Vulgäre Sprache durch Demenz?

Hallo,

ich beobachte bei meiner Mutter (75) seit einigen Monaten eine merkwürdige Veränderung ihrer Sprache. Ansonsten bei guter geistiger Gesundheit tauchen in ihrer Sprache immer wieder Ausdrücke auf, die sie - eine gebildete und sehr gläubige Frau - früher niemals in den Mund genommen hätte.

Besonders wenn sie sich über etwas aufregt, ist diese Wortwahl zu bemerken. So schimpfte sie z.B. über einen - an sich geschätzten - Nachbarn, der sein Auto etwas zu nah an ihrem geparkt hatte, dass „der dumme Drecksack seine dämliche Mistkarre“ gefälligst anders abstellen solle. Spricht man sie darauf an, streitet sie es entweder ab oder beschimpft sich selbst als „dumme Kuh, die hoffentlich bald verreckt“. Diese verbalen Entgleisungen finden unabhängig von der Umgebung und derzeit (noch?) sporadisch statt.

Das alles schockiert mich zutiefst, vor allem der scheinbare Selbsthass, der manchmal bei nichtigen Anlassen in ähnlicher Form aus ihr herausbricht.

Meine Mutter, früher Kinderärztin, litt in meinen Augen fast ihr ganzes Leben lang an einer Depression unterschiedlicher Ausprägung. Sie selbst hat eine solche immer abgestritten und jede Form von Behandlung abgelehnt. Sie hat bis zu ihrem 68. Lebensjahr praktiziert und nur schweren Herzens damit aufgehört, etwa 6 Monate später begann sie eine pathologische Angst vor Bakterien zu entwickeln und fasst seither z.B. keinen Einkaufswagen mehr ohne Handschuhe an.

Körperlich ist sie fit bis auf eine Schilddrüsenüberfunktion (Entfernung der SD vor 3 Jahren). Wir haben guten und regelmäßigen familiären Kontakt und auch ihre sozialen Kontakte funktionieren sehr gut.

Hat jemand eine Idee, was dahinter stecken könnte?

Schöne Grüße,
Jule

Hat jemand eine Idee, was dahinter stecken könnte?

Schöne Grüße,
Jule

Jule, das ist beginnende Demenz. So ähnliche geht es mir mit einem Onkel. Es ist zum verzeifeln wenn Menschen die einem nahe stehen und über Jahrzehnte ein Vorbild waren, sich so verändern.

Hallo Jule,

eine Freundin von mir war lange in der Gerontopsychiatrie tätig und berichtete des öfteren von der von dir beschriebenen Symptomatik als Folge bzw. Nebenwirkung der Vergabe von Haloperidol.

Nur so ein Gedanke. Das Zeug ist eines der schwersten Kracher der Kategorie Antipsychotika. Vielleicht reflektierte sie ihre panische Angst vor Ansteckung als Symptom einer Psychose und hat sich dagegen Haldol (Handelsname) verschreiben lassen.

Lieben Gruß

Annie

Hallo,

nun mal langsam mit die jungen Pferde. Ja, im Rahmen einer Demenz kann es zu solchen Äußerungen kommen. Das habe ich auch schon erlebt. Aber umgekehrt daraus zu folgern, dass solche Äußerungen ein sicheres Zeichen für eine Demenz wäre, geht doch deutlich zu weit. Das sollte ein Facharzt bitte im Wege der üblichen diagnostischen Möglichkeiten abklären.

Gruß vom Wiz

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Hallo Wiz,

Das sollte ein Facharzt bitte im Wege der üblichen diagnostischen Möglichkeiten abklären.

Zu einem solchen werde ich meine Frau Mama nur gegen ihren ausdrücklichen Willen bringen können. Und das widerstrebt mir derzeit ungemein und wäre für mich nur bei Gefahr im Verzug zu rechtfertigen.

Schöne Grüße,
Jule

Hallo Annie,

Vielleicht reflektierte sie ihre panische Angst vor Ansteckung als Symptom einer Psychose und hat sich dagegen Haldol (Handelsname) verschreiben lassen.

Ich denke, das kann ich ausschließen. Ihre Widerstände gegen jede Art von psychologischer - auch psychopharmazeutischer - Unterstützung sind immens. Trotzdem werde ich meinen Vater mal bitten, einen Blick auf ihre Medikamente zu werfen.

Danke und schöne Grüße,
Jule

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Du bist ja clever!!!
Gruß und *

Hallo,

ich beobachte bei meiner Mutter (75) seit einigen Monaten eine
merkwürdige Veränderung ihrer Sprache. Ansonsten bei guter
geistiger Gesundheit tauchen in ihrer Sprache immer wieder
Ausdrücke auf, die sie - eine gebildete und sehr gläubige Frau

  • früher niemals in den Mund genommen hätte.

Meine Mutter, früher Kinderärztin, litt in meinen Augen fast
ihr ganzes Leben lang an einer Depression unterschiedlicher
Ausprägung.

Wurde das je von einem Arzt bestätigt? Mal niedergeschlagen sein oder auch deprimiert, weil sie vielleicht einen ihrer kleinen Patienten nicht retten konnte, ist nicht gleich Depression.

Sie hat bis zu ihrem 68.
Lebensjahr praktiziert und nur schweren Herzens damit
aufgehört, etwa 6 Monate später begann sie eine pathologische
Angst vor Bakterien zu entwickeln und fasst seither z.B.
keinen Einkaufswagen mehr ohne Handschuhe an.

Könnte die Ursache in einer grundlegenden Unzufriedenheit mit ihrem jetzt „untätigen“ Leben zusammenhängen? Sie liebte ihren Beruf offenbar und kann ihn seit 7 Jahren nicht mehr ausüben. Fehlt er ihr vielleicht mehr als es zunächst den Anschein hatte? Das kann der Fall sein, eben weil sie geistig noch voll dabei ist, wie du schreibst. Für jemanden der so fit ist, könnte eine Art bedauern entstehen, so früh aufgehört zu haben.

Bei tiefer Unzufriedenheit macht man sich dann schon mal an den falschen Stellen, oder bei falschen Gelegenheiten irgendwie Luft, bei ihr eben mal so nach herzenslust fluchen… und das Luft machen in dieser Form gelingt nur, weil sie so etwas früher nicht tat.

Hat sie denn andere Beschäftigungsmöglichkeiten, die sie auch geistig fordern, Kontakte zu Kindern u.ä., was einen Ausgleich bieten könnte?

Ich würde mal in dieser Richtung nachforschen… Meine Mutter wurde auch dement, aber erst als sie dieses Stadium voll erreicht hatte, sich also nicht mehr selbst versorgen konnte, fing sie an sich stark zu verändern, ungewohnt gehässig zu werden u.ä.m. Aber das geschah weder vorher, noch im Anfangsstadium.

Gruß,
Cantate

Mir haben einige Bekannte aus der Altenpflege schon öfter erzählt, das Demenz „das wahre Gesicht“ eines Menschen hervorbringt. Ähnlich wie Alkohol.
So kann es durchaus passieren, dass ein früher eher ruhiger und unauffälliger Mensch plötzlich sehr ausfallend wird, ein Mensch, der früher nach aussen eher ruppig war nach und nach sehr sanft, liebenswert und zurückhaltend.

Jeder Mensch hat seine Fassade, was sich dahinter abspielt - wer weiß das schon.

Gruß…

Hallo Cantate,

Wurde das je von einem Arzt bestätigt?

Nein, da sie einen entsprechenden Besuch immer abgelehnt hat. Dennoch bin ich mir sicher, dass es sich um weit mehr gehandelt hat, als Niedergeschlagenheit oder eine vorübergehende Stimmung. Wenn ich genauer darüber nachdenke, dann folgten Phasen von Antriebslosigkeit und Mutlosigkeit häufig auf sehr intensive Arbeitsphasen.

Könnte die Ursache in einer grundlegenden Unzufriedenheit mit ihrem jetzt „untätigen“ Leben zusammenhängen?

Sie ist nach dem beruflichen Ausstieg in ein Loch gefallen, aus dem sie fast 1 Jahr nicht aufgetaucht ist. Während dieser Zeit entwickelte sie ihre Angst vor Bakterien. Dennoch begann sie allmählich wieder am Leben teilzunehmen und hat seit Jahren eine Menge ehrenamtlicher Jobs, die ihr viel Spaß machen. Ich würde sie nicht für unterfordert halten.

Schöne Grüße,
Jule

Mit „wahrem Gesicht“ muss das nichts zu tun haben:

bei Demenz wird das Hirn geschädigt.
Im Hirn werden neben Denkprozessen aber auch Emotionen und Antrieb gesteuert.
Je nachdem, welche Hirnbereiche geschädigt sind, kann sich das Verhalten des betroffenen total verändern - zu aggressiv oder passiv oder was auch immer. Das hat nicht mit der „wahren“ Person zu tun, sondern ist einfach ein Krankheitssymptom, das uns alle treffen kann.

Gruß Faraway

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Hallo Jule,

Wurde das je von einem Arzt bestätigt?

Wenn ich genauer darüber nachdenke,
dann folgten Phasen von Antriebslosigkeit und Mutlosigkeit
häufig auf sehr intensive Arbeitsphasen.

Das ist aber eine sehr normale Reaktion, seelisch wie physisch! Nach solchen Arbeitsphasen ist man erschöpft und ausgepowert, wie man es heute wohl ausdrückt. Die Antriebslosigkeit (beinhaltet auch Mutlosigkeit) sorgt dann dafür, daß man es ruhiger angehen läßt, bis man wieder aufgetankt hat. Danach kann man dann weiter machen. Der Arztberuf ist ja sehr anstrengend, besonders für jemanden, der sich gern und voll einsetzt. Und je nach dem, wie lange die intensive Arbeitsphase anhielt, so lange oder länger dauert auch die Erholung!

Könnte die Ursache in einer grundlegenden Unzufriedenheit mit ihrem ::jetzt „untätigen“ Leben zusammenhängen?

Sie ist nach dem beruflichen Ausstieg in ein Loch gefallen,
aus dem sie fast 1 Jahr nicht aufgetaucht ist. Während dieser
Zeit entwickelte sie ihre Angst vor Bakterien. Dennoch begann
sie allmählich wieder am Leben teilzunehmen und hat seit
Jahren eine Menge ehrenamtlicher Jobs, die ihr viel Spaß
machen. Ich würde sie nicht für unterfordert halten.

Ob das Loch aber je wirklich vollständig überwunden wurde, kann man auch als Tochter nur sehr schwer beurteilen.

Noch ein Vorschlag, statt dir wegen der Flucherei graue Haare wachsen zu lassen - wenn die nächste Tirade einsetzt, dann unterstütze sie, fluche kräftig mit! Dann sieh mal was passiert!?

Herzlicher Gruß,
Cantate

Hallo Jule,

irgendwie wirst du m.E. fast nicht drum herum kommen, mal einen Arzt aufzusuchen.

Ob überhaupt eine (beginnende) Demenz vorliegt, sehe ich bei dem, was du geschrieben hast, nicht zwangsläufig. Die Aggressionen können bspw. auch von Schilddrüsenproblemen herrühren. Normalerweise wird bei Überfunktion die Schilddrüse nicht vollständig entfernt. Ein Schilddrüsenkarzinom kann auch genau solche Aggressionen auslösen. Und das wiederum ist sehr hartnäckig, auch bei Restgewebe.

Wie du sie nun zu einem vernünftigen Arzt bekommst, der das mal durchcheckt, ist natürlich ein anderes Problem…

LG Petra

Hallo,

das halte ich für einen ausgemachten und äußerst boshaften Quatsch! Wer sagt denn welcher von zwei Zuständen der „wahre“ ist? Es kommt aufgrund einer Erkrankung zu einer Veränderung und gut ist (eigentlich eher schlecht). Die kann natürlich nur auffallen, wenn sie entsprechend deutlich ist. D.h. ein vorher besonders zurückhaltender Mensch jetzt zu Kraftausdrücken greift, oder umgekehrt. Wer auch so schon recht regelmäßig Sch… schreit, bei dem wird es kaum auffallen, wenn er das aufgrund der Krankheit noch etwas häufiger tut, bzw. man wird dafür sogar Verständnis haben, dass jemand mit der Krankheit nicht fertig wird, und daher häufiger mal ausfällig wird.

Ich stelle mir gerade vor, wie Heimpersonal auf die Kinder eines Erkrankten zugehen, die immer einen liebevollen Elternteil gehabt haben, und die schon genug damit überfordert sind, dass da nur noch Kraftausdrücke kommen, und dann wird ihnen gesagt, dass das eben das „wahre Gesicht“ ihre Mutter/ihres Vaters sei. Geht es noch?

Gruß vom Wiz

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Geht es noch?

Gruß vom Wiz

Antwort: JA!

Hallo,

Du hast nicht wirklich darüber nachgedacht, was ich geschrieben habe, oder?

Hier kommt ein nur noch als mittelalterlich zu bezeichnendes Krankheitsverständnis zum Tragen, dass die Bewertung eines ganzen Menschenlebens an einem krankhaften Zustand festmacht.

Menschen die liebevolle Kinder, Freunde und Eltern waren, wird unterstellt, dass das alles nur Fassade gewesen, ihr „wahres“ Ich aber boshaft sei. Auch Du könntest in eine solche Situation kommen, dass man Dir aufgrund eines krankheitsbedingten Verhaltens vorwerfen könnte, dass dies Dein „wahres Gesicht“ sei, obwohl Du aufgrund einer Krankheit keine andere Chance hast, als so zu reagieren, wie Du es leider tust.

Ich habe mir nahe stehende Menschen erlebt, die genau aufgrund einer Demenz in Stresssituationen mir „in die Fresse hauen wollten“, … was sie ungeheuer beschämt hat und ihnen abgrundtief peinlich war, wenn sie hiervon in lichteren Momenten erfahren habe (ich persönlich habe nie solche Mitteilungen gemacht). Das ist, selbst wenn man versucht damit rational umzugehen, und solch mittelalterlichen Unfug nicht mitmacht, ungeheuer schwer für beide Seiten zu ertragen. Und dann kommt jemand daher, und erzählt auch noch, dass dies das „wahre Gesicht“ sei. Das ist doch ein Schlag in das Gesicht der Betroffenen und der ihnen Nahestehenden.

Mit solchen Sprüchen sind wir nicht mehr weit von Geschichten wie „Krankheit als Strafe Gottes“, Teufels-Besessenheit und Hexenverbrennung, etc. weg.

Gruß vom Wiz

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… und Du bist offenbar der Meinung, dass das MEIN Verständnis der Sache ist.
Ich habe lediglich gesagt, dass es mir gegenüber schon mehrmals von Beschäftigten aus der Altenpflege so bezeichnet wurde - PUNKT! Nicht mehr und nicht weniger.

Abe es ist wunderschön mit anzusehen, wie hier gleich wieder, typisch deutsch, mit dem erhobenen Zeigefinger gewedelt wird.
Einfach schön…

Wozu die ganze Aufregung?

Gruß,
F.

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Mann! Das hat nix mit erhobenem Zeigefinger zu tun.
Es ist dumm geschwätzt und für die betroffenen verletzlich.

Wenn es nicht dein Verständnis ist und du offenbar keine Ahnung hast, dann lass doch einfach solche verachtenden Beiträge.

LG Petra,
der es auch auf den Keks geht, wenn so irgendwelche dubiosen, verletzenden Vorurteile weiter getragen werden, was nicht nur dazu führt, dass die Betroffenen leiden, sondern dass da ein ganzes Krankheitsbild tabuisiert wird, Leute nicht rechtzeitig zum Arzt gehen etc.

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Verachtend und verletzend…

Wir sind ja alle immer sooooo schrecklich betroffen.
Ich hab übrigens auch einen Menschen mit akuter Demenz in meiner Familie - und verfalle deswegen aber nicht in diese „Wir sind ja alle so schrecklich betroffen“ Schiene.

Bleibt doch einfach mal locker.

Hi,
die Gefahr ist schon im Verzug…

Folgende Grundkrankheiten machen dementielle Symptome:

Depression
Gehirntumor
Vergiftung
Fehl und Mangelernährung
Vitaminresorptionsstörungen
Anämie (Blutmangel)
Schilddrüsenunterfunktion
Multinfarkte (viele kleine Schlaganfälle)
Multible Sklerose
Jakob Creutzfeld Krankheit
Angststörungen
Wahnvorstellungen

und dann natürlich die Alzheimersche Krankheit.
viele der oben genannten Krankheiten wären aber gut behandelbar - es wäre sehr schade wenn deine Mutter an einer von ihnen leidet und keine Therapie bekommt.

Viele Grüße
Susanne