für die Wertschöpfung in der Volkswirtschaft.

Privatisierung als Lösung ist diesbezüglich der größtmögliche Unfug.
Das Gegenteil brächte für viele Bürger die Wende:

  • Das System ist vollständig steuerfinanziert
  • Eine Einheitskasse für alle
  • Strukturelle Reorganisation des Krankenhauswesens und der Ärzteschaft (Stichwort Polikliniken)
  • Die Geldmittel für das System werden ohne Grenzen eingezogen, keine Beitragsbemessungsgrenze, keine Sonderkassen, keine Sonderrechte für irgendjemanden, keine Möglichkeit, sich dem System zu entziehen
  • Den Wohlhabenden und Reichen ist die Möglichkeit gegeben, sich zusätzlich (!) privat versichern zu dürfen, wenn sie die Leistungen der Einheitsversicherung nicht ausnutzen möchten, zu zahlen haben sie trotzdem für die Einheitsversicherung

Letzteres funktionierte am besten, wenn das Steuersystem auf gleiche Weise als Einheitssteuersystem konzipiert wäre und die Sozialversicherungen in ihrer Gesamtheit steuerfinanziert würden. Dann hieße es 25% allgemeine Steuer für jeden, 5% Gesundheitssteuer für das Gesundheitssystem.

Ich arbeitete eine Weile in den USA und konnte erleben, was dort ein Gesundheitssystem anrichtet, wie es Union und besonders FDP im Sinn tragen. Deine zwei Paragraphen verhindern die Schieflage privater Systeme nicht. (Ich frage mich außerdem, wie Du den Widerspruch zwischen Privatisierung und §2 sinnvoll lösen willst.)
Das zukunftsfähige Gesundheitssystem muß strukturell umgebaut werden, und das leistet ein privates System nicht. Ein privates Gesundheitswesen ist ein Umverteilungssystem für die Kundenclientel der privaten Kassen. Gesundheitsinfrastruktur ist allerdings Staatsangelegenheit und Wettbewerb führt zu keinen Verbesserungen, denn die Bürger wollen erfahrungsgemäß nicht ständig den Arzt wechseln, und können das des weiteren nicht beliebig tun, weil dafür die Ärzte vorhanden sein müßten. Wenn ich meine heimatlichen Gefilde besuche, ist das immer wieder ein schwerer Schlag für das Gemüt. Die Ärzte auf dem Land verschwinden, Polikliniken (=Gesundheitszentren mit Fachärzten, Medizintechnikern und Apothekern) existieren ohnehin seit 1990 keine mehr, Krankenhäuser werden von den neoliberalen Hirnstörungen „Wettbewerb“ und „Privatisierung“ kaputtgemacht, und vielerorts im Anschluß geschlossen: Schlechte Ausstattung, knappes Personal, kaum zeitgemäßige Behandlungspotentiale (wenn ich einen Hirnschlag habe, ist die Chance groß, daß ich in ländlichen Gegenden die rettende Lyse zu spät oder überhaupt nicht bekomme, weil ich wegen der Strukturschwächen des Systems entweder liegengelassen oder stundenlang planlos-ziellos durch die Botanik gekarrt werde), kurz: krankhafter, menschenverachtender kapitalistischer Kostendruck hinter allen Ecken. In den Großstädten ist das nicht dermaßen schlimm, aber auf dem Lande, besonders im Osten, ist von der guten DDR-Gesundheitsvorsorge höchstens noch ein Zustand wie in der Dritten Welt übrig. Oder ein weiteres Beispiel, warum Privatisierung lediglich die Vorsorge für viele Bürger schrumpft und verschlechtert: Ist Dir jemals zu Ohren gekommen, daß eine private Krankenkasse oder ein privater Investor ein Krankenhaus gebaut hätte? Und falls ja, geschah dies aus eigener Kraft oder wurde wieder der Staat für Fördermittel angepumpt, weil der „selbstverständlich“ ein „öffentliches Interesse“ und eine „Beteiligungspflicht“ „haben müsse“, um den Bürgern „eine gute Gesundheit“ „zu sichern“?

Was ich in den USA hingegen positiv erlebte, waren die generellen Kosten für den Arztbesuch, eine unbürokratische Praxisgebühr. Meiner Meinung nach nicht zu teuer, aber auch nicht zu billig.
Ich bin ohnehin als unmittelbare Nachkriegsgeneration geprägt und erzogen, nicht bei jedem Scheiß zum Arzt zu rennen und sich jämmerliches, wehleidiges Klagen über Kleinigkeiten zu sparen. Aber die (in meinem Fall) 20$ für den normalen Arztbesuch und die Selbstbeteiligungen bei Medikamenten und bestimmten Behandlungen ließen mich in den Staaten dreimal öfter überlegen, ob ich unbedingt zum Doktor rennen muß, ob ich mir jeden Medikamentenscheißdreck andrehen lasse, oder nicht. Ich unterstelle jedem normal intelligenten Menschen, daß er es spürt, wenn es ihm tatsächlich schlecht geht oder wenn es jammervolle Wohlstandsübertreibung ist (Zitat meiner Frau: „Männer sterben gleich, wenn sie krank sind.“).

Der Sozialstaat könnte für die armen Schichten einen Ausgleich leisten, um zu vermeiden, daß sich die Arbeiterklasse ausgerechnet wegen des Geldes den Arztbesuch spart. (Das soziale Transferwesen fehlt in den USA und ist die fundamentale Schwachstelle dort.)

Ein zweiter wichtiger Ansatz, der in der Debatte vergessen wird, ist die Prophylaxe. Das war zum Beispiel die wahre Stärke des staatlichen DDR-Gesundheitssystems. Die sportliche Gesellschaft, der hohe gesellschaftliche Wert körperlicher Ertüchtigung, die gesundheitliche Vorsorge im Schulsystem (Kinderkrippe, Kindergarten, Oberschule) und in den Betrieben. Das hat dem System Abermilliarden Mark gespart, weil den Kindern zeitig Sport und somit die Grundlage für dauerhafte Gesundheit als integraler Bestandteil des Lebens anerzogen wurde, weil die Kinder gesundheitlich überwacht wurden und im Falle von Krankheiten umgehend die richtige Therapie ansetzte. Das begann mit fachärztlicher Logopädie in der Kinderkrippe und endete mit den jährlichen Pflichtuntersuchungen von Körper und Zähnen in der Oberschule unter Leitung des Ministeriums für Gesundheitswesen. Zur Prophylaxe gehörte auch der sehr gute, pflichtmäßige Impfschutz „gegen alles“, den kein Bürger ablehnen konnte.
Lieber vorsorgen und dem Schulsystem eine weitere Aufgabe, die körperlichen Ertüchtigung, übergeben, statt das Geld bündelweise zu verfeuern, weil sich eine verfettende, faule und pillenbesessene Wohlstandsgesellschaft momentan rückwärtsentwickelt.

Mit Privatisierung und Pseudowettbewerb im Schatten der Pharmaindustrie ist der „Volksgesundheit“ auf keinen Fall geholfen, denn was dieses Gedankengut gegenwärtig an Schaden verursacht, ist prima in den Krankenhäusern und im Facharztwesen zu beobachten.
Wir sind eine solidarische Gesellschaft und Gesundheit ist keine Privatsache.

Viele Grüße

Tun sie das? Das ist ein Argument, das von den Privaten kommt

  • und nur von dort. Die stehen nämlich recht isoliert mit
    ihrer Meinung, Belege für diese These fehlen völlig.

Nun, man muß sich nur mal anschauen, was privat Versicherte
für ihre Behandlungen zahlen

Und wenn man sich dann das Durchschnittseinkommen der gesamten Bevölkerung ansieht, dann wird schnell klar, wo das Problem bei einer vollständigen Privatisierung des Gesundheitssystems liegt.

Man könnte aber auch auf den Gedanken kommen, daß sie aufgrund
ihrer eher wirtschaftlichen Denkweise einen Hauch effizienter
sind.

Das kommt darauf an, woran man die Effizienz misst. Wenn es darum geht, den Gewinn zu maximieren, dann hast Du sicherlich Recht. Das ist aber nicht der Sinn eines Gesundheitssystems.

Tun sie das? Das ist ein Argument, das von den Privaten kommt

  • und nur von dort. Die stehen nämlich recht isoliert mit
    ihrer Meinung, Belege für diese These fehlen völlig.

Nun, man muß sich nur mal anschauen, was privat Versicherte
für ihre Behandlungen zahlen

Und wenn man sich dann das Durchschnittseinkommen der gesamten
Bevölkerung ansieht, dann wird schnell klar, wo das Problem
bei einer vollständigen Privatisierung des Gesundheitssystems
liegt.

Wer redet von einer vollständigen Privatisierung des Gesundheitssystems?

Man könnte aber auch auf den Gedanken kommen, daß sie aufgrund
ihrer eher wirtschaftlichen Denkweise einen Hauch effizienter
sind.

Das kommt darauf an, woran man die Effizienz misst. Wenn es
darum geht, den Gewinn zu maximieren, dann hast Du sicherlich
Recht. Das ist aber nicht der Sinn eines Gesundheitssystems.

Wenn es nur um Gewinnmaximierung ginge, wären die gesunden, gut verdienenden Kunden der PKV die ersten, die sich eine neue Kasse suchen würden. Die Effizienz liegt in den besseren Strukturen, wenn man sich bspw. die Verwaltungskosten ansieht.

Der UP möchte das. Zumindest will er eine Abschaffung der gesetzlichen Krankenkassen. Und die Beiträge sollen auch alleine durch die Versicherten getragen werden.

Und sach jetzt keiner, dass ja einmalig der Ausgleich kommt. Es dürfte realistisch sein, dass die Arbeitgeber künftig nicht sagen werden: Ey, 2 % machen wir mit - und jetzt packen wir nochmal 7 % davon drauf, weil ihr ja die Krankenversicherung habt…

Aber das gehört ja zu diesen vielen blöden Details, zu denen sich der UP nicht äußern wollte…

LG Petra

Deine Forderung nach einer höheren Selbstebeteiligung ist eine
Forderung nach einer weiteren Abkehr von der sozialen
Marktwirtschaft.

Hallo,

kann ich nicht erkennen! Du solltest nicht nur einen Punkt meiner Vorschläge herausnehmen. Wenn die Basis vergrössert wird, die JAEG wegfällt etc. wird dies zwangsläufig zu erheblich niedrigeren Beitragssätzen führen.
Wenn der Beitragssatz um z.B. 2% sinkt, im Gegenzug eine SB von 2% des Bruttolohns eingeführt wird, sollte doch niemand ein Problem damit haben.
Im Übrigen gibt es die SB (2%, chronisch 1%) doch auch jetzt schon, da Zuzahlungen bis dahin begrenzt sind. Ich würde die SB nur von Beginn an kassieren.

Zur Klarstellung:

Brutto 30.000€ max. Eigenbeteiligung 2% = 600€ (wie bisher)

Bisher werden alle Zuzahlungen addiert, bis man 600€ erreicht hat. In Zukunft zahlt man bis 600€ zunächst alles selbst, danach zahlt die Kasse alles!

M.E. würde dies dazu führen, dass der Versicherte eher auf die Kosten achtet, als wenn er pauschal z.B. 5 Euro für ein Medikament zahlt.

Dies ist doch kein Denkfehler?

Gruß
tycoon

Hallo,

Deine Forderung nach einer höheren Selbstebeteiligung ist eine
Forderung nach einer weiteren Abkehr von der sozialen
Marktwirtschaft.

kann ich nicht erkennen! Du solltest nicht nur einen Punkt
meiner Vorschläge herausnehmen.

wenn das ein KO-Kriterium ist, schon. So lang das nicht geklärt ist, habe ich keine Basis für eine Diskussion über den Rest.

Wenn die Basis vergrössert
wird, die JAEG wegfällt etc. wird dies zwangsläufig zu
erheblich niedrigeren Beitragssätzen führen.
Wenn der Beitragssatz um z.B. 2% sinkt, im Gegenzug eine SB
von 2% des Bruttolohns eingeführt wird, sollte doch niemand
ein Problem damit haben.
Im Übrigen gibt es die SB (2%, chronisch 1%) doch auch jetzt
schon, da Zuzahlungen bis dahin begrenzt sind. Ich würde die
SB nur von Beginn an kassieren.

Zur Klarstellung:

Brutto 30.000€ max. Eigenbeteiligung 2% = 600€ (wie bisher)

Bisher werden alle Zuzahlungen addiert, bis man 600€ erreicht
hat. In Zukunft zahlt man bis 600€ zunächst alles selbst,
danach zahlt die Kasse alles!

M.E. würde dies dazu führen, dass der Versicherte eher auf die
Kosten achtet, als wenn er pauschal z.B. 5 Euro für ein
Medikament zahlt.

Dies ist doch kein Denkfehler?

doch. Wenn ich krank bin, gehe ich zum Arzt. Wenn ich nicht krank bin, dann vertrödel ich meine Zeit auch nicht im Wartezimmer.

Eine Heilbehandlung ist kein Luxus, den man sich mal eben so gönnt.

Eine Heilbahandlung darf nicht von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit abhängen.

Deshalb lehen ich jede Art der Selbstbeteiligung ab, auch die, die schon eingeführt wurden.

Gruß Rainer

wenn das ein KO-Kriterium ist, schon. So lang das nicht
geklärt ist, habe ich keine Basis für eine Diskussion über den
Rest.

Schade

Deshalb lehen ich jede Art der Selbstbeteiligung ab, auch die,
die schon eingeführt wurden.

ok

Gruß
tycoon

* Bester Beitrag bisher (o.w.T.)