Wann ist das Ende des Beschäftigungsverhältnis?

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Falle eines Bespiels, dass eine Person am 21.06.2010 seinen Arbeitsplatz durch einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung zum 30.11.2010 beendet, weil ihm sonst eine bedtriebsbedingte Kündigung zum 31.12.2010 gedroht hätte.

Ab 05.07.2010 wird er durch den Arbeitgeber von der Arbeit freigestellt unter Anrechnung seines Urlaubs und evtl. geleisteter Mehrarbeitsstunden.

Die Frage ist, wann das Beschäftigungsverhältnis endet.

Bezugnehmend auf den Kontext des SGB III (§ 144 (1) S. 2 Nr. 1) wäre das Ende des Beschäftigungsverhältnisses der 21.06.2010. Die Person hat das Beschäftigungsverhältnis durch die Zustimmung, aktives Handeln, zum Aufhebungsvertrag im Sinne des § 144 (1) S. 2 Nr. 1 SGB III am 21.06.2010 gelöst.

Oder endet das Beschäftigungsverhältnis zum 05.07.2010 durch die Freistellung des Arbeitgebers?

Von dem Ende des Beschäftigungsverhältnis ist der Ruhenzeitraum nach § 143a SGB III abhängig und die Sperrzeit nach § 144 SGB III.

Können Sie mir dabei helfen?

Mit freundlichen Grüßen

Christian

Sehr geehrte Damen und Herren,

hallo,

Sie vermengen leider aufgrund falscher Gesetzesinterpretation mehrere gesetzliche Ebenen, die mit der Ausgangsfrage nichts zu tun haben.

im Falle eines Bespiels, dass eine Person am 21.06.2010 seinen
Arbeitsplatz durch einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung zum
30.11.2010 beendet, weil ihm sonst eine bedtriebsbedingte
Kündigung zum 31.12.2010 gedroht hätte.

Dies ist eine eindeutige Aussage, das Arbeitsverhältnis endet am 30.11.

Ab 05.07.2010 wird er durch den Arbeitgeber von der Arbeit
freigestellt unter Anrechnung seines Urlaubs und evtl.
geleisteter Mehrarbeitsstunden.

Urlaub und „Abfeiern“ geleisteter Mehrarbeit finden nur im lfd. Arbeitsverhältnis statt. Sofern der Zeitraum der Freistellung länger ist, verzichtet der AG lediglich auf seine Rechte gem. § 615 BGB. Auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses hat dieser Verzicht allein aber erst mal keine Auswirkung.

Die Frage ist, wann das Beschäftigungsverhältnis endet.

Am 30.11.

Bezugnehmend auf den Kontext des SGB III (§ 144 (1) S. 2 Nr.

  1. wäre das Ende des Beschäftigungsverhältnisses der
    21.06.2010. Die Person hat das Beschäftigungsverhältnis durch
    die Zustimmung, aktives Handeln, zum Aufhebungsvertrag im
    Sinne des § 144 (1) S. 2 Nr. 1 SGB III am 21.06.2010 gelöst.

Am 21.06. wurde die Vereinbarung getroffen. Das Datum der Vertragschließung allein sagt nix über das Ende des Arbeitsverhältnisses aus.
§ 144 SGB III hat ebenfalls keine Auswirkungen auf die Laufzeit der Vereinbarung, sondern definiert lediglich die Pflichten des AN ggü. der AA, falls der AN nach dem 30.11. ALG beantragen möchte. Der AN hat sich dann umgehend nach Vertragsabschluß bei der AA zu melden.

Oder endet das Beschäftigungsverhältnis zum 05.07.2010 durch
die Freistellung des Arbeitgebers?

Nein, s.o.

Von dem Ende des Beschäftigungsverhältnis ist der
Ruhenzeitraum nach § 143a SGB III abhängig und die Sperrzeit
nach § 144 SGB III.

Das ist schon klar, aber die o.a. Vorschriften wirken sich nicht auf den Zeitpunkt der vereinbarten Auflösung aus.

Können Sie mir dabei helfen?

Hoffentlich

Mit freundlichen Grüßen

&Tschüß

Christian

Wolfgang

Das Arbeitsverhältnis endet am 30.11.2010. Soweit sind wir einer Meinung.

Das Beschäftigungsverhältnis endet jedoch mit Ablauf des 04.07.2010. Ab 05.07.2010 besteht kein Weisungsrecht des Arbeitgebers mehr, da er durch die von ihm ausgesprochene Freistellung auf die Beschäftigungspflicht des Arbeitnehmers verzichtet.

Das Beschäftigungsverhältnis im beitragsrechtlichen Sinne endet am 30.11.2010, aber im leistungsrechtlichen Sinne nach dem SGB III am 04.07.2010.

Sehen Sie das genauso?

Das Thema füllte bei uns einst ganze Ordner, …
… ist aber zum Glück schon seit einigen Jahren endgültig geklärt (s. u.).

Das Arbeitsverhältnis endet am 30.11.2010. Soweit sind wir einer Meinung.

Das ist ja auch unstrittig.

Das Beschäftigungsverhältnis endet jedoch mit Ablauf des 04.07.2010.

Das kommt ganz auf die Formulierung im Aufhebungsvertrag an, welche bislang nicht ganz geklärt ist!

Ab 05.07.2010 besteht kein Weisungsrecht des Arbeitgebers mehr, da er durch die von ihm ausgesprochene Freistellung auf die Beschäftigungspflicht des Arbeitnehmers verzichtet.

Nein, nicht zwangsläufig! Dies ist nur dann der Fall, wenn die Freistellung unwiderruflich erfolgt(e) (inzwischen höchstrichterlich geklärt*)! (Daran ändert auch nichts, dass das selbst mancher AG nicht weiß!)
Und daher auch meine alles entscheidende Nachfrage:
Steht im Aufhebungs nun einfach nur „wird ab dem … freigestellt“ (ggf. ausdrücklich auf Widerruf) oder „wird ab dem … unwiderruflich freigestellt“?
(Anm.: Damit eine Freistellung widerruflich ist, bedarf es nicht der (ggf. zusätzlichen) Formulierung: „Diese Freistellung besteht (ausdrücklich) auf Widerruf“ o. ä., sondern ausschließlich das Fehlen des Wortes „unwiderruflich“!)

Das Beschäftigungsverhältnis im beitragsrechtlichen Sinne endet am 30.11.2010, aber im leistungsrechtlichen Sinne nach dem SGB III am 04.07.2010.

Hier konstruierst Du einen Unterschied, der weder in der Praxis noch in der Theorie existiert (wie kommst Du darauf?); denn keines der einschlägigen Gesetze (hier: SGB III und SGB IV; übrigens auch kein anderes (nichteinschlägiges) Gesetz) unterscheidet zwischen „beitragsrechtlichem“ und „leistungsrechtlichem“ Ende des Beschäftigungsverhältnis! Vielmehr ist das Ende des Beschaftigungsverhältnisses (§ 7 SGB IV) dessen Ende auch im leistungsrechtlichen Sinne. Kein Gesetz unterscheidet hier irgendwas!

Sehen Sie das genauso?

Eigentlich kann man das gar nicht anders sehen als oben beschrieben, weil die Rechtslage inzwischen sehr eindeutig ist. Also nein: Keine Zustimmung.

*) Da ich gerade Urlaub habe (ansonsten wäre Wochenende), kann ich nicht an der Arbeit in meinen Unterlagen/Dateien nachschauen, welches Urteil das jetzt genau war. Aber ich versichere: Es existiert und wird in der Praxis auch umgesetzt. :smile:

LG
Jadzia

3 Like

Es gibt vom hessischen LSG ein Urteil vom 21.05.2010, wo dies geregelt ist.

In der Aufhebungsvereinbarung stand zwar keine klare Formulierung, ob widerruflich oder unwiderruflich. Für die Freistellung wurden aber der Urlaubsanspruch sowie geleistete Mehrarbeitszeiten pauschal abgegolten. Das hessische LSG hat dies so gewertet, dass eine unwiderrufliche Freistellung „gewollt“ war. Demnach endet das Beschäftigungsverhältnis am 04.07.2010.

Schlegel (2005) unterscheidet jedoch das Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen und beitragsrechtilichen Sinne (S. 972). Mit dem beitragsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis ist auch die Versicherungspflicht gemeint. Wurde sogar im Urteil vom 12. Juli 2006 von der 11a. Kammer des Senat des BSG entschieden (B 1a AL 47/05 R).

Ein Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne (hier SGB III) endet somit mit einer unwiederruflichen Freistellung des Arbeitnehmers, die Versicherungspflicht endet jedoch nicht. Das Arbeitsentgelt wird ja bis zum 30.11.2010 weitergezahlt.

Von daher gehe ich davon aus, dass so eine Unterscheidung doch existiert.

Bis zu einer gegenteiligen richterl. Entscheidung…
… ist das dann (da offensichtlich nichts von „unwiderruflich“ im Aufhebungsvertrag steht; siehe Dein Zitat unten) der 30.11.10.

Es gibt vom hessischen LSG ein Urteil vom 21.05.2010, wo dies
geregelt ist.

Was ein LSG entscheidet, ist für die BA niemals generell bindend, sondern nur für den Einzelfall, über den da entschieden wurde!
Lediglich _höchst_richterlich e Urteile (BSG, BGH, BVerfG) haben über den Einzelfall hinaus ab Zeitpunkt dieses HRR-Urteils für alle gleichgelagerten Fälle Bestandskraft und finden Eingang in die allgemeinverbindlichen Durchführungsanweisungen! Ein einzelnes niederinstanzliches Urteil interessiert die BA als Ganzes nicht.

In der Aufhebungsvereinbarung stand zwar keine klare Formulierung, ob widerruflich oder unwiderruflich.

Dann gilt, was ich in meinem anderen Artikel bereits schrieb (ich dachte eigentlich unmissverständlich): Ist die Freistellung nicht ausdrücklich unwiderruflich, ist sie eben widerruflich , womit hier in jedem Fall (wie Du unterscheiden würdest: in leistungs- wie auch in beitragsrechtlicher Hinsicht) das Beschäftigungsverhältnis zum 30.11.10 endet bzw. geendet hat.

Daran würde nur eine erneute, aber diesmal anderslautende (also eher unwahrscheinliche) HRR-Entscheidung etwas ändern! Da nützt es auch nichts, wenn Du noch so viel argumentierst.

Für die Freistellung wurden aber der Urlaubsanspruch sowie geleistete Mehrarbeitszeiten pauschal abgegolten. Das hessische LSG hat dies so gewertet, dass eine unwiderrufliche Freistellung „gewollt“ war. Demnach endet das Beschäftigungsverhältnis am 04.07.2010.

Wie gesagt: Für alle anderen Fälle als den dort verhandelten Einzelfall völlig irrelevant und auf andere Fälle nicht anwendbar!
Wenn die betroffene Person also trotz aller hier vorgebrachten Argumente von Leuten, die sich damit auskennen, nach wie vor der Meinung ist, dass hier entgegen dem Wortlaut des Aufhebungsvertrages und der einschlägigen HRR eine unwiderrufliche Freistellung vorliegt, dann muss er das selbst für seinen Einzelfall vor Gericht ausfechten; denn nach aktueller, für die AA allgemeinverbindliche Rechtslage wäre die AA nicht nur dazu berechtigt, das Ende des Beschäftigungsverhältnisses auf den 30.11.10 festzusetzen, sondern sogar verpflichtet!

Und Du wirst hier im Brett auch dann keine andere, Dir genehmere Antwort bekommen, wenn Du noch weiter argumentierst. Denn Deine Argumente zählen aufgrund der geltenden Rechtslage schlicht nicht.
Wie gesagt: Die einzige Möglichkeit der Person ist, ein Gericht zu finden, dass in seinem speziellen Fall seine Auffassung teilt!

Schlegel (2005) unterscheidet jedoch das Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen und beitragsrechtlichen Sinne (S. 972). Mit dem beitragsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis ist auch die
Versicherungspflicht gemeint. Wurde sogar im Urteil vom 12. Juli 2006 von der 11a. Kammer des Senat des BSG entschieden (B 1a AL 47/05 R).

Mir ist das Urteil bekannt. Aber wenn Du Dir dieses Urteil mal in seiner Gesamtheit durchliest (und nicht (wohlgemerkt: als offenbar sozialversicherungsrechtlicher Laie * (was keine Beleidigung oder Herabwürdigung sein soll, sondern lediglich eine Feststellung!)) engstirnig(?) auf Deiner Rechtsauslegung als einzig legitimer beharrst), dann wirst Du (hoffentlich) feststellen, dass dieses Urteil letzten Endes nicht auf den von Dir hier geschilderten Fall angewendet werden kann, sprich: es hier einfach (ebenfalls) irrelevant ist!, und es gut sein lassen.

Ich für meinen Teil habe alles dazu Relevante gesagt, und lasse es nun zumindest von meiner Seite her gut sein.

Entweder Du erkennst die hier bestehende Problematik und die einzig mögliche Vorgehensweise für die Person (deutlich genug geschildert wurde Dir ja eigentlich beides), wenn ihr nach wie vor der 30.11.10 nicht in den Kram passen will, oder Du gräbst noch weiter Argumente und Urteil aus; die aber lasse ich fortan unkommentiert. (Vielleicht erbarmt sich in diesem Falle ja jemand anderes.)

*) Um ein Experte (nicht nur) auf diesem Gebiet zu sein, bedarf es eben mehr, als ein paar Urteile oder Kommentare zu zitieren; man sollte zudem mindestens in der Lage sein, nicht nur die Fachsprache korrekt lesen und interpretieren zu können, sondern auch, das Zitierte/Gelesene in den richtigen Kontext zu stellen!
Nichts für ungut.

LG
Jadzia

1 Like