Hallo Jule
soziales Verhalten muss gelernt werden, wie soll dies geschehen, ::wenn ein Erwachsener diese Aufgabe erledigt?
Das ist zumindest in meiner Kindheit nicht passiert. Wir hatten :einige klar abgesteckte Grenzen, aber ansonsten ein riesiges :Experimentierfeld zum Ausprobieren.
Dagegen steht:
Untereinander haben wir uns gelegentlich geprügelt und wieder vertragen
Uns wurde schon im Kindergartenalter klargemacht, dass Gewalt keine Lösung bringt! Aus diesem Grund haben wir uns auch nicht geprügelt, gestritten haben wir uns wohl, aber Gewalt war verpönt! Auch Beleidigungen zählen aus meiner Sicht zu Gewalt. Das wurde bei uns ebenfalls ausgeklammert. Bei uns gab es also auch klar abgesteckte Grenzen, und Gewalt war ausserhalb dieser Grenzen!
Du hast nicht gelernt Dich anständig zu verhalten, sondern Du hast ::gelernt abzuwägen, ob Dein Verhalten die Strafe „Wert“ ist.
So einfach ist das nicht. Der Wertekatalog war ein ganz anderer. Es :gab Dinge, die verboten waren und die wir nie mehr in Frage :stellten, weil wir den Sinn hinter dem Verbot akzeptierten.
Uns wurden die Verbote allesamt erklärt. Deshalb akzeptierten wir diese Verbote nicht, sondern wir verstanden Sie! Beispiel: Mir wurde als Kind verboten Streichhölzer zu nehmen. Wie das nun bei allen Kindern so ist, reizen Verbote nur noch besonders! Also habe ich trotzdem Streichhölzer genommen (war damals noch im Kindergarten!). Aber da meine Mutter lernfähig war, hat sie mir gezeigt, was passiert, wenn sich eine ganze Schachtel entzündet, und dann noch etwas Spiritus das in der Nähe ist. Meine Mutter hatte alles unter Kontrolle, die Demonstration war beeindruckend. Also habe ich das mit den Streichhölzern gelassen! Mit anderen Worten: Mir wurden die Verbote erklärt, und es stand nicht das Verbot im Vordergrund, sondern das vernünftige Verhalten! Fortan wurden erwartete Verhaltensweisen erklärt. Dabei hatten wir immer so viel Freiheiten, dass diese bei der notwendigen Sicherheit und Aufsicht zu verantworten war, ohne dass irgendwelche Nachteile zu erwarten waren! Ich durfte z.B. mit einer Erklärung meiner Eltern in der Tasche mit zwölf eine Fahrradtour machen, bei der ich ca. 100 km von zu Hause weit wegfahren durfte! Mit einem gleichaltrigen Freund! Und alles was wir machten, kann ich aus heutiger Sicht sagen, war vollkommen in Ordnung! Wir waren für unser Alter sehr Verantwortungsbewusst!
Dazu gehörte z.B. die 100 Bullenkälber eines uns verhassten Bauern :nicht nachts aus der Weide zu treiben. Diese Aktion haben wir nie :wieder wiederholt.
Bei einer Radtour ein Jahr später besuchten wir eine Parallelklasse im Zeltlager. Neben dem Camp war eine Weide mit einem Elektrozaun. Einer von uns kam auf die Idee den Zaun zu erden, denn es wäre ja lustig, wenn die Kühe am nächsten Morgen ins Zelt schauen würden. Doch da mahnte einer aus unserer Clique, dass die Kühe ja auch weglaufen könnten oder etwas anderes passieren könnte. Also ließen wir das!
Zum verhassten Bauern: Als ich in den Kindergarten ging, erzählte einer, dass auf unserem Nachhauseweg eine Hexe wohnen würde.Zur Strafe versenkten wir immer ihre Zeitung in irgendwelchen Pfützen! Uns wurde erklärt dass es keine Hexen gäbe. Es wurde ein Treffen mit der „Hexe“ vereinbart. Es war eine alte Frau. Sie war sehr nett. Wir entschuldigten uns und halfen ihr eine Zeitlang Hofkehren, besonders im Herbst als Laub von den Bäumen fiel. Ein anderer begleitete Sie zum Einkaufen und half, soweit man das von einem Fünfjahrigen erwarten konnte, beim Tragen und ausräumen der Tasche. Zur „Strafe“ gab es Kekse von der Hexe! Verhasst war uns niemand, weil wir nicht grob bestraft wurden, sondern Verständnis lernten! Natürlich machten wir so etwas später nicht wieder. Und noch etwas habe ich daraus gelernt: Glaube nicht einfach was irgendjemand sagt, sondern bilde Dir selbst ein Urteil! Der Ausspruch meiner Großmutter war immer: Wenn andere in den „(Name eines Flusses)“ springen, springst Du nicht hinterher! Soll heißen: bilde Dir Deine eigene Meinung, was andere tun und sagen ist nicht immer richtig!
Und es gab andere, deren Sinn wir nicht einsahen und deshalb immer :wieder damit spielten. Dazu gehörte, im stillgelegten :Steinbruchstollen zu spielen, der hochgradig einsturzgefährdet war :oder Tauchübungen in einem halb versunkenen Frachtkahn zu machen. :Uns erschien das nicht gefährlich und deshalb pokerten wir einfach :damit, nicht erwischt zu werden.
Da unsere Eltern uns alles erklärten, konnten wir ihrem Urteil vertrauen. Wenn sie uns etwas verboten, das wir nicht unmittelbar einsehen konnten, hatten unsere Eltern unser Vertrauen.
Auch er sagt übrigens heute ähnliches wie der deine: „Mir tut es :leid, dass Ich erst später begriffen habe, dass es zu eurer :Erziehung gar keine Schläge gebraucht hätte“.
Unterm Strich bedeutet das, dass nicht die Angst vor der Strafe uns :daran gehindert hat, Dinge zu tun oder zu lassen, sondern die :Einsicht. Die hätten wir aber sicherlich auch ohne schmerzenden Popo :gehabt - was unser Vater im Alter von ca. 65 Jahren erstmalig :„offiziell“ uns gegenüber feststellte.
Auch hier zeigst du deutlich: Gewalt ist in einer solchen Umgebung ::etwas völlig normales! Und wenn von außen jemand kommt, halten alle ::zusammen, im Erwachsenenalter führt das zu Mobbing, das ist dann ::völlig normal!
Deine Schlussfolgerung ist falsch. Ich bin ein äußerst :sozialverträglicher Erwachsener - wie übrigens auch meine :Geschwister.
Hier muss ich Dir deutlich widersprechen. Jeder Einzelfall liegt sicherlich anders. Da muss man im Einzelfall genauer hinschauen! Aber ich bin aus dieser relativ friedvollen Atmosphäre aufs Land gezogen, weil meine Frau dort lebt(e)! Dort findet das Leben so statt wie Du es beschrieben hast! Und da sind meine Erfahrungen ganz anders! Und da ist der spielt es schon eine Rolle, ob man sich dem sozialen Druck der Masse beugt, oder ob man eigene, gefestigte Werte hat, die auch schon die Feuertaufe bestanden haben!
aber wenn einer in Not war, stand die ganze Mannschaft an seiner :Seite.
Das habe ich auch so erlebt! Aufgrund meiner Bildung und der Tatsache, dass ich schon einiges im Leben gesehen hatte, war meine Schwiegermutter mir hoffnungslos unterlegen! Ich bin ganz sicher kein schlechter Mensch, aber es ist nun mal leider so, dass sie gegen mich intellektuell keine Chance hatte. Also hielten alle zusammen und wollten meiner Schwiegermutter „helfen“. Da sind hanebüchene Dinge vorgefallen. Für einen halbwegs vernünftig denkenden Menschen völlig schwachsinnig! Und es hat keinen dieser „Dorf…“ interessiert was tatsächlich vorgefallen war! Noch heute höre ich von manchen, ich müsse mich „unterordnen“. Die erwartungen sind tatsächlich wirr. Ich lebe nach recht und Gesetz, und so lange wie ich mich mit meiner Frau vernünftig einigen kann, geht die das nichts an (Punkt). Übrigens – meine Schwiegermutter ist seit 6 Jaheren tot, und die finden kein Ende. Vor kurzem hat mir einer gesagt, es würde nicht reichen, dass ich mich nach Recht und Gesetz verhalte! Wie bitte??? Den habe ich kurzerhand rausgeworfen und ihm mitgeteilt, ich würde mich bei ihnen nie anpassen (Punkt). Genauso wie ihr Eure Probleme auf eure ureigene Art mit Gewalt gelöst habt, genauso glaubt ihr, Recht und Gesetz gelte für Euch nicht! Das wird im übrigen in manchen Filmen thematisiert, wie schwer sich sogar die Polizei bei Morden tut, in das Geflecht der Dörfer einzudringen! Psychologisch gesehen nimmt der Staat die Rolle der Eltern ein:
Einen Streit unter uns hätten wir niemals unseren Eltern erzählt.
Deine Schlussfolgerung ist falsch. Ich bin ein äußerst :sozialverträglicher Erwachsener - wie übrigens auch meine :Geschwister.
Das kann durchaus sein, wie schon oben beschrieben muss jeder Einzelfall getrennt beurteilt werden.
Ich bin Gewaltfrei erzogen worden, und hatte es nicht nötig andere ::zu ärgern!
Das magst du gut finden - normal ist es nicht. Sich streiten und :wieder vertragen lernen ist ein elementarer Bestandteil der :Sozialisation. Das bedeutet übrigens nicht, dass man sich dabei :hauen muss
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Du bist in einer Athmosphäre der Gewalt aufgewachsen, so das normal war und ist! Richtig ist, dass Konflikte zum Leben und Miteinander gehören. Allein wie man diese Konflikte löst kann unser Thema sein. Und da ist für mich Gewalt kein Thema. (Interessant dabei ist, dass mir von der Dorfgemeinschaft erstens eine Gewaltbereitschaft unterstellt wird, und andererseits hätte ich es nötig eine schwächere Person wie meine ehemalige Schwiegermutter zu unterjochen! Die Psychologen nennen dies übrigens „Projektion“. Dieser Sachverhalt und mein Verhalten in derartigen Situationen wurde übrigens von Gutachtern eindeutig zu meinen Gunsten bewertet!) Fachleute versuchen in Konfliktfällen übrigens eine „Win-Win“-Situation herzustellen! Deshalb ist es heute trotzdem eine Tatsache, dass ich es – entgegen der Unterstellung aus dem Dorf – gerade nicht nötig habe mich über Andere zu stellen! In Konfliktfällen bin ich durchaus in der Lage fair zu bleiben. Ich habe es nicht nötig andere zu demütigen! (bzw. andere zu ärgern!) Späße mache ich jedoch gerne, aber nur wenn der Andere nicht verletzt wird.
Ach ja da erinnere ich mich an eine Situation bei der Bundeswehr:
Im Winter wurde durch nasse Schuhe immer viel Schmutz ins Gebäude getragen. Unser Kompaniefeldwebel war ganz stolz dass er so eine Fußabstreifer-Matte auftreiben konnte, die den Schmutz aufgesogen hat. Eines Tages gab es die schönen neuen Olympia-Schränke. Leider war der Fußboden etwas uneben und es schepperte immer so, als sie über den Boden geschoben wurden. Deshalb schimpfte uns Spieß (Kompaniefeldwebel), man solle doch etwas unterlegen. Leider verwendeten die Kameraden genau diese Fußmatte, und es kam wie es kommen musste: Am Abend war da ein Loch drin. Da hat unser Spieß (Choleriker) schier einen Herzanfall bekommen! (Es gibt Zeugen, die sagen, sie hätten im 2. Stock bei lauter Radiomusik jedes Wort verstanden). Dann kam die 'Weihnachtszeit. Vor seinem Bürofenster hatte er selbst eine schöne Blautanne gepflanzt, die er höchstpersönlich jedes Jahr selbst dekorierte. Da banden wir einen Holzklotz am unteren Ende um den Stamm, einer ging an den Stecker der Beleuchtung. Einer nahm den Baum an seiner Spitze. Dann starteten wir die Motorsäge und gaben so lange Gas, bis er am Fenster stand. Dann sägten wir scheinbar den Stamm ab. Durch den Holzklotz flogen die Späne nur so, der Baum wurde geknickt, die Lichter gingen aus. …… Als er wütend schreiend aus der Tür stürzte lies der eine den umgedrückten Baum los, der Andere steckte die Beleuchtung wieder ein. …… In der Mittagspause lies er sich sogar zu einem Bier einladen.