Hallo Richard,
keine lästigen Besuche des Gewerbeamtes wegen Ausstattung der
Betriebsstätte,
in Sachen Gewerbeordnung bin ich nicht besonders fit; erstmal würde ich an dieser Stelle a priori zweifeln. So aus der hohlen Hand kann man dieses auf jeden Fall nicht ableiten.
offenkundig auch keine Gewerbesteuer? (weil
die ja an die Betriebsstätte gebunden ist)
dieses Thema allerdings kenn ich ein bisschen. Hierzu §§ 35a GewStG und § 35 GewStDV: Diese enthalten bloß die Vereinfachung, dass keine Aufteilung des Gewerbeertrages auf die verschiedenen betroffenen Gemeinden erfolgt, sondern ausschließlich die Gemeinde hebeberechtigt ist, von der aus die Tätigkeit vorwiegend ausgeübt wird, in der Regel die Wohnsitzgemeinde (daher also der relative Wohlstand in Häfnerhaslach!).
Hört sich an wie ein
Selbständigkeit-Light-Modell, ohne Meisterprüfung bei
ambulanter Montage von z.B. Elektrogeräten,
hier ein gutes Beispiel für eine Tätigkeit, die ihrer Natur nach kein Reisegewerbe sein kann. „Haben Sie Messer zu schleifen?“ und früher „Haben Sie Töpfe zu flicken?“ oder auch „Brauchen Sie Honig oder Merrettich?“ sind alles Fragen, auf die man eher eine Antwort bekommt als „Haben Sie zufällig einen E-Herd anzuschließen?“. Also: Kunde erwartet den Gewerbetreibenden. Also: Kein Reisegewerbe.
Und wer kann schon überprüfen, ob ich vom Handy aus unterwegs
Termine mache?
Unbesorgt, das läuft. Vor Jahren gab es bei ziemlich vielen Finanzämtern den Posten des Kleinanzeigenlesers, inzwischen dürfte diese effiziente Methode der Recherche genauso zügig modernisiert worden sein wie die Veranlagung selber und die Außenprüfungen. Ich habe mehr als eine GmbH in der Gründungsphase betreut, bei denen die Leute vom FA mehr über die Herkunft der eingezahlten Einlagen wussten als wir als steuerliche Berater…
Denn wo bleiben meine
Akten, wenn ich keine Betriebsstätte habe, etwa beim
Steuerberater?
Hierzu § 12 AO: „Betriebsstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient“. 1 Kleiderschrank mit einem Ordner drin im vorliegenden Fall = Betriebsstätte. Wie der Reisegewerbetreibende die Vorschrift § 147 AO betreffend Aufbewahrung von Unterlagen erfüllt, ist ihm überlassen. Wenn der Rucksack groß genug ist, darf er sie selbstverständlich auch zehn Jahre lang bei sich tragen.
Und da wundert man sich, dass so mancher Flohmarkthändler mit
fettem Wohnmobil am WE z.B. am Funkerflohmarkt vorfährt und
während der Woche urlaubt (so einen habe ich tatsächlich mal
kennengerlernt).
Dass es hier eine Grauzone gibt, in der vieles geduldet wird, weil der zur Verfolgung notwendige Aufwand in keinem Verhältnis zu den ausgefallenen Steuern stehen würde, bezweifle ich nicht. Mir scheinen die paar Erleichterungen für Reisegewerbetreibende aber eher aus dem Gegenteil heraus motiviert zu sein: Nämlich dem Versuch, Menschen vom Schlage der Vorfahren unseres Bundeskanzlers überhaupt irgendwie administrativ erfassen zu können.
Und sei sicher: Die paar wirklich knackigen Fälle von bis zur Anklage gebrachter Steuerhinterziehung, die ich in den vergangenen 15 Jahren kennengelernt habe, beruhten alle auf zuerst einer supi Idee und etwas später einer großen Überraschung…
Da gab es etwa die Pilsbar, bei der sich der Prüfer für nichts interessierte als für die Anzahl der eingekauften Tomaten, woraus er die verkauften Baguettes hochrechnete und mit den angeblich gezapften Bieren verglich, mit dem Ergebnis, dass sich die Zahlenwerte etwa 1:1 verhielten. Was ihm mit kleiner Mühe möglich machte, die Aufzeichnungen komplett zu verwerfen und eine Schätzung aufzuziehen, die - wie mir der Kneiper später gestanden hat - ziemlich in der Nähe der Wirklichkeit lag. Mehr als die Steuerzahlungen hat diesem damals aber weh getan - und das war die Überraschung - dass ein von ihm unterzeichneter Kassenbericht eine Urkunde ist und das Fälschen eines Kassenberichtes eben …? Von da bis zur Untersagung der selbständigen Ausübung des Gewerbes wegen Unzuverlässigkeit ists nicht so weit.
In diesem Sinne
MM