Haben Vertreter der Kirche das Recht, sich in die Kandidatenvorschläge der Parteien einzumischen?
Nach den pünktlich auf den Tisch gelegten Plagiatsvorwürfen eines bekannten, aber nicht fehlerfreien Plagiatsjägers meldet sich nun ein Bischof mit seinen Vorwürfen und Bedenken zu Wort.
Die Frage habe ich mir auch gestellt und bin für mich zum Schluss gekommen: ja. Wobei ich ‚einmischen‘ zu hart formuliert finde. Auch ein Erzbischof hat das Recht auf freie Meinungsäußerung und es ist ja auch kein Geheimnis, wo die Kirche(n) beim Thema Schwangerschaftsabbruch stehen. Allerdings muss sich Gössl im Gegenzug natürlich auch Gegenwind gefallen lassen.
Problematischer finde ich eher, wenn Politiker plötzlich ihre Religiosität entdecken, sobald es ihnen in den Kram passt. Ich kann nicht eine Kandidatin für einen Richterposten ablehnen, während dich gleichzeitig Frauen und Kinder im Mittelmeer ersaufen lassen. Diese Scheinheiligkeit kotzt mich an. Und Jesus bestimmt auch.
Zumal es darum im Kern gar nicht geht. Gerieben wird sich ja an der Aussage, dass die volle Garantie der Menschenwürde erst ab der Geburt gelte. Das ist aber rechtlich völlig unstrittig. Die Unantastbarkeit der Würde gem. Art. 1 Grundgesetz gilt nun einmal für Menschen und rechtlich ist der Mensch erst ab der Geburt ein solcher (vgl. § 1 BGB).
Die afd in Form derer von Storch hat das Thema durch ihre Frage an Merz gezielt aufgebracht, ob er die Wahl mit seinem Gewissen vereinbaren könne, auf die er - der Jurist - mit einem schlichten „ja“ antwortet, anstatt die Sache klarzustellen (was er als Jurist ja problemlos gekonnt hätte, wenn ihm das politische Ziel nicht wieder einmal das Hirn vernebelt hätte).
Die Deppenabteilung aus der Union ist darauf natürlich angesprungen und schon waren die ganzen schönen Absprachen mit der SPD nichts mehr wert. Stattdessen stehen wir nun vor einem riesigen Trümmerfeld: einerseits ist das Bundesverfassungsgericht beschädigt, weil man es zum Gegenstand von politischen Ränkespielen gemacht hat und andererseits kann sich die SPD in der Sommerpause in Ruhe überlegen, wie sie mit einem Koalitionspartner umgeht, der sich nach ein paar Tagen schon nicht mehr an die Absprachen und Abstimmungen im Wahlausschuss halten möchte. Ein Koalitionspartner, nebenbei, der ja sehr, sehr weit davon entfernt ist, vom Wähler den Auftrag für eine Alleinregierung bekommen zu haben.
Es zeichnet sich immer mehr ab, dass Merz, Dobrindt und Spahn die Leichenträger unserer Demokratie sind und einer Mehrheit der afd den Weg bereiten, weil die einfach nicht verstehen, dass die afd nicht von der Union an die Wand gedrückt wird, bis sie quietscht, sondern die afd die Union so lange vor sich hertreibt, dass sie afd-Positionen einnimmt, diese dann hoffähig werden und die Wähler dann trotzdem das Original wählen.
Kurz: die ganze Kacke wäre niemals passiert, wenn Jurist Merz auf die Frage von Frau Vogel geantwortet hätte, dass das keine Frage des Gewissens ist, sondern dass es seit Generationen außer Frage steht, dass der Mensch erst mit Geburt Träger von Rechten sein kann. Und weil natürlich unabhängig davon auch ungeborenes Leben schützenswert ist, gibt es den bestehenden § 218 StGB, der jedoch - wie unser gesamtes rechtliches Regelwerk - immer wieder einer Überprüfung unterzogen und ggfs. zum Beispiel an gesellschaftliche Veränderungen angepasst wird.
Fertig, aus.
Servus,
ich finde die Einstellung dieser Kandidatin bzgl. der Menschenwürde sehr befremdlich.
Das ist ein Problem der Ethik und da sollen auch Vertreter der Kirchen zu Wort kommen. Sobald die Kirchenvertreter aber Forderungen aufstellen, wird eine Grenze überschritten, die dem Prinzip der Trennung zwischen Staat und Kirche widerspricht.
Was mich echt ankotzt ist, daß ein Mitglied einer Partei, die das C wie Christlich im Parteinamen trägt, auf die Frage von Frau Storch mit einem lapidaren Ja antwortet.
Warum äußert sich der Ethikrat der Bundesregierung nicht zu Wort? Ist der diesbezüglich mundtot gemacht worden?
Wenn die Frau Richterin am BGH wird, können wir den §218 kpl. streichen.
Gruß
Trianon
Welche Aussagen denn genau?
Auch hier die Bitte nach Belegen, auf welche Aussagen sich diese Behauptung stützen. Und die Frage, ob dir § 218a ein Begriff ist.
Hallo,
das sei Dir unbenommen, aber ich möchte noch einmal wiederholen, dass diese „Einstellung“ rechtlich völlig unstrittig ist. Die Menschenwürde bezieht sich auf Menschen (offensichtlich) und ein Mensch wird man mit Geburt. Die Aussage, dass der Mensch also erst mit Geburt den vollen Umfang des Rechts auf Menschenwürde in Anspruch nehmen kann, ist insofern nicht nur richtig, sondern steht auch völlig und eindeutig in Einklang mit den deutschen Gesetzen und unserer Verfassung.
Die Antwort war nicht lapidar, sondern vor allem dumm, weil sie der afd in die Hände spielte und diese so erreicht hat, was sie wollte: drei Institutionen des deutschen Staatswesens zu beschädigen: Bundestag, Bundesregierung und Bundesverfassungsgericht.
Erstens soll sie nicht Richterin am BGH werden, sondern am BVerfG und zweitens darf man sich durchaus mal auf der Zunge zergehen lassen, dass Deutschland in dem Bereich zu den Ländern mit den restriktivsten Regeln gehört. Selbst das erzkatholische Irland hat sich zu einer Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen durchgerungen und in der deutschen Bevölkerung sind je nach Umfrage auch 70-80% der Menschen dafür.
Im Übrigen hieße eine Abschaffung von § 218 ja nicht, dass jede Schwangerschaft quasi bis zur Geburt abgebrochen werden kann. Der Abbruch wäre halt nur nicht mehr strafbar, d.h. mit Haft oder Geldstrafe bedroht.
…und das wäre auch höchste Zeit.
Zunächst ist zu betonen, dass Frauke Brosius-Gersdorf eine hoch angesehene Staatsrechtslehrerin ist. Das ist in Fachkreisen völlig unstreitig. Alle Äußerungen, die ihre wissenschaftliche Reputation in Frage stellen, sind daher schlicht unzutreffend und unsachlich. Das schließt es selbstverständlich nicht aus, dass man einzelne ihrer juristischen Positionen kritisieren oder andere Meinungen vertreten kann. Darstellungen aber, die diese Positionen als von vornherein abseitig oder radikal einordnen, sind jedenfalls durch Unkenntnis der rechtswissenschaftlichen Diskussion geprägt.
Die recht eindeutige Meinung von 285 Experten.
Wei beim Klimawandel orientiert man sich in einschlägigen Kreisen natürlich nicht an dieser überwältigend großen Gruppe von echten Experten, sondern an den drei abtrünnigen Clowns sowie den Dozenten an der Youtube- und Telegram-Akademie für angewandten Nonsens.
Vielleicht kann man das ganze demokratiebeschädigende Theater noch einfacher zusammenfassen:
- weil sich Frau Brosius-Gersdorf vor einem Jahr bei Lanz zu einem AfD-Verbot juristisch sachlich und klar geäußert hat („wenn es genügend Material gibt“ ist das natürlich möglich, in einer „wehrhaften Demokratie“ sogar vorgesehen) hatten die rechten Kreise sie auf dem Kieker, wie der Berliner sagt
- als bekannt wurde, dass sie für eine Wahl zum Bundesverfassungsgericht gewählt werden sollte, drehten die rechten Kreise auf
- es begann eine Schmutzkampagne mit dreisten Lügen, aus dem Zusammenhang gerissenen Satzfetzen, und Andeutungen
- gemäß dem Sprichwort „Wenn man nur lange genug mit Dreck wirft, bleibt immer etwas kleben.“ haben die rechten Kreise um Nius, Compact und Co. einen regelrechten Rufmord in den asozialen Medien gestartet, zum Teil angeblich sogar mit bezahlten Anzeigen
- nach ein paar Anläufen hatten die den Punkt gefunden, bei dem sie den tumben Plebs am Nasenring durch die Arena führen konnten: angeblich habe sie sich für eine Abtreibung bis quasi zur Geburt ausgesprochen, was natürlich erstunken und erlogen ist
- doch auch unter den ehrenwerten Mitgliedern des Bundestages innerhalb der CDU-Fraktion gibt es Menschen, die man zum tumben Plebs zählen muss - diese wollten plötzlich nicht mehr für die Kandidaten stimmen
Statt nun Aufklärung innerhalb der Fraktion zu betreiben und den Mitgliedern Fakten statt Lügen aufzutischen, sind Merz und Spahn den rechten auf den Leim gegangen und haben in Panik die Abstimmung abgesagt.
Und so so sorgen die beiden tumben, alten Männer ohne nennenswerten Anstand und ohne Rückgrat für ein weiteres Bröckeln der Brandmauer gegen rechts.
Was ich nur noch nicht durchschaue: ist Spahn so doof, dass er mit solchen Medienkampagnen von rechts wirklich nicht umgehen kann? Oder ist er so doof, dass er denkt, er wäre abgebrüht genug, um Merz zu beschädigen und dann statt seiner Kanzler in einer blau-schwarz-braunen Koalition zu werden und uns den Trump zu geben?
Falls ich was an den Vorgängen falsch verstanden haben sollte, bitte ich um Korrektur. Ich war für mehr als eine Woche ohne Fernsehen und nur mit minimalem Internet im Ausland und musste mir gestern und heute erstmal die Fakten erarbeiten.
Das Thema ist uralt, wurde in den 90er Jahren auch schon heftig diskutiert.
Eine einseitige Haltung, wie sie z. B. manche konservative Christen haben, ist völlig fehl am Platz, denn das ganze ist ein nicht auflösbares Dilemma:
Auf der einen Seite der Schutz des ungeborenen Kindes - auf der anderen Seite das Recht auf Selbstbestimmung der Frau, in deren Bauch das Kind heranwächst.
Von einer winzigen Zelle, die natürlich nichts spüren kann bis zu einem Fötus, der bereits hört, schmeckt, sich erinnert und Schmerzen empfindet ist es ein Kontinuum. Jede Grenzziehung dazwischen ist willkürlich.
Ein Kind zur Welt bringen ist für Frauen (und Partner) unter bestimmten Umständen extrem problematisch (z. B. Vergewaltigung, schwere Behinderung des Kindes).
Von daher sind sowohl „Abtreibungen sind immer falsch“ als auch „Abtreibungen sind normal“ blödsinnige Haltungen, die dem komplexen Thema nicht im Ansatz gerecht werden.
Der Gesetzgeber hat die schwierige Aufgabe, dieses schwierige Dilemma juristisch vernünftig zu fassen. Darüber kann und muss man sachlich diskutieren.
Eben drum. Und unter anderem die Frage, wo Grenzen gezogen werden, unterliegt eben auch dem Zeitgeist und nicht jeder Geist ist in der Zeit gleich weit, so dass es zwangsläufig zu Meinungsverschiedenheiten bzw. Konflikten kommt.
Bemerkenswert in buchstäblicher Bedeutung des Wortes ist, dass auch bei diesem Thema ausgerechnet diejenigen zu drastischen Maßnahmen (bis hin zu Gewalt und Tötung Andersdenkender) neigen, die sich eigentlich den Schutz des Lebens und eine christliche Gesinnung auf die Fahnen geschrieben haben.
…den Schutz der Geburt, nicht des Lebens … denn kaum ist es geboren, wird es ja nicht mehr geschützt - zumindest dann nicht, wenn es ein Flüchtling oder ein Bürgergeldempfänger ist
Ich bin schon so gespannt, was uns Inka zu dem Thema sagen möchte. Sie tippt ja schon eine ganze Weile…
Diese Einstellung ist nicht unstrittig, siehe Urteil des Bundesverfassungsgerichtes 1993. Und dieses gilt ja wohl (noch).
Zitat „Menschenwürde kommt schon dem ungeborenen Leben zu.“
Ja, OK, ich formulierte da ungenau. Es lässt sich natürlich zu jedem Sachverhalt irgendeine Stimme finden, die eine gegensätzliche Meinung vertritt.
Ein guter Moderator würde sich solche Äußerungen sparen, und bei anderen als unpassend löschen.
Aber was denke ich da nur …
??
Das ist das Bundesverfassungsgericht mit dem derzeit gültigen Urteil!?
Ja, das frage ich mich auch.
Was völlig irrelevant für die aktuelle politische Debatte bzw. Situation ist.